Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104857/13/BI/FB

Linz, 01.10.1998

VwSen-104857/13/BI/FB Linz, am 1. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G S, vom 30. Juli 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Juli 1997, VerkR96-10656-1996, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten behoben und die Verwaltungsstrafverfahren jeweils eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2. Alternative und 66 VStG, §§ 52c Z24 und 16 Abs.2 lit.a jeweils iVm 99 Abs.3a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 52c Z24 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 2) §§ 16 Abs.2a iVm 99 Abs.3 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 500 S (24 Stunden EFS) und 2) 1.000 S (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 18. Juni 1996 gegen 12.15 Uhr den roten F T mit dem Kennzeichen auf der Abfahrt der A1 in Richtung B151 gelenkt und 1) vor der Einfahrt in die B151 das deutlich sichtbar aufgestellte Vorschrifts- zeichen "Halt" mißachtet habe und ohne vor der Kreuzung anzuhalten in die B151 in Fahrtrichtung Lenzing eingefahren sei. 2) Habe er im Bereich der Abfahrt A1 - B151 trotz deutlich sichtbar aufgestellter Vorschriftszeichen "Überholen verboten" einen LKW-Zug überholt. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 150 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber bestreitet, nicht vor dem Vorschriftszeichen "Halt" stehengeblieben zu sein und führt aus, er sei hinter einem Lastwagen, nicht hinter einem LKW-Zug, nachgefahren, der am Schnittpunkt der Kreuzungsfahrbahnen zum Stillstand gekommen sei. Dieser sei somit eindeutig am Vorschriftszeichen "Halt" vorbeigefahren. Er sei unmittelbar hinter dem LKW stehengeblieben, dh noch vor der Tafel "Halt", und habe damit ausdrücklich dem Gesetz entsprochen. Er sei von dort aus auch bestens in der Lage gewesen zu beurteilen, ob er in die Kreuzung einfahren könne, und habe vor der Anfahrt in die Kreuzung auch schon den hinter den Büschen stehenden Gendarmen bei der Parkplatzausfahrt wahrgenommen. Zu Punkt 2) führt der Rechtsmittelwerber aus, er habe den LKW überholt, habe sich dabei aber berechtigterweise auf dem linken Fahrstreifen, der zum Einordnen in die B151 gedacht sei, befunden, wobei der LKW aus dem Stillstand auf Schrittgeschwindigkeit beschleunigt habe und der Lenker sei so freundlich gewesen, ihn vorbei zu lassen. Auf der Abfahrt A1 - B151 bestehe kein Überholverbot, sondern dieses sei erst auf der B151 in Richtung Lenzing. Der Rechtsmittelwerber vertritt außerdem die Auffassung, daß, wenn die Behörde einen Lokalaugenschein vornehmen und unvoreingenommen seine Aussage und die des Gendarmeriebeamten sachlich und sachverständig nachvollziehen würde, man feststellen könne, daß er keine strafbare Handlung gesetzt haben könne. Außerdem erhebe er auch gegen die Strafhöhe Berufung, daß sein derzeitiges Einkommen nicht berücksichtigt worden sei. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins bei der Autobahnabfahrt Seewalchen bzw auf der B151 im Anschluß an die Autobahnabfahrt Richtung Lenzing am 17. September 1998. Außerdem wurden die dem Vorschriftszeichen "Halt" sowie dem gegenständlichen Überholverbot zugrundeliegenden Verordnungen angefordert. Seitens des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr wurde mit Schreiben vom 8. Oktober 1997 mitgeteilt, daß dort nur mehr die Verordnung gefunden werden konnte, mit der der betreffende Autobahnabschnitt verordnet wurde, nicht jedoch die Erklärung und Verkehrsregelung bezüglich der Anschlußstellen. Das Ministerium geht jedoch davon aus, daß auch die Ge- und Verbotszeichen an den Anschlußstellen ordnungsgemäß mitverordnet worden seien. Seitens der Erstinstanz wurde im Hinblick auf das gegenständliche Überholverbot auf der B151 in Richtung Lenzing zunächst eine Verordnung vorgelegt, die aber ein Überholverbot von km 5,2 bis 6,5 zum Inhalt hatte. Beim Ortsaugenschein hat sich aber ergeben, daß das dem Tatvorwurf zugrundeliegende Überholverbot im Bereich des Strkm 7,2 liegt und daher die vorgelegte Verordnung der Erstinstanz mit dem tatsächlichen Überholverbot nicht übereinstimmen kann. Über neuerliche Anfrage erging seitens der Erstinstanz die Mitteilung, daß für das Überholverbot von km 7,092 bis 7,473 der A Bundesstraße keine Verordnung aufgefunden werden konnte. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Ein durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen zum Ausdruck gebrachtes Verkehrsverbot oder -gebot bedarf nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ebenso wie des Verwaltungsgerichtshofes zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Wirksamkeit einer entsprechenden Verordnung der Straßenpolizeibehörde. Die aufgestellten Verkehrszeichen sind nichts anderes als Kundmachungen der ihnen zugrunde liegenden Verordnungen. Daraus folgt, daß, wenn - wie im gegenständlichen Fall - Straßenverkehrszeichen aufgestellt sind, denen keine Verordnung zugrunde liegt, die mit ihnen dargestellten Verkehrsge- oder -verbote in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht unverbindlich sind. Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses wurde seitens des zuständigen Bundesministeriums erklärt, daß eine Verordnung nicht gefunden werden konnte, allerdings geht das Ministerium davon aus, daß das Vorschriftszeichen "Halt" "jedenfalls" mitverordnet wurde. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua Erk v 16. September 1983, 83/02/0026) bewirkt ein nicht auffindbarer Verordnungsakt, daß nicht von der Existenz einer solchen Verordnung ausgegangen werden kann. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist daher zweifelsfrei davon auszugehen, daß das gegenständliche Vorschriftszeichen nicht verordnet ist, das kundgemachte Gebot daher keine gesetzliche Grundlage hat und daher schon aus diesem Grund kein verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestand vorliegen kann. Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses hat die Erstinstanz erklärt, daß eine Verordnung diesbezüglich nicht existiert, weshalb auch in diesem Fall eine Kundmachung ohne gesetzliche Grundlage und damit keine verwaltungsstrafrechtliche Relevanz gegeben ist. Es war daher in beiden Fällen mit der Einstellung der jeweiligen Verwaltungsstrafverfahren vorzugehen, wobei naturgemäß auch keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten sind.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Beiden Verkehrsbeschränkungen liegen keine Verordnungen zugrunde, wobei nicht auffindbare Verordnungen als nicht existent gelten -> Einstellung des Verfahrens in beiden Punkten.

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