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des Landes Oberösterreich
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VwSen-200202/2/Gf/Km

Linz, 10.03.1999

VwSen-200202/2/Gf/Km Linz, am 10. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des S K, vertreten durch RA Dr. J P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 11. Februar 1999, Zl. Agrar96-244-1998-Ps, wegen Übertretung des Qualitätsklassengesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 11. Februar 1999, Zl. Agrar96-244-1998-Ps, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden) verhängt, weil er am 27. Juli 1998 in seinem Betrieb in K zwei Kartons mit insgesamt 720 Stück Eiern zum Verkauf vorrätig gehalten habe, ohne daß auf diesen Kartons der Packer, die Kennummer, das Mindesthaltbarkeitsdatum, die Güte- und Gewichtsklasse oder ein Verbraucherhinweis angegeben gewesen wäre; dadurch habe er eine Übertretung des § 26 Abs. 3 des Qualitätsklassengesetzes, "BGBl.Nr. 161/1967 idgF. iVm § 7 Abs. 2 Ziffer 1 lit. a und b der Verordnung über Vermarktungsnormen für Eier, BGBl.Nr. 579/1995 iVm. Artikel 2 Abs. 1 iVm Art. 10 Abs. 1 lit a,b,c,d,e der Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 idgF. und Art. 14 der Verordnung (EWG) Nr. 1274/91 idgF." begangen, weshalb er nach § 26 Abs. 3 Qualitätsklassengesetz zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 12. Februar 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. Februar 1999 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Rechtsmittelwerber angelastete Tatbestand aufgrund entsprechender Wahrnehmungen eines amtlichen Kontrollorganes als erwiesen anzusehen sei. Daß die Waren am Ort der Beanstandung lediglich zwischengelagert worden seien, ändere nichts daran, daß es sich dabei gleichfalls um ein "Vorrätighalten" im Sinne der maßgeblichen Strafbestimmung handle.

Im Zuge der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd sowie dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber neuerlich vor, daß er die beanstandete Ware in seinem Betrieb nur zwischengelagert habe; der Verkauf selbst erfolge hingegen ausschließlich im Umherfahren, wobei zuvor stets eine entsprechende Kennzeichnung erfolge. Davon abgesehen lasse das angefochtene Straferkenntnis nicht ersehen, in welcher "gültigen Fassung" das Qualitätsklassengesetz im gegenständlichen Fall tatsächlich angewendet worden sei.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Braunau zu Zl. Agrar96-244-1998; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie von den Verfahrensparteien ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 26 Abs. 1 des Qualitätsklassengesetzes, BGBl.Nr. 161/1967, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 21/1997 (im folgenden: QualKlG), i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 1 lit. a und b der Verordnung über Vermarktungsnormen für Eier, BGBl.Nr. 579/1995 (im folgenden: EierVermarktVO), und i.V.m. Art. 10 Abs. 1 lit. a bis e der Verordnung (EWG) des Rates Nr. 1907/90 vom 26.6.1990 über bestimmte Vermarktungsnormen für Eier, ABl. Nr. 173 vom 6.7.1990 (im folgenden: EierVermarktVO-EWG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 300.000 S zu bestrafen, der Eier zum Verkauf vorrätig hält oder sonst in Verkehr bringt, ohne auf der Außenseite der Verpackung in deutlich sichtbarer und leicht lesbarer Druckschrift den Namen oder die Firma des Verpackers, die Kennummer der Packstelle, die Güte- und Gewichtsklasse, die Zahl der verpackten Eier und das Verpackungsdatum anzugeben.

4.2. Unter "Inverkehrbringen" im Sinne des QualKlG ist nach der in § 1 Abs. 3 QualKlG selbst enthaltenen Legaldefinition - und etwa im Unterschied zu § 1 Abs. 2 Lebensmittelgesetz - (nur) "das Feilbieten, das Verkaufen oder jedes sonstige erwerbsmäßige Überlassen einer Ware an andere" zu verstehen.

Von diesem unmißverständlichen Gesetzestext ausgehend ist sohin ein bloßes "Vorrätighalten" an sich - wie durch § 7 Abs. 2 erste Alt. EierVermarktVO scheinbar auch pönalisiert - vom Begriff des "Inverkehrbringens", wie er dem QualKlG zugrundeliegt, offenkundig nicht erfaßt, es sei denn, es dient als eine unmittelbar dem Feilbieten, dem Verkauf oder dem erwerbsmäßigen Überlassen vorangehende Vorbereitungshandlung.

Um einen Normenwiderspruch i.S.d. Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Art. 139 B-VG zu vermeiden, muß daher § 7 Abs. 2 EierVermarktVO dahingehend gesetzeskonform interpretiert werden, daß eine Strafbarkeit nicht schon wegen eines bloßen Vorrätighaltens an sich, sondern nur dann eintritt, wenn dies als eine dem Inverkehrbringen im dargestellten Sinn notwendig und unmittelbar vorangehende Handlung angesehen werden kann; der Verordnungstext "zum Verkauf vorrätig hält" ist daher im dargestellten Sinn eng auszulegen. Dadurch entsteht auch kein Widerspruch zur EierVermarktVO-EWG, weil diese nach ihrem Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Z. 7 hinsichtlich des sie tragenden Begriffes "Vermarktung" im besonderen auch auf ein "zum Verkauf vorrätig halten" im Zusammenhang mit einem "Feilbieten, Anbieten, Verkaufen, Liefern" etc. abstellt.

4.3. Im gegenständlichen Fall ist allseits unbestritten, daß der Rechtsmittelwerber die von Dritten gelieferten Eier stets im Umherfahren, d.h. auf Marktplätzen etc., verkauft, er aber hier in concreto (bereits) dabei betreten wurde, als er diese Ware (noch) in seinem Betrieb zwischengelagert hatte; daß Käufer (Großhändler oder Letztverbraucher) zu diesem Standort keinen Zutritt hatten, steht ebenfalls außer Streit.

Damit lag aber im Ergebnis auch noch kein "Vorrätighalten zum Verkauf" i.S.d. § 7 Abs. 2 erste Alt. EierVermarktVO bzw. keine "Vermarktung" i.S.d. Art. 1 Z. 7 EierVermarktVO-EWG vor; davon könnte im gegebenen Zusammenhang vielmehr erst ab dem Zeitpunkt der Verladung in das KFZ in der Absicht, die Eier an Kunden abzugeben (nicht hingegen etwa schon dann, wenn diese zuvor noch zur Packstelle i.S.d. Art. 1 Z. 9 EierVermarktVO-EWG gebracht werden), gesprochen werden.

4.4. In Ermangelung eines als strafbar im Sinne des Tatvorwurfes zu qualifizierenden Verhaltens war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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