Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105249/11/BI/FB

Linz, 08.05.1998

VwSen-105249/11/BI/FB Linz, am 8. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, G, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P P, G, W, vom 6. Februar 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. Jänner 1998, VerkR96-12816-1997-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt Verkündung am 7. Mai 1998, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches mit der Maßgabe bestätigt wird, daß in Verbindung mit der in der rechtskräftigen Organstrafverfügung vorgeworfenen Übertretung von einem fortgesetzten Delikt, nämlich einer Übertretung gemäß § 52a Z10a StVO 1960 auszugehen ist, wobei der Ausspruch über die Strafe insofern zu entfallen hat, als diese Übertretung mit der in der Organstrafverfügung rechtskräftig verhängten Strafe von 500 S bereits abgegolten ist. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 3 und 50 VStG, §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3a StVO 1960. zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe: zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Übertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 4.000 S (4 Tage EFS) verhängt, weil er am 22. Juli 1997 um 19.54 Uhr im Gemeindegebiet von A auf der W A bei km in Richtung S den PKW, Kennzeichen , im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 151 km/h gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 400 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 7. Mai 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters Rechtsanwalt Dr. U, sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. L durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist unentschuldigt nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde im Anschluß an die Berufungsverhandlung mündlich verkündet. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, wie er mit der vorgelegten Organstrafverfügung nachgewiesen habe, sei er durchgehend zu schnell gefahren, weshalb eine neuerliche Bestrafung unzulässig sei. Gegenteiliges sei im Strafverfahren nicht hervorgekommen. Er bestreite jedoch die Geschwindigkeitsüberschreitung im vorgeworfenen Ausmaß, zumal die Meßtoleranz von mindestens 3 % nicht berücksichtigt worden sei. Er sei unter Berücksichtigung dieser allerhöchstens 146 km/h gefahren. Diese Feststellung sei insofern wesentlich, als damit nicht mehr die Rechtsfolge der Entziehung der Lenkerberechtigung verbunden sei. Der Zeitpunkt der streitgegenständlichen Tatanlastung und der Organstrafverfügung sowie die nur geringe Wegstrecke dorthin beweisen, daß er durchgehend zu schnell gefahren sei und somit ein Dauerdelikt vorliege. Außerdem ergebe sich aus der Zurücklegung einer Wegstrecke von 5,5 km in nur 1 min, was einer Geschwindigkeit von etwa 330 km/h entspreche, daß die Feststellungen bezüglich der Tatzeiten unrichtig seien. Er beantragt daher die Einvernahme des Einschreiters ebenso wie des Ausstellers der Strafverfügung, die Beischaffung der Eichunterlagen und der Toleranzangaben bezüglich der Radaranlage sowie Beiziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen, im übrigen die Herabsetzung der Strafe, zumal sein Monatseinkommen nur mehr ein Drittel des angenommenen betrage. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber bzw sein rechtsfreundlicher Vertreter gehört und auf der Grundlage der rechtskräftigen Organstrafverfügung sowie des Akteninhalts bezüglich der Radarmessung ein kraftfahrtechnisches Gutachten durch den Amtssachverständigen Ing. L erstellt wurde. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Unbestritten ist, daß der Rechtsmittelwerber am 22. Juli 1997 um etwa 19.54 Uhr mit dem PKW, Kennzeichen , einem Audi 80 mit etwa 190 km/h Bauartgeschwindigkeit, auf der W A im Gemeindegebiet A in Richtung S unterwegs war. Bei km befindet sich eine stationäre Radaranlage mit eingebautem Radargerät Microspeed 09A Nr. 242. Aus den dem Akt angeschlossenen Radarfotos geht hervor, daß der vom Rechtsmittelwerber gelenkte PKW am Vorfallstag um 19.54 Uhr mit einer Geschwindigkeit von 159 km/h gemessen wurde. Laut Anzeige wurde unter Abzug der vorgesehenen Meßtoleranzen von 5 % eine tatsächliche gefahrene Geschwindigkeit von 151 km/h zugrundegelegt, wobei diese Geschwindigkeit auch Grundlage im Verwaltungsstrafverfahren war. Im Rahmen dieses Verfahrens legte der Rechtsmittelwerber eine Organstrafverfügung vor, aus der hervorgeht, daß von ihm eine Geldstrafe von 500 S wegen einer Geschwindigkeitsübertretung gemäß § 52 StVO in Ansfelden am 22. Juli 1997 um 19.55 Uhr vom Beamten der Autobahngendarmerie BI K eingehoben wurde. In seinem - im Rahmen der mündlichen Verhandlung verlesenen - Bericht vom 28. November 1997 bestätigte BI K, daß am 22. Juli 1997 ab 19.30 Uhr von der motorisierten Verkehrsstreife H auf der A Richtung S bei km Geschwindigkeitsmessungen mittels Lasergerät durchgeführt worden seien. Um 19.55 Uhr sei der PKW mit einer Geschwindigkeit zwischen 130 und 135 km/h gemessen und von ihm mit Organstrafverfügung vorgegangen worden. Zwischen dem Radargerät und dem Standort der Lasermessung lägen ca 5,5 km. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber ausgeführt, er könne sich zwar nicht mehr genau an die Umstände erinnern, wisse aber noch, daß ihm ein Gendarmeriefahrzeug nachgefahren sei, das ihn aufgehalten habe, wobei ihm auch bewußt gewesen sei, daß er etwas zu schnell gewesen sei. Er sei nach der Ausfahrt W am ersten Parkplatz auf dem Berg angehalten worden, wobei ihm BI K mitgeteilt habe, daß er die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges mit 134 km/h mittels Lasermeßgerät gemessen habe. Seiner Erinnerung nach sei das Gendarmeriefahrzeug bei der Ausfahrt der A gestanden und von dort sei die Nachfahrt erfolgt. BI K habe ihm eine Organstrafverfügung über 500 S ausgestellt und dabei auch die Vermutung geäußert, daß er möglicherweise auch beim stationären Radargerät ein Stück weiter vorne zu schnell gefahren und gemessen worden sein könnte. Er habe ihm empfohlen, die Organstrafverfügung aufzuheben, um einen Beweis zu haben, daß die Strafe bereits bezahlt sei. Der Rechtsmittelwerber hat betont, er habe im Bereich der 100-km/h-Beschränkung zwischen dem stationären Radargerät auf Höhe der Ausfahrt L und dem Standort des Gendarmeriefahrzeuges bei der Lasermessung sicher nie eine Geschwindigkeit im Bereich von 100 km/h eingehalten, zumal der die 100-km/h-Beschränkung einfach übersehen habe und von 130 km/h erlaubter Höchstgeschwindigkeit ausgegangen sei. Im Rahmen seines Gutachtens hat der Amtssachverständige ausgeführt, er habe die beiden von der Radarmeßstelle angefertigten Fotos beim LGK f auf einem Großbildschirm nachgemessen und eine Nachrechnung bezüglich der Geschwindigkeit durchgeführt, wobei sich ergeben habe, daß die Messung korrekt sei und auch der vom Rechtsmittelwerber gelenkte PKW gemessen worden sei. Gemäß den Verwendungsbestimmungen sei vom gemessenen Radarwert 5 % Toleranz, die sich aus 3 % Gerätetoleranz und 2 % Sicherheitsfaktor zusammensetze, abgezogen worden, was zur in der Anzeige angeführten Geschwindigkeit von 151 km/h geführt habe. Bei einer durchgehenden Geschwindigkeit von 150 km/h werde für eine Wegstrecke von 5 km eine Fahrzeit von 210 sec, dh etwa 3,5 min benötigt. Die beiden Messungen seien laut Akteninhalt im Abstand von 1 min durchgeführt worden, was aus technischer Sicht nicht nachvollzogen werden könne. Das Beweisverfahren hat eindeutig und zweifelsfrei ergeben, daß der Rechtsmittelwerber die Wegstrecke zwischen dem stationären Radargerät und dem Standort des Gendarmeriefahrzeuges bei der Lasermessung durch BI K bzw bis zur Anhaltung auf dem nächsten Autobahnparkplatz in einem Zug durchfahren hat. Glaubwürdig ist auch seine Aussage, daß er nie im Bereich einer Geschwindigkeit von 100 km/h gefahren ist, sondern immer eine darüberliegende Geschwindigkeit eingehalten hat, weil er die entsprechenden Vorschriftszeichen übersehen hat. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 52a Z10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Das durchgeführte Beweisverfahren hat eindeutig und zweifelsfrei ergeben, daß die bei km der A in Fahrtrichtung S durchgeführte Radarmessung ordnungsgemäß durchgeführt wurde und auch auf den vom Rechtsmittelwerber gelenkten PKW zu beziehen ist. Die Toleranzabzüge entsprechen den Verwendungsbestimmungen des Gerätes, sodaß ein tatsächlicher Wert von 151 km/h dem Tatvorwurf zugrundezulegen ist. Bei km der A in Fahrtrichtung S, etwa auf Höhe der Ausfahrt der A H, befand sich zur selben Zeit der Standort einer Zivilstreife und wurde von dort aus die Geschwindigkeit des vom Rechtsmittelwerber gelenkten PKW mit etwa 134 km/h gemessen. Die von BI K ausgestellte Organstrafverfügung ist insofern in Rechtskraft erwachsen, als eine Übertretung gemäß § 52a Z10a StVO 1960, begangen am 22. Juli 1997 um 19.55 Uhr auf der A im Bereich A, als gegeben anzunehmen ist, wobei eine Strafe von 500 S verhängt wurde, die auch an Ort und Stelle bezahlt wurde. Die Organstrafverfügung gehört somit bereits dem Rechtsbestand an. Geht man davon aus, daß die Lasermessung etwa von der Ausfahrt der Autobahngendarmerie aus durchgeführt wurde, wobei Lasermeßgeräte auf eine Meßentfernung bis 500 m zugelassen sind, so verbleibt zwischen dem stationären Radargerät und dem Meßort bezüglich der Lasermessung eine Strecke von etwa 5 km, die vom Rechtsmittelwerber in etwa 1 min durchfahren worden sein soll. Bedenkt man jedoch, daß die Lasermessung nur auf der Grundlage der Organstrafverfügung vom durchführenden Beamten dokumentiert wurde und keine genauen technischen Daten, insbesondere auch nicht über den genauen Zeitpunkt des Meßvorganges, vorliegen, so ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, daß die Tatzeit bezüglich der Organstrafverfügung von BI K im nachhinein geschätzt und in etwa auf der Organstrafverfügung mit 19.55 Uhr vermerkt wurde. Daraus folgt aber, daß die in der Organstrafverfügung genannte Tatzeit nur als ca-Wert zu betrachten ist, zumal eine Wegstrecke von 5 km auch bei einer Geschwindigkeit von 150 km/h nur in 3,5 min, dh unter Zugrundelegung einer langsamen Verzögerung, zB von 151 auf 134 km/h, in noch längerer Zeit zu durchfahren ist.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht aber zweifelsfrei fest, daß die Fahrt von der stationären Radaranlage, bei der eine Geschwindigkeit von 151 km/h eingehalten wurde, bis zum Meßort bezüglich der Lasermessung, bei der eine Geschwindigkeit von etwa 134 km/h eingehalten wurde, in einem Zug erfolgt ist, wobei auf der gesamten Wegstrecke eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit gemäß § 52a Z10a StVO auf 100 km/h besteht.

Die Vorschriftszeichen gemäß § 52a Z10a StVO sind deutlich sichtbar am kurz nach der Kuppe des E Berges und auch in dessen Abwärts-Verlauf an beiden Seiten der Salzburger Richtungsfahrbahn der A angebracht. Bei Aufwendung der erforderlichen Aufmerksamkeit und Sorgfalt hätte der Rechtsmittelwerber diese Vorschriftszeichen jedenfalls bemerken müssen. Seine Aussage, er sei der Meinung gewesen, hier sei die auf Autobahnen übliche Geschwindigkeit von 130 km/h erlaubt, ist angesichts der tatsächlich eingehaltenen Geschwindigkeit von 151 km/h insofern bedenklich, als eher eine eklatante Gleichgültigkeit des Rechtsmittelwerbers gegenüber solchen Geschwindigkeitsbestimmungen anzunehmen ist. Für den unabhängigen Verwaltungssenat läßt eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 % bzw selbst bei Übersehen der 100-km/h-Beschränkung unter Zugrundelegung der auf Autobahnen erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h eine Überschreitung von 21 km/h den Schluß auf eine vorsätzliche Begehung im Sinne von dolus eventualis zu - dazu genügt es gemäß § 5 Abs.1 StGB, daß der Täter diese Verwirklichung eines Sachverhalts, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Es war daher davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber den ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, wobei iZm der ihm in der Organstrafverfügung zur Last gelegten Übertretung von einem fortgesetzten Delikt gemäß § 52a Z10a StVO 1960 auszugehen ist. Aus diesem Grund war der Schuldspruch gemäß § 44a Z1 VStG entsprechend zu korrigieren.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß für ein fortgesetztes Delikt eine einzige Strafe zu verhängen ist. Mit der in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 500 S verhängt und sofort eingehoben. Der Ausspruch einer weiteren Strafe für dieselbe Übertretung in Form des fortgesetzten Delikts war daher nicht mehr zulässig, sodaß der Strafausspruch des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses zu beheben war.

zu II.: Der Ausspruch über den Entfall des Verfahrenskostenersatzes ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab das Vorliegen eines fortgesetzten Delikts (2 x Geschwindigkeitsüberschreitung an 2 Meßstellen innerhalb 100 km/h - Beschränkung). Für 2. Überschreitung wurde Organmandat von 500 S rechskräftig verhängt -> Spruch bestätigt als fortgesetztes Delikt, Organmandat-Strafe konsumiert Strafe wegen 2. Überschreitung; Strafausspruch entfällt + Verfahrenskostenersatz entfällt.

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