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des Landes Oberösterreich
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VwSen-104978/8/WEG/Ri

Linz, 31.03.1998

VwSen-104978/8/WEG/Ri Linz, am 31. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des D K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, vom 30. September 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 22. September 1997, VerkR96-386-1997-Ja, nach der am 26. März 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG, § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft F hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil dieser am 7. Jänner 1997, um 9.15 Uhr, als Lenker des Kombi, Kennzeichen F, in B Z auf der unbenannten Zufahrtstraße zur Liegenschaft B Z, G Straße Nr., den auf dem Güterweg R fahrenden Lenker des PKW, Kennzeichen F, trotz des Vorschriftszeichens "Vorrang geben" durch Linkseinbiegen zum Bremsen und Ablenken seines Fahrzeuges genötigt hat, wobei er schließlich noch mit diesem zusammenstieß, wodurch der Lenker verletzt wurde und Sachschaden entstand. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 100 S in Vorschreibung gebracht.

2. Seitens des Gendarmeriepostens B Z wurde in dieser Angelegenheit Anzeige sowohl an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht P als auch an die Bezirkshauptmannschaft F erstattet. Die Staatsanwaltschaft L hat der Bezirkshauptmannschaft F mit Schreiben vom 23. Jänner 1997 mitgeteilt, daß die erstattete Strafanzeige gemäß § 90 StPO zurückgelegt wurde, wobei in einem anschließenden Klammerausdruck durch die Zitierung des § 88 Abs.2 Ziff.4 StGB offensichtlich der Grund für diese Zurücklegung angeführt wurde. Dieser Grund war (zu diesem Zeitpunkt auch noch durch die Aktenlage gedeckt), daß aus der Tat keine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit einer anderen Person von mehr als dreitägiger Dauer erfolgt ist und außerdem kein schweres Verschulden des Täters (nunmehrigen Beschuldigten) vorliegt. Die Staatsanwaltschaft L hat die Gesundheitsstörung oder Berufsunfähigkeit von nicht mehr als drei Tagen einem Schreiben des Landeskrankenhauses F vom 13. Jänner 1997 entnommen.

3. Auf Grund dieser Zurücklegung der Strafanzeige hat die Bezirkshauptmannschaft F das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt und dieses mit dem nunmehr bekämpften Straferkenntnis abgeschlossen. Die rechtzeitige und auch sonst zulässige Berufung richtet sich ihrem Inhalt nach gegen das von der Bezirkshauptmannschaft F angenommene schuldhafte Verhalten. Nicht relativiert wird in dieser Berufung der sich aus § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 allenfalls abzuleitende Einstellungsgrund. Nach dieser Gesetzesbestimmung liegt nämlich eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Ob die Tat eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung verwirklicht, hat die Strafbehörde, im gegenständlichen Fall die Berufungsbehörde zu prüfen.

4. Anläßlich der mündlichen Verhandlung am 26. März 1998 trat zutage, daß in dieser Angelegenheit auch ein Zivilprozeß anhängig ist, nach welchem in erster Instanz dem Unfallgegner des Beschuldigten ua Schmerzensgeld in voller Höhe zuerkannt wurde, wobei sich die Höhe dieses Schmerzensgeldes aus einer mehr als drei Tage andauernden Gesundheitsstörung errechnete. Dieses Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, in der dagegen eingebrachten Berufung vom 17. Dezember 1997 wird die Höhe des Schmerzensgeldes wegen möglicher geringfügigerer Verletzungsfolgen nicht bekämpft und ergibt sich somit konkludent, daß die Gesundheitsstörung im eingeklagten Ausmaß auch vom nunmehrigen Berufungswerber anerkannt wird. Hinzu tritt, daß der Unfallgegner vom praktischen Arzt Dr. S vier Tage krank geschrieben wurde und somit eine mehr als drei Tage andauernde Berufsunfähigkeit vorlag. Dies alles stellte sich allerdings erst anläßlich der mündlichen Verhandlung heraus, sodaß die Strafbehörde an der Annahme der verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit des Beschuldigten kein Verschulden trifft. Die Berufungsbehörde, die in ihrer Kognitionsbefugnis an die Stelle der Strafbehörde tritt, muß hingegen auf diese neu zutage getretenen Umstände Rücksicht nehmen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Nach § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht.

Diese in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung ist trotz einer diesbezüglichen Zurücklegung durch die Staatsanwaltschaft gegeben, weil der in dieser Zurücklegung genannte Grund des § 88 Abs.2 Ziff.4 StGB nicht vorliegend ist, wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist. Die Beurteilung, ob eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung vorliegt, liegt nämlich - wie schon ausgeführt - bei der Verwaltungsstrafbehörde. Eine Bindungswirkung für die Verwaltungsstrafbehörde durch eine entgegengesetzte Ansicht gerichtlicher Instanzen besteht nicht.

Da sohin die Handlung des Beschuldigten (Vorrangverletzung) keine Verwaltungsübertretung darstellt, war iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage war auf die übrigen in der Berufung aufgeworfenen Probleme nicht mehr einzugehen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider

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