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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104823/8/Ki/Shn

Linz, 17.11.1997

VwSen-104823/8/Ki/Shn Linz, am 17. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Wilhelm W, vom 25. Juli 1997 gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 1. Juli 1997, VerkR96-1095-1997-Hu, zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 300 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 1. Juli 1997, VerkR96-1095-1997-Hu, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 5.11.1996 um 07.53 Uhr im Ortsgebiet von Linz, Dinghoferstraße, stadteinwärts nach links, Kreuzung mit der Mozartstraße, den PKW, Kz., gelenkt und dabei bei rotem Licht als Zeichen "Halt" das Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten hat (verletzte Rechtsvorschrift: § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a und § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 150 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 25. Juli 1997 Berufung und er rechtfertigt sich im wesentlichen damit, daß er mit seinem Fahrzeug die gelbe Haltelinie noch im letzten Augenblick der "Grünblinkphase" überschritten habe. Unmittelbar darauf habe er sein Fahrzeug stark abbremsen und kurz anhalten müssen und habe sich dadurch schon in der Gelb- bzw Rotlichtphase befunden. Daher sei es ihm logischerweise nicht mehr möglich gewesen, die Kreuzung in der Rotlichtphase noch rechtzeitig zu verlassen. Der Grund sei, daß sich zu diesem Zeitpunkt im gegenüberliegenden Kreuzungsbereich Personen befunden hätten und zu diesem Zeitpunkt von ihm nicht sicher abzuschätzen gewesen sei, ob diese beabsichtigten, den Zebrastreifen noch zu betreten. Da sich darunter auch Schüler befanden, gelte für ihn der Vertrauensgrundsatz der StVO. Zur Strafbemessung führte der Bw aus, daß die Erstbehörde die langjährige Unbescholtenheit betreffend StVO in keiner Weise bei der Festsetzung des exorbitant erhöhten Strafausmaßes gewürdigt habe. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, zumal im bekämpften Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters wurde das Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen zum Vorbringen des Bw bzw zur Frage, ob die Überwachungskamera durch das rechtseinbiegende Fahrzeug ausgelöst worden sein könnte, eingeholt.

Nach Befundaufnahme hat der Sachverständige nachstehendes Gutachten erstellt:

"Zur Frage, ob die Überwachungskamera durch das rechtseinbiegende Fahrzeug ausgelöst worden sein könnte, wird folgendes festgestellt: Würde man annehmen, daß der Rechtsabbiegende mit konstanter Geschwindigkeit fuhr, so ergibt sich für die Fahrtstrecke von ca 3,0 m innerhalb einer Sekunde eine gefahrene Geschwindigkeit von ca 12 km/h. Dies wiederum führt dazu, daß die gefahrene Strecke in 0,6 s 2 m betragen würde, woraus sich ergibt, daß der Rechtsabbieger bei Umschalten der VLSA auf Rotlicht sich bereits 1 m hinter der Haltelinie befunden haben mußte.

Es kann deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß die Überwachungskamera vom PKW, Kz:, ausgelöst wurde.

Zur Frage, ob das Fahrzeug des Beschuldigten beim Aufleuchten des Rotlichtes noch hinter der Haltelinie war, wird festgestellt:

Würde man annehmen, daß der Beschuldigte vom Stand aus das Fahrzeug beschleunigte, was er in seiner Berufung vom 25.7.97 behauptet, ergäbe sich für eine gefahrene Strecke von 5 m in einer Sekunde eine Endgeschwindigkeit von ca 35 km/h, woraus sich eine Beschleunigung von 10 m/s2 ausgehen kann.

Aufgrund des vorgegebenen Programmablaufes der Rotlichtüberwachungsanlage in Verbindung mit der Anordnung der Induktionsschleife ist es aus technischer Sicht nicht möglich, daß der Beschuldigte die Haltelinie bereits vor dem Umschalten auf Rotlicht die Haltelinie überfuhr und die Überwachungskamera danach ausgelöst wurde." Im Rahmen des Parteiengehörs äußerte sich der Bw zum Gutachten im wesentlichen dahingehend, daß dieses auf einer fiktiven Annahme basiere und es seines Erachtens als Rechnungsbeispiel rechnerisch zwar richtig sei, es aber auf der falschen fiktiven Annahme, daß sich sein PKW in konstanter Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich bewegt habe, basiere. Dies entspreche aber nicht den Tatsachen.

I.5. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung vertritt die Berufungsbehörde die Auffassung, daß das vorliegende Gutachten schlüssig ist und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen steht. Es bestehen daher keine Bedenken, dieses Gutachten der Entscheidung zugrundezulegen. Der Bw, welcher nicht der Wahrheitspflicht unterliegt, hat sich zwar gegen die im Gutachten aufgezeigten Fakten ausgesprochen, es ist jedoch zu berücksichtigen, daß ein mit den Erfahrungen des Lebens und Denkgesetzen nicht im Widerspruch stehendes Gutachten in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden kann (vgl VwGH vom 21.9.1995, 93/07/0005 ua). Überdies hat der Bw keinerlei konkrete Bedenken gegen die Funktionstüchtigkeit der Rotlichtüberwachungsanlage ausgesprochen. I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 38 Abs.5 StVO 1960 gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z10a an den im Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

§ 38 Abs.1 lit.a leg.cit. ordnet an, daß, wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie anzuhalten ist. Aus der dem Verfahren zugrundeliegenden Anzeige der BPD Linz geht hervor, daß die Rotlichtüberwachungsanlage 0,6 sec nach dem Umschalten der Verkehrslichtsignalanlage auf Rotlicht ausgelöst wurde. Aus den im Verfahrensakt aufliegenden Lichtbildern ist weiters zu ersehen, daß sich der PKW des Bw zum Zeitpunkt der Auslösung der Rotlichtüberwachungsanlage mit den Hinterrädern noch vor der Haltelinie befunden hat, was bedeutet, daß die Überwachungsanlage letztlich durch den Kontakt der Vorderräder mit der Induktionsschleife ausgelöst wurde. Überdies hat der Gutachter festgestellt, daß aufgrund des vorgegebenen Programmablaufes der Rotlichtüberwachungsanlage in Verbindung mit der Anordnung der Induktionsschleife es aus technischer Sicht möglich sei, daß der Beschuldigte die Haltelinie bereits vor dem Umschalten auf Rotlicht befahren habe und die Überwachungskamera danach ausgelöst wurde. Dies hat er durch Berechnungen unter Zugrundelegung der im Verfahrensakt aufliegenden Lichtbilder, welche 0,6 sec nach dem Überfahren der Haltelinie bzw 1,6 sec nach Überfahren der Haltelinie aufgenommen wurden, nachgewiesen.

Es wurde weiters überprüft, ob nicht durch das ebenfalls auf den Lichtbildern aufscheinende rechtseinbiegende Fahrzeug der Kontakt der Überwachungsanlage ausgelöst worden sein könnte, dies hat der Sachverständige nach Berechnungen ausgeschlossen.

Nach Vorliegen all dieser Fakten gelangt die Berufungsbehörde zur Auffassung, daß der dem Bw vorgeworfene Sachverhalt objektiv als erwiesen angesehen wird.

Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so hat der Bw keine Gründe hervorgebracht, daß er nicht in der Lage gewesen wäre, sich an die Vorschrift zu halten und es sind auch im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, welche ihn diesbezüglich entlasten würden. Er hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung daher auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten.

Bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung hat der Bw bemängelt, daß die Behörde § 21 VStG nicht berücksichtigt habe.

§ 21 VStG sieht vor, daß für den Fall, daß das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen könne. Dies kommt jedoch im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, zumal, wie die Erstbehörde in der Begründung des Straferkenntnisses völlig richtig dargelegt hat, von einem geringen Verschulden nicht gesprochen werden kann.

Was die Strafbemessung selbst (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die Erstbehörde vom Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht. Bei dem gegebenen Strafrahmen (Geldstrafe bis zu 10.000 S) wurden sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe bezogen auf das Ausmaß der Schuld des Bw durchaus milde festgelegt. Im Hinblick darauf, daß strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit des Bw zu werten war bzw straferschwerend kein Umstand festgestellt werden kann, erscheint diese eher geringe Bestrafung im vorliegenden konkreten Fall noch als vertretbar. Eine Herabsetzung ist jedoch sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen ausgeschlossen. Was die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw anbelangt, so wurde auf diese bei der Straffestsetzung durch die Erstbehörde ebenfalls Bedacht genommen, diesbezüglich hat der Bw keine Einwendungen erhoben. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Rotlichtkamera, Verkehrsampel, Überfahren der Kreuzung bei Rotlicht

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