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VwSen-104869/14/Ki/Shn

Linz, 18.02.1998

VwSen-104869/14/Ki/Shn Linz, am 18. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Berta M, vom 24. Juli 1997 gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 20. Juni 1997, VerkR96-18417-1996, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13. Februar 1998 zu Recht erkannt: I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat die Berufungswerberin als Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt einen Beitrag von 160 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 20. Juni 1997, VerkR96-18417-1996, über die Berufungswerberin (Bw) 1) gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 1) 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und 2) 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil sie am 31.10.1996 gegen 14.55 Uhr den PKW auf dem Friedhofweg in Attnang-Puchheim gelenkt und dabei den gegenüber dem Haus Friedhofstraße 6 geparkten Kombi an der Stoßstange hinten links beschädigt hat. Bei der Beschädigung handelt es sich um einen Kratzer und verursachte die Beschädigung Kosten in Höhe von S 3.577,20. Obwohl ihr Verhalten am Unfallort mit dem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang stand, hat sie 1) nicht sofort angehalten und 2) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl sie dem Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nicht nachgewiesen hat (verletzte Rechtsvorschriften: 1) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2) § 4 Abs.5 StVO 1960). Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 80 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 24. Juli 1997 Berufung mit der Begründung, daß sie weder einen Anstoß noch ein Geräusch wahrgenommen habe. Hätte sie tatsächlich von der Beschädigung Kenntnis erlangt, hätte sie sofort angehalten und sich mit dem Geschädigten in Verbindung gesetzt. Sie ersuche daher ein Gutachten erstellen zu lassen, ob sie die Beschädigung akustisch und auch als Stoßreaktion wahrnehmen hätte müssen.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am vorgeworfenen Tatort. Weiters wurde das Gutachten eines technischen Amtssachverständigen zur Frage, ob im vorliegenden konkreten Fall objektiv betrachtet der Verkehrsunfall mit Sachschaden wahrgenommen hätte werden müssen, eingeholt.

I.5. Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung wurden die Bw sowie als Zeugen Frau Theresia B, Frau Melitta M sowie Herr Josef K einvernommen. Eine Vertreterin der Erstbehörde hat an der Verhandlung teilgenommen. Weiters wurde - mit Zustimmung der Verfahrensparteien - das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen vom 1. Dezember 1997, BauME-010191/499-1997/Les/Lee, zur Verlesung gebracht.

I.6. Die Bw rechtfertigte sich, wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren, wiederum dahingehend, daß sie keinerlei Anstoßgeräusch bzw sonstige Umstände, welche auf den verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfall schließen würden, wahrgenommen habe. Der Parkplatz vor dem Friedhof sei ziemlich voll gewesen, sie habe jedoch keinerlei Probleme beim Ausparken gehabt. Sie habe auch zum Vorfallszeitpunkt keinerlei sonstigen gesundheitlichen Probleme gehabt, im Fahrzeug war kein Autoradio eingeschaltet. Die als Zeugin einvernommene Zulassungsbesitzerin des beim gegenständlichen Vorfall beschädigten PKW, Frau Theresia B, hat ausgeführt, daß sie von den beiden anderen Zeugen über den Vorfall informiert wurde, sie habe daraufhin eine Anzeige bei der Gendarmerie erstattet. Den durch den gegenständlichen Verkehrsunfall verursachten Schaden habe sie nicht reparieren lassen, sie sei von der Versicherung abgefertigt worden. Das gegenständliche Fahrzeug wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung besichtigt, an der Stoßstange links hinten befindet sich tatsächlich ein Kratzer in der Länge von ca 10 cm. Beim Fahrzeug der Bw konnte keinerlei Beschädigung festgestellt werden. Eine Stellprobe hat jedoch ergeben, daß es, bezogen auf die Höhe der Stoßstangen, durchaus möglich ist, daß der Schaden durch das Fahrzeug der Bw verursacht wurde. Die beiden Augenzeugen des gegenständlichen Vorfalls haben im wesentlichen übereinstimmend ausgesagt, daß sie ein Anstoßgeräusch gehört hätten, sie hätten daraufhin Nachschau gehalten und gesehen, wie die Bw langsam fahrend den Friedhofsweg in Richtung Linzer Straße verlassen hat. Andere sich in Bewegung befindliche Fahrzeuge wurden nicht gesehen.

Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat in seinem oben erwähnten Gutachten festgestellt, daß im vorliegenden Fall der Anstoß des Ford Escort mit dem Toyota Corolla als heftig einzustufen ist und dabei Anstoßgeräusche verursacht wurden, die in einem wesentlich anderen Frequenzbereich liegen, als jene des üblichen Straßen- bzw Umgebungslärms. Durch die Resonanzkasten-Eigenschaft von Fahrzeugkarosserien werden derartige Kontaktierungsgeräusche im Wageninneren als gut hörbar empfunden. Für die Beschuldigte ist daher im vorliegenden konkreten Fall, sofern für die Behörde die Angaben der Zeugen als zweifelsfrei glaubwürdig eingestuft werden, der Verkehrsunfall als akustisch wahrnehmbar einzustufen und es hätte die Beschuldigte den Verkehrsunfall mit Sachschaden wahrnehmen müssen. I.7. Der O.ö. Verwaltungssenat hat nach freier Beweiswürdigung wie folgt erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Gemäß § 4 Abs.5 leg.cit. haben die im Abs.1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Aufgrund der durchaus schlüssigen und glaubwürdigen Aussagen der beiden Belastungszeugen nimmt auch die erkennende Berufungsbehörde als erwiesen an, daß die Bw tatsächlich mit ihrem PKW an der linken hinteren Stoßstange des PKW von Frau B angestoßen ist und den erwähnten Sachschaden verursacht hat. Die Aussagen der Zeugen in diesem Punkt stimmen überein und es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß diese Zeugen die Bw willkürlich belasten würden. Zum Vorfallszeitpunkt war ausschließlich das Fahrzeug der Bw am Friedhofsweg im Bereich des abgestellten PKW von Frau B unterwegs.

Die Bw konnte sich ihrerseits in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen sie gewertet werden, im vorliegenden Falle steht jedoch der Rechtfertigung der Bw ein eindeutiges Beweisergebnis gegenüber.

Festgestellt wird, daß die gegenständlichen Tatbestände auch in der Begehungsform der Fahrlässigkeit verwirklicht werden können. Von einem objektiv sorgfältigen Kraftwagenlenker ist zu erwarten, daß er sich auf das Verkehrsgeschehen derart konzentriert, daß ihm auch bei gehöriger Sorgfalt, gemessen an objektiven Kriterien, ein derartiger Vorfall auffallen mußte.

Der technische Amtssachverständige hat diesbezüglich in seinem Gutachten in schlüssiger und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und Denkgesetzen stehender Weise festgestellt, daß für die Beschuldigte im vorliegenden konkreten Fall der Verkehrsunfall als akustisch wahrnehmbar einzustufen ist und sie den Verkehrsunfall mit Sachschaden wahrnehmen hätte müssen. Demnach kann es letztlich, was die objektive Tatseite anbelangt, dahingestellt bleiben, ob die Bw den Verkehrsunfall bzw die Tatsache, daß sie einen Sachschaden verursacht hat, nicht bemerkt hat, zumal jedenfalls nach objektiven Kriterien im konkreten Fall bei gehöriger Aufmerksamkeit der Vorfall hätte wahrgenommen werden müssen. Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so hat die Bw keine Gründe hervorgebracht, daß sie nicht in der Lage gewesen wäre, sich an die Vorschrift zu halten. Insbesondere hat sie ausdrücklich erklärt, daß sie zum Vorfallszeitpunkt keinerlei körperliche bzw sonstige Beeinträchtigungen hatte. Es sind auch sonst im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, welche sie diesbezüglich entlasten würden. Sie hat die ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen daher auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so muß darauf hingewiesen werden, daß den sogenannten "Fahrerfluchtdelikten" gemäß § 4 StVO 1960 schon aus generalpräventiven Gründen mit entsprechender Strenge entgegengetreten werden muß. Bei dem gegebenen Strafrahmen (Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S hinsichtlich Faktum 1, Geldstrafe bis zu 10.000 S hinsichtlich Faktum 2) hat die Erstbehörde die Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafen extrem niedrig bemessen, wobei jedoch bemerkt wird, daß im vorliegenden konkreten Fall die erkennende Berufungsbehörde mit den Überlegungen der Erstbehörde völlig übereinstimmt. Die Bw ist verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten und sie machte auch im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung in keiner Weise den Eindruck, daß sie sich nicht mit rechtlichen Werten verbunden fühlen würde. Weiters war auf die Einkommenssituation der Bw Bedacht zu nehmen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: Verkehrsunfall mit Sachschaden - Fahrlässigkeit

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