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VwSen-104838/2/Ki/Shn

Linz, 14.08.1997

VwSen-104838/2/Ki/Shn Linz, am 14. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Franz W, vom 31. Juli 1997 gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 1. Juli 1997, III/S-374/97-4, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BPD Linz hat mit Straferkenntnis vom 1. Juli 1997, III/S-374/97-4, über den Berufungswerber (Bw) 1) und 2) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 3) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen in Höhe von 1) und 2) jeweils 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 18 Stunden) und 3) 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) verhängt, weil er am 4.1.1997 um 01.50 Uhr 1) in Linz, Salzburgerstraße in Fahrtrichtung A7, ab der Kreuzung mit der Laskahofstraße bzw Landwiedstraße bis A7 Fahrtrichtung Nord, Höhe Ausfahrt zur Westbrücke als Lenker des PKW, Kz. ohne zwingenden Grund so langsam gefahren ist, daß der übrige Verkehr behindert war, 2) in Linz, Salzburgerstraße in Fahrtrichtung A7, ab der Kreuzung mit der Laskahofstraße bzw Landwiedstraße bis A7 Fahrtrichtung Süd sowie A7 Fahrtrichtung Nord bis Höhe Ausfahrt Westbrücke als Lenker des PKW, Kz. das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt hat, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, 3) in Linz, Salzburgerstraße in Fahrtrichtung A7 bis Ausfahrt Unionstraße als Lenker des PKW, Kz.auf der Fahrt kein zur Wundversorgung geeignetes Verbandszeug mitgeführt hat (verletzte Rechtsvorschriften: 1) § 20 Abs.1 StVO 1960, 2) § 7 Abs.1 StVO 1960, 3) § 102 Abs.10 KFG 1967). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 190 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 31. Juli 1997 Berufung. In der Begründung führt er im wesentlichen aus, daß der Vorhalt, er wäre ohne zwingenden Grund so langsam gefahren, daß der übrige Verkehr behindert war, nicht zutreffend sei. Laut Radiomeldungen habe es in weiten Teilen Österreichs zum fraglichen Zeitpunkt gefrierenden Regen gegeben. Es sei belanglos, ob dieser Regen im Raum Linz, vor seinem Fahrtantritt oder nach dieser Fahrt einsetzte. Die Straßenflächen seien naß gewesen und er habe seine Fahrgeschwindigkeit auf die dadurch mögliche Straßenglätte eingestellt. Es stimme auch nicht, daß der übrige Verkehr behindert worden sei, weil es nämlich innerhalb der kurzen Zeit keinen übrigen Verkehr gegeben habe. Zum weiteren würden bei den gegenständlichen Straßenabschnitten 60-50 km/h Geschwindigkeitsbeschränkungen bestehen. Die Überholspur habe er deshalb benützt, weil es keinen übrigen Verkehr gegeben habe und er überdies links in Richtung Zentrum gefahren sei. Hinsichtlich Verbandszeug führt der Bw aus, daß er sehr wohl ausreichendes geeignetes Verbandszeug mitgeführt habe. Die Verpackung, in welcher das Verbandszeug verwahrt war, stamme aus Tschechien, bei deren Inhalt habe es sich um ein österreichisches Produkt gehandelt.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

Gemäß § 20 Abs.1 letzter Satz StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht ohne zwingenden Grund so langsam fahren, daß er den übrigen Verkehr behindert. Laut Anzeige des Meldungslegers fuhr der Bw im tatgegenständlichen Bereich eine Geschwindigkeit von etwa 40-45 km/h, dies wurde als extrem langsame Geschwindigkeit bezeichnet. Es sei für andere Fahrzeuglenker notwendig gewesen, ihre Fahrzeuge hinter dem PKW des Bw abzubremsen. Im gegenständlichen Bereich der Salzburgerstraße ist bis zum Beginn der Autobahn eine 70 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet. Es folgt dann auf der Autobahn (Fahrtrichtung Nord) eine 80 km/h- bzw teilweise eine 60 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung. Durch die obzitierte Bestimmung des § 7 Abs.1 letzter Satz ist keine Mindestgeschwindigkeit als allgemeine Fahrregel vorgeschrieben, maßgeblich ist, daß niemand so langsam wird fahren dürfen, daß er den übrigen Verkehr behindert. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, daß der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen hat. Demnach ist jeweils auf den konkreten Fall bezogen, eine Abwägung der iS der gegenständlichen Gesetzesbestimmung zumutbaren Geschwindigkeit vorzunehmen.

Wenn es auch zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt am angeführten Tatort, wie der Meldungsleger ausgeführt hat, keinen Regen bzw kein Glatteis und auch keine sonstige Beeinträchtigung der Fahrbahn durch Witterungsverhältnisse gegeben hat, so war, wie der Meldungsleger ebenfalls ausführte, die Fahrbahn feucht. Der Bw konnte glaubhaft und anhand eines Zeitungsausschnittes belegt darlegen, daß es zum damaligen Zeitpunkt in Österreich zu gewaltigen Verkehrsproblemen durch gefrierenden Regen gekommen ist. Aus einem im Verfahrensakt aufliegenden Bericht des Verkehrsunfallkommandos ist überdies zu ersehen, daß die Temperatur in Linz in der Nacht vom 3. auf 4. Jänner 1996 -2 bis -3 Grad Celsius betragen hat und es offenbar bewölkt (bedeckt) war. Die erkennende Berufungsbehörde vertritt im Gegensatz zur Meinung der Erstbehörde die Auffassung, daß für den Bw unter diesen Umständen sehr wohl ein zwingender Grund vorgelegen hat, die Geschwindigkeit entsprechend zu reduzieren, zumal jedenfalls aus seiner subjektiven Sicht nicht auszuschließen war, daß die Fahrbahn doch vereisen könnte. So gesehen hat er seine Geschwindigkeit entsprechend § 20 Abs.1 StVO 1960 den möglichen Straßenverhältnissen angepaßt, weshalb der Tatvorwurf, er sei ohne zwingenden Grund so langsam gefahren, daß er den übrigen Verkehr behindert habe, nicht aufrecht erhalten werden kann.

Es kann daher dahingestellt bleiben, inwieweit bei den gegebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen die Einhaltung einer Geschwindigkeit von 40-45 km/h schlechthin als Langsamfahren iSd zitierten Gesetzesbestimmung zu beurteilen ist. Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

Im Sinne dieser Bestimmung erfordert die Tatumschreibung nach § 7 Abs.1 StVO 1960 einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist, und andererseits wie weit ihm dies zumutbar und möglich war (vgl VwGH Zl. 88/02/0164 vom 14.12.1988). Weder im angefochtenen Straferkenntnis noch in einer Verfolgungshandlung sind die oben genannten Kriterien enthalten, weshalb der Strafvorwurf nicht iSd § 44a VStG konkretisiert wurde. Infolge Eintrittes der Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) ist es der erkennenden Berufungsbehörde verwehrt, den Schuldspruch entsprechend zu ergänzen, weshalb auch in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben bzw das Strafverfahren einzustellen war.

Nur der Ordnung halber wird darauf hingewiesen, daß der Schuldspruch in rechtlicher Hinsicht, was den Bereich der Salzburgerstraße ab der Kreuzung mit der Laskahofstraße bzw Landwiedstraße bis zum Beginn der Autobahn A7 anbelangt, verfehlt ist.

Gemäß § 7 Abs.3a StVO 1960 darf nämlich der Lenker eines Kraftfahrzeuges im Ortsgebiet auf Straßen mit mindestens zwei durch Leit- oder Sperrlinie gekennzeichneten Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung den Fahrstreifen frei wählen. Nachdem sich dieser Teil der Salzburgerstraße innerhalb des Ortsgebietes befindet und überdies die Richtungsfahrbahn zwei durch Leitlinie gekennzeichnete Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung aufweist, war es zulässig, in diesem Teilbereich der Tatstrecke auch den linken Fahrstreifen zu benützen.

Gemäß § 102 Abs.10 KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten Verbandzeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist, mitzuführen.

Weder die zitierte Bestimmung des KFG noch eine andere Norm konkretisiert, wie das in einem PKW mitzuführende Verbandszeug zu beschaffen sein hat. Es wird ausschließlich gefordert, daß dieses zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt sein muß.

Laut Anzeige beinhaltete das Verbandspaket, welches als CSFR-Produkt bezeichnet wurde, Pflaster, Mullbinden und zwei Mullkompressen. Daß diese Gegenstände nicht in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpackt bzw nicht gegen Verschmutzung geschützt waren, wurde in der Anzeige nicht angeführt und es kann daher ein Vorwurf in diese Richtung dem Bw nicht zur Last gelegt werden.

Wenn aber die Erstbehörde vermeint, das mitgeführte Verbandszeug wäre nicht zur Wundversorgung geeignet gewesen, so hätte sie dies zumindest in der Begründung des Straferkenntnisses entsprechend ausführen müssen. Die erkennende Berufungsbehörde vertritt nämlich die Auffassung, daß nicht schlechthin davon ausgegangen werden kann, daß ein Verbandspaket, welches lediglich Pflaster, Mullbinden und zwei Mullkompressen beinhaltet, nicht zur Wundversorgung geeignet ist. Es war auch daher in diesem Punkt wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: - Eine Geschwindigkeit von 40-45 km/h stellt nicht schlechthin ein Langsamfahren iSd § 20(1) StVO 1960 dar. - Konkretisierungsgebot hinsichtlich § 7 Abs.1 StV0 1960. - Begründungspflicht hinsichtlich § 102 Abs.10 KFG 1967 (Verbandszeug)

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