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VwSen-104859/5/GU/Km

Linz, 02.09.1997

VwSen-104859/5/GU/Km Linz, am 2. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des W. L., vertreten durch RAe A.S., J.S. und M.S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 9.7.1997, VerkR96-6907-1997+1, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch vor dem Wort: "Geschäftsführer" das Wort: "handelsrechtlicher" einzufügen ist.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 400 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 9 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 103 Abs.2 KFG 1967, § 134 Abs.1 leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt als Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG nach außen zur Vertretung berufenes Organ der Firma L., welche Zulassungsbesitzerin des Pkw .. ist, der Bezirkshauptmannschaft .. über Aufforderung vom 15.4.1997 (zugestellt am 24.4.1997) nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber gegeben zu haben, wer am 6.3.1997 um 15.05 Uhr den Pkw .. auf der M.bundesstraße in Richtung G. gelenkt hat und dabei im Ortsgebiet von M. die in Ortsgebieten erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten habe und er habe auch keine Person benannt, die die gewünschte Auskunft erteilen könnte. Er habe am 14.5.1997 lediglich mitgeteilt, daß der Pkw oft mit unterschiedlichen Fahrern unterwegs sei und nicht mehr festgestellt werden könne, wer ihn am 6.3.1997 um 15.05 Uhr gelenkt habe. Außerdem sei die Lenkeranfrage nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist erteilt worden. Wegen Verletzung des § 103 Abs.2 KFG wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag auferlegt. In seiner dagegen eingebrachten Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber, wie bereits in seiner Rechtfertigung im erstinstanzlichen Verfahren, im wesentlichen geltend, daß er tatsächlich nicht in der Lage sei, trotz aller Bemühungen herauszufinden, wer das Fahrzeug am 6.3.1997 tatsächlich gelenkt habe, zumal die Firma L. GesmbH etwa 180 Mitarbeiter beschäftigt habe. Ein Fahrtenbuch zu führen sei nach deutschem Recht nicht erforderlich. Er sei der Meinung, daß eine Bestrafung nur bei subjektiv vorwerfbarem Verhalten möglich sei. Im übrigen seien im Unternehmen auch Verwandte beschäftigt, denen gegenüber ein Zeugnisverweigerungsrecht zustünde.

Nach seiner Auffassung könne wohl nicht zutreffen, daß in Österreich, einem europäischen Land, Vorschriften bestünden, die eine Bestrafung ohne Verschulden zuließen. Sollte ein solches Gesetz bestehen, würde dies nach seiner Meinung gegen allgemein gültige Normen verstoßen; dann dürften diese Vorschriften trotz nationaler Wirksamkeit im Rahmen der Rechtsprechung nicht angewendet werden.

Im Ergebnis begehrt der Rechtsmittelwerber wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Nachdem die ausgesprochene Geldstrafe den Betrag von 3.000 S nicht überstieg und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich begehrt wurde, konnte aufgrund der im übrigen klaren Aktenlage entschieden werden (§ 51e Abs.2 VStG).

Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

Eine Gendarmeriepatrouille führte am Nachmittag des 6.3.1997 im Ortsgebiet von M. auf der Bundesstraße B.. Lasergeschwindigkeitsmessungen durch und stellte um 15.05 Uhr fest, daß das Fahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen .. die im Ortsgebiet erlaubte Geschwindigkeit von 50 km/h um 35 km/h überschritten hat. Nachdem die Behörde - die Bezirkshauptmannschaft .. - von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt hat, forderte sie nach erlangter Auskunft vom Kraftfahrbundesamt, daß die Firma L. GesmbH, die Zulassungsbesitzerin dieses Kraftfahrzeuges sei, diese Zulassungsbesitzerin auf, binnen zwei Wochen den Lenker zu benennen, der dieses Fahrzeug im fraglichen Zeitpunkt gelenkt hat oder eine Person zu benennen, die den Lenker benennen könne. Die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe wurde am 24.4.1997 einem Postbevollmächtigten der Zulassungsbesitzerin zugestellt. Mit Antwortschreiben der L.GesmbH, der Post zur Beförderung übergeben am 15. Mai 1997, gab diese bekannt, daß trotz intensiver Nachforschung leider nicht mehr feststellbar sei, welcher Fahrer zur nachgefragten Zeit den Pkw .. gefahren habe. Der Pkw sei sehr oft mit unterschiedlichen Fahrern der Firma im Einsatz.

Nach Ermittlung der zur Vertretung nach außen berufenen Person der GesmbH - des Rechtsmittelwerbers - leitete die Erstinstanz gegen diesen in Verwaltungsstrafverfahren ein, indem sie eine als Verfolgungshandlung taugliche Aufforderung zur Rechtfertigung übersandte.

Nach Rechtfertigung erging das angefochtene Straferkenntnis.

Zutreffend hat die Erstinstanz festgestellt, daß die Antwort einerseits nicht rechtzeitig von der zur Vertretung der Zulassungsbesitzerin nach außen berufenen Person erfolgt ist und andererseits kein Lenker bzw. keine Person benannt wurde, die über den Lenker Auskunft geben konnte. Dieser Sachverhalt ist unbestritten.

Rechtlich war hiezu zu bedenken: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde darüber Auskünfte verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. In Anknüpfung daran, hat der Gesetzgeber im Verfassungsrang angeordnet, daß gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurücktreten.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist, wer unter anderem die vorstehende gesetzliche Bestimmung übertritt.

Zum inländischen Anknüpfungspunkt für die erbetene Lenkerauskunft und folglich für die Übertretung bleibt festzustellen, daß der Aufenthalt des auf einen ausländischen Zulassungsbesitzer zugelassenen Pkw im Gebiet der Republik Österreich hinreichend ist. Dies hat im übrigen die europäische Kommission für Menschenrechte in ihrer Entscheidung vom 11.10.1989, Zl. 15.226/89, bekräftigt.

Nachdem der Rechtsmittelwerber nicht darzutun vermochte, daß die von ihm vertretene Zulassungsbesitzerin die Verwendung des Pkw auf österreichischem Hoheitsgebiet ausschloß und somit auch die Verpflichtung bestand sich mit den geltenden Vorschriften vertraut zu machen, war auch diesbezüglich die Vorwerfbarkeit der Tat in Form von Fahrlässigkeit begründet.

Darüber, ob das gegenständliche Straferkenntnis in Deutschland auch vollstreckt werden kann oder ob wegen des im innerdeutschen Verfassungsrecht herrschenden Verbotes der Selbstbezichtigung ein Verstoß gegen den "ordre public" vorliegt (vergl. Art.4 Abs.1 des Vertrages der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl.Nr. 526/1990) waren im Berufungsverfahren keine weiteren Ausführungen erforderlich, zumal es sich beim Vollstreckungsverfahren um ein vom Verwaltungsstrafverfahren abgehobenes Verfahren handelt.

Die Strafbemessung wurde in der Berufung nicht gesondert angefochten. Hinsichtlich der amtswegigen Überprüfung ist auszuführen, daß die erste Instanz die Strafzumessungsgründe im Sinn des § 19 VStG zutreffend angewendet hat und wird diesbezüglich auf die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen, wobei allerdings die Vereitelung der Ahndung der Geschwindigkeitsübertretung nicht als besonders erschwerender Umstand, sondern als besonderes Gewicht der objektiven Tatseite zu werten war. Diese bildet den Hauptstrafzumessungsgrund im Verwaltungsstrafverfahren.

Aus all diesen Gründen mußte der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG die gesetzliche Pflicht zum Tragen kam, daß der Rechtsmittelwerber einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: "Ordre public" ist im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden. Er greift erst im abgehaltenen Vollstreckungsverfahren.

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