Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104972/2/Ga/Ha

Linz, 31.12.1997

VwSen-104972/2/Ga/Ha Linz, am 31. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der Petra M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang H in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 17. September 1997, Zl. VerkR96-9856-1996, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 - KFG, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt. II. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 600 S zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 51 Abs.1, 51e Abs.2 und 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 17. September 1997 wurde die Berufungswerberin für schuldig befunden, sie habe es als von der näher bezeichneten Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges namhaft gemachte (und auskunftspflichtige) Person unterlassen, der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Ried i.I.) auf ihre schriftliche Aufforderung vom 7. Februar 1997, zugestellt am 15. Februar 1997, binnen zwei Wochen Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 3. November 1996 um 12.10 Uhr auf der A, Kilometer gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann, indem sie nur bekanntgegeben habe, "vielleicht" dieses Kraftfahrzeug gelenkt zu haben. Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG begangen. Über sie wurde gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat. Dieser hat - nach Einsicht in den zu Zl. VerkR96-9856-1996 vorgelegten Strafakt - erwogen:

2.1. Den dem Schuldspruch in Übereinstimmung mit der Aktenlage zugrunde gelegten Sachverhalt bestreitet die Berufungswerberin nicht; er wird als erwiesen festgestellt. Zwar macht sie die unrichtige rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts geltend, führt jedoch nicht näher aus, was gegen die - von der belangten Behörde unter Darstellung der maßgeblichen Rechtslage und einschlägigen Judikatur zutreffend begründeten - Annahme der objektiven Tatbestandsmäßigkeit spricht. Der unabhängige Verwaltungssenat stimmt mit der belangten Behörde weiters darin überein, daß auch die subjektive Tatseite im Grunde des hier gegebenen Ungehorsamsdeliktes (§ 5 Abs.1 VStG) verwirklicht wurde - auch das Berufungsvorbringen gab keinen Anlaß zu Zweifeln am Verschulden der Rechtsmittelwerberin - , sodaß der Schuldspruch zu Recht erfolgte.

2.2. Dennoch aber hätte das Straferkenntnis, so der wesentliche Berufungseinwand, gegen sie nicht gefällt werden dürfen, weil sie als deutsche Staatsbürgerin hinsichtlich des zugrunde liegenden Geschehens der österreichischen Sanktionsgewalt nicht unterstehe. Es habe daher eine Lenkeranfrage mit Strafandrohung von einer österreichischen Behörde an sie schon nicht gerichtet werden dürfen. Ihre Rechtsmeinung begründend führt sie im einzelnen aus, daß ihr (als deutsche Staatsangehörige) mit Wohnsitz und Fahrzeugzulassung in Deutschland das Privileg des § 53 der deutschen Strafprozeßordnung zukomme und ihr daher ein Aussageverweigerungsrecht hinsichtlich bestimmter, im Gesetz genau bezeichneter Personen, wie nahe Verwandte, zugebilligt werde. Auch sei dem deutschen Recht eine Auskunftspflicht analog dem § 103 KFG fremd und es bestehe (in Deutschland) keinerlei Strafsanktion für die Nichterteilung bzw unrichtige Erteilung von Lenkerauskünften. Bislang sei der (österreichische) Verwaltungsgerichtshof vom Tatortprinzip Behörde = Tatort ausgegangen und habe ein Aussageverweigerungsrecht verneint. Seit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates für Wien vom 19. März 1997, UVS-05/K/45/00055/97, sei jedoch kein neuerliches Erkenntnis des Höchstgerichtes mehr erfolgt. In dieser Entscheidung argumentiere der UVS Wien schlüssig, daß eine österreichische Behörde gemäß Art. 4 des Vertrages über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31. Mai 1988 nicht berechtigt sei, eine Lenkeranfrage unter Strafandrohung an einen ausländischen Halter zu richten. Genau dies aber sei in ihrem Fall geschehen, sodaß in Wahrheit ein Verstoß gegen Art. 4 des zit. Vertrages vorliege und österreichische Behörden in unzulässiger Weise gegen die Souveränität Deutschlands und den ordre public verstoßen würden. Sie schließe sich diesen Rechtsausführungen im zit. Bescheid des UVS Wien vollinhaltlich an und erhebe sie zu ihrem Vorbringen. Gestützt darauf beantragt die Berufungswerberin die Einstellung des Verfahrens. 2.3. Diese Begründung vermag keine Entlastung herbeizuführen. Zu Recht hat schon die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß die zit. Entscheidung des UVS Wien in Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe, weshalb nicht weiter darauf einzugehen gewesen sei.

2.3.1. Unrichtig ist die Darstellung der Berufungswerberin, wonach seit der zit. Entscheidung des UVS Wien kein neuerliches Erkenntnis des VwGH ergangen sei. So hat der Gerichtshof im einschlägigen, am 25. April 1997 - und somit nach der zit. Entscheidung des UVS Wien - gefällten Erkenntnis Zl. 95/02/0547 ausdrücklich die mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156, herbeigeführte Änderung der bis dahin gepflogenen Judikatur zur Frage des Tatortes bei einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG bestätigt und neuerlich die Auffassung vertreten, daß Erfüllungsort der sich aus der genannten Bestimmung ergebenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung einer auskunftspflichtigen Person jener Ort (im Inland) ist, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen ist, somit der in Österreich gelegene Sitz der anfragenden Behörde, der auch der Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft ist. Daß diese Judikatur die Geltung der Auskunftserteilungspflicht auch für ausländische Zulassungsbesitzer bzw Fahrzeughalter ausdrücklich klargestellt hat, hielt schon die belangte Behörde zutreffend fest.

2.3.2. Ergänzend führt der O.ö. Verwaltungssenat noch aus, daß im übrigen der Europäische Gerichtshof für Meschenrechte es nicht als rechtswidrig erkannt hat, wenn - ausgehend von einem Inlandsbezug des eingebrachten Fahrzeuges - ein Auskunftsbegehren an eine Bürgerin, die in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedroht ist (vgl EGMR v 11.10.1989, Zl. 15226/89, ZVR 2/1991 Nr.23 der Spruchbeilage). Der Inlandsbezug ist hier insofern gegeben, als das im Schuldspruch bezeichnete Kraftfahrzeug auf österreichischem Bundesgebiet verwendet wurde - was nicht bestritten ist - und diese Verwendung, ausgelöst durch die dabei mit dem KFZ begangene Normverletzung, Ingerenzfolgen gegenüber der österreichischen Rechtsordnung begründete (vgl VwGH vom 11.5.1993, 90/08/0095; ua). Die Erhebung des oben zit. letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG in den Verfassungsrang erachtete der (österreichische) Verfassungsgerichtshof als nicht in Widerspruch zu Art. 6 MRK stehend (vgl VfGH 29.9.1988, G 72/88 uwZ).

2.4. Im Ergebnis sieht sich der O.ö. Verwaltungssenat aus Anlaß der vorliegenden Berufung nicht veranlaßt, von der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur abzuweichen.

2.5. Gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe hat die Berufungswerberin nichts vorgebracht. Auch vom O.ö. Verwaltungssenat war diesbezüglich kein Ermessensfehler der belangten Behörde aufzugreifen. Das verhängte Strafausmaß wurde im angefochtenen Bescheid ausführlich und anhand der gesetzlichen Kriterien nachvollziehbar begründet. Aus allen diesen Gründen konnte zusammenfassend der Berufung kein Erfolg beschieden sein und war - gemäß § 51e Abs.2 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - wie im Spruch zu entscheiden.

3. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der gesetzlich bestimmten Höhe, ds 20 % der bestätigten Geldstrafe, aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens: Anlagen (Akt; Erkenntnis) Mag. Gallnbrunner