Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104732/2/BI/FB

Linz, 15.09.1997

VwSen-104732/2/BI/FB Linz, am 15. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn D S, W, S, D, vertreten durch Rechtsanwalt N S, H, M, D, vom 12. Juni 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 3. Juni 1997, VerkR96-4889-1996 Sö, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Spruch mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wortfolge "in R, Abfahrt A, km 47,60 in Fahrtrichtung L" zu entfallen hat und unter "Behörde" die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems zu verstehen ist, und die Geldstrafe auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 50 S; im Rechtsmittelverfahren fallen keine Kosten an.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG). zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung wegen §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 600 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW, Kz. , der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 28. August 1996 nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer das Kratftfahrzeug mit dem Kennzeichen am 21. Juni 1996 um 16.31 Uhr in R, Abfahrt A, km. 47,60 in Fahrtrichtung L gelenkt hat.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 60 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe bereits mitgeteilt, keine Auskunft über den damaligen Lenker geben zu können. Das Fahrzeug sei im Zeitraum von Mai bis Juni 1996 auf dieser Strecke im wöchentlichen Rhythmus von verschiedenen Personen benutzt worden und im Fahrzeug hätten sich immer zwei Insassen befunden, sodaß der tatsächliche Lenker heute nicht mehr festgestellt werden könne. Als Zeugen dafür führt der Rechtsmittelwerber zwei Zeugen, nämlich L S und J E, an und beantragt die Einstellung des Verfahrens, dessen Kosten er sich zu übernehmen bereiterklärt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der Kombi, Kz., am 21. Juni 1996 um 16.31 Uhr auf der P A bei km 47,600 im Gemeindegebiet R in Richtung L mittels Radargerät Multanova 6 FA Nr.216 mit einer Geschwindigkeit von 109 km/h im Bereich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h gemessen wurde. Dabei handelt es sich um ein stationäres Radargerät, sodaß eine Anhaltung nicht durchgeführt wurde. Vom gemessenen Wert wurden gemäß den Verwendungsbestimmungen 5 km/h abgezogen und eine Geschwindigkeit von 104 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Als Zulassungsbesitzer (Halter) des Kombi wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt Flensburg der Rechtsmittelwerber bekanntgegeben. An diesen erging die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 vom 28. August 1996 (Zustellung am 5. Oktober 1996), die dieser nicht beantwortet hat. Im daraufhin eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren hat er sich damit verantwortet, er habe im Auftrag seines Bruders Lothar Schwab mehrere Fahrten nach Ungarn durchgeführt und es hätten sich immer mehrere Personen im Fahrzeug befunden, die sich abgewechselt hätten.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Anwendung deutschen Rechtes kommt hier deswegen nicht in Betracht, weil nach neuer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Tatort der Verwaltungsübertretung der Nichterteilung einer Lenkerauskunft der Sitz der die Auskunft begehrenden Behörde (hier: Kirchdorf/Krems) ist, dh in Österreich gelegen ist (vgl Erk verst Senat v 31. Jänner 1996, 93/03/0156, ua). Im übrigen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte es nicht als rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11. Oktober 1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991Nr. 23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist insofern gegeben, als das auf den Rechtsmittelwerber zugelassene Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde - was nie bestritten wurde - und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründet hat (vgl ua VwGH v 11. Mai 1993, 90/08/0095). Die Erhebung des oben zitierten letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 in den Verfassungsrang erachtete der (österreichische) Verfassungsgerichtshof als nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK stehend (vgl VfGH v 29. September 1988, G72/88, ua). Die Nichtbekanntgabe des Lenkers in Form des Nichtreagierens innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen durch den Rechtsmittelwerber bedeutet daher, daß er den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal das Auskunftsbegehren eine ausdrückliche Belehrung über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthielt. Die Spruchänderung war insofern begründet, als die Frage nach dem Lenken an einem bestimmten Ort nicht zum in Rede stehenden Tatbestand gehört.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den vom Rechtsmittelwerber genannten finanziellen Verhältnissen, wobei die Rente mit 1.500 DM im Monat angenommen wird. Allerdings war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd zu berücksichtigen. Die nunmehr verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist im Hinblick auf general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt. Ob nun die von der Erstinstanz verhängte und durch den O.ö. Verwaltungssenat bestätigte Strafe in der Bundesrepublik Deutschland auch vollstreckt wird, was nach hier aufliegenden Schriftstücken einiger deutscher Behörden zweifelhaft (ja sogar auszuschließen) ist, vermag an der gegenständlichen Entscheidung, die sich an der gesetzlichen Bestimmung zu orientieren hat, nichts zu ändern. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Lenkerauskunft gilt auch für ausländische Zulassungsbesitzer; Strafe herabgesetzt wegen Nichtberücksichtigung der Unbescholtenheit

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