Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104514/11/WEG/Ri

Linz, 15.12.1997

VwSen-104514/11/WEG/Ri Linz, am 15. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des J K vom 8. März 1997 gegen die Spruchpunkte a, b und d des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft W vom 26. Februar 1997,VerkR96-3552-1995 Be, nach der am 15. Dezember 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Spruchpunkte a, b und d behoben und diesbezüglich das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft W hat unter den Spruchpunkten a, b und d mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach a) § 7 Abs.1, b) § 4 Abs.5 und d) § 4 Abs.1 lit.c, jeweils StVO 1960, Geldstrafen von a) 500 S, b) 1.000 S und c) 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von a) 12 Stunden, b) 24 Stunden und d) 3 Tagen verhängt, weil dieser am 25. Mai 1995 gegen 2.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen W von der L T Straße kommend auf die L T Straße bei Strkm im Ortsgebiet von T gelenkt hat, wobei er a) zu weit nach links kam, auf die Grünanlage des Fahrbahnteilers fuhr, in der Folge gegen den dort befindlichen Lichtmast stieß und diesen beschädigte, somit nicht so weit rechts gefahren sei, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei; b) es unterlassen hat, vom Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Gendarmerie- oder Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl er auch dem geschädigten Straßenerhalter seine Identität nicht nachgewiesen hat, und d) es unterlassen hat, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden Alkohol in Form eines Kaffees mit Cognac zu sich genommen hat und dieser Alkoholgenuß geeignet gewesen sei, eine bereits vorher vorgelegene Alkoholbeeinträchtigung zu verschleiern.

2. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung hinsichtlich der Punkte a, b und d sinngemäß ein, daß er einen Lenkfehler begangen habe, wodurch er in weiterer Folge auf die Grünanlage des Fahrbahnteilers geraten und gegen den betonierten Lichtmasten gestoßen sei. Es liege in diesem Verhalten keine Übertretung des § 7 Abs.1 StVO 1960 vor. Da bei diesem Verkehrsunfall kein Fremdschaden verursacht worden sei und zwar weder am Lichtmasten noch an der Anlage des dortigen Fahrbahnteilers, sei es auch nicht erforderlich gewesen, den Verkehrsunfall zu melden. Es beziehe sich nämlich die Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, nur auf einen Verkehrsunfall mit Fremdschaden. Insgesamt gesehen vermeint daher der Berufungswerber, daß das Straferkenntnis hinsichtlich der Punkte a, b und d zu Unrecht ergangen sei und beantragt deshalb das Straferkenntnis diesbezüglich zu beheben und das Verfahren einzustellen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch zeugenschaftliche Befragung der Gendarmeriebeamten Rev.Insp. L und Bez. Insp. H sowie des Straßenmeisters D E, anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 1997, bei der auch Lichtbilder, die einige Tage nach dem Unfall vom Beschuldigten selbst angefertigt wurden, vorgelegt wurden.

Der Berufungswerber bringt vor, er sei etwas zu schnell in die Kurve des Kreisverkehrs gefahren bzw. vom Lenkrad abgerutscht, sodaß er von der Fahrbahn abkam. Es lag nach den Aussagen des Beschuldigten ein Fahrfehler vor. Zum Fremdschaden, den die Erstbehörde als erwiesen annahm, führte der Straßenmeister E aus, daß kein Schaden entstanden ist, der von seiner Dienststelle gegenüber dem allfälligen Schädiger geltend gemacht wurde. Was den angeblich beschädigten Lichtmasten anlangt, so ist nach Aussage des Zeugen E dort lediglich ein leichter Farbabrieb (rot) feststellbar, ansonsten jedoch keine Beschädigung. Nach den Ausführungen des Zeugen E ist - wenn überhaupt - nur ein äußerst geringer Flurschaden vorgelegen. Arbeiten, die länger als 10 Minuten benötigen, werden nämlich in Rechnung gestellt, was nicht geschehen ist. Mit Sicherheit ist keine Pflanze der dort befindlichen Bodendecker zerstört worden. Die Gendarmeriebeamten führten aus, es sei nicht auszuschließen, daß am Lichtmasten ein Haarriß entstanden ist, weshalb damals davon auszugehen war, daß ein Verkehrsunfall mit der Beschädigung dieses Lichtmastens vorgelegen ist. Die Grünfläche, auf welche der Beschuldigte mit seinem PKW geriet, war mit Torfmulch ausgelegt und standen darauf frisch gesetzte Pflanzen. Auf dieser Torfmulchunterlage waren Reifenspuren, die vom Fahrzeug des Beschuldigten stammten, sichtbar. Auf den Lichtbildern, die vom Beschuldigten angefertigt wurden, ist keine Beschädigung, und zwar weder am Lichtmasten noch an der Grünanlage, erkennbar. Angeblich wurden diese Lichtbilder einen oder zwei Tage nach dem Vorfall aufgenommen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein vermögenswerter Schaden an einer fremden Sache entstanden ist, muß nach Abwägung der oben ausgeführten Beweismittel zumindest im Zweifel davon ausgegangen werden, daß kein Schaden an einer fremden Sache, der mit einem Verkehrswert bemessen werden könnte, entstanden ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu a) (§ 7 Abs.2 StVO 1960): Hier wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1995, 95/02/0276, verwiesen. Bei ähnlicher Sachlage hat in diesem Zusammenhang der Verwaltungsgerichtshof entschieden, daß der § 7 StVO 1960 nicht das Verbot enthält, die Fahrbahn nach rechts oder links hin zu verlassen. Auch die Wendung im § 7 Abs.1 leg.cit. "ohne Beschädigung von Sachen" bezieht sich im gegebenen Zusammenhang auf den vom rechten Fahrbahnrand einzuhaltenden Abstand. Das Verbot der Beschädigung von Sachen auf einem rechts (oder links) von der Fahrbahn gelegenen Parkplatz (hier Grünfläche) läßt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten. Im Hinblick auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und der Sachverhaltsannahme, daß ein Fahrfehler vorlag und die Ursache des Vorfalls nicht am Seitenabstand lag, war gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Zu b) und d) (§ 4 Abs.5 und § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960):

Die Verpflichtungen des § 4 StVO 1960 bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden knüpfen nur an einen Schaden an einer fremden Sache, wobei dieser Sachschaden einen Vermögenswert aufweisen muß.

Da ein derartiger Schaden an einer einem anderen gehörigen Sache mit Vermögenswert nicht erweisbar war, hatte der Berufungswerber auch nicht die Verpflichtung, den Verkehrsunfall iSd § 4 Abs.5 StVO 1960 zu melden bzw an der Sachverhaltsfeststellung iSd § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 mitzuwirken, weshalb sein Handeln bzw Unterlassen nicht tatbildmäßig war und somit iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden war. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt auch die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider