Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105125/5/BI/FB

Linz, 15.06.1998

VwSen-105125/5/BI/FB Linz, am 15. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, vom 27. November 1997 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14. November 1997, VerkR96-5440-2-1997/Be, in Angelegenheit von Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben. Aus Anlaß der Berufung wird das Verwaltungsstrafverfahren zur Gänze eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem angefochtenen Bescheid den als solchen gegen das Strafausmaß gewerteten Einspruch des Rechtsmittelwerbers gegen die zur obigen Zahl ergangene Strafverfügung vom 16. Oktober 1997 abgewiesen. 2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er behaupte, daß der vordere Scheinwerfer nicht durchgerostet, sondern lediglich das Glas durch Steinschlag kaputt und daher wasserdurchlässig geworden sei. Der Rost an beiden hinteren Radkästen sei nicht so arg gewesen, um sich dabei zu verletzen. Er sehe lediglich den abgefahrenen Reifen vorne rechts als gefährlich an. Die Einkommensverhältnisse seien insofern nicht berücksichtigt worden, als er lediglich 10.000 S netto monatlich verdiene und keine Weihnachts- oder Urlaubsgelder beziehe, aber täglich 50 km hin und retour zur Arbeit ohne Fahrtvergütung fahren müsse. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung des dem Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden technischen Prüfgutachtens gemäß § 58 KFG 1967. Nach diesem Gutachten wurde der PKW des Rechtsmittelwerbers, Kz. VB-227Y, am 16. Oktober 1997 vom technischen Amtssachverständigen Ing. Lindenberger einer technischen Überprüfung unterzogen, wobei dieser festgestellt hat, daß beim rechten Scheinwerfer der Reflektor stark angerostet sei, beide Radläufe hinten mehrfach durchgerostet seien und ein Reifen bis auf das Stahlgewebe abgefahren sei. Aus einem ausdrücklichen Vermerk auf dem Prüfgutachten geht hervor, daß lediglich der abgefahrene Reifen vor Antritt der Fahrt für den Lenker erkennbar sein mußte, während der angerostete Reflektor und die durchgerosteten Radläufe hinten für den Lenker nicht erkennbar gewesen seien. Mit Strafverfügung vom 16. Oktober 1997 wurde dem Rechtsmittelwerber vorgeworfen, den Kombi auf der Grünbachtal Landesstraße auf Höhe der Firma E, Gemeinde G, am 16. Oktober 1997 um 14.20 Uhr gelenkt zu haben, wobei er sich vor Fahrtantritt nicht davon überzeugt habe, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspreche, weil es folgende Mängel aufgewiesen habe: a) der rechte Scheinwerfer sei stark durchgerostet gewesen und b) beide Radläufe hinten seien mehrfach durchgerostet und c) der rechte Vorderreifen sei bis auf das Stahlgewebe abgefahren gewesen. Gemäß §§ 102 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 wurden Geldstrafen von a) und c) 800 S (48 Stunden EFS) und b) 500 S (24 Stunden EFS) verhängt. Die Strafverfügung wurde samt Zahlschein vom Rechtsmittelwerber persönlich übernommen.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1997 erhob dieser Einspruch gegen die Strafverfügung und begründete dies damit, der Mangel am rechten Vorderreifen sei durch eine Spurverstellung durch extreme Schlaglöcher durch die Baustellen im Sommer hervorgerufen worden. Er habe beim rechten Vorderreifen keine Abnützung feststellen können, obwohl sie sicherlich vorhanden gewesen sei, zumal bekanntlich kein Autofahrer das Lenkrad vor Fahrtantritt voll einschlage. Die Abnützung sei am äußersten Innenrand des Reifens gewesen und so habe er sie nicht feststellen können. Die Roststellen bei den hinteren Radbögen seien nicht zu leugnen, aber nicht vorstehend gewesen. Der Bruch des Scheinwerferglases könne noch nicht lange her gewesen sein, jedenfalls habe er in der Nacht keine Sichtbehinderung festgestellt. Die Strafe sei überhaupt zu hoch und er akzeptiere nur Punkt a) zu 50 %.

Seitens der Erstinstanz wurden daraufhin die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers erhoben und für den Fall der Nichtbekanntgabe diese auf 12.000 S Einkommen bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten eingeschätzt. Der Rechtsmittelwerber hat sich daraufhin geäußert, er sei seit Mai 1997 als Taxifahrer beschäftigt, verdiene 10.000 S netto, sei Alleinverdiener und habe bis 11. November noch nicht einmal den Lohn für September 1997 erhalten, wobei Urlaubs- und Weihnachtsgeld für ihn sowieso ein Fremdwort seien. Seitens der Erstinstanz wurde dieser Einspruch bloß als solcher gegen das Strafausmaß gewertet und erging daraufhin der nunmehr angefochtene Bescheid.

In rechtlicher Hinsicht ist zunächst darauf hinzuweisen, daß gemäß § 49 Abs.2 zweiter Satz VStG nur dann, wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden hat. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. Der Einspruch im gegenständlichen Fall war zweifelsohne nicht bloß als solcher gegen die Höhe der mit der Strafverfügung verhängten Strafe zu sehen. Der Rechtsmittelwerber hat vielmehr offensichtlich auch den Schuldvorwurf betreffende Argumente hinsichtlich der Abnützung des Vorderreifens und der Relevanz der Roststellen an den Radbögen sowie des Bruchs des Scheinwerferglases geltend gemacht. Ein solcher Einspruch ist eindeutig auch gegen den Schuldvorwurf gerichtet, wobei für die Zuordnung als solcher nicht auf die rechtliche Relevanz der Berufungseinwendungen, sondern bloß auf deren Existenz im Sinn einer Formulierung im Rechtsmittel abzustellen ist. Die Wertung des Einspruchs bloß als solcher gegen die Strafhöhe war daher rechtlich verfehlt. Dem Rechtsmittelwerber wurde innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, die mit 16. Oktober 1997 zu laufen begonnen und demnach am 16. April 1998 geendet hat, vorgeworfen, er habe sich vor Fahrtantritt nicht überzeugt, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, weil die drei im Sachverständigengutachten angeführten Mängel vorgelegen hätten.

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. Die Zumutbarkeit des Überzeugens beschränkt sich in der Regel darauf, daß äußerlich erkennbare Mängel am Kraftfahrzeug dem Lenker bei Fahrtantritt jedenfalls auffallen müssen. Nicht zumutbar ist sohin die Kontrolle der von außen nicht oder nur schwer zugänglichen Teile des Kraftfahrzeuges wie im gegenständlichen Fall eine Überprüfung der Radläufe bzw eines Scheinwerferreflektors; dies aus dem Grund, weil zB zur Überprüfung der Radkästen innen zumindest die Verwendung einer Taschenlampe oder einer sonstigen Lichtquelle erforderlich wäre. Aus eben diesem Grund wurde bereits im technischen Sachverständigengutachten eindeutig und zweifelsfrei darauf hingewiesen, daß diese Mängel für den Lenker vor Antritt der Fahrt nicht erkennbar sein mußten. Zumutbar ist hingegen eine Überprüfung der Reifenprofile, wobei im gegenständlichen Fall die Tatsache, daß ein Reifen bis auf das Stahlgewebe abgefahren war, für den Rechtsmittelwerber bloß bei genauem Hinsehen auffällig sein mußte. Im Hinblick auf die im Verwaltungsstrafverfahren erforderliche Tatumschreibung ist auszuführen, daß der dem Rechtsmittelwerber seitens der Erstinstanz zur Last gelegte Schuldvorwurf eine Umschreibung dahingehend, inwieweit dieses Sich-überzeugen für den Rechtsmittelwerber vor Fahrtantritt zumutbar gewesen wäre, gänzlich vermissen. In den Punkten a) bis c) des Tatvorwurfes findet sich lediglich eine fast wörtliche Wiederholung des Sachverständigengutachtens, jedoch keinerlei Zuordnung zu einer kraftfahrrechtlichen Bestimmung, die der Rechtsmittelwerber zu beachten gehabt hätte. So hätte zB im Punkt c) der Tatvorwurf gemäß der Bestimmung des § 4 Abs.4 KDV die Umschreibung enthalten müssen, daß die vorgeschriebene Mindestprofiltiefe von 1,6 mm auf der ganzen Lauffläche insofern nicht mehr gegeben gewesen sei, als der rechte Vorderreifen bis auf das Stahlgewebe abgefahren war. Eine rechtliche Zuordnung ist auch im Hinblick auf die dadurch verletzte Rechtsvorschrift, nämlich § 4 Abs.4 KDV iVm § 102 Abs.1 KFG 1967 nicht zu finden. Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Die Sanierung des Spruchs im Hinblick auf einen gemäß § 44a Z1 und 2 VStG ausreichend formulierten Tatvorwurf erübrigte sich wegen der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war, wobei naturgemäß auch keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Tatanlastung mangelhaft und wegen eingetretener Verfolgungsverjährung nicht sanierbar -> Einstellung.

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