Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105304/8/Sch/Rd

Linz, 29.05.1998

VwSen-105304/8/Sch/Rd Linz, am 29. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Dr. Schön; Beisitzer: Mag. Gallnbrunner) über die Berufung des J vom 27. Februar 1998, vertreten durch die Rechtsanwälte, gegen Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 2. Februar 1998, VerkR96-1491-1997-Pre, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 5. Mai 1998 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 2.400 S (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 2. Februar 1998, VerkR96-1491-1997-Pre, über Herrn J, ua wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen verhängt, weil er am 8. März 1997 um ca. 18.00 Uhr den PKW, Citroen X1, silber lackiert, mit dem Kennzeichen, mit einem schweren Anhänger der Marke "Spitzer" mit dem Kennzeichen auf der Verbindungsstraße (Gemeindestraße) "Kirchberg-Sauldorf" im Ortsgebiet von Sauldorf in Richtung Sauldorfer Bezirksstraße (1046) bis Straßenkilometer 2,590 gelenkt und sich am 8. März 1997 um 18.26 Uhr im Ortsgebiet von Sauldorf bei Straßenkilometer 2,590 gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert habe, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet habe werden können, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe (Faktum 1). Überdies wurde der Berufungswerber zu einem diesbezüglichen Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.200 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Strafbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Der Berufungswerber bestreitet weder das Vorhandensein von Alkoholisierungssymptomen noch den Umstand, daß er ein Fahrzeug gelenkt hat. Er vermeint aber, daß er nicht im Sinne des § 5 Abs.2 StVO 1960, sondern nach § 5 Abs.4 StVO 1960 hätte aufgefordert werden müssen. Dies deshalb, da am Unfallort kein Alkomat zur Verfügung gestanden sei und er daher auf den nächstgelegenen Gendarmerieposten mit einem solchen Gerät hätte verbracht werden müssen. Wäre er dazu aufgefordert worden, hätte er dieser Aufforderung Folge geleistet.

Der Berufungswerber wurde vom Meldungsleger am Unfallort zum Alkotest aufgefordert, hat aber die Untersuchung verweigert. Durch diese Verweigerung hat er deutlich zum Ausdruck gebracht, zu einer solchen Untersuchung nicht bereit zu sein, und zwar wo auch immer die Untersuchung stattgefunden hätte. Es kann daher dem Berufungswerber nicht beigepflichtet werden, daß sogleich eine Aufforderung gemäß § 5 Abs.4 StVO 1960 erfolgen hätte müssen. Die Aufforderung im Sinne des § 5 Abs.2 leg.cit. drückt das Begehren aus, daß eine Alkomatuntersuchung durchzuführen ist. Wird der Aufforderung nicht entsprochen, so ist der Tatbestand der Verweigerung der Untersuchung verwirklicht.

Anders würde sich der Fall dann darstellen, wenn der Berufungswerber zur Alkomatuntersuchung bereitgewesen wäre, sich aber geweigert hätte, zum nächstgelegenen Gendarmerieposten mit Alkomaten mitzufahren. Dann könnte von einer generellen Verweigerung wohl nicht die Rede sein, sondern wäre von einer Übertretung des § 99 Abs.1 lit.b zweite Alternative StVO 1960 auszugehen.

Abgesehen davon ist diese Rechtsfrage im vorliegenden Fall ohnedies nicht entscheidungsrelevant. Wie der anläßlich der oben angeführten Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger glaubwürdig und vom Berufungswerber unwidersprochen ausgeführt hat, habe er zum Zwecke der Durchführung der Alkomatuntersuchung an Ort und Stelle einen Alkomaten von einem nahegelegenen Gendarmerieposten herbeigeordert. Es wäre also vorgesehen gewesen, die Untersuchung nicht auf einer Gendarmeriedienststelle, sondern eben direkt an der Unfallstelle durchzuführen. Nachdem aber die Verweigerung des Berufungswerbers offenkundig war, hat der Meldungsleger von der bereits erfolgten Veranlassung der Herbeischaffung eines solchen Gerätes wiederum Abstand genommen. Zu den vom Rechtsmittelwerber anläßlich der Berufungsverhandlung vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Teile der §§ 5 Abs.2 bzw 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 ist zu bemerken, daß diese vom O.ö. Verwaltungssenat nicht geteilt werden. Der vom Berufungswerber angezogene Vergleich mit den §§ 5 Abs.6 bzw 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 sowie § 103 Abs.2 KFG 1967, die (zum Teil) in Verfassungsrang stehen, vermag nicht zu überzeugen. Anders als bei diesen Bestimmungen geht es nach Ansicht des O.ö. Verwaltungssenates bei einer Aufforderung nach § 5 Abs.2 StVO 1960 zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt keinesfalls um einen Eingriff in die körperliche Integrität wie bei einer solchen nach § 5 Abs.6 (§ 99 Abs.1 lit.c) leg.cit. Auch kann nicht davon die Rede sein, daß sich ein dermaßen Aufgeforderter durch die Verpflichtung, sich einer Alkomatuntersuchung zu unterziehen, damit selbst bezichtigen muß, also das Anklageprinzip im Sinne des Art. 90 Abs.2 BVG verletzt wäre. Dies deshalb nicht, weil ja vorerst nur die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung vorliegt und erst das Ergebnis der Untersuchung die Beeinträchtigung im rechtlichen Sinne bestätigt oder nicht. Die Folgen einer Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 gehen dagegen wesentlich weiter, da der Zulassungsbesitzer, wenn er keine andere Person als sich selbst als Lenker benennen kann, durch die Nennung der eigenen Person faktisch sich als Täter - Grund für entsprechende Aufforderungen sind in der Regel mit dem Fahrzeug des Zulassungsbesitzers begangene Verstöße - zu deklarieren hat.

Auch liegt entgegen der Ansicht des Berufungswerbers kein Fall einer Doppelbestrafung vor. Das Gericht hat den Berufungswerber wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung ohne Annahme einer Alkoholbeeinträchtigung rechtskräftigt verurteilt. Die Frage der Alkoholbeeinträchtigung war vom Gericht geprüft, aber letztlich verneint worden. Damit ist aber keinerlei Aussage darüber getroffen worden, ob eine Aufforderung nach § 5 Abs.2 StVO 1960 erfolgt bzw vom Berufungswerber die Untersuchung durchgeführt oder verweigert wurde. Die Verweigerung der Alkomatuntersuchung stellt ein reines Ungehorsamsdelikt dar und hat mit der Frage, ob eine Person tatsächlich alkoholbeeinträchtigt ist oder nicht, nichts zu tun.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers ist die Bestimmung des § 100 Abs.2 StVO 1960 keinesfalls inhaltsleer, sondern als Ausnahmeregelung zu § 22 Abs.1 VStG zu verstehen. Der Gesetzgeber wollte offenkundig nicht, daß bei Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs.1 lit.a bis c StVO 1960 das Kumulationsprinzip Anwendung findet.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß es durch alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen kommt. Solche Lenker stellen daher häufig nicht nur eine abstrakte, sondern eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.

Es besteht sohin ein beträchtliches öffentliches Interesse daran, umgehend feststellen zu können, ob sich ein Fahrzeuglenker tatsächlich in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befindet oder nicht. Diesem Beweissicherungszweck dient die Bestimmung des § 5 Abs.2 StVO 1960. Wie der Berufungswerber selbst erkennt, sind Ausführungen bzw Mutmaßungen zum vorgelegenen Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung bei einer Übertretung des § 5 Abs.2 StVO 1960 ohne Bedeutung. Dies gilt allerdings nicht nur für die Schuldfrage, sondern auch im Zusammenhang mit der Strafbemessung. Der Unrechtsgehalt einer solchen Übertretung liegt bekanntlich in der Verweigerung an sich, was etwa auch bedeutet, daß eine nachgewiesene Minderalkoholisierung bei der Strafbemessung keine Rolle spielen kann.

Erschwerungsgründe waren nicht gegeben, der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde berücksichtigt. Ein Anwendungsfall des § 20 VStG lag nicht vor. Den im angefochtenen Straferkenntnis angenommenen persönlichen Verhältnissen wurde auch in der Berufung nicht entgegengetreten. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Berufungswerber als Landwirt in der Lage sein wird, die Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung, allenfalls im Ratenwege, zu bezahlen.

Abschließend wird noch bemerkt, daß auf die Ausführungen in der Berufung im Zusammenhang mit einer behaupteten Behördenpraxis im Hinblick auf die Strafhöhen bei Übertretungen der obigen Bestimmung nicht näher einzugehen war, da es auf eine solche keinen Anspruch geben kann. Im übrigen deckt sich das Berufungsvorbringen nicht mit den Erfahrungen des O.ö. Verwaltungssenates. Hinsichtlich Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses ist aufgrund der Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes des O.ö. Verwaltungssenates eine gesonderte Entscheidung ergangen.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 29.02.2000, Zl.: B 1233/98

 

 

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