Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104604/15/WEG/Ri

Linz, 27.10.1997

VwSen-104604/15/WEG/Ri Linz, am 27. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des M K vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, vom 28. April 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 9. April 1997, VerkR96-15534-1996-Kb, nach der am 8. Oktober 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft B hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a und 2.) § 4 Abs.5, jeweils StVO 1960, Geldstrafen von 1.) 1.200 S und 2.) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 36 Stunden und 2.) 36 Stunden verhängt, weil dieser am 20. März 1996 um 7.40 Uhr den LKW mit dem Kennzeichen A auf der B Bundesstraße in Richtung F gelenkt und es nach einem bei Strkm verursachten Verkehrsunfall unterlassen hat, 1.) das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten, 2.) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren von 220 S in Vorschreibung gebracht.

2. Nach der Aktenlage kam es im Ortsgebiet von H bei der Engstelle auf Höhe Strkm zu einer Begegnung zwischen einem LKW-Zug, den der Beschuldigte lenkte und einem VW-Golf, welchen der Anzeiger lenkte. Dabei touchierte der Vw-Golf mit der dort befindlichen Gartenmauer und es kam zu einer Sachbeschädigung (Kratzspuren am Lack und Beschädigung des Außenspiegels) am VW-Golf. Der Lenker des LKW-Zuges, der nach Ansicht der Strafbehörde den Unfall bemerkt haben mußte, habe nicht angehalten und habe in der Folge auch die nächste Gendarmeriedienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt.

3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung ua sinngemäß ein, er habe den Verkehrsunfall nicht bemerkt und habe diesen auch nicht bemerken können. Er habe auch in der Folge bis zum Eintreffen der Gendarmerie vom Verkehrsunfall mit Sachschaden keine Kenntnis erlangt, insbesondere habe der Zeuge G (Unfallgegner), der ihm nachgefahren sei, zwar Vorhalte gemacht betreffend Kurvenschneiden und rücksichtsloses Fahrverhalten, von einem Verkehrsunfall jedoch habe der ihn verfolgt habende und zum Anhalten gezwungene VW-Golf-Lenker nichts erwähnt. Von dem angeblichen Verkehrsunfall habe er erst von den Gendarmeriebeamten des Postens S erfahren.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch Einholung eines straßenverkehrstechnischen Gutachtens und durch Abhaltung eines Lokalaugenscheines anläßlich der am 8. Oktober 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Der Zeuge G erschien zu dieser Verhandlung nicht, ebensowenig ein Vertreter der belangten Behörde. In beiden Fällen langten jedoch kurz vor Durchführung der Verhandlung entsprechende Mitteilungen über die Unmöglichkeit der Teilnahme an der Verhandlung ein.

Der technische Amtssachverständige Ing. H führte in seinem Gutachten aus, daß der Beschuldigte als Lenker des LKW-Zuges den Verkehrsunfall selbst bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht bemerken mußte. Es befindet sich bei Strkm eine Engstelle, wobei die Fahrbahnbreite 5,20 m und der insgesamt zur Verfügung stehende Raum 5,70 m beträgt. An dieser Engstelle ist in Fahrtrichtung des Beschuldigten auch eine relativ unübersichtliche Rechtskurve. Der LKW-Lenker mußte - um nicht mit der rechts befindlichen Kirche zu kollidieren - über die Fahrbahnmitte auslenken, sodaß für den PKW-Lenker nur mehr ca. 1,40 m bis 1,50 m an Straßenbreite zur Verfügung standen. Es besteht dort auf Grund der Fahrbahn- und Sichtverhältnisse das Gebot des Fahrens auf halbe Sicht. Dieses Gebot dürfte der PKW-Lenker nicht befolgt haben. Der Sachverständige begründete das "Nichtwahrnehmenmüssen" des Verkehrsunfalles einerseits mit dem Eigenlärm des LKWs und mit dem Umgebungslärm und andererseits damit, daß infolge des relativ leichten Unfalls (Streifung der dort befindlichen Gartenmauer) daß auch optisch keine Wahrnehmbarkeit gegeben gewesen sei. Der Beschuldigte selbst schilderte den Vorfall in Übereinstimmung mit den bisherigen Ausführungen sachlich und in jeder Phase glaubwürdig. Demnach sei ihm der PKW-Lenker mit relativ hoher Geschwindigkeit entgegengekommen, während er selbst diese ihm sehr bekannte Engstelle mit ca. 25 km/h passierte. Er hat den Verkehrsunfall nicht wahrgenommen sondern lediglich bemerkt, daß dieser PKW-Fahrer eine Gefahrenbremsung durchführen mußte. Etwa nach 3 km bis 4 km holte ihn der PKW-Lenker ein und nötigte ihn zum Anhalten. Dabei machte er ihm Vorhalte wegen des angeblich gefährlichen Fahrverhaltens und der Nichtbeibehaltung des rechten Fahrstreifens und erklärte auch, die Polizei verständigen zu wollen. Der Berufungswerber setzte seine Fahrt fort und veranlaßte die Entladung seines LKW-Zuges bei der Firma S in S. Dort sind letztlich die Gendarmeriebeamten eingetroffen, notierten sich die Lenker- und Fahrzeugdaten und teilten ihm mit, daß der PKW-Lenker Anzeige erstattet hatte und sein Außenspiegel beschädigt sei.

Nach Abwäung der angeführten Beweisergebnisse steht mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit nicht fest, daß der Beschuldigte vom Verkehrsunfall zu einem Zeitpunkt Kenntnis erlangte, zu welchem er den Verpflichtungen des § 4 StVO 1960 zeitgerecht nachkommen hätte können. Er erfuhr vielmehr (zumindest im Zweifel) vom Verkehrsunfall, an dem er ursächlich beteiligt war, erst durch die Gendarmeriebeamten. Ab diesem Zeitpunkt bestand naturgemäß auch keine Verpflichtung mehr, den Verkehrsunfall zu melden.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Auf Grund des oben angeführten Sachverhaltes, welcher insbesondere im Hinblick auf das Gutachten des technischen Sachverständigen als erwiesen anzunehmen war, kann der Vorwurf, der Berufungswerber hätte die Verpflichtung des § 4 Abs.1 lit.a und die des § 4 Abs.5 StVO 1960 verletzt, nicht mehr aufrecht erhalten werden. Es war daher in Befolgung des § 45 Abs.1 Z1 VStG der Berufung Folge zu geben, von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider

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