Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105309/2/BI/FB

Linz, 12.03.1998

VwSen-105309/2/BI/FB Linz, am 12. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, P, S, vertreten durch RAe Dr. F H & Partner, F, V, vom 10. Februar 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. Februar 1998, VerkR96-7935-1997, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Schuldspruch des Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt wird, daß der Satz "Sie haben am 9.6.1997 fälschlich die Auskunft erteilt, daß M M, M, W, der Lenker war." zu entfallen hat; die Geldstrafe wird jedoch auf 1.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 150 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 2.000 S (72 Stunden EFS) verhängt, weil er als die von der Zulassungsbesitzerin M S, G, C, namhaft gemachte Auskunftsperson trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Mai 1997, VerkR96-7935-1997, (zugestellt am 2. Juni 1997) nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer den PKW am 12. November 1996 um 16.09 Uhr gelenkt habe. Er habe am 9. Juni 1997 fälschlich die Auskunft erteilt, daß M M, M, W, der Lenker gewesen sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 200 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, die Erstinstanz gehe von einem falschen Sachverhalt aus, weil unrichtig sei, daß ein Beschuldigter gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 verpflichtet sei, der Behörde den tatsächlichen Lenker bekanntzugeben. Er habe lediglich bekanntzugeben, wer ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt verwendet habe. Dieser Verpflichtung sei er richtigerweise nachgekommen, da er mit 9. Juni 1997 bekanntgegeben habe, daß er das Fahrzeug Herrn M M überlassen habe. Die Erstinstanz habe diese Äußerung auch richtig verstanden, da Herr M bei der Bundespolizeidirektion Wien zeugenschaftlich vernommen worden sei, ob er das Fahrzeug tatsächlich in Verwendung hatte. Dieser habe geantwortet, er habe das Fahrzeug in Verwendung gehabt, könne aber nicht sagen, welcher seiner Mitarbeiter wieder nach Wien gefahren sei. Wenn jemand zu bestrafen sei, so sei dies ausschließlich Herr M, da dieser offensichtlich eine richtige Auskunft nicht mehr erteilen könne. Er beantragt daher die Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der Lenker des PKW zur Anzeige gebracht wurde, weil er am 12. November 1996 um 16.09 Uhr auf der A, A im Gemeindegebiet P, in Richtung L fahrend, anstelle der dort erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h eine solche von 138 km/h eingehalten habe. Nach den in den Verwendungsbestimmungen für das Radargerät Multanova 6FA, Nr. 1075, vorgesehenen Toleranzabzügen wurde eine Geschwindigkeit von 131 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Die Zulassungsbesitzerin M S teilte im Einspruch gegen die Strafverfügung mit 18. März 1997 mit, sie sei nicht die Lenkerin des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen, sondern habe diesen ihrem Gatten W S, P, S, zur Verfügung gestellt. Dieser bestritt im Einspruch gegen die Strafverfügung mit 14. Mai 1997 das Fahrzeug selbst gelenkt zu haben, sodaß an ihn mit Schreiben der Erstinstanz vom 26. Mai 1997 die Aufforderung erging, als die von der Zulassungsbesitzerin M S namhaft gemachte Auskunftsperson gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mitzuteilen, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen am 12. November 1996 um 16.09 Uhr gelenkt/verwendet habe. Dabei wurde auf die Geschwindigkeitsüberschreitung auf der A, P, Richtung L, bei ABkm Rampe , ebenso hingewiesen, wie darauf, daß das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Dieses Schreiben wurde vom Rechtsmittelwerber am 2. Juni 1997 eigenhändig übernommen. Mit Schreiben vom 9. Juni 1997 erteilte der Rechtsmittelwerber die Auskunft: "Bezugnehmend auf Ihre Lenkerauskunft teile ich Ihnen mit, daß ich am 12. November 1996 das KFZ, Kennzeichen , Herrn M M, M, W, überlassen habe". M M wurde am 16. Oktober 1997 in W zeugenschaftlich einvernommen und gab an, er selbst habe zum Vorfallszeitpunkt das Fahrzeug nicht in Betrieb gehabt. Er besitze einen Autohandel wie Herr S, wobei beide miteinander permanent in Geschäftsbeziehung stünden und es daher durchaus möglich sei, daß einer seiner Mitarbeiter, nachdem er einen PKW von W nach S zugestellt habe, danach mit dem PKW Richtung W gefahren sei. Wer der Lenker des PKW zum Tatzeitpunkt gewesen sei, könne er nicht sagen. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Im gegenständlichen Fall hat die Zulassungsbesitzerin glaubwürdig und nachvollziehbar bestätigt, sie habe den genannten PKW zum Vorfallszeitpunkt ihrem Gatten zur Verfügung gestellt. Der Rechtsmittelwerber war daher Auskunftsperson der Zulassungsbesitzerin, wobei schon aus dem Wortlaut der oben zitierten Bestimmung deutlich wird, daß die Auskunftsperson letztendlich verpflichtet ist, der Behörde die tatsächliche Auskunft darüber zu erteilen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder verwendet hat. Schon die Formulierung der Gesetzesbestimmung schließt daher aus, daß eine Auskunftsperson erneut eine weitere Auskunftsperson angibt, die die Auskunft (möglicherweise) erteilen kann.

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde diese jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die aufgrund einer behördlichen Anfrage nach § 103 KFG erteilte Auskunft darf daher nicht in sich widersprüchlich oder unklar sein (vgl VwGH v 18. November 1992, 91/03/0294 ua). Die Auskunft des Rechtsmittelwerbers vom 9. Juni 1997 bezog sich hingegen nicht auf die Anfrage - dort wurde nämlich nach dem Lenker/Verwender des PKW am 12. November 1996 um 16.09 Uhr gefragt, sondern umfaßte lediglich die Mitteilung, das genannte Kraftfahrzeug sei am 12. November 1996 - ohne jede Zeitangabe, daher offenbar den ganzen Tag über - Herrn M M überlassen worden. Eine derartige Mitteilung entspricht aber nicht dem mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang stehenden Auskunftsverlangen der Erstinstanz, zumal der Rechtsmittelwerber nie behauptet hat, daß M M das Fahrzeug am genannten Tag um 16.09 Uhr tatsächlich selbst gelenkt hätte. Eine solche Behauptung hat auch Herr M nie aufgestellt, wobei für die Behörde keinerlei Handhabe bestand, vom Zeugen M den tatsächlichen Lenker zu erfahren, weil dieser weder Zulassungsbesitzer des genannten PKW noch Auskunftsperson der Zulassungsbesitzerin war.

Die Verpflichtung zur Lenkerauskunft blieb daher eindeutig und zweifelsfrei beim Rechtsmittelwerber, und dieser hat im Schreiben vom 9. Juni 1997 die gewünschte Auskunft nicht erteilt. Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Die Spruchkorrektur erfolgte deshalb, weil der Rechtsmittelwerber eben nie behauptet hat, daß Herr M M der Lenker des angeführten PKW zum angefragten Zeitpunkt gewesen sei. Zur Strafbemessung ist auszuführen: Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, daß die Erstinstanz den Umstand als erschwerend gewertet hat, daß durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers die Ahndung der der Lenkeranfrage zugrundeliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung vereitelt wurde. Dieser Ansicht vermag sich der unabhängige Verwaltungssenat deshalb nicht anzuschließen, weil gerade der Unrechtsgehalt einer Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 darin besteht, daß der Auskunftspflichtige den zu verfolgenden Lenker nicht bekanntgegeben hat. Dieser Umstand kann deshalb nicht als straferschwerend berücksichtigt werden, weil dies einer verbotenen Doppelverwertung gleichkäme. Aus diesem Grund war die von der Erstinstanz verhängte Strafe geringfügig herabzusetzen. Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Diese wurden mit 25.000 S monatlich und dem Nichtbestehen von Sorgepflichten und Vermögen angenommen, wobei der Rechtsmittelwerber nicht widersprochen hat, sodaß diese Schätzung auch der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt wird. Erschwerungs- oder Milderungsgründe waren nicht zu finden. Die Strafe liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (§ 134 Abs.1 KFG 1967 sieht Geldstrafen bis 30.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen bis zu sechs Wochen vor) und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der Bestimmungen über die Lenkerauskunft anhalten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Daß das Verhalten des Bw die Ahndung der der Lenkeranfrage zugrundeliegenden Übertretung verhindert hat, wird vom Unrechtsgehalt des § 103 Abs.2 KFG erfaßt und ist nicht als straferschwerender Umstand zu werten (Doppelverwertungsverbot); wird jemand als Auskunftsperson des Zulassungsbesitzers zur Lenkerauskunft aufgefordert, ist er verpflichtet, den Lenker zu nennen und darf nicht erneut eine Auskunftsperson benennen.

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