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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104572/2/Kop/Shn

Linz, 29.04.1997

VwSen-104572/2/Kop/Shn Linz, am 29. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn Stefan W, vom 16.4.1997, gegen den Bescheid der BH Urfahr-Umgebung vom 14.4.1997, VerkR96-142-1997-OJ, mit dem der Wiedereinsetzungsantrag des Herrn Stefan Winklehner vom 14.2.1997 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 iVm § 71 Abs.1 Z1 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit Strafverfügung vom 9.1.1997, eigenhändig nachweislich zugestellt am 15.1.1997 wurden über Herrn Stefan W (im folgenden Bw genannt) wegen dreier Verstöße gegen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes Geldstrafen in der Gesamthöhe von 3.000 S verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde mit Ablauf des 29.1.1997 rechtskräftig.

2. Am 3.2.1997 stellte der Bw bei der BH Urfahr-Umgebung ein Ansuchen um Teilzahlung der verhängten Strafe, welches ihm mit Teilzahlungsbescheid der genannten Behörde vom 3.2.1997 bewilligt wurde.

3. Mit Schriftsatz vom 14.2.1997 stellte der nunmehr anwaltlich vertretene Bw an die BH Urfahr-Umgebung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete diesen im wesentlichen wie folgt:

Nachdem ihm am 15.1.1997 in der Arbeit die Strafverfügung eigenhändig zugestellt wurde, war der 16 1/2 Jahre alte Bw schon allein durch die Tatsache der Zustellung eines behördlichen eigenhändig zu übernehmenden Rückscheinbriefes erschrocken, zumal er aufgrund seines Alters mit derartigen behördlichen Schriftstücken keinerlei Erfahrungen hätte. Er habe in weiterer Folge die Strafverfügung mit nach Hause genommen, um die Angelegenheit mit seinen Eltern zu besprechen. Aufgrund mehrerer außergewöhnlicher Umstände sei das behördliche Schriftstück im Wohnzimmerschrank abgelegt und bis zum 3.2.1997 vergessen worden. Diese außergewöhnlichen Umstände wären in einem Rohrbruch in der unmittelbaren Nachbarschaft gelegen, der auch das Haus des Bw und seiner Eltern, an die er sich gewendet hatte, in große Aufregung versetzt habe. Weiters wären zufälligerweise ab Mitte Jänner 1997 erhebliche Umbau-, Erneuerungs- und Adaptierungsarbeiten im Haus seiner Eltern durchzuführen gewesen, sodaß Handwerker anwesend gewesen wären und sein Zimmer und das Zimmer zweier Geschwister des Bw baulich erneuert und neu möbliert hätten, wodurch es zu zusätzlichen Aufregungen und Streßsituationen gekommen sei.

Dem Wiedereinsetzungsantrag lag eine eidesstattliche Erklärung bei, die vom Bw und offenbar seinem Vater unterschrieben war, in welcher dieser die Angaben seines Sohnes bestätigte. Weiters lagen drei Rechnungen der Firma Leiner über den Kauf eines Betteinsatzes, einer Matratze, eines Kaminsofas und eines Jugendzimmers bei. 4. Mit Bescheid vom 14.4.1997, VerkR96-142-1997-OJ, wies die BH Urfahr-Umgebung den oben genannten Wiedereinsetzungsantrag des Bw vom 14.2.1997 im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Ausführungen des Bw keinesfalls ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, an welchem den Bw kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe, darstellen würde. Schon allein die Tatsache, daß ein behördliches Schriftstück den Bw erschreckt habe, weise doch darauf hin, daß dies kein normales Ereignis für den Bw war und daher ein solches Ereignis nicht zum Vergessen Anlaß gebe. Der Umstand, daß in unmittelbarer Nachbarschaft etwas passiert sei und im eigenen Bereich Tätigkeiten durchgeführt worden wären, wären als normale Ereignisse einzustufen.

5. Mit rechtzeitig eingebrachtem Schriftsatz vom 16.4.1997 berief der Bw gegen den oben genannten abweisenden erstinstanzlichen Bescheid und verwies vollinhaltlich auf die im Wiedereinsetzungsantrag vom 14.2.1997 vorgebrachten Ausführungen. Des weiteren führte der Bw im wesentlichen aus, daß auch psychologische Vorgänge wie Vergessen, Verschreiben und Irrtum Ereignisse iSd § 71 Abs.1 AVG seien.

6. Erwägungen des unabhängigen Verwaltungssenates:

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einer Frist einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

6.1. Dem Bw ist zwar zuzustimmen, daß auch psychologische Vorgänge wie zB Vergessen Ereignisse iSd § 71 AVG sein können. Zunächst ist aber festzuhalten, daß der Bw den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen hat, die Behörde also zwar nicht vom Vorliegen, jedoch aber von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens bestimmter Umstände überzeugt werden muß (vgl VwGH vom 4.4.1984, Zl.84/13/0019, 0020). Mit anderen Worten, den Bw trifft eine sogenannte Bescheinigungslast, er hat also initiativ alles darzulegen, was für das Vorliegen der von ihm behaupteten Umstände spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen; bloße Behauptungen reichen zur Glaubhaftmachung nicht aus (vgl auch VwGH vom 24.5.1989, Zl.89/02/0017, 24.2.1993, Zl.92/03/0011).

Der Bw hat dem Wiedereinsetzungsantrag vom 14.2.1997 mehrere Rechnungen der Firma Leiner beigelegt, die beweisen sollen, daß "zufälligerweise ab Mitte Jänner 1997 erhebliche Umbau-, Erneuerungs- und Adaptierungsarbeiten im Haus seiner Eltern" durchzuführen wären. Es seien Handwerker anwesend gewesen und sein Zimmer und das Zimmer seiner Geschwister wären baulich erneuert und neu möbliert worden.

Die Rechnungen über den Kauf einer Matratze und eines Betteinsatzes bzw über das Kaminsofa wurden am 8.2.1997 ausgestellt (Vertragsabschlußdatum). Als voraussichtlicher Liefertermin wird der 12.2.1997 angegeben.

Bezüglich der Rechnung der Firma Leiner über das Jugendzimmer steht fest, daß der Vertragsabschluß am 14.1.1997 erfolgt ist und der voraussichtliche Liefertermin der 10.7.1997 (!) ist.

Die vorgelegten Rechnungen waren allein schon aufgrund der angegebenen Lieferzeiten nicht geeignet, umfangreiche Adaptierungsarbeiten im Elternhaus des Bw aufgrund von Möbellieferungen im Zeitraum zwischen 15. und 30.1.1997 glaubhaft zu machen. Abgesehen davon ist der erstinstanzlichen Behörde vollinhaltlich beizupflichten, daß die Lieferung von Möbeln für den Bw weder ein unvorhersehbares Ereignis war, noch nach der allgemeinen Lebenserfahrung sonst geeignet wäre, sonstige wichtige Umstände vergessen zu lassen.

Bezüglich des behaupteten Rohrbruches fehlen schon im Wiedereinsetzungsantrag bzw im Berufungsschriftsatz Angaben dazu, in welcher Nähe dieser ("unmittelbare Nachbarschaft") erfolgt sei und welche Auswirkungen dies für den Bw in concreto gehabt habe. Abgesehen davon brachte der Bw in dieser Frage keine Beweismittel oder konkreten Beweisanbote vor, wenn man von der sogenannten "eidesstattlichen Erklärung" seines Vaters absieht, der aufgrund der engen verwandtschaftlichen Verbindung ohnehin nur geringfügiger Beweiswert zukommt.

Alles in allem waren die vom Bw vorgebrachten Umstände nicht geeignet, die Behörde von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens derselben zu überzeugen, zumal - ohne zu verkennen, daß auch bloßes schuldloses oder nur aufgrund einen minderen Grad des Versehens verursachtes Vergessen nach der ständigen Judikatur des VwGH einen Wiedereinsetzungsgrund darstellt - der erstinstanzlichen Behörde beizupflichten ist, daß gerade die durch die für einen Jugendlichen nicht alltägliche, eigenhändige Zustellung der Strafverfügung verursachte Erregung (- der Bw spricht selbst von einem Erschrecken -) ein sofortiges (schuldloses bzw bloß leicht fahrlässiges) Vergessen bei ihm bzw seiner ganzen Familie bewirkt haben kann.

Der unabhängige Verwaltungssenat hält es vielmehr für wahrscheinlich, daß der Bw die Existenz dieses für ihn naturgemäß unangenehme amtliche Schriftstück vielmehr verdrängt hat oder es nicht wagte, dieses seinen Eltern zu zeigen.

6.2. Abgesehen davon, daß dem Bw die Glaubhaftmachung nicht gelungen ist, hätte er selbst bei Zugrundelegung des behaupteten Sachverhaltes jedenfalls die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm auch nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen (vgl VwGH vom 15.6.1993, Zl.93/14/0011, VwGH vom 10.2.1994, Zl.94/18/0083), sodaß keine bloß leichte Fahrlässigkeit und somit auch kein minderer Grad des Versehens vorliegen würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

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