Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104623/17/Fra/Ka

Linz, 15.10.1997

VwSen-104623/17/Fra/Ka Linz, am 15. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 24.4.1997, VerkR96-10410-1996, betreffend Übertretung des Artikel 15 Abs.2 erster Satz Verordnung (EWG) 3821/85 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. August 1997, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 400 S, zu zahlen. Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des Art.15 Abs.2 erster Satz Verordnung (EWG) 3821/85 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967, eine Geldstrafe von 2.000 S (EFS 40 Stunden) verhängt, weil er, wie anläßlich einer Kontrolle am 21.11.1996 gegen 23.40 Uhr festgestellt wurde, als Fahrer des Sattelkraftfahrzeuges, auf der A 8 Innkreisautobahn, Autobahnkilometer 56,8, beim Lenken des Sattelkraftfahrzeuges kein Schaublatt benutzte. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben. I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war durchzuführen, weil dies der Bw ausdrücklich verlangt hat (§ 51e Abs.2 VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

I.3.1. Grundsätzlich werden sämtliche Punkte gegen J D vorbehaltlich der Anlastung einer Verwaltungsübertretung eines J D nicht bestritten. Nach Ansicht des Bw krankt das gegenständliche Verfahren zufolge der Täterbezeichnung. Es sei die Namensbezeichnung nicht mit dem Rechtsmittelwerber ident, weshalb seiner Ansicht nach das Verfahren einzustellen sei. Der Bw bringt weiters vor, daß ihm ein ordentliches Verfahren versagt worden sei, was sich an den unterschiedlichen Personalangaben verifizieren lasse. Es wurde ihm auch keine Gelegenheit geboten, seine Vermögens- und Einkommenswerte sowie allfällige Unterhaltspflichten darzulegen. Eine Übertretung gemäß der Verordnung EWG Nr. liege nicht vor, zumal mangelnde Schaublätter einer Betriebsstörung gleichzusetzen seien und die dementsprechenden Eintragungen der Zeitgruppen auf einem Blatt jeweils nach Beendigung einer Arbeitsperiode angefertigt würden. Gemäß Art.16 Abs.2 der oa Verordnung haben die Fahrer bei Betriebsstörungen (mutatis mutandis/mangelnde Schaublätter) die Aufzeichnungen über die Zeitgruppen händisch auf einem Blatt anzufertigen. Dem Hinweis im angefochtenen Straferkenntnis, daß mitunter Fahrer zu Fahrzeitüberschreitungen neigen und deswegen ihre Schaublätter überschreiben oder ohne Schaublatt fahren, entgegnet der Bw, daß dies im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren in Abrede gestellt werden könne, zumal eine auf einem Tintenstrahldrucker gefertigte Fahrzeugübernahmebestätigung vorgelegt werden konnte. Der Bw stellt aus den angeführten Gründen den Antrag, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen oder von der Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen, in eventu, die gegenständliche Angelegenheit zur Prüfung und Entscheidung einem unabhängigen Verwaltungssenat in einer öffentlichen Verhandlung abzutreten. I.3.2. Zu dem im o.a. Punkt angeführten Vorbringen des Bw wird ausgeführt:

Auf Seite 3 der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle Ried/I. vom 6.12.1996, GZ. P-2419/96/Vo, ist in der ersten Zeile folgendes festgehalten: "Bei der Kontrolle des Fahrtenschreibers wurde festgestellt, daß J D tatsächlich kein Tachografenschaublatt im Fahrtenschreiber eingelegt hatte." Ansonsten wird in dieser Anzeige der der festgestellten Verwaltungsübertretung Verdächtige - der nunmehrige Rechtsmittelwerber - immer richtig mit D bezeichnet. Auch in der daraufhin erlassenen Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 12.12.1996 und im angefochtenen Straferkenntnis ist der Name des Rechtsmittelwerbers korrekt geschrieben. Sowohl die oa Strafverfügung und das oa Straferkenntnis sind rechtzeitige, dh während der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzte und somit taugliche Verfolgungshandlungen gemäß § 32 Abs.2 VStG. Der diesbezügliche Einwand des Bw, daß das gegenständliche Verfahren infolge falscher Täterbezeichnung einzustellen sei, ist daher rechtlich verfehlt. Die Erfüllung des gesetzlichen Tatbildes bzw der objektive Tatbestand wird vom Bw grundsätzlich nicht bestritten. Dem Argument des Bw, daß mangelnde Schaublätter einer Betriebsstörung gleichzusetzen seien, kann sich der O.ö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Zusammenhang nicht anschließen. Der Bw bringt selbst vor, daß es nicht zu verifizieren sei, weshalb er nach der Kontrolle durch das BAG (Bundesamt für Güterverkehr) anschließend nicht mehr im Besitze des Schaublattes war. Er kann sich dies allenfalls damit erklären, daß er dieses Blatt nebst den Fahrzeug- und Frachtpapieren, Straßengenehmigung, Gefahrengutpapiere ua. verloren habe oder dieses sonstwie abhanden gekommen ist. Mit diesem Einwand kann der Bw die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 2.Satz VStG nicht entkräften. Der Umstand, daß der Bw nach der Kontrolle durch das BAG das Schaublatt nicht wieder in das Kontrollgerät eingelegt hat, ist ihm als Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzulasten und kann - siehe oben - keineswegs mit einer Betriebsstörung gleichgesetzt werden. Obwohl der Bw dem Sinne nach lediglich Rechtsfragen aufgeworfen hat, war aufgrund dessen ausdrücklichen Verlangens eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Diese wurde vorerst für den 18.6.1997 ausgeschrieben. Aufgrund einer Vertagungsbitte wurde diese Verhandlung abberaumt und für den 5.8.1997 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. wieder neu ausgeschrieben. Zu Verhandlungsbeginn hat der Bw das entscheidende Mitglied des O.ö. Verwaltungssenates angerufen und ihm mitgeteilt, daß er sich in Linz befinde. Er sei der Meinung gewesen, daß die Verhandlung am Ort des O.ö. Verwaltungssenates stattfindet. Auf den Hinweis des Mitgliedes des O.ö. Verwaltungssenates, daß der Verhandlungsort in der Ladung deutlich mit "Ried/I." bezeichnet ist, erwiderte der Bw, er sei der Ansicht, daß der O.ö. Verwaltungssenat die Verhandlungen an seinem Sitz durchzuführen hätte. Für diese Behauptung des Bw gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage. Eine weitere Vertagungsbitte wurde seitens des entscheidenden Mitgliedes des O.ö. Verwaltungssenates abgelehnt, da der Bw keine ausreichende Entschuldigung dafür vorbringen konnte, weshalb er nicht zu der ordnungsgemäß ausgeschriebenen Berufungsverhandlung mit Sitz Ried/I. erschienen ist. Der Bw behauptete auch, die gegenständliche Anzeige nie gesehen zu haben, weshalb ihm der O.ö. Verwaltungssenat neuerlich Parteiengehör insofern gewährte, als er ihm mit Schreiben vom 8. August 1997 die gegenständliche Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle Ried/I., vom 6. Dezember 1996, noch einmal zur Kenntnis brachte und ihm auch Gelegenheit gab, zu den von der Strafbehörde geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen eine Stellungnahme abzugeben. In seiner Stellungnahme vom 10.9.1997 hat der Bw kein zusätzliches entscheidungsrelevantes Vorbringen erstattet (zu seiner sozialen und wirtschaftlichen Situation siehe unten). Die Behauptung des Bw, die gegenständliche Anzeige nie gesehen zu haben ist aktenwidrig. Einerseits deshalb, weil ihm laut Niederschrift der Bundespolizeidirektion Wien, Bundespolizeikommissariat Meidling vom 25.2.1997 ua der Inhalt der Anzeige vorgehalten wurde. Diese Niederschrift ist vom Bw unterschrieben. Andererseits geht der Bw in seinem Rechtsmittel dezidiert auf diese Anzeige ein, woraus sich die Unhaltbarkeit der oa Behauptung ergibt.

Der Bw hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht erfüllt, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war. I.3.3. Zur Strafbemessung hat die Erstbehörde folgendes ausgeführt: "Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten durch Berufskraftfahrer kommt im Hinblick auf die Verkehrssicherheit besondere Bedeutung zu, weil verhindert werden soll, daß übermüdete Kraftfahrzeuglenker am Verkehr teilnehmen. Diese Bestimmungen sind jedoch auch aus arbeitnehmerschutzrechtlicher Überlegung von Bedeutung, weil eine übermäßige Beanspruchung der Arbeitnehmer verhindert werden soll. Die Verpflichtung, bei allen Fahrten immer ein Schaublatt im Kontrollgerät einzulegen, dient dazu, daß die Einhaltung der angeführten Regelungen effektiv überwacht werden kann. Es kommt immer wieder vor, daß Berufskraftfahrer versuchen, Lenkzeitüberschreitungen bzw. Ruhezeitunterschreitungen zu verschleiern indem entweder das Schaublatt überschrieben oder ohne Schaublatt gefahren wird. Auf diese Weise wird auch versucht, die in § 102 Abs.12 KFG 1967 vorgesehenen Zwangsmaßnahmen zu vermeiden. Art.15 Abs.2 1. Satz Verordnung (EWG) 3821/85 ist daher von besonderer Bedeutung und eine Übertretung dieser Bestimmung kann nicht als unbedeutend angesehen werden. Weiters ist zu berücksichtigen, daß diese Bestimmung jedem Berufskraftfahrer hinlänglich bekannt sein muß. Es bedarf daher der Verhängung einer entsprechenden Geldstrafe, um Sie in Zukunft von der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Im Hinblick auf die in § 134 Abs.1 KFG 1967 vorgesehene Höchststrafe von S 30.000,-- bewegt sich die verhängte Geldstrafe ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens. Sie entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die hs. Behörde davon ausgeht, daß Sie monatlich S 12.000,-- verdienen, kein Vermögen besitzen und keine Sorgepflichten haben. Im Hinblick auf eine verkehrsrechtliche Vormerkung kommt Ihnen auch der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht zugute. Sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe lagen nicht vor." Den oa Ausführungen ist zu entnehmen, daß die Erstbehörde die Strafe entsprechend den Kriterien des § 19 VStG festgesetzt hat. Sie hat den ihr vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraum eingehalten und das ihr gemäß Art.130 Abs.2 B-VG eingeräumte Ermessen fehlerfrei gehandhabt. Entgegen der Behauptung des Bw wurde ihm sehr wohl Gelegenheit geboten, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen. Der Bw wurde mit Ladungsbescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Meidling vom 20.1.1997 für den 25.2.1997 um 11.00 Uhr vorgeladen. Laut Niederschrift im Verwaltungsstrafverfahren vom 25.2.1997 gab der Bw keine Rechtfertigung ab, sondern wird er eine solche binnen drei Wochen direkt an die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. übermitteln. Der Bw hätte somit eine Möglichkeit gehabt, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen; diese hat er jedoch nicht genützt. Dennoch wurde dem Bw im Verfahren vom O.ö. Verwaltungssenat nochmals Gelegenheit gegeben, seine soziale und wirtschaftliche Situation darzulegen. Er teilte mit Schreiben vom 10.9.1997 dem O.ö. Verwaltungssenat mit, daß ihm für seine Tätigkeit ein monatliches Nettosalär von 12.129 S ausbezahlt wird, daß keinerlei Vermögen vorhanden ist und daß er für ein minderjähriges Kind von 5 1/2 Jahren monatlich 2.300 S Unterhalt zu zahlen hat. Der O.ö. Verwaltungssenat hält hiezu fest, daß aufgrund der o.a Kriterien, der Umstand der behaupteten Sorgepflicht für ein minderjähriges Kind eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht zu bewirken vermag.

Das Argument des Bw, es könne im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wohl in Abrede gestellt werden, daß mitunter Fahrer zu Fahrzeitüberschreitungen neigen und deswegen ihre Schaublätter überschreiben oder ohne Schaublatt fahren, weil eine auf einem Tintenstrahldrucker gefertigte Fahrzeugübernahmebestätigung vorgelegt werden konnte, ist im gegenständlichen Zusammenhang nicht geeignet, eine andere Strafbemessung herbeizuführen, weil der gesetzliche Strafrahmen ohnehin nicht einmal zu 7 % ausgeschöpft wurde. Entscheidend für die Überwachung der Lenk- bzw Ruhezeiten ist das Schaublatt. Durch das Nichteinlegen des Schaublattes in das Kontrollgerät ist die effektive Überwachung der Lenk- bzw Ruhezeiten gravierend beeinträchtigt. Die Vorlage einer Firmenbestätigung ist kein ausreichender Ersatz. Gegenständlich kann daher keinesfalls davon gesprochen werden, daß als Voraussetzung für die Anwendung des § 21 VStG das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Der Antrag auf Anwendung des § 21 VStG ist daher abzuweisen. II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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