Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105025/11/BI/FB

Linz, 23.10.1998

VwSen-105025/11/BI/FB Linz, am 23. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, H, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T F, L, L, vom 1. Oktober 1997 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 15. September 1997, III/S 6373/97 V1S SE, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 20. Oktober 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als im Punkt 1) der Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, daß insofern kein entsprechender seitlicher Abstand zum überholten Fahrzeug eingehalten wurde, als es zu einer Streifung des rechten Außenspiegels des Beschuldigtenfahrzeuges mit dem linken Außenspiegel des überholten PKW kam, die Geldstrafe jedoch auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt werden. Im Punkt 2) wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwal-tungsstrafverfahren eingestellt.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich im Punkt 1) auf 100 S und entfällt ein solcher im Rechtsmittelverfahren. Im Punkt 2) entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1, 45 Abs.1 Z1 erste Alternative und 19 VStG, §§ 15 Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960. zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 15 Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 3.000 S (3 Tage EFS) und 2) 1.500 S (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 21. Jänner 1997 gegen 12.15 Uhr in L, P - Kreuzung mit der G, den PKW gelenkt und 1) beim Überholen nicht einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindig- keit entsprechenden seitlichen Abstand vom überholten Fahrzeug eingehalten habe und 2) es als Lenker dieses Kraftfahrzeuges unterlassen habe, nach einem Verkehrs- unfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne un- nötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unter- blieben sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 450 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 20. Oktober 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigtenvertreters RA Dr. A sowie der Zeugen K A und R P durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Zeugen A und P hätten bestätigt, daß das Fahrzeug des Zeugen zum Linksabbiegen in die G eingeordnet werden sollte. Die Aussage des Zeugen A, er habe ihn schon in der Überholposition im Rückspiegel gesehen und das Fahrzeug nach rechts verlenkt, um eine Kollision zu vermeiden, und zwar bevor er den Fahrstreifen wechseln habe wollen, könne objektiv betrachtet nicht richtig sein, weil es nämlich bedeuten würde, daß er aus einer zur Fahrbahn-Längsachse parallelen Fahrlinie heraus sein Fahrzeug in eine Schrägstellung nach rechts gebracht hätte, wobei aber ein Kontakt der Außenspiegel ohne Zusammenstoß zwischen Fahrzeugteilen technisch nicht möglich sein könne. Offensichtlich habe er das Auto zur Fahrbahnmitte hin gelenkt, sodaß es sich in einer Schrägstellung nach links befunden habe. Der Zeuge habe offenbar den nachfolgenden Verkehr nicht beachtet, weil er sonst ihn in Überholposition erkennen und vom Einordnen zur Fahrbahnmitte hin Abstand nehmen hätte müssen. Der Zeuge habe versucht, sich ohne Berücksichtigung des Nachfolgeverkehrs einzuordnen und dieses zur Seite versetzt, was aber für ein Nachfolgefahrzeug erst bei Abweichen von seiner ursprünglichen Fahrlinie auffällig werde. Als er erkannt habe, daß das Fahrzeug A sich nach links eingeordnet habe, sei ihm eine Abstandnahme vom Überholmanöver nicht mehr möglich gewesen, sondern er habe versucht, diesen Vorgang zum Abschluß zu bringen. Er stelle sowohl die vom Zeugen behauptete überhöhte Geschwindigkeit als auch die Behauptung, daß er sich am zweiten Fahrstreifen befunden haben solle, entschieden in Abrede. Der Zeuge selbst spreche von einer Eigengeschwindigkeit von 40 km/h und er selbst sei nicht schneller als 50 km/h gefahren. Das Überholmanöver wäre mit gehörigem Seitenabstand durchzuführen und abzuschließen gewesen, wenn der Zeuge nicht durch seine Fahrweise den Abstand unzulässig verringert hätte. Dieser habe ihm außerdem vor der Kreuzung F/ K angeblich seine Fahrweise vorgehalten, nicht aber den Schaden. Ihm könne daher die Unterlassung der Verständigung der Behörde mangels Kenntnis eines Schadens nicht zum Vorwurf gemacht werden und die Aussage des Zeugen, er habe beim Vorbeifahren ein Anstoßgeräusch verspürt und gehört, könne nicht richtig sein und sei auch in Anbetracht der am Spiegel ersichtlichen Schäden bedenklich. Auf dem Foto sei lediglich ein kleiner Lackabrieb und kleine Schleifspuren am Spiegelgehäuse zu sehen. Eine solche Beschädigung sei aber nicht möglich, wenn sich zwei Plastikteile mit gleicher Materialhärte streifen. Ein Schaden sei auch schon auszuschließen, weil der Außenspiegel am PKW des Zeugen beim angeblichen Kontakt nicht einmal nach vorne geklappt worden sei. Schon die Erstinstanz habe offensichtlich Bedenken betreffend der Schäden am PKW des Zeugen und die letztlich beabsichtigte Beweisaufnahme durch eine Fahrzeugzusammenstellung sei letztlich nicht erfolgt, weshalb das Verfahren mangelhaft sei. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Beschuldigtenvertreter gehört und die angeführten Zeugen einvernommen wurden. Der Rechtsmittelwerber ist zur mündlichen Verhandlung trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Zeuge A hat am Vorfallstag seinen PKW , in dem sich außer seiner Freundin auf dem Beifahrersitz der Zeuge P und eine weitere Beifahrerin im Fond befanden, von der A - Abfahrt P kommend auf dieser stadteinwärts gelenkt, wobei er wegen Rotlicht der VLSA sein Fahrzeug unmittelbar vor der Kreuzung mit der P zum Stillstand bringen mußte. Er bog anschließend in diese ein und wechselte den Fahrstreifen nach links, um bei der Kreuzung mit der G nach links in diese einzubiegen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte nicht geklärt werden, wo genau der Fahrstreifenwechsel vom mittleren auf den zum Linkseinbiegen in die G bestimmten Fahrstreifen erfolgte und die beiden Zeugen konnten auch keinerlei Aussage darüber machen, woher das Beschuldigtenfahrzeug gekommen war. Der Zeuge A hat ausgeführt, er habe das Fahrzeug, das sich im Zuge eines Überholmanövers befunden habe, plötzlich links neben sich wahrgenommen und sich dabei so erschreckt, daß er den PKW nach rechts verlenkt habe, um diesem PKW auszuweichen. Der Zeuge konnte sich bei der mündlichen Verhandlung nicht mehr konkret erinnern, ob er das Fahrzeug schon nach rechts verlenkt hatte, als er den Beschuldigten-PKW links neben sich sah oder erst, als er ein Anstoßgeräusch, das nach seinem Dafürhalten von der Streifung der beiden Außenspiegel herrührte, wahrgenommen hat. Daß er dieses Anstoßgeräusch gehört und sofort auf seinen linken Außenspiegel bezogen hat, hat der Zeuge im Rahmen der Einvernahme bei der mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, wobei er auch ausgeführt hat, der Beschuldigte habe das begonnene Überholmanöver so abgeschlossen, daß er sich vor seinem PKW nach rechts eingeordnet habe und an den vor der Kreuzung mit der G zum Linkseinbiegen eingeordneten Fahrzeugen hinten vorbeigefahren sei. Er führte weiters aus, daß er zu diesem Zeitpunkt zum einen keine Zeit gehabt habe, nach einem Schaden an seinem linken Außenspiegel zu suchen und zum anderen sich nur deshalb zur Nachfahrt entschlossen habe, weil der andere Lenker trotz der Streifung des Außenspiegels seines Fahrzeuges einfach die Fahrt fortgesetzt habe. Ihm sei dann bei der Nachfahrt aufgefallen, daß der Rechtsmittelwerber im Zuge der Weiterfahrt ein Fahrzeug geschnitten habe, wobei er bei der Kreuzung mit der F auf dem rechten geradeaus führenden Fahrstreifen wegen Rotlichtes der VLSA anhalten habe müssen. Er selbst habe sein Fahrzeug auf dem Rechtsabbiegestreifen rechts vom Beschuldigtenfahrzeug eingeordnet und dem sich allein im Fahrzeug befindlichen Lenker Zeichen gegeben, er möge das Fenster öffnen. Der Lenker habe das Autoradio laut aufgedreht gehabt und er habe zu ihm sinngemäß gesagt, ob er sich nicht entschuldigen möchte. An den genauen Wortlaut konnte er sich bei der mündlichen Verhandlung nicht mehr erinnern. Es könne aber durchaus sein, daß der Lenker das nicht mitbekommen habe, er habe nämlich nur gelacht und sei dann gleich weitergefahren. Aufgrund dieses Verhaltens habe er sich dann entschlossen, diesen Lenker bei der Polizei anzuzeigen. Hätte sich dieser für sein Verhalten entschuldigt, hätte er eine Anzeige sicher nicht in Erwägung gezogen. Es könne durchaus sein, daß er zum Lenker gesagt habe, er könne gleich mitfahren, aber er könne konkret nicht mehr sagen, ob er ihn auf einen Schaden oder eine Streifung aufmerksam gemacht habe.

Der Zeuge R P hat ausgeführt, er sei damals rechts hinten gesessen und im Fahrzeug habe eine Unterhaltung zwischen den Insassen stattgefunden, sodaß er von dem ganzen Vorfall nichts mitbekommen habe. Er habe weder das Beschuldigtenfahrzeug noch die Streifung bemerkt und auch kein Anstoßgeräusch gehört. Er habe auch nicht auf die Fahrweise des Zeugen oder des Beschuldigten-PKW geachtet. Er habe zwar mitbekommen, daß der Zeuge A, sein nunmehriger Schwiegersohn, dem PKW nachgefahren sei und er habe noch zu ihm gesagt, er solle den Blödsinn lassen, worauf ihm der Zeuge geantwortet habe, der Lenker sei ihm am Außenspiegel angefahren. Bei der Kreuzung habe der Zeuge zum anderen Lenker etwas hinübergerufen, aber er konnte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr an den Inhalt erinnern.

Der Beschuldigtenvertreter hat geltend gemacht, ein zu geringer Sicherheitsabstand könne dem Beschuldigten nicht vorgeworfen werden, weil es zumindest nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens möglich sei, daß der Zeuge A beim Linkseinreihen den überholenden Beschuldigten-PKW übersehen habe. Auch ergebe sich nicht, welchen Sicherheitsabstand der Beschuldigte überhaupt eingehalten habe. Sollte tatsächlich eine Kollision erfolgt sein, so sei dies dem Beschuldigten nicht aufgefallen und er sei auch in der Folge davon nicht in Kenntnis gesetzt worden. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates sind die Aussagen des Zeugen A im wesentlichen nachvollziehbar und auch nicht widersprüchlich zu seinen früheren Angaben; allerdings besteht eine Diskrepanz dahingehend, ob der Zeuge den PKW nach rechts verlenkt hat, als ihm das links überholende Beschuldigtenfahrzeug im Rückspiegel aufgefallen ist oder erst aufgrund des von ihm wahrgenommenen Anstoßgeräusches. Einwandfrei nachvollziehbar ist aber die Aussage des Zeugen A, er habe sich deshalb zur Nachfahrt entschlossen, weil ihn das Beschuldigtenfahrzeug am linken Außenspiegel gestreift habe und der Lenker daraufhin die Fahrt fortgesetzt habe. Ob tatsächlich die laut Anzeige festgestellten Schäden an den beiden Außenspiegeln bei diesem Vorfall entstanden sind - am rechten Außenspiegel des Beschuldigtenfahrzeuges war laut Anzeige das Glas zerbrochen und der linke Außenspiegel des Fahrzeuges A wies nach den im Akt liegenden Fotos links außen geringfügige Schleifspuren auf-, konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht geklärt werden. Der Zeuge P konnte sich aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit und auch des Umstandes, daß er sich zum Tatzeitpunkt offensichtlich mit den anderen PKW-Insassen unterhalten hat, an nichts mehr erinnern, außer daß der Zeuge A dem Beschuldigtenfahrzeug mit der Begründung nachgefahren war, dieser habe ihn am Spiegel gestreift und daß er etwas zum Beschuldigten hinübergerufen hat. Diese Aussagen entsprechen inhaltlich denen des Zeugen A und sind unter diesem Gesichtspunkt glaubwürdig. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen: Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses: Gemäß § 15 Abs.4 StVO 1960 ist beim Überholen ein der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechender seitlicher Abstand vom Fahrzeug, das überholt wird, einzuhalten. Nach der Judikatur sowohl des Obersten Gerichtshofes wie auch des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Beantwortung der Frage, welcher seitliche Abstand als "entsprechend" iSd § 15 Abs.4 anzusehen ist, von der jeweiligen Verkehrssituation im Einzelfall ab und ist unter anderem unter Bedachtnahme auf die Fahrgeschwindigkeit und die Art des überholenden Fahrzeuges andererseits zu beurteilen. Beim Überholen eines einspurigen Fahrzeuges muß jedenfalls ein größerer Seitenabstand als beim Überholen eines mehrspurigen Fahrzeuges eingehalten werden. Ein Seitenabstand von 50 cm ist beim Überholen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges durch ein anderes mehrspuriges Kraftfahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h zu gering (VwGH vom 6. Juni 1963, 1224/62). Im gegenständlichen Fall vertritt der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf der Grundlage der Aussage des Zeugen A die Auffassung, daß dieser tatsächlich sich nicht entschlossen hätte, dem Beschuldigtenfahrzeug nachzufahren, hätte er nicht ein Anstoßgeräusch beim Vorbeibewegen des Beschuldigtenfahrzeuges an seinem PKW wahrgenommen. Daß der Zeuge P dieses Anstoßen nicht bestätigt hat, mag darin liegen, daß er seine Aufmerksamkeit auf das Gespräch mit den anderen PKW-Insassen gelenkt hat, stellt aber keinen Widerspruch dar.

Der Zeuge A hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung eindeutig und zweifelsfrei geschildert, daß es zu einem Anstoß der beiden Außenspiegel im Zuge des Überholmanövers des Beschuldigtenfahrzeuges gekommen ist, wobei er sich weder an seine eigene noch an die Fahrlinie des Beschuldigten erinnern konnte. Auch hat er nach glaubwürdigen Angaben zunächst nicht darauf geachtet, ob sein Spiegel überhaupt einen Schaden davongetragen hat, sondern er hat lediglich aufgrund des Anstoßgeräusches und des Umstandes, daß der Rechtsmittelwerber die Fahrt in einem fortgesetzt hat, sich entschlossen, diesem nachzufahren und ihn zumindest zur Rede zu stellen. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist diese Aussage weder lebensfremd noch unglaubwürdig, zumal auch der Rechtsmittelwerber im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens durchaus einen sehr geringfügigen Sicherheitsabstand zum PKW A zugestanden hat. Diese Aussage des Zeugen A wird auch durch die Angaben den Zeugen P bestätigt, obwohl dieser gleichzeitig ausgesagt hat, er selbst habe überhaupt nichts wahrgenommen, sondern könne sich nur noch an die damaligen Worte des Zeugen A erinnern. Der Zeuge A hat bei der mündlichen Verhandlung auch von sich heraus angeführt, es gehe ihm dabei nicht um einen Schadenersatz, den er ohnehin nie verlangt oder bekommen habe, sondern er habe das Verhalten des Rechtsmittelwerbers, nach der Streifung einfach die Fahrt fortzusetzen, nicht richtig gefunden und sei ihm eben aus diesem Grund nachgefahren. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist eine solche Denkweise nach logischen Überlegungen durchaus nachvollziehbar und lebensnah. Im Umkehrschluß ergibt sich daraus aber eindeutig und zweifelsfrei, daß, wenn kein Anstoß stattgefunden hätte, die Nachfahrt unterblieben wäre, sodaß eine Streifung der Außenspiegel der beiden Fahrzeuge stattgefunden haben muß. Von einem der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand des Beschuldigtenfahrzeuges im Zuge des Überholmanövers betreffend das Fahrzeug A kann daher nicht die Rede sein, zumal dieser Seitenabstand nach logischen Überlegungen nicht bloß auf die Karosserie sondern auf die daraus vorstehenden Teile beider Fahrzeuge zu beziehen ist.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht daher zweifelsfrei fest, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatvorwurf einwandfrei erfüllt hat, wobei zu diesem Zeitpunkt auch weder ein Versetzen der Fahrlinie des PKW A als Ursache für die Streifung der Außenspiegel stattgefunden haben kann, zumal bei einem Verlenken nach rechts eine Berührung der Spiegel auf der linken Seite auszuschließen ist und bei einem Verlenken nach links in der Folge eine Berührung der Karosserie jedenfalls im Bereich des linken Kotflügels des PKW A die Folge gewesen wäre. Daß der Rechtsmittelwerber wegen einer Veränderung der Fahrlinie des Zeugen nach links ebenfalls nach links ausweichen hätte müssen, um eine Kollision zu vermeiden, hat er nicht einmal behauptet. Im Gegenteil hat er selbst ausgesagt, er habe das Überholmanöver raschest beenden müssen. Auf dieser Grundlage besteht somit kein Zweifel, daß der Rechtsmittelwerber sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, wobei die nunmehrige Spruchergänzung auf der Grundlage des § 44a Z1 VStG erfolgte, zumal dem Rechtsmittelwerber innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist die Streifung auch konkret vorgehalten wurde. Die Anführung eines seitlichen Sicherheitsabstandes in Zentimetern erübrigt sich bei der Streifung der beiden Fahrzeuge.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die Erstinstanz drei rechtskräftige Vormerkungen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit als straferschwerend gewertet hat. Aus dem Verfahrensakt ergibt sich eine Vormerkung wegen § 20 Abs.2 vom September 1996, jedoch im übrigen nur der Vermerk "2 x 52a Z10a StVO" ohne jegliche Datumsangabe. Von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates war daher auch nur die datumsmäßig nachvollziehbare Vormerkung als straferschwerender Umstand zu werten; bei den beiden anderen war eine bereits erfolgte Tilgung nicht auszuschließen. Milderungsgründe waren weder zu finden noch wurden solche konkret behauptet. Aufgrund des Wegfalls von Erschwerungsgründen war auch die Strafe herabzusetzen, deren Bemessung unter Zugrundelegung eines fiktiven Nettomonatseinkommens eines Angestellten von 12.000 S erfolgte. Der Rechtsmittelwerber hat diese Schätzung nicht angezweifelt, sodaß sie auch der Berufungsentscheidung zugrundezulegen ist.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen und ist auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen. Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.3 StVO 1960 sieht Geldstrafen bis zu 10.000 S bzw bis zu zwei Wochen EFS vor) und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. Aufgrund des Ergebnisses des Beweisverfahrens, insbesondere der Aussagen der Zeugen A und P war im Zweifel davon auszugehen, daß der Zeuge A den Rechtsmittelwerber im Zuge des Hinüberrufens nicht darauf aufmerksam gemacht hat, daß eine Streifung der beiden Außenspiegel erfolgt sei bzw daß dadurch ein Sachschaden eingetreten sei. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß, hätte der Rechtsmittelwerber den Zeugen wegen der Lautstärke des Autoradios nicht verstanden, dieser Umstand sich nicht zu seinen Gunsten auswirken kann. Die beiden Zeugen konnten sich aber aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr an den Inhalt des Zurufs des Zeugen A erinnern, sodaß im Zweifel davon auszugehen ist, daß der Rechtsmittelwerber keine Kenntnis von einem Verkehrsunfall mit Sachschaden hatte, der ihn dazu verpflichtet hätte, seinen Pflichten gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 nachzukommen. Es war daher im Zweifel der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden. zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab, daß Geräusch der Streifung der Außenspiegel Zeugen zur Nachfahrt animierte; nicht erweisbar, ob Beschuldigter VU mitbekommen hat und Gespräch mit Zeugen enthielt keinen Hinweis auf VU mit Sachschaden -> Einstellung Punkt 2.

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