Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104891/5/BI/FB

Linz, 24.09.1997

VwSen-104891/5/BI/FB Linz, am 24. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, R, S, vom 18. August 1997 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 13. August 1997, S 4415/ST/97, in Angelegenheit einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem oben angeführten Bescheid den Einspruch des Rechtsmittelwerbers vom 12. August 1997 (Datum des Eingangsstempels) gegen die zur selben Zahl ergangene Strafverfügung vom 1. Juli 1997 gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht ein mit "Einspruch" übertiteltes Rechtsmittel eingebracht, das seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei sofort zur Dienststelle gekommen und habe mit dem zuständigen Beamten gesprochen, der ihn abgemahnt habe. Er könne sich daher nicht vorstellen, warum zusätzlich eine Strafverfügung erlassen worden sei, die ihm auch nie zugestellt worden sei. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der auf den Rechtsmittelwerber zugelassene PKW, Kennzeichen , am 18. April 1997 um 9.14 Uhr in S, S Nr. 13, mit vier Rädern auf dem Gehsteig abgestellt vorgefunden wurde. Daraufhin erging an den Rechtsmittelwerber die Strafverfügung vom 1. Juli 1997, die laut Rückschein nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 10. und 11. Juli 1997, am 12. Juli 1997 beim Postamt hinterlegt wurde. Sie wurde jedoch offensichtlich nicht abgeholt und am 28. Juli 1997 der Erstinstanz von der Post rückübermittelt. Am 12. August 1997 langte bei der Erstinstanz ein mittels Fax übermittelter "Einspruch" des Rechtsmittelwerbers ein, in dem dieser geltend macht, er sei am 18. April 1997 von einem Beamten wegen "dieses Vergehens" abgemahnt worden, der gesagt habe, die Sache sei erledigt. Er habe danach ein Schreiben erhalten, auf dieses aber in dem Glauben, es sei erledigt, nicht reagiert und habe nun am 30. Juli 1997 eine Mahnung erhalten zu einem rechtskräftigen Bescheid, der ihm nie zugestellt worden sei. Dieser Einspruch wurde als verspätet zurückgewiesen und dagegen richtet sich das nunmehrige Rechtsmittel. Der Rechtsmittelwerber hat mit Schreiben vom 8. September 1997 mitgeteilt, er sei von 5. bis einschließlich 11. Juli 1997, 22.00 Uhr, im Sporthotel G auf Urlaub gewesen und habe, als er am Samstag, dem 12. Juli 1997, vor drei namentlich genannten Zeugen seinen Postkasten geöffnet habe, zwar Post aus der ganzen Nachbarschaft, aber keinen Einschreibzettel vorgefunden, der an ihn adressiert gewesen wäre. Er habe seinen Unmut über die fremde Post sofort beim Leiter des Postamtes S telefonisch ausgelassen, woran sich dieser sicher auch noch erinnern könne.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, bei allen anderen Fällen beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen. Gemäß Abs.2 ist von der Hinterlegung der Empfänger schriftlich zu verständigen, wobei die Verständigung in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstür (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Gemäß Abs.3 ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, jedoch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag, innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Gemäß Abs.4 ist die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn die im Abs.2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22. September 1987, 86/14/0170, ausgesprochen, daß, wenn der Empfänger wegen Abwesenheit (infolge Urlaubs) gar nicht in der Lage ist, von der Ankündigung des zweiten Zustellversuches Kenntnis zu nehmen, auch das an ihn gerichtete Ersuchen, beim zweiten Zustellversuch an der Abgabestelle anwesend zu sein, ins Leere geht. Damit ist auch eine Hinterlegung nach § 17 Zustellgesetz unzulässig und daran ändert auch nichts, wenn der Empfänger vor dem zweiten angekündigten Zustellversuch an die Abgabestelle zurückkehrt. Der Rechtsmittelwerber hat angegeben, von 5. bis einschließlich 11. Juli 1997 auf Urlaub gewesen und erst um 22.00 Uhr des 11. Juli 1997 zurückgekehrt zu sein. Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Anhaltspunkt für Zweifel irgendwelcher Art am Wahrheitsgehalt dieser Angaben, zumal es auch der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, daß Anfang Juli Sommerurlaube angetreten werden. Zur Beschuldigtenverantwortung paßt auch, daß die Strafverfügung nicht behoben wurde, sondern der RSa-Brief der Erstinstanz rückübermittelt wurde. Aus der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt für den gegenständlichen Fall, daß aufgrund der Ortsabwesenheit des Rechtsmittelwerbers eventuelle Ankündigungen über erfolglose Zustellversuche und auch die Hinterlegung des Schriftstückes beim Postamt unzulässig war. Die Hinterlegung vermochte daher nicht die Wirkung der Zustellung zu entfalten und auch eine Heilung des Zustellmangels konnte nicht eintreten, weil der Rechtsmittelwerber bislang die Strafverfügung tatsächlich nicht erhalten hat - der Einspruch wurde auf der Grundlage der an ihn ergangenen Mahnung erhoben. Das hat aber auch zur Konsequenz, daß das mit "Einspruch" übertitelte Rechtsmittel vom 8. August 1997, das am 12. August 1997 mittels Fax bei der Erstinstanz einlangte, auch nicht als Einspruch gegen die Strafverfügung zu werten war, die daher auch nicht verspätet eingebracht werden konnte. Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben und somit spruchgemäß zu entscheiden. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Ankündigung weiterer Zustellversuche + Hinterlegung entfalten keine Wirkung bei Ortsabwesenheit infolge Urlaub; Strafverfügung nie behoben -> "Einspruch" kann nicht verspätet sein, weil Frist nie zu laufen begann.

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