Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104663/10/Sch/Rd

Linz, 25.07.1997

VwSen-104663/10/Sch/Rd Linz, am 25. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Dr. Schön; Beisitzer: Mag. Gallnbrunner) über die Berufung des G vom 12. Mai 1997, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 6. Mai 1997, VerkR96-5219-1996, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 15. Juli 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Ausspruch über die Barauslagen (1.266 S) aufgehoben wird. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es anstelle der zweimal im Spruch zitierten Vorschrift des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 richtigerweise zu lauten hat: § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 6. Mai 1997, VerkR96-5219-1996, über Herrn G, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.6 iVm § 99 Abs.1 lit.b (richtig: lit.c) StVO 1960 eine Geldstrafe von 18.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden verhängt, weil er am 12. Dezember 1996 um 22.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet von L auf der B 3 Donau Straße bei Straßenkilometer 276 gelenkt habe. Nachdem eine Untersuchung der Atemluft aufgrund seiner beim Unfall erlittenen Serienrippenbrüche nicht möglich gewesen sei und aufgrund des Alkoholgeruches der Atemluft, der undeutlichen Sprache und der geröteten Augen vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, sei er zwecks Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol von dem bei der Bundespolizeidirektion Linz tätigen Arzt Dr. W untersucht worden. Obgleich er verdächtig gewesen sei, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden zu haben, habe er sich am 13. Dezember 1996 um 1.15 Uhr im Unfallkrankenhaus Linz geweigert, sich Blut zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes abnehmen zu lassen. Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.800 S sowie zum Ersatz von Barauslagen in der Höhe von 1.266 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Strafbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zum formellen Teil des Berufungsvorbringens ist zu bemerken, daß die Bestimmung des § 5 Abs.6 StVO 1960 mit der 19. Novelle, BGBl.Nr. 518/1994, neu gefaßt wurde. Insbesondere wurde eine Verpflichtung an den im Sinne dieser Bestimmung Betroffenen aufgenommen, daß dieser die Blutabnahme vornehmen zu lassen habe. Die Zitierung des § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 iVm der Vorschrift des § 5 Abs.6 StVO 1960 als übertretene Verwaltungsnorm erscheint sohin nach Ansicht der Strafbehörde überhaupt entbehrlich; unbeschadet dessen wurde eine entsprechende Berichtigung iSd § 62 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG vorgenommen, zumal angesichts der im Ladungsbescheid nach angeführten Bestimmung des § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 bei der Zitierung der litera b im Spruch des Straferkenntnisses von einem Schreibfehler auszugehen war. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind solche Korrekturen jederzeit zulässig. Abgesehen davon ist die Subsumtion eines Sachverhaltes unter eine bestimmte Norm nicht von der Verjährungsbestimmung des § 31 Abs.1 VStG umfaßt.

Zu dem vom Berufungswerber für sein entsprechendes Vorbringen zitierten Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. September 1996, VwSen-103903/2/Sch/Rd, welches in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof als frei von rechtlichen Mängeln erkannt wurde (VwGH 24. Jänner 1997, 96/02/0479), ist auszuführen, daß diesem eine andere Sachlage bzw. Rechtsfrage zugrundelag. Im dem erwähnten Erkenntnis zugrundeliegenden Sachverhalt wurde der Beschuldigte nicht zu einem Arzt iSd § 5 Abs.5 Z2 StVO 1960 gebracht, sondern (lediglich) zu einem diensthabenden Arzt einer Krankenanstalt. Die Verweigerung der Blutuntersuchung war daher mangels eines damals hiebei anwesend gewesenen entsprechenden Arztes (Amts- bzw. Polizeiarzt) nicht strafbar, da ein wesentliches Tatbestandselement der erwähnten Bestimmung nicht erfüllt worden ist.

Anders verhält es sich im nunmehr gegebenen Fall, wo der Berufungswerber von dem herbeigeholten Polizeiarzt im Krankenhaus - wenngleich aufgrund seiner Verletzungen nur eingeschränkt - iSd § 5 Abs.5 StVO 1960 untersucht worden ist, nachdem festgestellt worden war, daß eine Beatmung des Alkomaten nicht möglich war. Die beim Berufungswerber gegeben gewesenen Alkoholisierungssymptome (Alkoholgeruch aus dem Mund, lallende Sprache und gerötete Augenbindehäute) haben beim untersuchenden Polizeiarzt den Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung entstehen lassen. Der nun ergangenen Aufforderung zur Blutabnahme hat der Berufungswerber nicht entsprochen. In diesem Zusammenhang wird auf die glaubwürdigen und schlüssigen Aussagen des anläßlich der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommenen Polizeiarztes verwiesen. Es ist dabei rechtlich unerheblich, welche Worte iS einer Verweigerung der Berufungswerber zu den - nach der Beweislage mehrmals (vom Polizeiarzt und von anwesenden Sicherheitswachebeamten) an ihn gerichteten - Aufforderungen gewählt hat. Die Strafbehörde mutet einem Polizeiarzt jedenfalls hinreichende einschlägige Kenntnisse zu, die es ihm ermöglichen, zu erkennen, ob eine Person eine entsprechende Aufforderung verstanden hat oder nicht. Im vorliegenden Fall wurde der Zustand des Berufungswerbers zum relevanten Zeitpunkt vom Polizeiarzt als bewußtseinsklar und orientiert bezeichnet. Nach seiner Ansicht hat er die Aufforderung verstanden und wußte sohin, worum es ging. Wie sein Zustand angesichts der Verletzungen bzw. der verabreichten Medikamente fiktiv noch hätte sein können, also ob theoretisch die Möglichkeit einer Dispositionsunfähigkeit bestanden hat, muß als hypothetische Erwägung angesehen werden. Es kommt allein darauf an, in welchem Zustand sich der Aufgeforderte tatsächlich zu diesem Zeitpunkt befunden hat. Dem vom Berufungswerber beigebrachten Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie - der den Berufungswerber zum Aufforderungszeitpunkt nicht gesehen hat - kann daher keine Entscheidungsrelevanz zukommen, weshalb der entsprechende Beweisantrag auf Einvernahme dieses Gutachters durch den O.ö. Verwaltungssenat abzuweisen war.

Dieser vermag weiters nicht zu erkennen, aufgrund welcher rechtlicher Grundlagen die Beurteilung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit eines Menschen alleine einem entsprechenden Facharzt vorbehalten sein soll. Eine solche Sicht der Dinge würde der offenkundigen Intention des Gesetzgebers, welche aus der Bestimmung des § 5 StVO 1960 hervorleuchtet, nämlich die Beurteilung einer allfälligen Alkoholbeeinträchtigung eines Fahrzeuglenkers in den dort geregelten Fällen durch einen Amts- bzw. Polizeiarzt vornehmen zu lassen, völlig zuwiderlaufen.

Weder die Bestimmung des § 5 Abs.6 StVO 1960 noch jene des § 99 Abs.1 lit.c leg.cit. ordnet expressis verbis an, wer die Aufforderung zur Blutabnahme auszusprechen hat. Daraus ergibt sich in der Folge, daß im Spruch eines Straferkenntnisses nicht ausdrücklich angeführt sein muß, wem gegenüber eine allfällige Verweigerung der Blutabnahme erfolgt ist. Vielmehr muß die Bestimmung des § 5 Abs.6 StVO 1960 im Kontext mit jener des § 5 Abs.5 Z2 und des Abs.2 leg.cit. gesehen werden. Wenn also eine Alkomatuntersuchung aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war und bei dem Amts- bzw. Polizeiarzt, zu dem diese Person gebracht wurde, der Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung entsteht, so beinhaltet die erwähnte Bestimmung den gesetzlichen Auftrag an diesen Arzt, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen und das Gebot an den Betroffenen, diese Blutabnahme vornehmen zu lassen. Wird für den Betroffenen klar zum Ausdruck gebracht, daß nunmehr eine Blutabnahme durchzuführen ist, entsteht bei ihm die Verpflichtung, diese vornehmen zu lassen. Wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen wird, so hat der Betreffende das pönalisierte Verhalten gesetzt, ohne daß es einer Anführung seines "Gegenübers" im Bescheidspruch bedarf. An der Beurteilung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes vermochte auch das Vorbringen des Berufungswerbers nichts zu ändern, er sei vom Bezirksgericht Mauthausen wegen des Verdachtes des Vergehens nach §§ 89 iVm 81 Z2 StGB rechtskräftig freigesprochen worden. Das dem Berufungswerber zur Last gelegte Delikt lag eben nicht in einer Alkoholbeeinträchtigung, sondern in der ungerechtfertigten Verweigerung der Blutabnahme.

Gerade diese Erwägung begründet aber auch die teilweise Stattgebung der Berufung. Die Bestimmung des § 5a Abs.2 StVO 1960 über die Vorschreibung der Kosten der Untersuchung an den Untersuchten knüpft an die Feststellung einer Alkoholbeeinträchtigung an. Eine Alkoholbeeinträchtigung des Berufungswerbers konnte aber nach der Verweigerung nicht festgestellt werden, weshalb die Vorschreibung der entsprechenden als Barauslagen bezeichneten Untersuchungskosten in der Höhe von 1.266 S einer gesetzlichen Grundlage entbehrt.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß es durch alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen kommt. Solche Lenker stellen daher häufig nicht nur eine abstrakte, sondern eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit dar. Es besteht sohin ein beträchtliches öffentliches Interesse daran, umgehend feststellen zu können, ob sich ein Fahrzeuglenker tatsächlich in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befindet oder nicht. Diesem Beweissicherungszweck dient (auch) die Bestimmung des § 5 Abs.6 StVO 1960.

Der Berufungswerber mußte bereits einmal wegen einer Übertretung des § 5 StVO 1960 bestraft werden, welcher Umstand ihn offenkundig nicht davon abhielt, neuerlich ein einschlägiges Delikt zu begehen. Aus spezialpräventiven Gründen ist daher eine Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafe in der Höhe von 18.000 S nicht angebracht.

Hieran vermögen auch die als derzeit eingeschränkt anzusehenden persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers als Notstandshilfebezieher nichts zu ändern. In diesem Zusammenhang wird neuerlich auf den hohen Unrechtsgehalt der Tat und den vorliegenden Erschwerungsgrund verwiesen. Der Rechtsmittelwerber hat im übrigen die Möglichkeit, den Strafbetrag über entsprechenden Antrag bei der zuständigen Behörde im Ratenwege zu begleichen. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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