Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104518/3/BI/FB

Linz, 26.05.1997

VwSen-104518/3/BI/FB Linz, am 26. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Dr. G S, F, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A W, F, L, vom 13. März 1997 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Februar 1997, S-36546/96-3, in Angelegenheit von Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch des Rechtsmittelwerbers vom 20. Jänner 1997 gegen die an ihn ergangene Strafverfügung vom 27. Dezember 1996 gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Die Zurückweisung des Einspruchs als verspätet wurde seitens der Erstinstanz damit begründet, daß die Strafverfügung laut Rückschein am 2. Jänner 1997 von einer Postbevollmächtigten für RSa-Briefe persönlich übernommen wurde, weshalb die Rechtsmittelfrist mit diesem Tag zu laufen begonnen und demnach am 16. Jänner 1997 geendet habe. Der Einspruch sei aber erst am 20. Jänner 1997, sohin verspätet, zur Post gegeben worden. Der Rechtsmittelwerber hat eingewendet, er sei zum damaligen Zeitpunkt nicht rechtsfreundlich vertreten gewesen und seine Angestellten in der Anwaltskanzlei seien bevollmächtigt, jene Schriftstücke und RSa-Briefe entgegenzunehmen, aus welchen die Bevollmächtigung der Kanzlei ersichtlich bzw die Bevollmächtigung ausgewiesen sei. Sie seien aber nicht bevollmächtigt, an ihn persönlich gedachte Schriftstücke und RSa-Briefe entgegenzunehmen. Die Behörde habe sich über diesen Sachverhalt zu Unrecht hinweggesetzt. 4. In rechtlicher Hinsicht ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates auszuführen, daß gemäß § 13 Abs.1 ZustellG die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen ist. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua Erk v 25. September 1992, 92/09/0053) bleibt die Auswahl der Abgabestelle, wenn mehrere bestehen, der Behörde überlassen. Partei im zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren ist der Beschuldigte und zwar unabhängig von seiner beruflichen Tätigkeit als Privatperson, solange nicht eine Erklärung über eine Bevollmächtigung eines Vertreters vorliegt. Im gegenständlichen Fall erfolgte eine solche Erklärung des Rechtsmittelwerbers im Einspruch vom 20. Jänner 1997. Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß seitens der Erstinstanz die Strafverfügung an den Rechtsmittelwerber mit der Privatadresse B, L, gerichtet war, ohne daß auf dem RSa-Schriftstück eine Berufsbezeichnung oder ein Hinweis auf die Anwaltskanzlei enthalten gewesen wäre. Als Abgabestelle iSd§ 4 Zustellgesetz wurde somit die Wohnung des als Empfänger bezeichneten Beschuldigten von der Behörde ausgewählt. Die tatsächliche Zustellung durch die Post erfolgte jedoch nicht an die Privatadresse sondern an die Anwaltskanzlei F, L, wobei das Schriftstück von einer Postbevollmächtigten für RSa-Briefe übernommen wurde. Zur Frage der Zulässigkeit bzw der Rechtswirkungen einer solchen Zustellung ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates darauf zu verweisen, daß die von der Behörde gewählte Abgabestelle nicht vom Zusteller eigenmächtig abgeändert werden kann. Insbesondere war es im gegenständlichen Fall nicht zulässig, die für den Rechtsmittelwerber persönlich bestimmte Postsendung allein aufgrund der Tatsache, daß dem Zusteller bekannt war, daß dieser berufsmäßiger Parteienvertreter mit eigener Kanzlei ist, das Schriftstück an die Adresse der Anwaltskanzlei zuzustellen. Die Bestimmung des § 13 Abs.4 Zustellgesetz, wonach, wenn der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, die Sendung in der Kanzlei zuzustellen ist und an jeden dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden darf, ist daher im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden. Aus diesem Grund ist im gegenständlichen Fall in der Übernahme des Schriftstückes durch die Kanzleiangestellte des Rechtsmittelwerbers keine Zustellung iSd § 13 Abs.1 Zustellgesetz zu erblicken. Nach eigenen Aussagen, die zu bezweifeln für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Grund besteht, ist dem Rechtsmittelwerber das für ihn bestimmte Schriftstück erst am 7. Jänner 1997 ausgehändigt worden, sodaß mit diesem Tag die Zustellung iSd § 7 Zustellgesetz als vollzogen anzusehen ist. Die Rechtsmittelfrist begann daher am 7. Jänner 1997 zu laufen und endete demnach am 20. Jänner 1997. Der Einspruch wurde laut Poststempel auch tatsächlich an diesem Tag zur Post gegeben und ist somit als rechtzeitig anzusehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Rechtsanwalt ist als Beschuldigter Privatperson, Zusteller hat an die von der Behörde bestimmte Abgabestelle (hier Wohnung) zuzustellen, darf nicht eigenmächtig an Anwaltskanzlei zustellen (Zustellung an Postbevollmächtigte = Zustellmangel)

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum