Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104974/2/Le/Ha

Linz, 19.12.1997

VwSen-104974/2/Le/Ha Linz, am 19. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Johann F, S, D P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 15.9.1997, VerkR96-4385-1997 Sö, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 120 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 15.9.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 600 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 24.4.1997 nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug am 16.1.1997 um 08.36 Uhr in W. P A, bei Km 10,600 in Fahrtrichtung K gelenkt hat.

In der Begründung dazu wurde nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage ausgeführt, daß der Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, die entsprechende Auskunft zu erteilen. Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt und die Kostenentscheidung begründet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 2. Oktober 1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen führte der Berufungswerber aus, bereits mit den Schreiben vom 7. April und 6. Mai 1997 der Erstbehörde mitgeteilt zu haben, daß ihm als Unterzeichner und Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen weder am 16. Jänner 1997 noch zu einem anderen Zeitpunkt eine Verwaltungsübertretung in W, P zur Last gelegt wurde.

Unter Hinweis auf § 103 Abs.2 KFG teilte er mit, daß er zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens vorgebracht hätte, die Auskünfte zu verweigern. Vielmehr habe er während des gesamten Verfahrens vorgetragen, daß es mangels Kenntnis des Fahrzeugbenutzers zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht möglich sei, den Lenker des Fahrzeuges zu benennen. Die Benutzung dieses Fahrzeuges, welches bereits veräußert worden sei, sei im fraglichen Zeitraum durch Familienangehörige oder Mitarbeiter möglich gewesen. Wer dieses Fahrzeug letztendlich geführt habe, könne nicht mehr festgestellt werden. Er hätte mehrfach gebeten, die in der Akte befindlichen Lichtbilder zur Einsichtnahme zu übersenden, um auf diesem Wege festzustellen, wer Lenker des Fahrzeuges gewesen sei. Dies wäre jedoch nicht geschehen. Da es ihm schlichtweg unmöglich sei mitzuteilen, wer letztendlich sein Fahrzeug geführt habe, ersuche er nochmals um Verständnis.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung - auch angesichts des geringen Strafbetrages - entfallen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Die in Österreich - durch die Einbringung des tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges in das Bundesgebiet auch für den Bw - geltende Rechtslage zum gegenständlichen Problemkreis stellt sich wie folgt dar: Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt ... hat ... Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer ... zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsver-weigerung zurück. (Hervorhebung durch den unabhängigen Verwaltungssenat).

Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung hat der Verfassungsgerichtshof als im Einklang mit den Baugesetzen der Bundesverfassung und nicht im Widerspruch zu Art. 6 MRK stehend erachtet. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung enthaltene rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses (siehe etwa VwGH vom 29.9.1988, G72/88 u.a.). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa VwGH vom 29.9.1993, 93/02/0191) liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann.

Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung ohne diese Bestimmung nicht ausreichend gewährleistet erscheint. In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Kraftfahrzeuglenker, somit auch Ausländer, einbezogen werden.

Der Bw wurde mit Schreiben vom 24.4.1997 von der Erstbehörde unter Hinweis auf die maßgebliche Rechtslage und die Strafbarkeit der Nichterteilung der Auskunft aufgefordert bekanntzugeben, wer dieses Fahrzeug am 16.1.1997 um 08.36 Uhr gelenkt hat. Er hat diese Auskunft weder innerhalb der gesetzten Frist noch zu einem späteren Zeitpunkt erteilt, sodaß er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung erfüllt hat. Wenn er diese Nichterteilung der Auskunft darauf zurückführt, daß dieses Fahrzeug von einer größeren Zahl von Personen benützt werden konnte, so muß ihm entgegengehalten werden, daß es dann seine Aufgabe (im Sinne des § 103 Abs.2 KFG) gewesen wäre, entsprechende Aufzeichnungen darüber zu führen bzw. führen zu lassen, wer dieses Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt in Österreich gelenkt hat. Dadurch, daß der Bw es zugelassen hat, daß dieses Kraftfahrzeug auch in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingebracht wurde, hatte er sich auch der österreichischen Rechtsordnung zu unterwerfen.

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muß dabei nicht eingetreten sein.

Damit ist bezüglich der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Bw geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, zumal durch die Nichterteilung der Lenkerauskünfte die Verfolgung von Verkehrsübertretungen beinahe unmöglich wurde. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 600 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrens-kostenbeitrag für das Berufungsverfahren 120 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an: Beilage Dr. Leitgeb Beschlagwortung: Lenkerauskunft; deutscher Staatsbürger

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