Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105174/10/Le/Ha

Linz, 11.05.1998

VwSen-105174/10/Le/Ha Linz, am 11. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Manfred F, L Nr. 4, 5 P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Johann P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.12.1997, VerkR96-5772-1997-Kb, eingeschränkt auf den Tatvorwurf Nr. 1, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung der Entscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 2.200 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22.12.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a der Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 11.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 11 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 31.8.1997 gegen 4.00 Uhr früh einen näher bezeichneten PKW auf der Fer Landesstraße L von H, Gemeinde G kommend, in Richtung F bis Straßenkilometer 3,915 gelenkt und sich hiebei aufgrund des bei ihm gemessenen Alkoholatemluftgehaltes von über 0,4 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen der Gang des Ermittlungsverfahrens dokumentiert, die Beweiswürdigung und die Rechtslage dargelegt und schließlich die Strafbemessung begründet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7.1.1998, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung verwies der Bw auf die Argumente, die er bereits im Entzugsverfahren vor der Bezirkshauptmannschaft vorgetragen hat. Aus diesen Schriftsätzen geht hervor, daß der Bw nach dem Verkehrsunfall ca. 1/8 l Whisky getrunken haben will, weshalb ein positives Alkomatergebnis hervorgekommen sei. Er habe auf diesen Nachtrunk bereits in der ersten Vernehmung verwiesen, worunter lediglich die mit ihm aufgenommene Niederschrift verstanden werden könne. Das flüchtige und mehr als oberflächliche Gespräch am 31.8.1997 gegen 8.10 Uhr wäre nicht im Ansatz eine Vernehmung gewesen. Dazu komme, daß er dabei völlig schlaftrunken und auch erheblich alkoholisiert gewesen wäre. Er verwies weiters darauf, daß es realitätsfremd wäre, wenn die Gendarmeriebeamten eine Diskrepanz in den Angaben vom 30.8.1997 (gemeint wohl: 31.8.1997) und 1.9.1997 nicht in die Anzeige aufnehmen. Keiner der beiden Gendarmeriebeamten hätte behauptet, ihn nach einem Nachtrunk gefragt zu haben. Ein trittfestes Argument für das Vorliegen des Nachtrunkes sei der von beiden Gendarmeriebeamten als stark angegebene Alkoholgeruch, welcher keinesfalls vorliegen hätte können, wenn er in der Zeitspanne von vier Stunden vor dem Alkotest nichts getrunken hätte. Das zu diesem Beweisthema beantragte medizinische Amtssachverständigengutachten sei nicht eingeholt worden, weshalb das Ermittlungsverfahren ergänzungsbedürftig geblieben sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat am 27. April 1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Stadtamt Mattighofen durchgeführt, an der der Bw mit seinem Rechtsvertreter teilnahmen. Anwesend war auch eine Vertreterin der Erstbehörde. Dabei wurde Herr Revierinspektor Roland F als Zeuge zur Angelegenheit befragt.

3.2. Als Ergebnis dieser Verhandlung steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Bw kam am Abend des 30.8.1997 in das Gasthaus K in G. Er aß dort und trank alkoholische Getränke. Als er gegen 4.00 Uhr früh mit seinem PKW vom Gasthaus wegfuhr, kam er auf der Fer Landesstraße L  bei Straßenkilometer 3,915 von der Fahrbahn ab und fuhr in ein Maisfeld. Nachdem er aus dem Feld herausgefahren war, fuhr er noch bis zur Ortschaft S, wo er das Auto in Folge unfallsbedingter Schäden stehen lassen mußte und sich von einem Bekannten heimfahren ließ. Etwa gegen 8.00 Uhr früh des 31. August 1997 kamen die Gendarmeriebeamten Revierinspektor Roland F und sein Postenkommandant zum Bw. Als sie ihn sahen, machte er einen erheblich alkoholisierten Eindruck, worauf er zum Alkotest aufgefordert wurde. Er wurde nach seinem Alkoholkonsum befragt und er gab den in der Anzeige festgehaltenen Weinkonsum (5/4 gespritzte Weißwein) an. Weiters wurde er gefragt, in welchem Zeitraum er das getrunken habe und wann er das letzte mal getrunken habe. Von einem Nachtrunk in Form eines Whiskys erzählte er den Gendarmeriebeamten zu diesem Zeitpunkt nichts. Es dauerte etwa 5 bis 10 Minuten, bis der im Gendarmeriefahrzeug mitgeführte Alkomat betriebsbereit war. In dieser Zeit hat der Bw nach Aussage des Gendarmeriebeamten Forster immer nur gejammert, nichts aber von einem Nachtrunk gesagt. Der durchgeführte Alkomattest war positiv. Den Nachtrunk in Form eines 4-fachen Whiskys gab der Bw erst am nächsten Tage bei seiner Einvernahme vor dem Gendarmerieposten E an.

Zum Beweis für seine Nachtrunkbehauptung legte der Bw bei der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat eine leere Dose vor, die als Umhüllung für eine Whiskyflasche diente. Es handelte sich dabei um einen Whisky der Marke "The Balvenie" Malt Scotch Whisky mit 50,4 vol.%. Er gab an, diesen Whisky getrunken zu haben. Auf den Vorhalt, daß er in seiner Vorstellung vom 29.9.1997 den Whisky ausdrücklich als "Wild Turkey Kentucky" mit einem Alkoholgehalt von 50,5 vol.% bezeichnet hatte, gab der Bw lediglich an, daß er auch diesen Whisky zu Hause habe, daß er aber jedenfalls den heute mitgebrachten Whisky getrunken habe. Der Bw ist von Beruf Versicherungskaufmann.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder. Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in Höhe von 11.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen.

4.2. Springender Punkt in diesem Verwaltungsstrafverfahren war die Klärung der Frage, ob der Bw den von ihm behaupteten Nachtrunk in Form von einem 4-fachen Whisky bzw. einem Achtelliter Whisky tatsächlich getätigt hat oder nicht.

§ 4 StVO bestimmt, daß ein Fahrzeuglenker, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirken muß. Er kommt dieser Verpflichtung dann nicht nach, wenn er zur Verschleierung der Tatsache, daß er bereits zum Zeitpunkt des Unfalls von Alkohol beeinträchtigt war, unmittelbar nach dem Unfall wieder Alkohol zu sich nimmt, um den Eindruck zu erwecken, die Alkoholbeeinträchtigung rühre erst vom Alkoholkonsum nach dem Unfall her (verbotener Nachtrunk). Allerdings ist die für die Verletzung dieser Vorschrift vorgesehene Strafe erheblich geringer als jene für erwiesene Alkoholisierung.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist bei der Würdigung der aufgenommenen Beweise im vorliegenden Fall zum Ergebnis gelangt, daß die Verantwortung des Bw, einen Nachtrunk getätigt zu haben, eine Schutzbehauptung ist. Dafür sprechen eine Reihe von gewichtigen Argumenten:

Da ist zunächst die Aussage des Gendarmeriebeamten Forster heranzuziehen, der als Zeuge unter Wahrheitspflicht angab, daß der Bw vor der Alkomatmessung keinen Nachtrunk behauptet hatte, sondern auf Befragen nach seinem Alkoholkonsum lediglich die 5 gespritzten Wein genannt und das Trinkende mit 4.00 Uhr früh angegeben hatte.

Der Bw widersprach bei der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat dieser Aussage nicht, sondern behauptete lediglich, gar nicht nach einem Nachtrunk gefragt worden zu sein.

Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist eine dezidierte Frage nach einem Nachtrunk dann entbehrlich, wenn der Gendarmeriebeamte - so wie im vorliegenden Fall - global nach dem Trinkende fragt. Nach den Denkgesetzen der Logik wird ein solchermaßen gefragter Autolenker von sich aus einen getätigten Nachtrunk jedenfalls angeben, weil er weiß, daß ein getätigter Nachtrunk das Alkomatergebnis verfälschen wird. Er riskiert damit zwar eine Bestrafung wegen eines verbotenen Nachtrunkes, doch ist diese geringer als jene bei erwiesener Alkoholisierung. Diese logische Reaktion wäre auch vom Bw zu erwarten gewesen, der zudem noch von seiner beruflichen Ausbildung her Versicherungskaufmann ist. Dazu kommt, daß der Bw anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat erklärt hat, bei der Aufforderung zum Alkotest Bedenken wegen des Whiskykonsums gehabt zu haben, daß das Gerät zu viel anzeigen werde. Wenn aber beim Bw bereits zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkomattest solche Bedenken vorhanden waren, so hätte er dies nach allgemeiner Lebenserfahrung sicherlich dem Gendarmeriebeamten gesagt, daß er nach Fahrtende getrunken hat. Die Erklärung dafür, daß der Bw den Nachtrunk nicht dem Gendarmeriebeamten mitgeteilt hatte, liegt wohl darin, daß er einen solchen eben nicht getätigt hatte und von der Amtshandlung einfach überrascht worden war. Erst mit zunehmender Ernüchterung gelang es ihm, die Sachlage zu erfassen und zu erkennen, welche Verantwortung ihm möglich gewesen wäre.

Ein weiteres Indiz dafür, daß die Verantwortung des Bw nicht der Wahrheit entspricht, ist der Widerspruch hinsichtlich des konsumierten Whiskys: In seiner Vorstellung vom 29.9.1997 hat der Bw folgendes angegeben:

"Ich habe die Nachtrunkmenge vor der Gendarmerie mit "ca." einem vierfachen Whisky angegeben; ich bin der Sache genau nachgegangen, weshalb ich in der Lage bin, diese Schätzung zu konkretisieren. Dies deshalb, weil das damals verwendete ein 1/4 l-Glas halbvoll war, die Menge der Konsumation hat somit einen Achtelliter betragen. Das genossene Getränk heißt genau "Wild Turkey Kentucky" mit einem Alkoholgehalt von 50,5 Volumsprozenten, 100 ml dieses Getränkes enthalten somit 40,4 g Ethanol, ein Achtelliter somit 50,5 g." Dagegen erklärte der Bw in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ganz sicher, Whisky der Marke "The Balvenie" getrunken zu haben.

Zu diesem Widerspruch befragt gab der Bw lediglich an, eben auch einen "Wild Turkey Kentucky" zu Hause zu haben. Er wisse jetzt nicht, wie es zu dieser Verwechslung gekommen sei, er habe aber jedenfalls den heute mitgebrachten Whisky (das ist der "The Balvenie") getrunken.

Wenngleich der Bw als solcher in seiner Verteidigung keiner Wahrheitspflicht unterliegt, so führt doch ein derart auffallender Widerspruch in seiner Verantwortung zu einem Verlust seiner Glaubwürdigkeit.

Es ist daher bei der Beurteilung der Angelegenheit davon auszugehen, daß der Bw den behaupteten Nachtrunk nicht getätigt hat, was zur Folge hat, daß der Bw bereits zum Lenkzeitpunkt erheblich alkoholisiert und die in § 5 Abs.1 StVO festgelegte Grenze des Alkoholgehaltes der Atemluft von 0,4 mg/l jedenfalls überschritten hatte.

Dadurch aber hat der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muß dabei nicht eingetreten sein. Es ist dem Bw nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, zumal seine Verantwortung mit dem behaupteten Nachtrunk als Schutzbehauptung erkannt wurde. Der Bw hat damit die angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 11.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 2.200 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Beweiswürdigung

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