Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104454/15/BI/FB

Linz, 11.06.1997

VwSen-104454/15/BI/FB Linz, am 11. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn C S, D, S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G & Partner, K, L, vom 20. Februar 1997 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 7. Februar 1997, S 1703/ST/96, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 3. Juni 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in allen drei Punkten vollinhaltlich bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz im Punkt 1) 160 S, im Punkt 2) 200 S und im Punkt 3) 40 S, ds insgesamt 400 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960, §§ 102 Abs.5b iVm 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) und 2) je §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 3) §§ 102 Abs.5b iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 800 S, 2) 1.000 S und 3) 200 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 20, 2) 24 und 3) 12 Stunden verhängt, weil er am 28. Februar 1996 um 20.17 Uhr in S, H ab dem Haus Nr. 76 als Lenker des PKW die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h über eine Wegstrecke von ca 300 m bis kurz vor dem Kreisverkehr um ca 20 km/h überschritten habe, 2) ab dem linken Brückenkopf der E bis zum Haus B 2 auf einer Wegstrecke von ca 200 m die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um ca 30 km/h überschritten habe und 3) um 20.20 Uhr in S, D, als Lenker des PKW den Zulassungsschein nicht mitgeführt und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Überprüfung nicht ausgehändigt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 200 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 3. Juni 1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Parteienvertreters Mag. Kocher, des Behördenvertreters Herrn Payrleithner, des Zeugen GI P - der Zeuge RI S hat sich entschuldigt - und des technischen Amtssachverständigen Ing. K durchgeführt. Die Berufungsentscheidung wurde im Anschluß daran mündlich verkündet. 3. Der Rechtsmittelwerber bestreitet, die ihm vorgeworfenen Geschwindigkeiten eingehalten zu haben und führt dazu aus, die Feststellung der Geschwindigkeitsübertretungen sei nicht nachvollziehbar. Außerdem habe er den Zulassungsschein mitgeführt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, der angeführte Zeuge einvernommen, ein Ortsaugenschein hinsichtlich beider Nachfahrtstrecken samt deren Vermessung durchgeführt und auf dieser Grundlage ein technisches Sachverständigengutachten eingeholt wurden.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

GI P lenkte am 28. Februar 1996 gegen 20.17 Uhr das Zivilstreifenfahrzeug mit Deckkennzeichen auf der H stadteinwärts. Auf dem Beifahrersitz befand sich RI S, beide Zeugen waren uniformiert. Aufgrund des Beweisverfahrens steht fest, daß das Zivilstreifenfahrzeug auf der H im Bereich zwischen der Aral-Tankstelle und ca km 30,160 vom BeschudigtenPKW überholt wurde, wobei das Zivilstreifenfahrzeug mit ca 50 bis 55 km/h unterwegs war. Als festgestellt wurde, daß der unbekannte Lenker ohne zu blinken auf den rechten Fahrstreifen wechselte, beschlossen die Beamten, ihm nachzufahren. Die Nachfahrt in annähernd gleichbleibendem Abstand und mit gleichbleibender Geschwindigkeit erfolgte von ca km 30,160 bis 30,4. Km 30,4 (Gefahrenzeichen "Kreuzung mit Kreisverkehr" iSd § 50 Z3a StVO 1960) befindet sich kurz vor dem Kreisverkehr, wobei der Lenker dort kurzfristig die Geschwindigkeit auf ca 50 km/h reduzierte und nach rechts Richtung E weiterfuhr. Auf der Nachfahrtstrecke H zeigte der Tachometer des Zivilstreifenfahrzeuges eine Geschwindigkeit von 80 km/h an. Bei der weiteren Nachfahrt beschleunigte der Rechtsmittelwerber auf der E, wurde beim linken Brückenkopf vom Zivilstreifenfahrzeug eingeholt, wobei Richtung B wieder eine Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand und bei gleichbleibender Geschwindigkeit erfolgte, die an der Grundgrenze B 2, oberhalb der Fahrschule L endete. Bei dieser Nachfahrtstrecke zeigte der Tachometer des Zivilstreifenfahrzeuges eine Geschwindigkeit von ca 90 km/h an. Die Beamten fuhren dem Rechtsmittelwerber bis in die D nach, wo dieser vor dem Haus Nr. 10 einparkte. Anschließend erfolgte eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle, bei der der Rechtsmittelwerber weder Führerschein noch Zulassungsschein vorwies, sondern unter Hinweis auf das ohnehin bekannte Kennzeichen des PKW angab, das interessiere ihn alles nicht, die Beamten sollten ihn anzeigen. Da seine Identität nicht festgestellt werden konnte, drohte RI S dem Rechtsmittelwerber schließlich die Festnahme an, worauf dieser schlußendlich den Führerschein aus dem Handschuhfach nahm und vorwies. Am Ende der Amtshandlung holte dann die Beifahrerin den Zulassungsschein aus der Wohnung im Haus D 10. Eine Organmandatstrafe lehnte der Rechtsmittelwerber ab. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem am 3. Juni 1997 durchgeführten Beweisverfahren. Die vom Zeugen angegebenen Nachfahrtstrecken wurden vom technischen Sachverständigen mittels Meßrad nachgemessen und ergab sich auf der H von ca km 30,160 bis 30,4 eine Nachfahrtstrecke von 249 m und auf der B zwischen dem linken Brückenkopf der E und dem Haus Nr. 2 von 274,7 m. Zur vorgeworfenen Geschwindigkeit wurde festgestellt, daß das Zivilstreifenfahrzeug halbjährlich radarüberprüft und die Tachoabweichung auf einem Zettel, der am Armaturenbrett des PKW angebracht ist, festgehalten wird. Es ist daher für die das Fahrzeug benützenden Beamten einwandfrei ersichtlich, welche Geschwindigkeit bei bestimmten Tachoanzeigen tatsächlich gefahren wird. Der Zeuge GI P hat bei der mündlichen Verhandlung ausgeführt, der Tachometer habe auf der H 80 km/h angezeigt, was einer tatsächlichen Geschwindigkeit von etwas über 70 km/h entspricht, und die angezeigten 90 km/h auf der B entsprächen einer tatsächlichen Geschwindigkeit von etwas über 80 km/h. Unter Abzug eines zusätzlichen Toleranzwertes wurden daher die Geschwindigkeiten von 70 km/h auf der H und 80 km/h auf der B in der Anzeige vermerkt und auch den jeweiligen Tatvorwürfen im Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegt. Auf der Grundlage der Nachfahrtstrecke und der herangezogenen Geschwindigkeit errechnete sich für beide Nachfahrten eine Nachfahrtszeit von jeweils über 12 sec, wobei der technische Amtssachverständige ausgeführt hat, daß zur verläßlichen Feststellung einer Geschwindigkeit durch Nachfahrt zumindest eine zweimalige Kontrolle des Tachometers des nachkommenden Fahrzeuges und eine zweimalige Kontrolle der Konstanz des Nachfahrabstandes durch den Lenker des nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeuges erforderlich ist. Die Zeit für die dafür erforderlichen Blicksprünge und die bewußte Wahrnehmung eines Geschwindigkeitswertes bzw einer Veränderung des Nachfahrabstandes erfordert mindestens 10 sec, die im gegenständlichen Fall hinsichtlich beider Nachfahrtstrecken gegeben war. Außerdem wurde bereits von den Zeugen ein größerer Toleranzabzug vorgenommen, sodaß dem Rechtsmittelwerber ein jeweils günstigerer Geschwindigkeitswert zur Last gelegt wurde.

Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens ist von seiten des UVS davon auszugehen, daß die Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt in beiden Fällen möglich war und von den beiden Zeugen nachvollziehbar und sorgfältig durchgeführt wurde. Die Frage der Tachometerabweichung wurde im Beweisverfahren eindeutig geklärt und ist durch die Berücksichtigung von höheren Toleranzabzügen gewährleistet, daß die vorgeworfenen Geschwindigkeitswerte zugunsten des Rechtsmittelwerbers angenommen wurden. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren darf.

Zu den Punkten 1) und 2) des Straferkenntnisses ist auszuführen, daß beide Male das dem Rechtsmittelwerber vorgeworfene Verhalten zweifellos unter den ihm jeweils vorgeworfenen Tatbestand zu subsumieren ist, wobei diesem die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens iSd § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist. Er hat daher in beiden Fällen den ihm jeweils zur Last gelegten Tatbestand im jeweils im Spruch umschriebenen Ausmaß erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Gemäß § 102 Abs.5b KFG 1967 hat der Lenker den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Zu Punkt 3) des Straferkenntnisses hat das Beweisverfahren eindeutig und zweifelsfrei ergeben, daß der Rechtsmittelwerber den Zulassungsschein nicht mitgeführt haben kann, weil ihn sonst die Lebensgefährtin nicht aus der Wohnung hätte holen können. Daß er ihn den Beamten nicht zur Überprüfung ausgehändigt hat, hat er selbst nie bestritten, wobei ein solches Aushändigen auf Verlangen unmittelbar zu erfolgen hat und nicht nach Gutdünken des beanstandeten Lenkers. Auch in diesem Punkt hat der Rechtsmittelwerber daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß § 99 Abs.3 StVO 1960 einen Strafrahmen bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht, während der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses ein Nettomonatseinkommen von ca 10.000 S (Arbeitslosenunterstützung) zugrundegelegt und Sorgepflichten nicht angenommen. Dieser Schätzung wurde nicht widersprochen, sodaß auch im Berufungsverfahren von diesen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen war. Weiters wurde eruiert, daß der Rechtsmittelwerber bei der Erstinstanz innerhalb der letzten fünf Jahre mehrere Vormerkungen aufweist, von denen zwei aus dem Jahr 1993, die noch nicht der Tilgung unterliegen, als einschlägig zu betrachten sind. Die Erstinstanz ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß keine Milderungsgründe bestehen - solche konnten auch vom UVS nicht gefunden werden und wurden auch nicht behauptet -, daß aber erschwerende Umstände im Hinblick auf die beiden Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 gegeben waren. In bezug auf die Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 waren weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe zu berücksichtigen.

Die verhängten Strafen entsprechen im wesentlichen dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers, liegen im untersten Bereich des jeweiligen Strafrahmens und halten general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Der UVS kann in diesem Zusammenhang nicht finden, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten haben könnte. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahren: Durchfahrtszeit von 12 sec reicht für zweite Tachokontrolle + Abstandskontrolle aus; Zulassungsschein aus Wohnung geholt = nicht mitgeführt

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