Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105223/8/Sch/Rd

Linz, 23.03.1998

VwSen-105223/8/Sch/Rd Linz, am 23. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des O vom 27. Jänner 1998 gegen die Fakten 1 und 4 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wels vom 14. Jänner 1998, III/S-2889/97, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 27. Februar 1998 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt. Im übrigen (Faktum 4) wird die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es im Spruch zu lauten hat: "... im Ortsgebiet von Lambach in Fahrtrichtung Wels gelenkt, ...".

II. Insofern der Berufung stattgegeben wurde, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen. Hinsichtlich des abweisenden Teils der Entscheidung ist ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 500 S (20 % der zu Faktum 4 verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 bzw 45 Abs.1 Z3 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 14. Jänner 1998, III/S-2889/97, über Herrn O, ua wegen zweier Übertretungen des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1.000 S bzw. 2.500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 48 bzw. 84 Stunden verhängt, weil er am 31. August 1996 gegen 20.43 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der B1 Wiener Straße im Ortsgebiet von Lambach in Fahrtrichtung Westen (richtig: Wels) gelenkt habe, wobei er am sogenannten "Bahnhofsberg" ca. auf Höhe der Häuser Bahnhofstraße 51-53 mehrere Kraftfahrzeuge trotz Gegenverkehrs überholt habe, obwohl das Überholen bei Gegenverkehr verboten sei, und weiters gegen 20.45 Uhr den oa PKW auf der B1 Wiener Straße ca. 200 m vor der Kreuzung mit der Heidestraße im Ortsgebiet von Edt bei Lambach gelenkt und trotz Gegenverkehrs überholt habe, wodurch er den Lenker des entgegenkommenden Gendarmeriefahrzeuges zum Abbremsen genötigt habe (Fakten 1 und 4). Überdies wurde der Berufungswerber zu einem diesbezüglichen Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 350 S verpflichtet.

2. Gegen die Fakten 1 und 4 dieses Straferkenntnisses hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvor-entscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zur Richtigstellung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses ist zu bemerken, daß nach der Aktenlage der Berufungswerber zum relevanten Zeitpunkt auf der B1 nicht in Richtung Westen, sondern in Richtung Wels unterwegs war. Entsprechende Verfolgungshandlungen innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG sind gesetzt worden, weshalb die Änderung des Bescheidspruches auch noch im Berufungsverfahren erfolgen konnte.

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung: Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Der von der Erstbehörde diesbezüglich formulierte Tatvorwurf beschränkt sich in der Aussage, daß der nunmehrige Berufungswerber mehrere Kraftfahrzeuge trotz Gegenverkehrs überholt habe, obwohl das Überholen bei Gegenverkehr verboten sei. Die oben zitierte Bestimmung verbietet - entgegen der Formulierung der Erstbehörde - nicht das Überholen "trotz Gegenverkehrs" generell, sondern nur dann, wenn diese Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten. Wenn also ein Fahrzeuglenker trotz Gegenverkehrs überholt, diesen bei seinem Überholmanöver aber weder gefährden noch behindern kann, etwa aufgrund einer ausreichenden Entfernung zum Gegenverkehr, so hat er keine Übertretung der genannten Bestimmung begangen.

Der Berufung war daher in diesem Punkt Folge zu geben und das Verfahren aus diesem Formalgrund einzustellen (vgl. § 45 Abs.1 Z3 VStG).

Zum weiteren Faktum des erwähnten Straferkenntnisses wurde am 27. Februar 1998 eine mit einem Lokalaugenschein verbundene öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt. Dabei schilderte der zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger glaubwürdig und schlüssig den entsprechenden Überholvorgang des Berufungswerbers. Insbesondere hat der Zeuge angegeben, durch das Überholmanöver als Gegenverkehr des Rechtsmittelwerbers zu einem sehr starken Bremsmanöver gezwungen worden zu sein. Von einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 50 bis 60 km/h mußte das Fahrzeug innerhalb kurzer Wegstrecke nahezu zum Stillstand gebracht werden, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Ein solcher Umstand stellt zweifellos nicht nur eine Behinderung, sondern schon eine Gefährdung dieser Fahrzeuginsassen dar.

Ausgehend von dieser überzeugenden und schlüssigen Aussage des Meldungslegers mußte das Berufungsvorbringen, das sich im wesentlichen auf das Bestreiten der Tat beschränkt, in den Hintergrund treten. Während ein Zeuge bei seiner förmlichen Einvernahme an die Wahrheitspflicht gebunden ist, kann sich ein Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren völlig frei verantworten, ohne irgendwelche Folgen befürchten zu müssen.

Zur Strafzumessung wird bemerkt: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Vorschriftswidrige Überholmanöver gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit. Sie sind immer wieder Ursache für schwerste Verkehrsunfälle. Auch im vorliegenden Fall konnte offenkundig ein solcher nur durch ein abruptes Bremsmanöver des Lenkers des entgegenkommenden Gendarmeriefahrzeuges verhindert werden. In Anbetracht dessen erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 2.500 S keinesfalls überhöht. Zudem kamen dem Berufungswerber keinerlei Milderungsgründe, insbesondere nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, zugute. Weiters muß bei ihm ein gewisses Maß an Uneinsichtigkeit angenommen werden, da er bei der damaligen Anhaltung bzw. Amtshandlung zum Ausdruck gebracht hat, dieser Fahrstil sei für ihn nicht ungewöhnlich.

Seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere sein Einkommen in der Höhe von 9.400 S, lassen erwarten, daß er zur Zahlung der Verwaltungsstrafe, allenfalls im Ratenwege, in der Lage sein wird. Sorgepflichten sind keine gegeben.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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