Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105047/19/GU/Mm

Linz, 23.03.1998

VwSen-105047/19/GU/Mm Linz, am 23. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des M L, vertreten durch RAe Dr. G S und Dr. A W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Oktober 1997, Zl. VerkR96.., wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach den am 3. Februar 1998 und am 17. März 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Der Spruch zu Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses nach der Präambel hat zu lauten: "... mit einer Fahrgeschwindigkeit von 140 km/h gelenkt und dadurch die in diesem Bereich durch das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" von 100 km/h um 40 km/h überschritten." Wegen Verletzung des § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wird ihm deswegen in Anwendung der letztzitierten Norm eine Geldstrafe von 4.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 150 Stunden auferlegt.

Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag zu diesem Faktum ermäßigt sich auf 400 S.

Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wird aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Die Schuld-, Straf- und Kostenaussprüche zu den Fakten 3. und 4. des angefochtenen Straferkenntnisses werden bestätigt.

In diesem Umfang werden dem Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG Verfahrenskostenbeiträge für das Berufungsverfahren im Ausmaß von 20 Prozent der bestätigten Geldstrafen, d.s. 2 x 100 S, auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat gegen den Rechtsmittelwerber am 14.10.1997 zur Zl. VerkR96.., ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet: "Sie haben am 7.5.1995, zwischen 5.37 Uhr und 5.39 Uhr, auf der A7, bei Strkm. 5,5 bis Strkm. 2,3 (Anhaltung), in Richtung Süd, den Pkw mit dem Kennzeichen .., mit einer Fahrgeschwindigkeit von 152,6 km/h gelenkt und dadurch die in diesem Bereich durch das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 52,6 km/h überschritten; gelenkt und haben dabei bei Strkm. 3,2 ein anderes Fahrzeug verbotenerweise rechts überholt; gelenkt und haben dabei den Führerschein für das von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeug auf der Fahrt nicht mitgeführt (um 5.40 Uhr, Anhaltung bei Strkm. 2,3); und haben dabei den Zulassungsschein für das von Ihnen gelenkte Kraftfahrzeug auf der Fahrt nicht mitgeführt (um 5.40 Uhr, Anhaltung bei Strkm. 2,3).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.§ 52 lit.a Z.10 a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 2.§ 15 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 3.§ 102 Abs.5 lit.a iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 4.§ 102 Abs.5 lit.b iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe falls diese un- Freiheits- gemäß § von Schilling einbringlich ist, strafe von Ersatzfreiheitsstrafe von 1. 5.000,-- 7 Tagen 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 2. 1.000,-- 24 Stunden 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 3. 500,-- 24 Stunden 134 Abs.1 KFG 1967 4. 500,-- 24 Stunden 134 Abs.1 KFG 1967 Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch): --Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 700,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 7.700,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." Die erste Instanz stützt ihr Straferkenntnis auf eine Anzeige der BPD Linz vom 29.5.1995, auf die im erstinstanzlichen Verfahren vernommenen Polizeibeamten, welche die Nachfahrt und die Anhaltung durchgeführt haben und auf ein Gutachten eines Amtssachverständigen zur Frage der mit dem vom Beschuldigten verwendeten Fahrzeug erreichbaren Geschwindigkeit.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte geltend, daß zur Tatzeit ein Seitenwind aus westlicher bis nordwestlicher Richtung in der Stärke von rund 6-11 km/h geweht habe. Dies habe eine gewisse Bremswirkung entfaltet. Im konkreten Fall habe die Motorleistung des vom Beschuldigten verwendeten Fahrzeuges nicht mehr festgestellt werden können und müsse der Grundsatz in dubio pro reo gelten. Demnach sei davon auszugehen, daß die Bauartgeschwindigkeit des von ihm verwendeten Golf zur Tatzeit nicht überschritten werden konnte.

Auch der Vorwurf des Rechtsüberholens sei unrichtig. Wenn die Exekutivbeamten schon so sicher seien, daß er ein Fahrzeug rechts überholt habe, so müßten sie jedenfalls wissen, welche Type, Farbe und Kennzeichen das von ihm überholte Fahrzeug gehabt habe. Diesbezüglich seien keine objektivierbaren Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden.

Was das im übrigen nicht bestrittene Nichtmitführen des Führerscheines und Zulassungsscheines anlangt, so hätte er die Absicht gehabt sein Fahrzeug zu veräußern, sodaß er im Falle der Möglichkeit eines Eintausches bei einem KFZ-Händler sicherheitshalber die KFZ-Papiere aus dem Handschuhfach entfernt habe. Diese Umstände rechtfertigten die Anwendung des § 21 VStG, da sein Verschulden gering und die Folgen der Tat unbedeutend gewesen seien.

Hinsichtlich sämtlicher vorgeworfener Verwaltungsstraftaten bekämpft er die verhängten Geldstrafen, welche weder schuld- und tatangemessen noch seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen entsprechen. Die Behörde habe zwar die Einkommens- und Vermögenslosigkeit ins Treffen geführt, bei der Strafbemessung aber diesbezüglich nicht Rücksicht genommen. Aufgrund der Berufung wurden am 3.2.1998 und am 17.3.1998 mündliche Verhandlungen durchgeführt, in deren Rahmen die Zeugen RI G H und RI A L vernommen, dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, in die Ablichtungen der Fahrzeuganmeldung vom 1.2.1995 betreffend einen silberfarbenen Golf, Type 17, Fahrgestellnr. 1783436082 und in eine weitere Fahrzeugzulassung betreffend einen Golf, Fahrgestellnr. 17A0312227, angemeldet am 17.6.1994, abgemeldet am 30.8.1995, für welche beide Fahrzeuge das Kennzeichen .. zugewiesen war, Einsicht genommen. Schließlich wurde Beweis erhoben durch Erstellung eines Befundes und Gutachtens eines verkehrs- und kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen. Der Beschuldigte lenkte am 7.5.1995 zwischen 05.37 Uhr und 05.39 Uhr auf der A7 bei Strkm. 5,5 bis Strkm. 2,3 in Richtung Süd den PKW - einen silbergrauen Golf - mit dem Kennzeichen .. Da er bereits im Ortsgebiet von Linz auffällig schnell gefahren war und dadurch die Aufmerksamkeit einer Polizeipatrouille auf sich gezogen hatte, nahm diese mit ihrem Dienstfahrzeug, einem Ford Escort TD, die Verfolgung auf und lasen die Beamten während der Nachfahrt auf der A7, auf der sie bei der zuvor beschriebenen Strecke einen annähernd gleichen Abstand hielten, auf ihrem Tachometer, welcher nicht geeicht war, eine Geschwindigkeit von 160 km/h ab.

Daraufhin machten sie den Beschuldigten stellig und hielten ihm die Geschwindigkeitsübertretung vor. Bei der Anhaltung konnte der Beschuldigte weder Führerschein noch Zulassungsschein vorweisen. Da sich der Beschuldigte bei der Anhaltung zunächst einsichtig zeigte, wurde ihm die Berichtigung eines Organmandates bei nachmaliger fernmündlicher Kontaktnahme angeboten. Nachdem diesbezüglich offensichtlich keine Reaktion erfolgt war, wurde am 29.5.1995 eine Anzeige verfaßt.

Bezüglich des vorgeworfenen Rechtsüberholvorganges des Beschuldigten auf der A7, welcher im Straferkenntnis unter Punkt 2. noch aufschien, weil in der Anzeige und bei Vernehmungen im erstinstanzlichen Verfahren noch die Rede war, gaben die Polizeibeamten in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, welche durch die relativ lange Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens erst geraume Zeit nach der Tatzeit erfolgte, jedoch noch bemerkenswerte Details von sich, welche ihre Aussage plausibel erscheinen ließ. So konnte sich der Zeuge H an die Amtshandlung noch erinnern, weil L die einzige Person war, die er in seinem Polizistenleben mit einer Geschwindigkeit von rund 160 km/h im Bereich der 100-er Beschränkung stellig gemacht hat. Der Zeuge L konnte sich noch an die Kleidung des Beschuldigten und an die Fristgewährung für die Zahlung eines Organmandates erinnern. Beide Zeugen verneinten in der mündlichen Verhandlung den Umstand, daß der Beschuldigte ein Fahrzeug rechts überholt habe, zumal es sich am Tattag um einen Sonntagmorgen 05.37 Uhr gehandelt hat und zwischen dem Fahrzeug des Beschuldigten und dem Streifenwagen kein weiteres Fahrzeug fuhr.

Nachdem der O.ö. Verwaltungssenat auf das Rücksicht zu nehmen hat, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist, bestanden Zweifel, ob das in Faktum 2. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene Verhalten tatsächlich gesetzt worden ist. Aus diesem Grunde mußte diesbezüglich mit der Einstellung des Verfahrens mangels Erwiesenseins der Tat vorgegangen werden.

Was die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit auf der A7, auf welcher bezüglich der Strecke des Tatortes eine 100 km/h Beschränkung verfügt ist, so konnten ausgehend von den überzeugenden Aussagen der beiden Polizeibeamten, daß sie 160 km/h bei der Nachfahrt abgelesen haben, unter Bedachtnahme auf den Befund und das Gutachten des zugezogenen Amtssachverständigen eine tatsächlich vom Beschuldigten gefahrene letztlich von diesem auch zugestandene Geschwindigkeit von 140 km/h festgestellt werden. Den Ausführungen des Amtssachverständigen zufolge, können bei Angaben von 158 km/h im Typenschein eines Fahrzeuges laut Toleranzenkatalog +- (0,01.v+ 6,5) km/h = 8,08 km/h Abweichungen, als zulässig erscheinen. Grundsätzlich erschien anhand der mit dem Wind aus West - Nordwest mit 7 km/h und der sich daraus ergebenden Rückenwindkomponente, eine Erhöhung der Geschwindigkeit von 2,7 km/h möglich. Bei einer Umgebungstemperatur mit maximal 11ï‚° Celsius unter Berücksichtigung der Normaltemperatur der Standardatmosphäre (1013 hp, 15ï‚° Celsius), ergab sich ein höherer Füllungsgrad der Verbrennungsräume des Motors, wodurch sich die physikalische Leistung vergrößern konnte. Es war von vorne herein nicht ausgeschlossen, daß mit dem konkreten Kraftfahrzeug an der gegebenen Strecke zur angegebenen Tatzeit 160 km/h fahrbar waren.

Zur Frage der übrigen Toleranzen, führte der Sachverständige aus: Unter Zugrundelegung der in der Fachpresse publizierten Arbeit des Dr. Phys. Klaus Schmetting, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle, Münster-Wollbeg, können unter bestimmten Randbedingungen, welche im bestehenden Fall als erfüllt betrachtet werden können, Gesamtfehler von 3 Prozent für den eingehaltenen Abstand in Rechnung gestellt werden. Dieses Ergebnis wurde empirisch aus rund 600 Einzelmessungen über das Abstandsverhalten gewonnen. Nach dieser Versuchsreihe konnten aussagekräftige Informationen über die Schätzgenauigkeit von Personen abgeleitet werden.

So liegen Abstandsschwankungen, den Momentanwert betrachtet, bei eingehaltenen Abständen von höchstens 100 m im Mittel bei sicher unter 15 Prozent (bezogen auf 95 Prozent aller Meßwerte). Auf einer Gesamtnachfahrstrecke von 1000 m hätte dies einen Gesamtfehler von höchstens 3 Prozent zur Folge. Eine Geschwindigkeitsabhängigkeit konnte bei diesen empirischen Messungen nicht erkannt werden. Auch konnte keine negative Beeinflussung durch Fahrspurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeuges oder sich verändernde Fahrbahnbreiten gefunden werden. An Toleranzen sind herrührend aus Abweichung der meßtechnischen Komponenten und aus Meßunsicherheiten, die auf messende Personen zurückzuführen sind, zu berücksichtigen: - 7,0 % des Tachometerskalenendwertes - max 0,5 % der Geschwindigkeit durch ungenügenden Reifendruck - max 3,0 % der Geschwindigkeit durch nicht mehr neuwertiges Reifenprofil - max 2,0 % der Geschwindigkeit durch Maßtoleranz des Reifenabrollumfanges - max 2,0 % der Geschwindigkeit aus Ungenauigkeiten durch Reifenwechsel - min 2 km/h - max 3 km/h durch Ablesefehler der Analog-Tachoanzeige - min 5 % - max 15 % des bereinigten Geschwindigkeitswertes für den konkreten Fall - 10 % vom Ablesewert > 16 km/h (für die Meßunsicherheit) - 144 km/h und 200 Meter Nachfahrabstand auf eine Länge von etwa 1.000 Meter - 3 % Fehler für den Nachfahrabstand, dh. Aufholen um etwa 30 Meter (für die Abstandsunsicherheit) Unter Berücksichtigung dieser Umstände kam der Amtssachverständige zum Schluß, daß die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit bei 140 km/h lag. Dieses Gutachten, welches auf die einschlägige Fachliteratur Bedacht nimmt und für technisch interessierte und vertraute Kraftfahrzeuglenker nachvollziehbar erscheint und keinerlei Denkfehler aufweist, war somit für den Beschuldigten relevant und zutreffend.

Entgegen der anderslautenden Meinung des Beschuldigtenvertreters war die Korrektur des Spruches auch im Berufungsverfahren noch zulässig, zumal die bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung tatsächlich gefahrenen km/h nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes nicht wesentliches Sachverhaltselement und damit Spruchbestandteil eines Straferkenntnisses sind.

Die objektive Verwirklichung der Tatbestände des Spruchpunktes 1. (nach Maßgabe der Korrektur durch den O.ö. Verwaltungssenat) und der Punkte 3. und 4. stehen somit fest.

Geschwindigkeitsüberschreitungen sind leicht vermeidbar. Angesichts der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung auf dem vom Beschuldigten gefahrenen, mit 100 km/h kundgemachten und allseits bekannten Teilstück der A7, war hinsichtlich der subjektiven Tatseite Vorsätzlichkeit als erwiesen anzusehen. Hinsichtlich des Nichtmitführens von Führerschein und Zulassungsschein war jedenfalls Fahrlässigkeit gegeben.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arreststrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer unter anderem die Bestimmung des § 52a Z10 a StVO 1960 übertritt. Demnach ist strafbar, wer als Lenker eines Fahrzeuges die im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet.

Gemäß § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 in der zur Tatzeit geltenden Fassung, hat der Lenker auf Fahrten den Führerschein mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Gemäß § 102 Abs.5 lit.b leg.cit. hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 sind Übertretungen vorstehender Normen als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arreststrafen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Bezüglich Faktum 1 war der Unrechtsgehalt, welcher durch die beträchtliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wesentlich bestimmt war, angesichts des geringen Verkehrsaufkommens von mittlerem Gewicht. Die subjektive Tatseite war aufgrund der Vorsätzlichkeit als schwerwiegend zu berücksichtigen. Zu den zahlreichen Übertretungen verkehrsrechtlicher Vorschriften waren vier Abstrafungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen als auf der selben schädlichen Neigung beruhend als besonderer Erschwerungsgrund in Anschlag zu bringen. Ein besonderer Milderungsgrund lag nicht vor. In der Zusammenschau der Umstände war daher für den Beschuldigten ein Strafübel von 40 Prozent des Rahmens der Geldstrafe auch dann nicht als überhöht anzusehen, wenn er, wie er angibt, kein Einkommen, kein Vermögen und keine Sorgepflichten besitzt.

Den wahren Unrechtsgehalt gibt die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe wieder, welche etwas höher anzusetzen war und bei der die Einkommensverhältnisse nicht zur berücksichtigen waren.

Was den Strafausspruch bezüglich des Nichtmitführens des Führerscheines und des Zulassungsscheines anlangt, so konnte der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch bei Anwendung der Strafzumessungsgründe vorgeworfen werden. Mit dem vom Beschuldigten getätigten Vorbringen, er habe diese Urkunden aus dem Handschuhfach sicherheitshalber "für den Fall der Möglichkeit" eines Eintausches seines Fahrzeuges bei einem KFZ-Händler entfernt, vermag er keine Umstände darzutun, die eine vom Schuld- und Unrechtsgehalt der Strafnorm umschriebene Vorgangsweise als völlig atypisch erscheinen ließen. Nicht zuletzt hätte er, wenn er die Papiere schon aus dem Handschuhfach entfernt hat, diese in einer Tasche eines Kleidungsstückes oder sonst bei sich verwahren können. Da sich bezüglich der Übertretungen des KFG die Strafen ohnedies an der Untergrenze des Strafrahmens bewegten, waren diese zu bestätigen, ohne daß dadurch der Beschuldigte in seiner Einkommens- und Vermögenslosigkeit in seinen Rechten verletzt werden konnte, weil eine solche Einkommens und Vermögenslosigkeit kein Freibrief für die Übertretung kraftfahrrechtlicher Normen bei einem immerhin nicht billigen Betrieb eines Kraftfahrzeuges bilden konnte.

Diesbezüglich war die Berufung erfolglos und mußten dem Beschuldigten kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung des § 64 Abs.1 und 2 VStG Beiträge im Ausmaß von 20 Prozent der bestätigten Geldstrafen zu den Kosten des Berufungsverfahrens vorgeschrieben werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Berücksichtigung von Abzügen der Geschwindigkeit bei Nachfahrten ohne Providagerät

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum