Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104893/9/Sch/Rd

Linz, 22.09.1997

VwSen-104893/9/Sch/Rd Linz, am 22. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des H vom 26. Juni 1997, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 16. Juni 1997, S 1307/ST/97, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Straferkenntnis vom 16. Juni 1997, S 1307/ST/97, über Herrn H, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit.a Z2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 900 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt, weil er am 30. November 1996 um 15.05 Uhr in Leonding auf der Gemeindestraße "I" von der Kremstalbundesstraße B 139 kommend in Richtung Siedlung Doppl/Leonding fahrend das Vorschriftszeichen "Einfahrt verboten" mit der Zusatztafel "ausgenommen Anliegerverkehr" nicht beachtet habe, obwohl er nicht dem vom Verbot ausgenommenen Personenkreis angehört habe. Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 90 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Vom Berufungswerber wurde behauptet, er habe sich zum relevanten Zeitpunkt auf der Fahrt zum Bruder seiner Lebensgefährtin, welcher in D, wohnhaft sei, befunden. Er sei daher der Meinung gewesen, unter die Ausnahme vom Einfahrtsverbot ("ausgenommen Anliegerverkehr") gefallen zu sein. Die Berufungsbehörde hat den Obgenannten im Hinblick auf das Berufungsvorbringen zeugenschaftlich einvernommen. Er hat dabei angegeben, daß ausgemacht gewesen sei, der Berufungswerber sollte ihn einmal besuchen, wobei ein konkretes Datum nicht vereinbart gewesen sei. An dem verfahrensgegenständlichen Tag wollte ihn der Berufungswerber besuchen, habe ihn aber nicht angetroffen. Am nächsten Tag sei es deshalb zu einem Telefongespräch gekommen, weshalb ihm der relevante Zeitpunkt noch in Erinnerung sei. Er habe dem Besucher den Weg so beschrieben gehabt, daß er über das "Einkaufszentrum UNO" zufahren solle, da die Zufahrt von einer anderen Seite für einen Ortsunkundigen wesentlich schwieriger sei.

Angesichts dieses Beweisergebnisses hatte die Berufungsbehörde davon auszugehen, daß das entsprechende Berufungsvorbringen den Tatsachen entspricht bzw. zumindest nicht zu widerlegen ist. Im Hinblick darauf war also zu erwägen, ob der Berufungswerber tatsächlich unter den vom Einfahrtsverbot ausgenommenen Personenkreis fällt. Der Begriff "Anliegerverkehr" ist - ebensowenig wie jener des "Anrainerverkehrs" - im Gesetz nicht definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat den letzteren Terminus durch entsprechende Judikatur interpretiert, wobei - mangels gegenteiliger Ansatzpunkte - davon auszugehen sein wird, daß die bezüglich "Anrainer" getroffenen Aussagen auch auf den Begriff "Anlieger" (mindestens) anwendbar sind. So sagt nach einem entsprechenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Zusatztafel "ausgenommen Anrainerverkehr" aus, daß auch der Fahrzeugverkehr für die Anrainer und zu den Anrainern (zB Eigentümern, Mietern) für Besucher und Angestellte des Anrainers zulässig ist (VwGH 3.10.1984, 84/03/0079).

Hiebei kann dem Umstand keine Relevanz zukommen, ob ein Besucher den Anrainer (Anlieger) letztlich auch tatsächlich antrifft oder ob dies nicht der Fall ist. Unerheblich muß auch bleiben, ob ein Anrainer (Anlieger) auch über andere Verkehrswege erreichbar ist oder nicht. Schließlich ist noch zu bemerken, daß nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ein erlaubter Anrainer- bzw. Anliegerverkehr nur dann auf jene Verkehrsfläche beschränkt ist, an der das Einfahrtsverbot angebracht ist, wenn dies auf der Zusatztafel deutlich zum Ausdruck kommt, wobei ein solcher Hinweis im vorliegenden Fall fehlt. Für die Interpretation, daß im vorliegenden Fall nur Anlieger an der Straße "I" gemeint waren, finden sich sohin keine überzeugenden Argumente. Die Berufungsbehörde ist daher zusammenfassend zu der Ansicht gelangt, daß sich der Berufungswerber zum vom Verbot ausgenommenen Personenkreis zählen durfte, weshalb dem Rechtsmittel Erfolg beschieden zu sein hatte. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum