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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104480/2/LE/Ha

Linz, 13.06.1997

VwSen-104480/2/LE/Ha Linz, am 13. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der E F, K, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. C R und Dr. A H, S, V , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 31.1.1997, VerkR96-13583-1996, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes zu Recht erkannt:

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Strafe wird aufgehoben und an deren Stelle eine Ermahnung ausgesprochen.

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 21, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 31.1.1997 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 120 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen, sie habe es als Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen B trotz schriftlicher Aufforderung der Behörde unterlassen, binnen 2 Wochen der Behörde Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 2.8.1996 kurz vor 7.30 Uhr auf der Westautobahn A1, aus Richtung Salzburg kommend, bis km 247,0 im Gemeindegebiet von Straß i.A. gelenkt und dort auf dem Pannenstreifen abgestellt hat.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen nach einer Wiedergabe der Rechtslage ausgeführt, daß das gegenständliche Kraftfahrzeug an der im Spruch angeführten Stelle abgestellt vorgefunden und der Sohn der Beschuldigten darin schlafend angetroffen wurde. Dieser habe jedoch entschieden bestritten, das Fahrzeug zuvor gelenkt zu haben. Es hätte daher von der Zulassungsbesitzerin Auskunft verlangt werden müssen, wer dieses Fahrzeug zuvor gelenkt bzw. am angeführten Ort abgestellt habe. Die Beschuldigte hätte die geforderte Auskunft nicht erteilt. Im durchgeführten Strafverfahren hätte sie von der Rechtfertigungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

Die Beschuldigte hätte daher die Übertretung auch zu verantworten. Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.2.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte die Bw aus, daß die Behörde nicht berechtigt gewesen wäre, sie zur Bekanntgabe gemäß § 103 Abs.2 KFG aufzufordern. Im Verfahren VerkR96-13583-1996 habe der Sohn der Bw, J F bekanntgegeben, daß er am 1.8.1996 um ca. 15.00 Uhr mit dem gegenständlichen Fahrzeug weggefahren sei, sich am Abend noch mit Freunden getroffen und die ganze Nacht mit Frauen verbracht habe, die ihn auch chauffiert hätten. Auf der Heimfahrt sei er zu einer Frau zudringlich geworden, worauf ihn die Lenkerin an Ort und Stelle verlassen hätte. Es war der Behörde daher bekannt, daß das gegenständliche Fahrzeug vom 1.8.1996 an von Herrn J F dem Sohn der Bw, benutzt wurde. Die Bw hätte daher die von der Behörde verlangte Mitteilung überhaupt nicht abgeben können, da nicht einmal ihr Sohn sagen konnte, wer ihn auf der Heimreise chauffiert hat.

Die Aufforderung gegenüber der Bw sei daher völlig unerklärlich. Darüberhinaus sei auch die verhängte Geldstrafe bei weitem überhöht. Es wurde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis vollinhaltlich aufzuheben, in eventu, der Berufung Folge zu geben und das Verfahren zur Wiederholung und Ergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen, in eventu, den Strafsatz auf ein angemessenes Maß herabzusetzen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dieser Berufung im Wege einer Berufungsvorentscheidung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden reduziert wurde.

In der Begründung dazu führte die Erstbehörde aus, daß die behauptete Auskunft über den Fahrzeuglenker bzw. die Person, an die von der Zulassungsbesitzerin das KFZ überlassen wurde, nicht im gegenständlichen Strafverfahren erteilt wurde, sondern, wie erst später festgestellt wurde, zum Führerscheinentzugsverfahren VerkR21-646-1996 abgegeben wurde. Überdies wäre in diesem Verfahren, betreffend J F J immer von seinem PKW die Rede gewesen. Daher sei zweifelsfrei erkennbar, daß eine Auskunft über den Fahrzeuglenker bzw. -benützer nicht im ggst. Verwaltungsstrafverfahren erteilt wurde und aufgrund der verwendeten Formulierung auch anzunehmen war, daß J F ursprünglich mit einem anderen KFZ weggefahren sein mußte. Es könne daher kein Zweifel bestehen, daß die Bw als Zulassungsbesitzerin verpflichtet gewesen wäre, eine Auskunft im Sinne des § 103 Abs.2 KFG zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 28.2.1997 beantragte die Bw, die Berufung der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorzulegen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt in Verbindung mit dem angefochtenen Straferkenntnis ein für die Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt ersichtlich ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs..1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. § 103 Abs.2 KFG bestimmt, daß die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt..... bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte .... hat der Zulassungsbesitzer .... zu erteilen; ...

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur (z.B. Erkenntnis vom 11.5.1990, 1989/18/0177) ausgesprochen, daß die Anwendung des § 103 Abs.2 KFG durch die Behörde nicht davon abhängt, daß eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung verfolgt wird.

Daher war die Erstbehörde grundsätzlich nicht unberechtigt, eine Lenkeranfrage an die nunmehrige Bw zu richten.

Im vorliegenden Fall ergeben sich jedoch erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit der gestellten Anfrage: Aufgrund der Angaben ihres Sohnes J F J war dieser seit den Nachmittagsstunden des 1.8.1996 mit dem PKW seiner Mutter unterwegs, und zwar in Salzburg. Auf welche Weise er zur Vorfallsstelle auf der Autobahn gekommen war, konnte er selbst nicht angeben, zumal er aussagte, von einer ihm namentlich nicht bekannten Frau chauffiert worden zu sein, weil er selbst aufgrund seiner Alkoholisierung das Fahrzeug nicht mehr gelenkt habe. Es ist daher offensichtlich, daß seine Mutter noch weniger in der Lage war mitzuteilen, wer ihren PKW zur fraglichen Zeit gelenkt hat. Es gab auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Bw selbst im PKW mitgefahren war.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hatte daher die Bw am 1.8.1996 ihren PKW ihrem Sohn J F übergeben, der dann seinerseits das Steuer irgendwann in der Nacht vom 1. auf den 2. August 1996 einer unbekannten Person überlassen hatte. Ob diese Rechtfertigung des J F J , daß nicht er, sondern eine andere Person gefahren sei, richtig ist oder nicht, wäre von der Behörde zu klären. Seine Mutter konnte diesbezüglich zur Erforschung der Wahrheit offensichtlich nichts beitragen, weil sie weder zur fraglichen Zeit mitgefahren war noch von vornherein gewußt haben konnte, wem ihr Sohn das Steuer des PKW überlassen wird.

Die Lenkeranfrage der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.11.1996 stellt sich daher als überflüssig dar; sie widerspricht dem für das Verwaltungsverfahren maßgebenden Grundsatz der Verwaltungsökonomie.

Im Hinblick darauf, daß die Erstbehörde jedoch - unter Hinweis auf die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - zumindest formal berechtigt war, die Anfrage zu stellen und die Bw ihrerseits überhaupt keine Auskunft erteilt hat, hat sie die angelastete Verwaltungsübertretung jedoch in objektiver Hinsicht begangen. 4.3. Unter Berücksichtigung dieser offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Lenkeranfrage waren die Folgen der Übertretung unbedeutend, weil die Bw zur Feststellung der Identität des unbekannten Lenkers nichts beitragen konnte.

Das Verschulden der Bw stellt sich als geringfügig dar, weil sie ja selber nicht gewußt hatte, wer ihr Fahrzeug in Wahrheit gelenkt hat. Es konnte daher unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden. Der Ausspruch einer Ermahnung erschien jedoch deshalb erforderlich, um der Bw vor Augen zu führen, daß Anfragen der Behörde grundsätzlich zu beantworten sind, und zwar auch dann, wenn die Antwort darin besteht, die begehrte Auskunft nicht erteilen zu können.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe aufgehoben und stattdessen eine Ermahnung ausgesprochen wurde, war der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilage Dr. L e i t g e b

Kanzleivermerk: 1. Anschluß 2.: Akt sowie eine weitere Erkenntnisausfertigung, Zustellung nachweislich; 2. Folgende Mehrausfertigungen herstellen: a) für Herrn Präsidenten 2 MA (für Evidenz) b) 1 MA für Le Beschlagwortung: Lenkerauskunft; Sinnhaftigkeit der Anfrage; Ermahnung

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