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VwSen-104896/17/GU/Mm

Linz, 27.10.1997

VwSen-104896/17/GU/Mm Linz, am 27. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der E.L., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion .. vom 19. August 1997, Zl. S-29913/96-3, bezüglich Faktum 1 und eine Übertretung der StVO 1960 nach der am 16. Oktober 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Die Rechtsmittelwerberin hat keine Kostenbeiträge zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1 VStG, § 19 Abs.7 StVO 1960, § 19 Abs.4 leg.cit., § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bundespolizeidirektion .. hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis unter Punkt 1 schuldig erkannt, am 6.9.1996 um 16.15 Uhr in L., Kreuzung von der A..kommend, Abfahrt S. - F.straße in Fahrtrichtung stadtauswärts das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen .. gelenkt zu haben und hiebei trotz des Vorschriftszeichens "Vorrang geben" den Vorrang eines Fahrzeuges verletzt, weil dessen Lenker zu einem unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges genötigt worden sei. Wegen Verletzung des § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 wurde ihr deswegen in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 Prozent der ausgesprochenen Strafe auferlegt.

In ihrer dagegen eingebrachten Berufung rügt die Rechtsmittelwerberin die Beweiswürdigung der ersten Instanz, daß nämlich den im erstinstanzlichen Verfahren vernommenen Polizeibeamten ohne deren Aussagen auf die Stichhaltigkeit zu überprüfen, mehr geglaubt worden sei als dem seinerzeitigen Beifahrer, nämlich ihrem Ehemann. Das angelastete Verhalten sei nicht gesetzt worden. Aus diesem Grunde wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens begehrt. Hilfsweise wird unter Hinweis auf die bisherige Unbescholtenheit, die Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt.

Aufgrund der Berufung wurde am 16.10.1997 in Gegenwart der Rechtsmittelwerberin und ihres Vertreters Dr. J. V. die mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen die Zeugen F. L., RI H. Z. und RI G. A. vernommen.

Demnach steht fest, daß die Rechtsmittelwerberin den spruchgegenständlichen PKW zur Tatzeit am Tatort auf der Abfahrt der A.. im Einbindungs(Kreuzungs)bereich mit der F.straße (Abfahrt S. ) lenkte. Beifahrer war ihr Ehegatte F. L. Zur gleichen Zeit lenkte Herr RI A. ein Dienstkraftfahrzeug der Bundespolizeidirektion .. auf der F.straße stadtauswärts in Richtung des Einmündungsbereiches der Autobahnabfahrt S. Beifahrer war Herr RI Z.

Beide Fahrzeuge hatten eine Geschwindigkeit von ca. 40-50 km/h. Die Einmündung der Autobahnabfahrt S. in die F.straße stadtauswärts ist im spitzen Winkel ausgebildet. Nach dem baulichen Ende der Autobahnabfahrt ist zwischen dieser Abfahrt und der F.straße noch eine weiße Sperrlinie in einer Länge von ca. 20 m auf den asphaltierten Bereichen der Schnitt(Anbindungs)stellen aufgebracht. Die F.straße weist in diesem Bereich auf dem rechten Fahrbahnstreifen stadtauswärts eine Breite von ca. 6 m auf. Auf der Autobahnabfahrt ist vor dem Einmündungsbereich das Verkehrszeichen "Vorrang geben" aufgestellt.

Die beiden vorbeschriebenen Fahrzeuge wiesen auf ihrer kontinuierlichen Fahrt im spitzwinkeligen Einmündungsbereich einen Abstand von ca. 7 m auf, wobei das von der Rechtsmittelwerberin gelenkte Fahrzeug vorne lag.

Die Rechtsmittelwerberin blickte, in dem zuvor beschriebenen Einmündungsbereich noch auf der Autobahnabfahrt befindlich, in den Rückspiegel und machte einen Schulterblick und fuhr dann auf die F.straße ein bzw. entlang.

Der Lenker des Polizeifahrzeuges bremste das Dienstfahrzeug ab und fuhr dann hinter dem Fahrzeug der Beschuldigten auf der F.straße nach, bog nach ihr in die P.straße ein und machte sie dort stellig, um sie mit dem Vorwurf einer Vorrangverletzung zu konfrontieren.

Zur Würdigung der Beweise hinsichtlich der vorstehend getroffenen Feststellungen ist festzuhalten, daß die in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen - die Polizeibeamten einerseits und der Gatte der Beschuldigten andererseits - durch ihr Auftreten und ihre Aussagen ein gleiches Maß an Glaubwürdigkeit vermittelten, sodaß angesichts der Lebenserfahrung, die die Erkenntnisse zahlreicher Sachverständiger miteinschließt, ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit besteht, daß es sich damit um eine Situation betreffend den sogenannten "toten Winkel" gehandelt hat, zumal Schulterblick und Blick in den Rückspiegel denknotwendig nicht gleichzeitig erfolgen können.

Demnach hat die Beschuldigte beim Einfahren in den Einbingungsbereich den Lenker zum Bremsen seines Fahrzeuges veranlaßt andererseits hat sie glaubhaft machen können, daß sie die Sorgfalt einer maßgerechten Autolenkerin vor dem Einfahren in die bevorrangte F.straße nicht vernachläßigt hat (§ 5 Abs.1 VStG).

Bei diesem Sachverhalt war das Verfahren betreffend den angefochtenen Punkt 1 des Straferkenntnisses mangels Verschuldens gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

Aufgrund des Erfolges der Berufung ist die Rechtsmittelwerberin von Beiträgen zu Kosten des Berufungsverfahrens befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Toter Winkel beim Einbiegen - Blick in den Rückspiegel und Schulterblick schließen Verschulden bei vorgeworfener Vorrangverletzung aus.

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