Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105099/6/SCHI/Km

Linz, 24.06.1998

VwSen-105099/6/SCHI/Km Linz, am 24. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des D W D, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H T, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 28.10.1997, Zl. S-15.564/97-3, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem KFG 1967, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23.6.1998 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Berufungswerber hat keinerlei Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen: Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 44a Z.1, 45 Abs.1 Z.3, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 28.10.1997, Zl. S-5.564/97-3, wurde der Berufungswerber (Bw) schuldig erkannt, er habe nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides am 17.10.1995, den über die entzogene Lenkerberechtigung ausgestellten Führerschein nicht unverzüglich der Behörde abgeliefert. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 75 Abs.4 KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen) verhängt wurde. Ferner wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 %, dh. 300 S, zu leisten.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 10.11.1997 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis nach Durchführung einer Verhandlung ersatzlos aufzuheben. Gleichzeitig wurde eine Anregung auf Normenkontrolle des § 64a Abs.2 zweiter und dritter Satz und des § 75 Abs.2b KFG gestellt.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. 4. Der O.ö. Verwaltungssenat geht im Grunde des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung in Verbindung mit dem vorgelegten Akt von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

4.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.8.1995, Zl. FE-1684/94, wurde dem Bw gemäß § 75 Abs.2b KFG die Lenkerberechtigung für die Gruppen A, B entzogen und gleichzeitig gemäß § 73 Abs.2 KFG ausgesprochen, daß auf die Dauer von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Gemäß § 64a Abs.2 KFG wurde die Nachschulung, der innerhalb von zwei Monaten nachzukommen ist, angeordnet. Gemäß § 75 Abs.4 KFG wurde vorgeschrieben, daß der Bw den Führerschein nach Zustellung des Bescheides unverzüglich der Behörde abzuliefern habe. Aufgrund der rechtzeitig eingebrachten Berufung hat der Landeshauptmann von Oö. mit Bescheid vom 5.10.1995, VerkR-391.874/4-1995/Au, der Berufung keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion im wesentlichen bestätigt.

Aufgrund einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat dieser mit Erkenntnis vom 19.12.1996, Zl. 95/11/0413, verfügt, daß der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 5.10.1995, insoweit damit eine Nachschulung angeordnet wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben wird, im übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 14.2.1997, VerkR-391.874/10-1997/Au, hat der Landeshauptmann von Oö. aufgrund des angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes der Berufung teilweise Folge gegeben und den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom "29.8.1995" (richtig wohl: 25.8.1995), FE-1684/94, hinsichtlich des Ausspruches, daß gemäß § 64a Abs.2 KFG 1967 eine Nachschulung, der innerhalb von zwei Monaten nachzukommen ist, angeordnet werde, behoben.

4.2. Der gegenständliche Führerschein wurde aufgrund einer Meldung des Verkehrsamtes der Bundespolizeidirektion Linz an das Strafamt vom 12.5.1997 vom Berufungswerber nie der Behörde abgeliefert, weswegen zunächst eine Strafverfügung vom 14.5.1997 gegen den Bw erlassen wurde. Darin wurde die Vollstreckbarkeit des "Entzugsbescheides" mit 5.10.1995 angenommen. Aufgrund des rechtzeitigen Einspruches wurde ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und nach Abschluß desselben das angefochtene Straferkenntnis mit Datum vom 28.10.1997 erlassen; im Straferkenntnis wurde das Datum der Vollstreckbarkeit des "Entziehungsbescheides" mit 17.10.1995 festgelegt.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht). Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2 anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. 5.2. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

5.3. Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale den Beschuldigen innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, S.937ff).

6. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen im vorliegenden Fall nicht entsprochen, bzw. erweist sich das angefochtene Straferkenntnis aus mehrfachen Gründen als rechtswidrig:

6.1. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vom 28.10.1997 lautet wie folgt:

"Sie haben nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides am 17.10.1995 den über die entzogene Lenkerberechtigung ausgestellten Führerschein nicht unverzüglich der Behörde abgeliefert. Übertretene Rechtsvorschrift: § 75/4 KFG. Strafnorm : § 134/1 KFG." Nun hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Entscheidungen dargetan, daß in einem Straferkenntnis im Spruchteil nach § 44a Z1 VStG erkennbar gemacht werden muß, wenn auf eine behördliche Bewilligung bzw. auf einen Bescheid Bezug genommen wird, um welchen Bescheid es sich handelt bzw. welche allfällige Auflage nicht eingehalten wurde; es ist diesfalls erforderlich, daß der diesbezügliche Bescheid mit Datum und Zahl im Spruch des Straferkenntnisses angeführt wird, zumal es sich hier um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal handelt (vgl. zB. VwGH 1.4.1987, Zl. 86/03/0221; 25.10.1989, Zl. 88/03/0204).

Im gegenständlich angefochtenen Straferkenntnis ist - ebenso wie in der vorausgegangenen Strafverfügung - in keiner Weise dargetan worden, um welchen "Entziehungsbescheid" es sich handelt. Auch war eine entsprechende Berichtigung durch den O.ö. Verwaltungssenat gemäß § 66 Abs.4 AVG wegen Ablaufes der Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6.2. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur auch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat verlangt, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen hat (vgl. VwGH 6.11.1995, 95/04/0122 mwN sowie jüngst VwGH 28.10.1997, Zl. 96/04/0189, in dem der Vorwurf der Tatbegehung "seit 16.1.1995" als rechtswidrig erkannt wurde). Da somit der Spruch des Straferkenntnisses jegliches Tatzeitende vermissen läßt, erweist sich dieses als rechtswidrig. Daran würde auch eine Auslegung des Wortes "unverzüglich" dahingehend, daß damit nur wenige Tage nach dem 17.10.1995 (zB bis 31.10.1995) gemeint sind, nichts ändern, weil diesfalls das Straferkenntnis wegen schon längst eingetretener Verfolgungsverjährung aufzuheben gewesen wäre. Auch die Strafverfügung vom 14.5.1997 wäre keine taugliche Verfolgungshandlung gewesen, weil sie sich einerseits auf einen ganz anderen Tatzeitpunkt (5.10.1995) bezog und andererseits ebenso erst lange nach eingetretener Verfolgungsverjährung erlassen worden ist.

6.3. Es war sohin das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

7. Weil die verhängte Strafe infolge der Berufung aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt wurde, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Spruch: Tatzeitraum - Ende; Anführung des Bescheides

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