Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104548/3/Ki/Ka

Linz, 23.05.1997

VwSen-104548/3/Ki/Ka Linz, am 23. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Franz M, vom 12.3.1997, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 5.3.1997, VerkR96-7125-1996, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die bezüglich Faktum 1 (Übertretung gemäß § 20 Abs.2 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) verhängte Geldstrafe auf 1.500 S bei gleichzeitiger Beibehaltung der festgelegten Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden herabgesetzt wird bzw daß hinsichtlich Faktum 2 (Übertretung gemäß § 99 Abs.5 2. Satz und § 134 Abs.1 KFG 1967) die Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe behoben und statt dessen eine Ermahnung ausgesprochen wird. Rechtsgrundlage: 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 21, 24 und 51 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat dem Berufungswerber (Bw) mit Strafverfügung vom 7.11.1996, VerkR96-7125-1996, zur Last gelegt, er sei als Lenker des Kombi, auf einer Freilandstraße im Gemeindegebiet St. Pankraz, B 138, bei km 54,272, am 19.10.1996 um 05.42 Uhr um 36 km/h schneller als 100 km/h gefahren (verletzte Rechtsvorschrift § 20 Abs.2 und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960) bzw er habe eine Nebelschlußleuchte auf einer Freilandstraße vorschriftswidrig verwendet (verletzte Rechtsvorschrift § 99 Abs.5 2. Satz und § 134 Abs.1 KFG 1967).

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurden hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 1.600 S (EFS 36 Stunden) bzw bezüglich Faktum 2 gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 900 S (EFS 24 Stunden) verhängt. Einem Einspruch gegen das Strafausmaß wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 5.3.1997, VerkR96-7125-1996, keine Folge gegeben. 2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 12.3.1997 Berufung mit der Begründung, daß er vom amtshandelnden Gendarmeriebeamten hinsichtlich der eingeschalteten Nebelschlußleuchte im Sinne des § 21 VStG abgemahnt worden sei. Wegen Überschreitung der Geschwindigkeit hätte er bei diesem Beamten eine Organstrafverfügung in Höhe von 500 S bezahlen sollen. Da er jedoch nur 300 S bei sich hatte, sei ihm dies nicht möglich gewesen. Der Beamte habe ihm darauf erklärt, daß er in seiner Anzeige die Zahlungswilligkeit erwähnen werde und er von der Behörde denselben Strafbetrag (500 S) vorgeschrieben bekomme. Er ersuche daher ihn mit dem vom Gendarmeriebeamten geforderten Strafbetrag zu belegen. Bereits in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung hat der Bw die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen ausdrücklich zugestanden. 3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt bzw zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers, Rev.Insp. K. Traxler, am 16.5.1997.

Der Zeuge führte bei seiner Einvernahme aus, daß er sich an den Vorfall noch erinnern könne. Er habe dem Bw ein Organmandat um 500 S angeboten. Dieser habe jedoch erklärt, daß er nur 300 S bei sich habe. Er habe dem Bw erklärt, daß, wenn er die 500 S Organmandatsstrafe bezahlen könne, die Sache mit der Nebelschlußleuchte mit einer Abmahnung erledigt würde. Im Falle einer Anzeige würden jedoch beide Delikte zur Anzeige gebracht. Eine förmliche Ermahnung im Sinne des § 21 VStG sei nicht ausgesprochen worden. 5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

5.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Dazu ist zunächst (hinsichtlich Faktum 1) darauf hinzuweisen, daß die Erhaltung der Verkehrssicherheit im Straßenverkehr und damit verbunden der Schutz von Leben, Gesundheit bzw Sachgütern einen der wichtigsten Regelungsbereiche der Straßenverkehrsordnung 1960 darstellt. Die vom Bw übertretene Norm dient vor allem der Verkehrssicherheit, dementsprechend wird durch eine Übertretung dieser Norm die Verkehrssicherheit erheblich reduziert, weil überhöhte Geschwindigkeiten immer wieder schwere und schwerste Verkehrsunfälle zur Folge haben. Um die Einhaltung dieser Norm sicherzustellen, bedarf es bereits aus generalpräventiven Gründen einer entsprechend strengen Bestrafung. Der Bw macht geltend, daß ihm der amtshandelnde Gendarmeriebeamte die Bezahlung eines Organmandates in Höhe von 500 S angeboten habe, er diesen Betrag jedoch nicht bei sich hatte. Dazu wird festgestellt, daß im Falle des Nichtzustandekommens einer Organstrafverfügung das Verbot der reformatio in peius keine Anwendung findet. Die Strafbehörde hat nach der Anzeigeerstattung das Ermittlungsverfahren einzuleiten und die Strafe nach Maßgabe der Kriterien des § 19 VStG festzulegen. Bei der Beurteilung der Tat- und Schuldangemessenheit gelangt auch die erkennende Berufungsbehörde zur Überzeugung, daß im Hinblick auf nicht mehr geringfügige Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den Berufungswerber mit einer bloßen Bestrafung im Ausmaß von 500 S nicht das Auslangen gefunden werden kann. Zudem ist neben zu den bereits dargelegten spezialpräventiven Erwägungen auch zu beachten, daß durch eine entsprechend strenge Bestrafung der betreffenden Person das Unrechtmäßige ihres Verhaltens entsprechend vor Augen geführt wird, um diese somit von der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen abzuhalten (Spezialprävention).

Dem Bw ist allerdings zugutezuhalten, daß er sich bereits im gesamten Verfahren vor der Erstbehörde geständig gezeigt hat, sodaß das Strafverfahren gegen ihn zügig durchgeführt werden konnte. Wenn dies auch kein qualifiziertes Geständnis im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darstellt, so vertritt die erkennende Behörde die Auffassung, daß dieser Umstand bei der Strafbemessung mildernd berücksichtigt werden kann. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt allerdings nicht zum Tragen. Im Hinblick auf die oben dargelegten Erwägungen erscheint es gerechtfertigt, die Geldstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß zu reduzieren. Eine weitere Herabsetzung bzw Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist jedoch - auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw - sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar. 5.2. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Gemäß § 21 Abs.2 leg.cit. können unter den in Absatz 1 angeführten Voraussetzungen die Organe der öffentlichen Aufsicht von der Verhängung einer Organstrafverfügung oder von der Erstattung einer Anzeige absehen; sie können den Täter in solchen Fällen in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen. Diesbezüglich (Faktum 2) hat das Ermittlungsverfahren ergeben, daß der Meldungsleger den Bw zwar nicht formell gemäß § 21 Abs.2 VStG abgemahnt hat, er ihm jedoch, wenn er bereit gewesen wäre, das Organmandat hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung zu bezahlen, eine Abmahnung in Aussicht stellte.

Dazu wird zunächst festgestellt, daß jedes der beiden Delikte gesondert zu betrachten ist, dies bedeutet, daß es grundsätzlich nicht zulässig ist, das Absehen von der Verhängung einer Organstrafverfügung oder von der Erstattung einer Anzeige daran zu knüpfen, daß ein Organstrafmandat wegen eines anderen Deliktes akzeptiert wird bzw bezahlt werden kann. Es ist jedes Delikt für sich zu beurteilen.

Im Hinblick darauf, daß der Meldungsleger offensichtlich bezüglich der eingeschalteten Nebelschlußleuchte davon ausgegangen ist, daß diesbezüglich die Kriterien des § 21 erfüllt sind, ansonsten hätte er dem Bw keine Abmahnung angeboten, sieht sich die erkennende Berufungsbehörde veranlaßt, von der Verhängung einer Bestrafung Abstand zu nehmen und statt dessen die Ermahnung auszusprechen, zumal der Beschuldigte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. VStG einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung hat. Die Ermahnung war auszusprechen, um dem Beschuldigten die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens darzulegen, darf doch nicht übersehen werden, daß eine rechtswidrig eingeschaltete Nebelschlußleuchte bedingt durch ihre wesentlich stärkere Leuchtkraft unter Umständen eine enorme Belästigung für die nachfolgenden Verkehrsteilnehmer darstellt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Lasermessung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum