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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105308/2/Ga/Fb

Linz, 29.03.1999

 

VwSen-105308/2/Ga/Fb Linz, am 29. März 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J M, vertreten durch DDr. K R H, Rechtsanwalt in B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. Jänner 1998, VerkR96-5009-1997-Pre, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 51 Abs.1, 51c, 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 26. Juli 1997, gegen 12.15 Uhr, einen durch das Kennzeichen bestimmten Pkw auf der A Bundesstraße , von S kommend in Richtung B gelenkt und dabei ca auf Höhe des Strkm 32,0 (etwa 500 m vor der Abfahrt zur B Verbindungsstraße) einen gleichfalls durch das Kennzeichen bestimmten Pkw überholt und hiebei nach dem Überholvorgang den Fahrstreifen nach rechts gewechselt, ohne sich vorher überzeugt zu haben, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist, zumal der Lenker des überholten Fahrzeuges zum Abbremsen und Ablenken seines Fahrzeuges genötigt worden sei. Er habe dadurch § 11 Abs.1 StVO verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung hat der Oö. Verwal-tungssenat, nach Einsicht in den zu VerkR96-5009-1997-Pre ohne Gegenäußerung vorgelegten Strafakt, erwogen:

Der Berufungswerber stellt nicht in Abrede, zu der im Schuldspruch angege-benen Zeit den bezeichneten Pkw auf dem nämlichen Straßenabschnitt gelenkt zu haben. Er bestreitet jedoch das ihm angelastete vorschriftswidrige Fahrmanöver mit dem Vorbringen, es stünden sich zwei Aussagen - seine und die des (privaten) Anzeigers - gegenüber und es liege darin, daß die belangte Behörde jener des als Zeugen unter Wahrheitsverpflichtung vernommenen Anzeigers höheren Wahrheits-gehalt zubillige, lediglich eine Scheinbegründung. Es könne nämlich infolge von Feststellungsmängeln die Tat objektiv nicht bewiesen werden. Er sei unbescholten, kein Verkehrsrowdy und habe sich trotz seiner langjährigen Fahrpraxis im Straßen-verkehr nichts zuschulden kommen lassen. Verwunderlich sei es daher, daß seine bestreitenden Aussagen für nicht glaubwürdig erachtet worden seien.

Tatsächlich stützte die belangte Behörde den schließlichen Schuldspruch auf die Angaben des privaten Anzeigers, dem sie "mehr Glauben" habe schenken müssen, weil Zeugen aufgrund ihrer verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterlägen und bei deren Verletzung mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen müßten, hingegen den Beschuldigten keine derartigen Pflichten bzw Sanktionen träfen. Auch seien die Angaben des privaten Anzeigers schlüssig und nehme die belangte Behörde auch nicht an, daß der Anzeiger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig hätte belasten wollen. Auch habe der Anzeiger die Erschwernisse einer Anzeigeerstattung sowie einer späteren zeugenschaftlichen Einvernahme "anstandslos" auf sich genommen, woraus zu schließen gewesen sei, daß seine Angaben den Tatsachen entsprechen. Es sei daher an der Richtigkeit der in Rede stehenden Angaben sowie jener der Zeugin nicht zu zweifeln gewesen, weshalb nach freier Beweiswürdigung auf diese Angaben der Schuldspruch habe gestützt werden müssen.

Diese Eindeutigkeit aber, mit der die belangte Behörde im Berufungsfall zum Ergebnis gelangt, daß der als Fehlverhalten des Berufungswerbers angelastete Lebenssachverhalt - ohne jeden Zweifel - auch objektiv so und nicht anders stattgefunden habe, wie vom Anzeiger geschildert und von ihm als Zeugen als richtig bestätigt, sieht der Oö. Verwaltungssenat - nach Abwägung der belastenden Angaben des Anzeigers (denen sich die gleichfalls zeugenschaftlich vernommene Ehefrau des Anzeigers ohne eigene Schilderung nur angeschlossen hat) mit der Verantwortung des Berufungswerbers - nicht.

So ist auffallend, daß der Vorfall am Tattag um 12.15 Uhr stattgefunden haben soll, die Anzeige hingegen erst um 18.55 Uhr beim GPK R erfolgte. Dieser Umstand blieb von der belangten Behörde unerörtert. Es entspricht aber der Lebenserfahrung, daß die exakte Wiedergabe objektiver Abläufe aus dem subjektiven Erleben durch Zeitablauf - hier immerhin von Mittag bis zum Abend - aus mannigfaltigen Gründen Beeinträchtigungen, und sei es auch bloß in Nuancen, erleiden kann. Davon ausgehend ist der Oö. Verwaltungssenat der Ansicht, daß der Genauigkeit im Sinne von objektiver Richtigkeit in der Darstellung von Sinneswahrnehmungen in der Regel mehr Gewicht beizumessen ist, je rascher die Anzeige auf den Wahrnehmungsprozess folgt.

Unerörtert in der Beweiswürdigung der belangten Behörde aber blieb auch, aus welchen äußeren oder inneren Gründen der Berufungswerber den Pkw des Anzeigers überholt und sogleich - 500 m (!) vor der Kreuzung - in einer den Anzeiger zum scharfen Abbremsen und zum Ablenken nach rechts bis knapp an die Leit-schiene zwingenden Weise wieder auf den "rechten Fahrbahnbereich" (und nicht: rechten "Fahrstreifen", wie im angefochtenen Schuldspruch ungenau formuliert) gelenkt haben soll. Immerhin handelt es sich bei diesem so geschilderten Ablauf um ein auffälliges, keinesfalls als Regelfall zu wertendes Verkehrsverhalten, das der Anzeiger selbst als "äußerst unverständlich" bezeichnete, weil die "Fahrbahn in diesem Bereich äußerst breit ist und auch kein Gegenverkehr kam, der ein solches Fahrmanöver eventuell gerechtfertigt hätte". Auch sonst können dem vorgelegten Strafakt keine Hinweise zur Erklärung bzw über die Erörterung der Ungewöhnlichkeit dieses Verhaltens gefunden werden. Ebensowenig gibt es Anhaltspunkte dafür, daß der Berufungswerber noch während oder nach dem Überholvorgang seinen Pkw, der doch eine höhere Geschwindigkeit gehabt haben muß als der Pkw des Anzeigers, etwa gebremst und (auch) dadurch den Anzeiger zum "scharfen" Abbremsen gezwungen haben könnte.

Aus allen diesen Gründen kann der Oö. Verwaltungssenat nicht finden, daß dem Berufungswerber mit seiner, von ihm auch schon im strafbehördlichen Ermittlungs-verfahren so vorgetragenen, verräterische Widersprüche oder Ungereimtheiten nicht enthaltenden Verantwortung jenes entscheidende Maß weniger Glaubwürdigkeit (als dem Anzeiger) zukäme, das die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit ohne jeden Zweifel hätte rechtfertigen können.

Eine Beweiswiederholung im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhand-lung hält der Oö. Verwaltungssenat nach Lage des Falles für weder geboten noch aussichtsreich (im Sinne einer Bestätigung des Schuldspruchs).

Zusammenfassend stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, daß nach durchge-führter Beweiswürdigung an dem dem Berufungswerber zur Last gelegten Tatver-halten solche Zweifel bestehen, daß der Schuldspruch aufzuheben und das Ver-fahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

Dieses Verfahrensergebnis hat auch den Wegfall der Kostenpflicht des Berufungswerbers zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung: Beweiswürdigung; Privatanzeige

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