Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104862/2/BI/Ha

Linz, 01.09.1997

VwSen-104862/2/BI/Ha Linz, am 1. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, W, P, D, vertreten durch Rechtsanwälte G, L, T & Partner, E, L, gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. Juli 1997, VerkR96-17703-1-1996, wegen Übertretung der §§ 9 VStG iVm 103 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 verhängten Strafe zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wird.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 200 S; im Rechtsmittelverfahren fallen keine Kosten an.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, § 134 Abs.1 KFG 1967 zu II.: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 9 VStG iVm 103 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt und ihm gleichzeitig einen Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt. 2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Geldstrafe sei wesentlich überhöht, zumal zwar im Verwaltungsstrafrecht zwischen Geldstrafe und Freiheitsstrafe kein fester Umrechnungsschlüssel bestehe und das strafrechtliche Tagsatzsystem im Verwaltungsstrafgesetz nicht ausdrücklich verankert sei, das VStG aber hinsichtlich der Strafbemessungsgründe aber auch auf das StGB verweise, sodaß das Tagsatzsystem auch für die Angemessenheit der Geldstrafen im Verwaltungsstrafverfahren eine brauchbare Grundlage biete. Die Behörde habe 5.000 S Geldstrafe verhängt sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden, sohin sieben Tagen. Dies würde einer Geldstrafe von 14 Tagessätzen entsprechen. Bei einem Netto-Monatseinkommen von 14.000 S und den Unterhaltspflichten für Gattin und zwei Kinder ergäbe sich ein maximaler Tagessatz von 100 S, was einer Geldstrafe von 1.400 S entspräche. Die Berücksichtigung dieser Umstände könne doch nicht gänzlich außer Acht gelassen werden, weil sonst die Strafbemessungsvorschrift des § 19 Abs.2 VStG ausgehöhlt würde. Bei richtiger Anwendung des Gesetzes hätte die Behörde zu dem Schluß gelangen müssen, daß aufgrund des sehr geringen Einkommens und der Sorgepflicht eine Verwaltungsstrafe von höchstens 2.000 S angemessen sei, weshalb beantragt werde, eine solche Geldstrafe zu verhängen, in eventu, diese unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse angemessen herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, insbesondere in die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zur Strafbemessung, und in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, der des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 30.000 S Geldstrafe und für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Dem Rechtsmittelwerber wird vorgeworfen, als Geschäftsführer einer Ges.m.b.H., die Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen ist, auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen der Erstinstanz keine Auskunft darüber erteilt zu haben, wer dieses KFZ am 13. Oktober 1996 um 14.46 Uhr auf der K-Landesstraße in Richtung R gelenkt hat. Der PKW wurde zu diesem Zeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von 154 km/h mittels Laser-Geschwindigkeitsmeßgerät (hier sind die Toleranzabzüge bereits berücksichtigt) gemessen, obwohl im dortigen Bereich eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erlaubt war. Der Rechtsmittelwerber hat innerhalb der zweiwöchigen Frist ab Zustellung des Lenkerauskunftsersuchens nur um Zusendung eines Frontphotos ersucht, da es sich um ein Geschäftsfahrzeug handle und sich der Lenker anders nicht eruieren lasse. Bei ihren Überlegungen zur Strafbemessung hat die Erstinstanz laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses strafmildernd die verwaltungsstrafrecht-liche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers gewertet, jedoch ausgeführt, daß der Unrechtsgehalt der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht bloß geringfügig sei und es im öffentlichen Interesse, insbesondere in dem der Pflege der Verkehrssicherheit, liege, einen Fahrzeuglenker, der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwiderhandle, einer entsprechenden Bestrafung zuführen zu können. Durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers sei die Ahndung dieses Lenkers vereitelt worden, was als erschwerender Umstand zu werten sei. Außerdem wurde angeführt, daß der Strafbetrag den vom Rechtsvertreter geschilderten finanziellen Verhältnissen angepaßt sei.

Dazu ist seitens des unabhängigen Verwaltungssenates zunächst auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 auch den Umrechnungsschlüssel für die Geldstrafe bzw Ersatzfreiheitsstrafe bildet. Demnach entsprechen 30.000 S Geldstrafe einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen. Wird wie im gegenständlichen Fall ein Sechstel des Strafrahmens bei der Geldstrafe ausgeschöpft, so ist auch die Ersatzfreiheitsstrafe demnach mit einem Sechstel der Höchststrafe zu bemessen, also für 5.000 S Geldstrafe eine Woche Ersatzfreiheitsstrafe. Ein Tagsatzsystem wie im Strafrecht ist dem Verwaltungsstrafverfahren unbekannt, sodaß auch die Schlußfolgerung des Parteienvertreters, die siebentägige Ersatzfreiheitsstrafe entspräche einer Geldstrafe von 14 Tagessätzen, die beim geschilderten Einkommen und Sorgepflichten des Rechtsmittelwerbers mit je 100 S zu bewerten seien, ins Leere geht.

Hauptkriterium für die Strafbemessung ist der Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, wobei nach ständiger Judikatur des VwGH der Unrechtsgehalt eine Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG nicht als unbeträchtlich anzusehen ist (vgl. Erk. Vom 5. Juli 1996, 96/02/0075). Wie von der Erstinstanz in der Begründung des Straferkenntnisses richtig ausgeführt, ist weiters zu bedenken, daß es im öffentlichen Interesse liegt, einen Fahrzeuglenker, der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwidergehandelt hat, einer entsprechenden Bestrafung zuzuführen. Dieses Interesse wurde durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers massiv geschädigt - Tatsache ist auch, daß aufgrund der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung der damalige tatsächliche Lenker wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr belangt werden kann -, jedoch ist dieser Umstand bereits beim Unrechtsgehalt einer Übertretung gemäß § 103 Abs.2 KFG berücksichtigt und darf daher nicht zusätzlich als straferschwerend gewertet werden, wie dies die Erstinstanz laut Begründung des Straferkenntnisses getan hat. Auch eine Orientierung der Strafbemessung am der Lenkeranfrage zugrundeliegenden Verhalten, hier also der Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 50 %, ist schon deshalb nicht zulässig, weil dem Zulassungsbesitzer, der das KFZ nicht selbst gelenkt haben muß, dieses Ausmaß der Überschreitung nicht vorgeworfen werden kann. Auch aus diesem Grund war die Herabsetzung der Strafe gerechtfertigt.

Mildernd wurde zutreffend die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet. Sonstige Milderungs- oder Erschwerungsgründe wurden nicht behauptet und liegen auch unter Bedachtnahme auf die in den §§ 33 und 34 StGB angeführten Umstände nicht vor.

Zum Verschulden ist auszuführen, daß der Rechtsmittelwerber aus der Lenkeranfrage, die nicht nur Angaben über den Grund der Anfrage, sondern auch den Hinweis enthielt, daß das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei, eindeutig und zweifelsfrei davon ausgehen mußte, daß bei Nichterteilung einer Auskunft über eine konkrete Person als Lenker binnen der genannten Frist eine Verwaltungsübertretung vorliegt. Daß der Rechtsmittelwerber die Frist übersehen oder die Auskunftserteilung vergessen hätte, wurde nie behauptet und läßt sich auch aus seinem Schreiben vom 5. Dezember 1996 nicht schließen. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist daher zumindest von dolus eventualis - dazu genügt gemäß § 5 Abs.1 StGB, daß der Täter die Verwirklichung eines Sachverhalts, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet - auszugehen ist. Die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers wurden von ihm selbst mit ca. 14.000 S netto monatlich und der Sorgepflicht für die Gattin und zwei Kinder angegeben und sind nicht als überdurchschnittlich gut zu bezeichnen. Schon aus diesem Grund war - neben der oben genannten Überlegung - eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe jedenfalls gerechtfertigt.

Die nunmehr verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen, die auch für Zulassungsbesitzer von im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen gelten (vgl VwGH v 31. Jänner 1996, 93/03/0156, ua), anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Herabsetzung der Strafe von 5.000 S bei ungünstigen Einkommensverhältnissen trotz vorsätzlicher Begehung, aber mildernder Unbescholtenheit auf 2.000 S gerechtfertigt.

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