Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104938/9/Ki/Shn

Linz, 05.03.1998

VwSen-104938/9/Ki/Shn Linz, am 5. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Siegfried I, eingelangt bei der Erstbehörde am 12. September 1997, gegen das Straferkenntnis der BPD Steyr vom 25. August 1997, S 8493/ST/96, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27. Februar 1998 zu Recht erkannt:

Hinsichtlich Faktum 1 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt. Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 500 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt wird. Im übrigen wird diesbezüglich die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich Faktum 1 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 400 S, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten. Hinsichtlich Faktum 2 wird der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde auf 50 S herabgesetzt; diesbezüglich entfällt der Beitrag zu den Kosten vor dem O.ö. Verwaltungssenat.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BPD Steyr hat mit Straferkenntnis vom 25. August 1997, S 8493/ST/96, ua über den Berufungswerber (Bw) 1) gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von 1) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und 2) 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 14.11.1996 um 04.15 Uhr in Steyr, nächst der Kreuzung Sierninger Straße mit dem Pfefferlberg als Lenker des PKWs mit dem Kz. 1) nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten hat und 2) er es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub vom Verkehrsunfall zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist (verletzte Rechtsvorschriften: 1) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2) § 4 Abs.5 StVO 1960). Außerdem wurde er diesbezüglich gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 300 S (das sind jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet. I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz, eingelangt bei der Erstbehörde am 12. September 1997, Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im wesentlichen rechtfertigt sich der Bw damit, daß er unmittelbar nach der Fahrzeugkollision im Bereich der dortigen Omnibushaltestelle angehalten habe. Er habe die Polizei vom Unfall benachrichtigen wollen und nur deshalb, weil er über kein Schreibzeug und kein Handy verfügte, sei er in das nahegelegene Tätowierstudio gefahren um diese Utensilien zu holen. Er sei ca 15 min nach der Fahrzeugkollision an die Unfallstelle zurückgekehrt, um von dort aus mit dem Handy die Polizei vom Unfall zu benachrichtigen. Eine Meldung des Verkehrsunfalles auf der Dienststelle der Diensthundeführer in der Sierninger Straße 57 habe er nicht machen können, weil er bis zur Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses von dieser Dienststelle keine Kenntnis hatte. Er hätte auch gar nicht hinfahren dürfen, weil das Befahren der Sierninger Straße in der Nachtzeit mit Kraftfahrzeugen ab Einmündung des Direktionsberges verboten sei.

Er habe auch nicht sofort vom Tätowierstudio aus die Polizei vom Unfall benachrichtigen können, weil er sich weder das Kennzeichen noch die Fahrzeugtype des beschädigten PKW habe aufschreiben können. Weil er sich das Kennzeichen nicht gemerkt hatte, habe er an die Unfallstelle zurückfahren müssen und er habe von dort aus dann die Polizei anrufen wollen. Gerade die Tatsache, daß er an der Unfallstelle angehalten habe, ohne die erhebenden Polizeibeamten wahrgenommen oder von diesen aufgehalten worden zu sein, zeige wohl zweifelsfrei, daß er sich keineswegs durch Fahrerflucht seiner Verantwortung entziehen wollte. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verbunden mit einem Augenschein am vorgeworfenen Tatort am 27. Februar 1998. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Bw sowie als Zeuge RI Franz A einvernommen. Ein Rechtsvertreter des Bw war anwesend, der Vertreter der Erstbehörde hat sich krankheitsbedingt entschuldigt.

I.5. Der Bw rechtfertigte sich im Rahmen der Berufungsverhandlung wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren dahingehend, daß er kein Schreibzeug bzw kein Handy bei sich hatte, weshalb er zum Tätowierstudio zurückgekehrt ist, um sich ein Handy auszuborgen. Er habe vom Tätowierstudio aus nicht sofort die Polizei verständigt, weil ihm zunächst das Kennzeichen des beschädigten Kraftfahrzeuges nicht bekannt gewesen sei. Deshalb sei er zum Unfallort zurückgefahren und er habe von dort aus die Verständigung vornehmen wollen. Bis zum Zeitpunkt der Rückkehr zum Unfallort seien ca 15 min vergangen. Befragt, ob er sich, nachdem er nach dem Unfall an der Omnibushaltestelle angehalten hat, überzeugt hat, ob allenfalls der Unfall Folgen hatte, erklärte der Bw, daß dies nicht der Fall gewesen sei. Der als Zeuge einvernommene Polizeibeamte führte aus, daß er, nachdem er an der Unfallstelle eingetroffen ist, die Beschädigung festgestellt hat bzw auf der Fahrbahn neben dem beschädigten Fahrzeug ein Beleuchtungskörper gelegen sei. Der Bw selbst sei nicht an der Unfallstelle gewesen. Es sei daraufhin eine Fahndung vorgenommen worden, das Fahrzeug des Bw wurde jedoch nicht gesehen. Zum Zeitpunkt, als er wiederum zur Unfallstelle zurückgekehrt sei, ist auch der Bw vom Pfefferlberg kommend erschienen, dieser habe bei der Unfallstelle angehalten und zugegeben, daß er den Unfall verursacht hat. Der Unfall selbst sei vom Unfallkommando aufgenommen worden. Ein Antrag des Bw um Einvernahme der bereits im erstinstanzlichen Verfahren befragten Zeugen Pötscher und Peter wurde nicht stattgegeben. I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß den Aussagen des Bw sowie dem einvernommenen Zeugen Glauben geschenkt werden kann. Deshalb wurde auch dem im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gestellten Beweisantrag des Bw keine Folge gegeben, zumal seinen Angaben ohnehin Glauben geschenkt wird. I.7. Nach Durchführung des Beweisverfahrens ergibt sich nachstehender für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Der Bw hat, nachdem er den verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfall verursacht hat, sein Fahrzeug bei der unmittelbar neben dem Unfallort situierten Bushaltestelle angehalten, er hat sich jedoch nicht überzeugt, inwieweit der Verkehrsunfall Folgen nach sich gezogen hat. So ist ihm nicht aufgefallen, daß eine Heckleuchte seines Fahrzeuges auf der Fahrbahn gelegen ist. Er hat in der Folge die Unfallstelle verlassen, um sich im nahegelegenen Tätowierstudio ein Handy zu besorgen. Nachdem er sich offensichtlich das Kennzeichen des beschädigten Kraftfahrzeuges nicht gemerkt hat, ist er zunächst zur Unfallstelle zurückgekehrt, um von dort aus dann die nächste Polizeidienststelle mittels Mobiltelefon zu benachrichtigen. Vom Zeitpunkt des Unfalls bis zur Rückkehr sind ca 15 min vergangen. I.8. Unter Zugrundelegung des vorliegenden Sachverhaltes hat der O.ö. Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

I.8.1. Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Bw nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall sein Fahrzeug zwar kurz angehalten, er jedoch in der Folge, ohne sich über die Folgen des Unfalles zu informieren, die Unfallstelle vorerst verlassen hat.

Laut Rechtsprechung des VwGH ist der Tatbestand nach § 4 Abs.1 lit.a auch dann verwirklicht, wenn der mit einem Verkehrsunfall in einem ursächlichen Zusammenhang stehende Lenker eines Kfz aus irgendwelchen Gründen kurz anhält, dann aber sofort weiterfährt, ohne den weiteren Verpflichtungen nachzukommen (vgl VwGH 2.7.1979, 1781/77). Die Anhaltepflicht dient auch dazu, die zur Vermeidung von allfälligen Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Der Bw hat zugegeben, daß er nicht daran gedacht hat, zu überprüfen, ob der Unfall allfällige Folgen nach sich gezogen hat. Er wollte sich zunächst ein Handy besorgen. Er hat es somit unterlassen, vorerst die zur Vermeidung von weiteren allfälligen Schäden erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Diese Maßnahme hätte im konkreten Fall darin bestanden, daß er die als Folge des Verkehrsunfalles auf der Fahrbahn liegende Heckleuchte entfernt hätte, sodaß allfällige andere Verkehrsteilnehmer durch diese Heckleuchte nicht gefährdet worden wären. Es ist daher objektiv als erwiesen anzusehen, daß der Bw seiner in § 4 Abs.1 lit.a normierten Verpflichtung nicht nachgekommen ist und es sind auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, daß er subjektiv nicht in der Lage dazu gewesen wäre.

I.8.2. Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Zu diesem Punkt hat der VwGH ausgesprochen, daß die Auslegung nach strengen Gesichtspunkten zu erfolgen hat (VwGH 25.9.1974, 751/74). Bei der Beurteilung kommt es nicht so sehr auf die objektive Dauer des zwischen Unfall und Meldung verstrichenen Zeitraumes, sondern vielmehr darauf an, wie diese Zeit genützt wurde (VwGH 24.2.1993, 94/02/0292). Das Delikt kann auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden (VwGH 81/03/0024 vom 9.3.1983).

Es ist unbestritten, daß der Bw zunächst keine Meldung an die nächste Polizeidienststelle erstattet hat, zumal er vorerst nicht die Möglichkeit dazu hatte. Aus diesem Grunde ist er zum Tätowierstudio zurückgefahren, um sich dort ein Handy zu besorgen. Bezogen auf den konkreten Einzelfall ist ihm dieses Verhalten vorerst nicht vorzuwerfen. Allerdings ab jenem Zeitpunkt, als ihm das Handy zur Verfügung stand, hätte er ohne weitere Verzögerung eine Meldung erstatten können. Seine Rechtfertigung, er habe sich das Kennzeichen des Fahrzeuges nicht gemerkt, vermag ihn in diesem Punkt nicht zu entlasten, zumal es auch ausgereicht hätte, wenn er bloß die Unfallstelle und die Art des Verkehrsunfalles zur Meldung gebracht hätte. Es mag durchaus zutreffen, daß der Bw letztlich vom Unfallort aus die Meldung erstatten wollte, es ist ihm im Hinblick auf die oben dargelegten Ausführungen jedoch zumindest als fahrlässig anzulasten, daß er nicht, bevor er zur Unfallstelle zurückgekehrt ist, mittels Handy die Meldung erstattet hat. Er hat somit auch in diesem Punkt den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht und es vermag ihn eine allfällige diesbezügliche subjektive Unkenntnis in der Schuldfrage nicht zu entlasten. I.8.3. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so muß zunächst darauf hingewiesen werden, daß Übertretungen des § 4 Abs.1 StVO 1960 schon aus generalpräventiven Gründen mit einer strengen Bestrafung zu ahnden sind. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand Rechnung getragen, indem er einen höheren Strafrahmen (Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S) für diese Delikte festgesetzt hat. Aus diesem Grunde hat die Erstbehörde das Strafausmaß hinsichtlich Faktum 1 durchaus tat- und schuldangemessen festgelegt. Entgegen der Auffassung der Erstbehörde vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Auffassung, daß der Straferschwerungsgrund von einschlägigen Verwaltungsvormerkungen im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, Milderungsgründe können jedoch keine festgestellt werden, insbesondere ist auf diverse - nicht einschlägige - Verwaltungsvormerkungen hinzuweisen.

Trotz des Nichtvorliegens des von der Erstbehörde festgestellten Erschwerungsgrundes erachtet es der O.ö. Verwaltungssenat sowohl aus den bereits erwähnten generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen nicht für vertretbar, die Strafe hinsichtlich Faktum 1 herabzusetzen.

I.8.4. Hinsichtlich Faktum 2 geht die erkennende Berufungsbehörde - zumindest in dubio pro reo - davon aus, daß der Bw letztlich den Verkehrsunfall entsprechend der gesetzlichen Anordnung melden wollte. Er hat es fahrlässig unterlassen, sofort vom Tätowierstudio aus die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, zumal er vorerst an den Unfallort zurückfahren wollte, weil er sich das Kennzeichen des beschädigten Fahrzeuges nicht gemerkt hat. Es trifft ihn daher in diesem Punkt lediglich ein leicht fahrlässiges Verschulden, weshalb eine Herabsetzung der verhängten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe vorgenommen wurde. Eine weitere Herabsetzung ist jedoch auch in diesem Punkt sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen nicht zulässig bzw ist zu berücksichtigen, daß, wie bereits dargelegt wurde, der Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht vorliegt.

I.8.5. Auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde in beiden Fällen Bedacht genommen. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: Meldung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden. Die Dauer des zwischen Unfall und Meldung verstrichenen Zeitraumes ist subjektiv zu beurteilen.

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