Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104737/10/BI/FB

Linz, 18.12.1997

VwSen-104737/10/BI/FB Linz, am 18. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn K S, Z, O, Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H L, E, L, vom 12. Mai 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24. April 1997, VerkR96-1690-1995, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 aufgrund des Ergebnisses der am 4. Dezember 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs als auch der verhängten Strafen mit der Maßgabe bestätigt, daß im Punkt 3) des Schuldspruchs die Wortfolge "dem Geschädigten Ihren Namen und Ihre Anschrift nachzuweisen bzw" zu entfallen hat.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz im Punkt 1) 500 S, im Punkt 2) 500 S und im Punkt 3) 200 S als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG, §§ 4 Abs.1 lit.a, 4 Abs.1 lit.c jeweils iVm 99 Abs.2a und 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2a StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 3) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.500 S, 2) 2.500 S und 3) 1.000 S verhängt, weil er am 25. Jänner 1995 gegen 15.15 Uhr den LKW Daimler Benz 814 mit dem deutschen Kennzeichen auf dem Ortschaftsweg K - und zwar dem Straßenzug zwischen den Häusern K Nr. 46 und Nr. 49 - vor dem Wohnhaus K 49 gelenkt habe, wobei er mit dem rechten vorderen Fahrzeugeck gegen den rechts abgestellten PKW Peugeot 205 XS, Farbe rot, Kennzeichen , des J J gestoßen sei, dieser PKW durch die Wucht des Anstoßes gegen den unmittelbar danach abgestellten PKW VW Golf, Kennzeichen , des J J geschoben worden sei, bei diesem Verkehrsunfall an dem von ihm gelenkten LKW an der rechten vorderen Stoßstangenabrundung eine Beschädigung entstanden sei, der PKW Peugeot am linken rückwärtigen Fahrzeugeck erheblich und der rechte Breitstrahler geringfügig und der PKW VW Golf geringfügig beschädigt worden sei, und er es unterlassen habe, 1) sofort anzuhalten, indem er die Fahrt nach D und T fortgesetzt habe, obwohl er aufgrund der Beschädigungen den Anstoß feststellen habe müssen, 2) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, indem er sich mit seinem LKW von der Unfallstelle entfernt habe, dadurch den Gendarmerieorganen erschwert habe, den Unfallhergang festzustellen und 3) den Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nachzuweisen bzw von diesem Verkehrsunfall die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 600 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Dezember 1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigtenvertreters Dr. M, des Behördenvertreters Herrn I und der Zeugen RI W und J E durchgeführt. Außerdem wurde mit den anwesenden Personen ein Ortsaugenschein bei den genannten Häusern in K durchgeführt. Im Anschluß an die mündliche Verhandlung wurde die Berufungsentscheidung mündlich verkündet. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, der Spruch sei insofern nicht ausreichend, als daraus nicht hervorgehe, daß der Beschuldigte am Verkehrsunfall ursächlich beteiligt gewesen wäre bzw sein Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei. Die Erstinstanz sei auch nicht auf sein Argument eingegangen, daß der von ihm gelenkte LKW bereits vor dem Vorfall beschädigt worden sei, die rote Farbe von der Grundierung der Stoßstange herrühre und keine Fremdfarbe sei, wozu er auch eine Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt habe; auch ein Ortsaugenschein unter Beiziehung sämtlicher Zeugen und eines Kraftfahrzeugsachverständigen zum Beweis dafür, daß der Zeuge E von seinem Standort das Kennzeichen nicht erkennen habe können, sei nicht durchgeführt worden, sodaß ein erheblicher Verfahrensmangel vorliege. Die Erstinstanz habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht genügend ermittelt, um zu einem Schuldspruch gelangen zu können. Insbesondere wäre zu klären gewesen, ob bei dem behaupteten Schaden ein Anstoß für ihn überhaupt bemerkbar sein hätte müssen. Auch die subjektive Tatseite hätte entsprechend begründet werden müssen. Er beantragt daher die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteienvertreter gehört und die angeführten Zeugen einvernommen wurden, sowie ein Ortsaugenschein am Unfallort durchgeführt wurde.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich: Unbestritten ist, daß der Rechtsmittelwerber am 25. Jänner 1995 als Lenker eines LKW mit dem Kennzeichen in K unterwegs war, weil er, wie aus dem dem Akt beigelegten Kaufvertrag hervorgeht, bei Herrn J H, K 47, eine Lieferung durchgeführt hat.

Nach Aussage des Zeugen J E beobachtete dieser vom Fenster seines Hauses K 42 etwa um 15.15 Uhr, daß von der oberen Siedlungsstraße ein blauer LKW mit Kastenaufbau in Richtung Kreuzung mit der S Bezirksstraße fuhr. Er beobachtete auch, daß vor dem Haus K 49 auf dem rechten Fahrbahnrand in Richtung S Bezirksstraße gesehen, zwei PKW, nämlich der rote Peugeot und der rote VW Golf, mit der Vorderfront zueinander abgestellt waren. Der Zeuge hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, der LKW sei beim Passieren des Hauses K 49 kurz aus seinem Blickfeld verschwunden, zumal durch das Haus die Sicht verdeckt war, jedoch habe er, als er hinter dem Haus hervorgekommen sei, den dort abgestellten roten Peugeot vor sich hergeschoben, sodaß dieser zum einen auf die Vorderfront des danach abgestellten VW Golf geschoben und zum anderen etwas nach rechts versetzt wurde. Der ihm unbekannte LKW-Lenker habe aber nicht angehalten, sondern sei, nachdem der rote PKW etwas zur Seite geschoben wurde, anstandslos weitergefahren. Der Zeuge lief daraufhin auf den daneben befindlichen Balkon, um das Kennzeichen besser ablesen zu können und stellte fest, daß der LKW an seinem Haus vorbei Richtung K weiterfuhr, wobei ihm das Ablesen der Buchstaben - und eines Teils der Ziffernkombination - gelang. An der Unfallstelle wurde festgestellt, daß der rote Peugeot mit dem Kennzeichen am linken hinteren Eck erheblich beschädigt war und mit der Frontpartie auf den roten Golf geschoben worden war, sodaß beide Fahrzeuge vorne Schäden aufwiesen. Der daraufhin verständigte Zeuge RI W leitete eine Fahndung nach dem vom Zeugen E beschriebenen deutschen LKW ein und eruierte vom deutschen Zoll die Fahrzeugdaten. Die vom Zeugen Eigenbrod beschriebene Kennzeichenkombination führte zu einem LKW der Firma L, der mit der Beschreibung des Fahrzeuges übereinstimmte. J H bestätigte die kurz zuvor erfolgte Lieferung durch den Rechtsmittelwerber für die Firma L. Kurze Zeit später wurde RI W von Gendarmen in T verständigt, daß der beschriebene LKW dort gefunden worden war. Eine Besichtigung des LKW hat ergeben, daß dieser rechts vorne an der Stoßstangenecke eine rote Abschürfung aufwies und der rechte Zusatzscheinwerfer zerbrochen war. Der Rechtsmittelwerber bestätigte nach den Ausführungen des Zeugen zwar die Lieferung in K, bestritt aber, dort an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen zu sein und verwies auf eine von früher herrührende Beschädigung des LKW.

Der Ortsaugenschein hat ergeben, daß der Zeuge E vom Fenster aus direkt auf die Siedlungsstraße oberhalb des Hauses K 49 sieht und einwandfrei in der Lage war, das Kennzeichen des LKW, der von der Kreuzung mit der S Bezirksstraße kommend auf dieser Richtung K fuhr, abzulesen, zumal diese Straße entlang seines Grundstückes verläuft und die Sicht in dieser Höhe uneingeschränkt möglich ist. Der Balkon liegt direkt neben dem Fenster und ist über einen seitlichen Mauerbogen zugänglich. Der Zeuge hat schlüssig dargelegt, daß er zufällig aus dem Fenster gesehen und die angeführten Beobachtungen gemacht hat. Den Unfallhergang hat er so beschrieben, daß eine 5-6 cm dicke Schneedecke bestand, der LKW aber nicht ins Schleudern kam, sondern bei der Fahrt den Peugeot an der linken Hinterecke erwischte und vor sich herschob.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung, daß die Schilderungen des Zeugen E vom Unfallhergang und der Beteiligung des Rechtsmittelwerbers daran schlüssig und nachvollziehbar sind. Dem Beweisantrag des Rechtsmittelwerbers auf Beiziehung eines technischen Sachverständigen zur Frage, ob der Zeuge von seinen Beobachtungsorten aus das Kennzeichen einwandfrei ablesen konnte, wurde angesichts der eindeutigen Lage des Wohnhauses des Zeugen nicht stattgegeben - abgesehen davon hat sich die Richtigkeit des angegebenen Kennzeichens bei den nachfolgenden Gendarmerieermittlungen ergeben. Auch die Beschädigungen der beiden PKW entsprechen der allgemeinen Lebenserfahrung bei solchen Kollisionen. Von der beantragten Einvernahme des Zeugen D M wurde abgesehen, weil angesichts des zerbrochenen Zusatzscheinwerfers kein Zweifel besteht, daß am LKW bereits ein Vorschaden vorhanden war. Auch auf die Beiziehung des technischen Sachverständigen zur Frage, ob der geschilderte Anstoß nicht Beschädigungen im Frontbereich des LKW nach sich ziehen müßte und das Fehlen solcher die ursächliche Beteiligung des Rechtsmittelwerbers ausschließe, wurde verzichtet, weil die Kollision mit der Stoßstange des LKW, demnach mit einem verstärkten, dickwandigen Karosserieteil stattfand, während die linke hintere Ecke des Peugeot, nämlich der linke hintere Kotflügel und die Heckklappe, nur dünnwandig und leicht verformbar sind. Daß am LKW der rechte Scheinwerfer unbeschädigt war, erklärt sich daraus, daß dieser nicht mit der Front der Stoßstange abschließt, sondern etwas nach hinten hineinversetzt angebracht ist, wie sich aus den der Anzeige angeschlossenen Lichtbildern ersehen läßt. Ob die rote Farbe am LKW rechts vorne von der Kollision herrührt oder lediglich die Grundierung der blauen Farbe darstellt, ist insofern bedeutungslos, als auf Grund der Beobachtung des Zeugen E zweifelsfrei davon auszugehen ist, daß der Rechtsmittelwerber am Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt war. Zur Frage, ob er die Verursachung des Sachschadens auch subjektiv bemerken mußte, ist darauf zu verweisen, daß die Kollision mit der rechten vorderen Stoßstangenecke des LKW stattfand, die im Blickfeld des Lenkers liegt. Schon aus diesem Grund mußte dem Rechtsmittelwerber auch bei wegen der eher geringen Geschwindigkeit und der dämpfenden Wirkung des Schnees fehlendem Anstoßgeräusch auffallen, daß er einen (roten!) PKW vor sich her- und auf einen (ebenfalls roten!) PKW schob, was nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine Beschädigung dieser PKW nach sich zieht. Auf den Fotos ist der keineswegs unauffällige Schaden am Peugeot einwandfrei zu erkennen. Daß der Rechtsmittelwerber bei der nachfolgenden Amtshandlung einen nicht verkehrstüchtigen Eindruck gemacht hätte, wurde nie behauptet, sodaß anzunehmen ist, daß er in der Lage war, die Vorgänge um ihn und unmittelbar vor dem von ihm gelenkten LKW, der im übrigen einen vom Lenkersitz aus übersichtlichen Frontbereich aufweist, wahrzunehmen und richtig zuzuordnen. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten, ... und c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall unverzüglich zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist klar zutagegetreten, daß der Rechtsmittelwerber am genannten Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt war. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfaßt der im § 4 Abs.1 StVO genannte Personenkreis alle jene Personen, deren Verhalten örtlich und zeitlich unmittelbare Bedingung (conditio sine qua non) für das Entstehen des Verkehrsunfalles ist (vgl Erk v 24. März 1971, 1108/70 ua). Voraussetzung für die Pflichten nach § 4 Abs.1 und 5 StVO ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte ( vgl. ua VwGH v 6. Juli 1984, 82/02A/0072). Auf Grund des im Ermittlungsverfahren hervorgekommenen Unfallhergangs (siehe oben) besteht kein Zweifel, daß der Rechtsmittelwerber unter Aufwendung der beim Lenker eines Kraftfahrzeuges - noch dazu bei einem Berufskraftfahrer - zu erwartenden Aufmerksamkeit und Sorgfalt das Zustandekommen der Kollision ebenso wie den verursachten Schaden jedenfalls bemerken hätte müssen. Für die Annahme einer subjektiven Unfähigkeit diesbezüglich liegen keine Anhaltspunkte vor und wurden solche nicht behauptet.

Fest steht auch, daß der Rechtsmittelwerber im Anschluß an die Kollision die Fahrt in einem fortgesetzt hat, ohne sich um den Schaden an den beiden Fahrzeugen oder die Geschädigten zu kümmern und ohne den Verkehrsunfall mit Sachschaden bei der in der Nähe befindlichen Gendarmeriedienststelle zu melden. Er hat vielmehr seine Liefertätigkeit bei anderen Kunden in umliegenden Ortschaften fortgesetzt, ohne sich mit den Geschädigten in Verbindung zu setzen. Hätte der Zeuge Eigenbrod nicht zufällig aus dem Fenster gesehen und sich das Kennzeichen des LKW eingeprägt, wäre eine Klärung des Unfalls und eine Ausforschung des Schädigers nicht möglich gewesen. Ein Unfallbeteiligter ist nicht verpflichtet, sich an Ort und Stelle mit dem Unfallgegner auseinanderzusetzen; in diesem Fall hat er jedoch den Verkehrsunfall mit Sachschaden beim nächsten Gendarmerieposten oder Wachzimmer ohne unnötigen Aufschub - die Fortsetzung der Liefertätigkeit war nicht mit solcher Eile geboten, daß sie einer Unfallmeldung vorzugehen hatte; derartiges wurde nicht einmal behauptet - zu melden. Der Rechtsmittelwerber wurde anhand des beschriebenen LKWs zufällig von einer Gendarmeriestreife entdeckt und hat auch nie kundgetan, daß er eine Meldung überhaupt in Erwägung gezogen hätte. Er hat sich - völlig unglaubwürdig - damit verantwortet, er habe von einem Unfall nichts bemerkt.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht daher kein Zweifel, daß er alle drei ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt hat. Da ein ausländischer Lenker sich über die ihn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in Österreich betreffenden Gesetzesbestimmungen informieren muß (vgl VwGH v 23. Oktober 1986, 86/02/064), kann sich der Rechtsmittelwerber auch nicht auf Unkenntnis der genannten Bestimmungen berufen. Es war daher davon auszugehen, daß er sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Die Spruchkorrektur hinsichtlich § 4 Abs.5 StVO erfolgte, weil keine Pflicht zum Identitätsnachweis, wohl aber bei dessen Unterbleiben eine Meldepflicht besteht.

Dem Berufungsvorbringen im Hinblick auf eine mangelhafte Konkretisierung des Spruchs zum Tatbestandsmerkmal der ursächlichen Beteiligung kann nichts abgewonnen werden, weil im Spruch zwar nicht der Gesetzestext des § 4 Abs.1 StVO explizit zu finden ist, jedoch der gesamte Unfallhergang und das genaue Verhalten des Rechtsmittelwerbers in Einzelschritten beschrieben und damit der ursächliche Zusammenhang nachvollziehbar dokumentiert wurden. Der behauptete Mangel war daher nicht zu erblicken.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO 1960 von 500 S bis 30.000 S Geldstrafe bzw im Nichteinbringungsfall von 24 Stunden bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, der des § 99 Abs.3 bis zu 10.000 S bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, daß die Erstinstanz weder mildernde noch erschwerende Umstände gewertet hat. Aus dem Verfahrensakt ist ersichtlich, daß der Rechtsmittelwerber keine Vormerkungen im Bezirk Schärding aufweist, sodaß im Zweifel von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen war, die einen Milderungsgrund darstellt, während zusätzliche Erschwerungsgründe nicht zu finden waren. Die Erstinstanz ist von den vom Rechtsmittelwerber genannten finanziellen Verhältnissen ausgegangen, die auch der Berufungsentscheidung zugrundezulegen waren (580 DM Lohn, 1200 DM aus Gaststättenverpachtung, Sorgepflicht für die Gattin). Die festgesetzte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 19 VStG sowohl dem nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen - auf Grund der unbedingten Wahrnehmbarkeit des Verkehrsunfalls mit Sachschaden war von dolus eventualis, dh vorsätzlicher Begehung, auszugehen - und entspricht auch den wirtschaftlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Eine Herabsetzung in Anbetracht des genannten Milderungsgrundes war nicht gerechtfertigt, weil die Strafen angesichts der Häufung der Übertretungen und des Vorliegens zweier Geschädigter äußerst niedrig bemessen sind. Sie liegen im untersten Bereich der jeweiligen Strafrahmen, halten auch generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Rechtsmittelwerber dazu anhalten, in Hinkunft seinen Verpflichtungen nach einem Verkehrsunfall nachzukommen. Zum Fehlen der Ersatzfreiheitsstrafen im Strafausspruch ist auf die Bestimmung des § 16 Abs.1 VStG zu verweisen, wonach bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch im Erkenntnis vom 21. Jänner 1988, 87/02/0202, ausgesprochen, daß, selbst wenn es zutrifft, daß der angefochtene Bescheid insofern rechtswidrig ist, als er zu den Geldstrafen für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit keine Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, diese Rechtswidrigkeit zur Folge hätte, daß der Beschwerdeführer günstiger gestellt ist, als dies bei einer dem Gesetz entsprechenden Vorgangsweise der belangten Behörde der Fall wäre. Aus § 16 Abs.1 VStG ergibt sich nämlich, daß die Nachholung der - aus welchen Gründen immer - unterlassenen Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe neben einer verhängten Geldstrafe in einem späteren Bescheid unzulässig ist (arg.: "zugleich"). Der Rechtsmittelwerber ist somit durch den fehlenden und nicht nachholbaren Ausspruch einer Ersatzfreiheitsstrafe nicht in seinen Rechten verletzt. Eine Vollstreckung der Geldstrafen im Rechtshilfeweg ist in Deutschland möglich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Fehlen einer Ersatzfreiheitsstrafe nicht sanierbar - Berufungswerber in seinen Rechten nicht verletzt (VwGH vom 21.1.1988, 87/02/0202).

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