Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104691/10/BI/FB

Linz, 28.04.1998

VwSen-104691/10/BI/FB Linz, am 28. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn E T, G, E, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. W B, L, M, vom 28. Mai 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 12. Mai 1997, VerkR96-2100-1-1996, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 28. April 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren im Zweifel eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 600 S (20 Stunden EFS) verhängt, weil er am 20. Juni 1996 um 20.14 Uhr als Lenker des Kraftfahrzeuges in L, E, im Ortsgebiet um 16 km/h schneller als 50 km/h gefahren sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 60 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 28. April 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Mag. B sowie des Behördenvertreters Herrn M durchgeführt und im Anschluß daran die Berufungsentscheidung mündlich verkündet. 3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er habe bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 28. November 1996 geltend gemacht, er habe das Fahrzeug zum besagten Zeitpunkt nicht selbst gelenkt. Gleichzeitig sei gegen ihn ein Verfahren wegen Verstoßes nach § 103 Abs.2 KFG 1967 anhängig gewesen, jedoch habe er gegen das diesbezügliche Straferkenntnis ausschließlich aus ökonomischen Gesichtspunkten nicht das Rechtsmittel der Berufung erhoben. Er sei dadurch beschwert, daß die Erstinstanz davon ausgehe, daß er zum angeführten Zeitpunkt den genannten PKW selbst gelenkt und die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 16 km/h überschritten hätte. Der objektive Tatbestand einer Tatbegehung sei von der Behörde zu beweisen. Die Erstbehörde hätte aufgrund der diesbezüglichen Beweisergebnisse richtigerweise zum Ergebnis kommen müssen, daß er selbst das Fahrzeug jedenfalls nicht gelenkt habe. Im schlechtesten Fall wäre die Feststellung zulässig gewesen, daß nicht festgestellt werden könne, wer tatsächlich das Fahrzeug gelenkt habe. Er habe bereits bei der Lenkererhebung angegeben, daß Herr A K zum angegebenen Zeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe, und er sei auch der Meinung, daß er den diesbezüglichen Auskunftspflichten hinreichend nachgekommen sei und auch nachvollziehbar bescheinigt habe, warum er umfangreichere Informationen nicht geben könne. Er habe Name und Adresse des Lenkers fristgerecht bekanntgegeben, wobei es sich dabei um einen Geschäftspartner handle, den er kennengelernt habe, aber zu dem er sonst keine näheren Kontakte pflege. Genauere Auskünfte hinsichtlich dessen Aufenthalt in Österreich oder ähnliches seien ihm daher nicht möglich gewesen. Dieser habe das Fahrzeug aus reinem Privatinteresse verwendet und es stehe der Behörde frei, gegen diesen wegen einer Verwaltungsübertretung vorzugehen. Aufgrund dieser Umstände sei es aber völlig unzulässig, eine positive Feststellung dahingehend zu treffen, daß er selbst das Fahrzeug zum besagten Zeitpunkt gelenkt hätte. Eine doppelte Sanktion, nämlich wegen § 103 Abs.2 KFG und der Verwaltungsübertretung nach der StVO sei seiner Ansicht nach rechtswidrig. Die dem Straferkenntnis zugrundeliegende Verwaltungsübertretung sei jedenfalls nicht ihm anzulasten und, wenn Herr K auf Aufforderung der erkennenden Behörde keine Stellungnahme abgebe, so könne dies auch nicht zu seinen Lasten gehen. Es entbinde die Behörde jedenfalls nicht, entsprechende Erhebungen zur Sachverhaltsfeststellung zu treffen, wobei im Zweifel eben ein Freispruch zu erfolgen habe. Er beantragt daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört wurden.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß der Lenker des auf den Rechtsmittelwerber zugelassenen PKW zur Anzeige gebracht wurde, weil er am 20. Juni 1996 um 20.14 Uhr in L, E, eine Geschwindigkeit von 66 km/h anstelle der erlaubten 50 km/h gefahren sei. Das Verfahren wurde von der Tatortbehörde an die Erstinstanz gemäß § 29a VStG abgetreten. Mit Schreiben vom 30. September 1996 wurde der Rechtsmittelwerber seitens der Erstinstanz als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zur Erteilung einer Lenkerauskunft, bezogen auf den 20. Juni 1996, 20.14 Uhr, aufgefordert. Er hat daraufhin mit Schreiben vom 13. Oktober 1996 die Auskunft erteilt, daß Herr A K, geb. 14. Juni 1965, wohnhaft in Budapest, D, , Beruf: Tischler, das Fahrzeug mit dem angeführten Kennzeichen gelenkt habe. Daraufhin wurde er seitens der Erstinstanz aufgefordert, Auskunft zu erteilen bzw Beweise dafür beizubringen, wann sich der angegebene Lenker in Österreich aufgehalten habe, ob er noch oder überhaupt öfter in Österreich sei, wo er gewohnt habe und zu welchem Zweck er dem Genannten den PKW überlassen habe. Außerdem wurde nach Zeugen und weiteren Beweisen für die Lenkerauskunft gefragt. Daraufhin berief sich der Rechtsmittelwerber auf die von ihm gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 erteilte Lenkerauskunft und machte geltend, er habe überhaupt nicht die Möglichkeiten, diese Fragen mangels Kenntnis dieser Umstände zu beantworten. Herr K sei ein Geschäftspartner, den er einmal kennengelernt habe und er habe keine Kenntnis darüber, ob sich dieser noch in Österreich aufhalte oder überhaupt hier einen Wohnsitz oder ähnliches habe. Gleichzeitig wurde seitens der Erstinstanz der angegebene Lenker mit Schreiben vom 23. Oktober 1996 befragt, wann er sich in Österreich, unter anderem in L aufgehalten habe, aus welchem Grund, wo er gewohnt habe und an welchen Tagen er den PKW zur Verfügung gehabt habe. Das Schreiben wurde ihm tatsächlich zugestellt, zumal der Rückschein mit der leserlichen Unterschrift eines Herrn K versehen ist. Dieser hat aber auf das Schreiben in keiner Weise reagiert. Aus der Kopie des Radarfotos geht eindeutig hervor, daß der PKW mit dem Kennzeichen am 20. Juni um 20.14 Uhr in L, E, mit einer Geschwindigkeit von 71 km/h gemessen wurde. Daraufhin erging seitens der Erstinstanz eine Strafverfügung vom 28. November 1996 wegen Übertretung der StVO 1960 an den Rechtsmittelwerber mit der Begründung, die als Lenker angegebene Person habe trotz schriftlichen Ersuchens nicht reagiert und im Hinblick darauf und auf seine Weigerung, seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nachzukommen gehe die Behörde berechtigterweise davon aus, daß die Lenkerauskunft unrichtig gewesen sei und er selbst das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe. Gleichzeitig erging eine Strafverfügung an Herrn A K wegen Übertretung der StVO 1960, die am 18. Dezember 1996 diesem zugestellt wurde und offenbar in Rechtskraft erwachsen ist, da keinerlei Einspruch erfolgte. Mit Strafverfügung vom 28. Jänner 1997 wurde der Rechtsmittelwerber wegen Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 bestraft, weil er als Zulassungsbesitzer des genannten Kraftfahrzeuges trotz schriftlicher Aufforderung der Erstinstanz nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug am 20. Juni 1996 um 20.14 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne. Gegen beide Strafverfügungen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Einspruch erhoben, wobei ohne weiteres Ermittlungsverfahren zum einen das Straferkenntnis der Erstinstanz vom 17. April 1997, VerkR96-2100-2-1996-A/Atz, wegen Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 und andererseits das Straferkenntnis vom 17. April 1997, VerkR96-2100-1-1996-A/Atz, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 erging. Beide Straferkenntnisse wurden an den Rechtsmittelwerber, zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters zugestellt, jedoch wurde aus Kostengründen und wegen des geringen Strafbetrages Berufung nur gegen das Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 erhoben.

In der Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber auf das Schreiben vom 3. Juli 1997 verwiesen, in dem er dargelegt hat, er sei selbständiger Geschäftsvermittler und habe im Rahmen dieser Berufsausübung auch A K kennengelernt. Am 20. Juni 1996 habe er einen (namentlich genannten) Geschäftspartner, in dessen Begleitung sich Herr K befunden habe, mit dem er bisher nichts zu tun gehabt habe, von dessen Hotel in W abgeholt und sie seien in L Essen gegangen und danach ins Lokal "V" auf der L. Dort hätten sie noch etwas getrunken. Er legte bei der Verhandlung auch die Originalrechnung zur Einsichtnahme und eine Kopie davon vor. Vor der Heimfahrt habe Herr K den Wunsch geäußert, einmal mit dem Fahrzeug fahren zu dürfen, und er habe es ihm zum Lenken überlassen. Sie seien nach W ins Hotel gefahren, von wo er selbst dann heimgefahren sei. Wenn in der Stellungnahme vom 3. Juli 1997 ausgeführt werde, die Fahrt mit Herrn K als Lenker sei nach E gegangen, so handle es sich dabei um ein Mißverständnis zwischen seinem Rechtsfreund und ihm. Herr K sei aber nicht allein mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen, sondern mit ihm als Beifahrer.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates widerspricht es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn ein Zulassungsbesitzer einer Person, die in Begleitung seines Geschäftspartners erscheint und mit der er zu Abend gegessen hat, dh von der er sich doch einen etwas genaueren persönlichen Eindruck verschaffen konnte, auf der Heimfahrt sein Fahrzeug zum Lenken überläßt, weil dieser den Wunsch äußert, er wolle einmal mit einem solchen Fahrzeug fahren. Aus dem Radarbild geht zwar nicht hervor, ob tatsächlich bei dieser Fahrt der Beifahrersitz besetzt war, jedoch läßt sich auf dieser Kopie auch der Lenker nicht erkennen, sodaß auch keine gegenteiligen Aussagen getroffen werden können. Daß der angegebene Lenker nicht fingiert ist, ergibt sich schon daraus, daß zumindest zwei behördliche Schreiben zugestellt wurden, wobei die Strafverfügung wegen Übertretung der StVO 1960 - unabhängig von der Frage der Vollstreckbarkeit in Ungarn - in Rechtskraft erwachsen ist. Wenn Herr K es in Erwägung gezogen hat, nicht mit einer österreichischen Behörde zu korrespondieren, kann dies tatsächlich nicht zu Lasten des Rechtsmittelwerbers gehen. In der Zusammenschau vermag der unabhängige Verwaltungssenat die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers jedenfalls nicht stichhaltig zu widerlegen, wobei die im Akt enthaltene Kopie des Radarfotos zwar die Überschreitung der im Ortsgebiet erlaubten Höchstgeschwindigkeit durch das KFZ mit dem genannten Kennzeichen, das auf den Rechtsmittelwerber zugelassen ist, beweist, aber keinen Anhaltspunkt für die Annahme bietet, daß es tatsächlich der Rechtsmittelwerber selbst zur fraglichen Zeit gelenkt hat. Dazu wäre zumindest eine zeugenschaftliche Einvernahme des genannten Lenkers erforderlich gewesen, die aber aufgrund der in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung wegen Übertretung der StVO 1960 hinfällig ist.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß, selbst wenn im gegenständlichen Fall Widersprüche in der Beschuldigtenverantwortung bestehen und die Schilderungen des Rechtsmittelwerbers im Hinblick auf Herrn K als verantwortlichen Lenker im Rahmen der freien Beweiswürdigung als nicht glaubwürdig erachtet werden, letztendlich kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß tatsächlich der Rechtsmittelwerber selbst die ihm zur Last gelegte Übertretung begangen hat. Es war daher im Zweifel spruchgemäß zu entscheiden, wobei auch keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Ein Radarfoto beweist zwar die Geschwindigkeitsüberschreitung und das Fahrzeug nicht aber den Lenker.

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