Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105311/19/Ki/Shn

Linz, 18.12.1998

VwSen-105311/19/Ki/Shn Linz, am 18. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Markus W, vom 3. Februar 1998 gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 15. Jänner 1998, VerkR96-8176-1997, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. November 1998 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 4.000 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 96 Stunden herabgesetzt wird. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 400 S herabgesetzt. Der Beitrag zu den Kosten vor dem Oö. Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 15. Jänner 1998, VerkR96-8176-1997, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt, weil er am 2.5.1997 um 16.24 Uhr das Motorrad auf der Kobernaußer-Landesstraße in Fahrtrichtung Höcken gelenkt hat, wobei er im Gemeindegebiet von Pöndorf bei Km 6,909 die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 63 km/h überschritten hat. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 700 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob durch den ausgewiesenen Vertreter gegen dieses Straferkenntnis am 3. Februar 1998 Berufung mit dem Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge seiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 15.1.1998 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im Bereich des vorgeworfenen Tatortes am 5. November 1998. Durch die Erstbehörde wurde in der Folge noch eine Kopie des Typengenehmigungsbescheides für das tatgegenständliche Kraftfahrzeug vorgelegt.

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Frankenmarkt vom 7. Mai 1997 zugrunde, wonach der Bw zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt im Bereich des gegenständlichen Tatortes mit dem Motorrad, Ducati, Kennzeichen, als Lenker dieses Fahrzeuges die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 63 km/h überschritten hat. Eine weitere Anzeige selben Datums richtet sich gegen Harald M (siehe VwSen-105461). Dieser habe zum oben angeführten Zeitpunkt auf Höhe Kobernaußer-Landesstraße bei Strkm 7,002 mit dem Motorrad, Marke Ducati, Kennzeichen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 61 km/h überschritten. Die Messungen wurden von dem Gendarmeriebeamten GI Klaus W vom Gendarmerieposten Frankenmarkt mit einem Laser-Meßgerät vorgenommen, der Meßstandort befand sich bei Strkm 6,614 der Kobernaußer-Landesstraße. Der Meldungsleger führte in der Anzeige an, daß er die Geschwindigkeit im Anfahren aus einer Entfernung von 245 m festgestellt habe. In einer späteren Stellungnahme am 8. Juni 1997 berichtigte der Meldungsleger die Entfernung dahingehend, daß tatsächlich die Entfernung 295 m betragen habe. Die in der Anzeige angeführte Entfernung sei vermutlich auf einen Tippfehler zurückzuführen. Tatsächlich ergebe sich als Tatort der Strkm 6,909. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat die Erstbehörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen. In der vorliegenden Berufung bemängelt der Rechtsmittelwerber, daß eine von ihm beantragte Einholung eines Gutachtens eines technischen Amtssachverständigen unterblieben sei. Er verweist weiters darauf, daß das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem gegen seinen Bekannten Harald M anhängigen Verfahren sei, auch in diesem Verfahren sei ausgeführt worden, daß bei den aktenkundigen Meßdistanzen die Messung von zwei in einem Abstand von 50 m hintereinander fahrenden Motorrädern mit diesem Geschwindigkeitsniveau nicht möglich sei. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat sich der Bw dahingehend gerechtfertigt, daß er nach dem Anhaltezeichen des Gendarmeriebeamten keine Vollbremsung sondern lediglich eine mittelmäßige Bremsung durchführen mußte. Bei dieser mittleren Betriebsbremsung mit einem Verzögerungswert von etwa 3,5 m/sec² betrage der Bremsweg schon 260 m. In der Berufung führt dazu der Rechtsmittelwerber weiters aus, daß selbst bei Einleitung einer Vollbremsung mit der maximal erreichbaren Verzögerung von 7,5 m/sec² allein der Bremsweg 205 m betrage. Unter Berücksichtigung des in der Reaktionssekunde zurückgelegten Weges von 55,5 m betrage somit der Bremsweg mehr als 260 m, wobei bei dieser Betrachtung noch außer Acht gelassen werde, daß der Gendarmeriebeamte entsprechende Zeit für das Weglegen des Lasergerätes, für das Betreten der Fahrbahn und für das Geben des Anhaltezeichens benötige. In Frage gestellt wird ferner, daß binnen zwei Sekunden zwei Motorräder unter Einhaltung der Bedienungsanleitung gemessen werden können.

Der Bw setzt sich ferner mit der Problematik einer Messung auf den Körper des Motorradlenkers auseinander und vertritt die Auffassung, daß im Hinblick auf die geringe Differenz des Meßwinkels zwischen den beiden Motorrädern aufgrund der gegebenen Streuung des Meßstrahles nicht mehr einwandfrei festgestellt werden konnte, welches der beiden Fahrzeuge tatsächlich gemessen wurde. Hinsichtlich Strafbemessung wurde auf ein Erkenntnis des Verwaltungssenates hingewiesen, wonach unter völlig identen Verhältnissen eine Geldstrafe von 4.000 S als angemessen angesehen wurde.

Bei der am 5. November 1998 durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung (die Verfahren gegen den Bw sowie gegen Harald M wurden zu einer Verhandlung verbunden) wurden die beiden Bw sowie als Zeuge der Meldungsleger einvernommen. An der Verhandlung nahm weiters ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger teil, welcher eine gutächtliche Beurteilung der gegenständlichen Meßvorgänge, insbesondere auch im Hinblick auf das Berufungsvorbringen in bezug auf die Verzögerung der Geschwindigkeit wegen der Anhaltung, vorgenommen hat. Beide Bw gaben übereinstimmend an, daß sie in einem Abstand von ca 50 m die tatgegenständliche Strecke befahren haben, Herr M sei vorangefahren. Beide hätten die Stelle, an welcher der Gendarmeriebeamte postiert war, bereits einmal in Fahrtrichtung Ried passiert. Bei einem Wirtshaus, das bald nach der Kurve liege, hätten sie umgekehrt und sie seien dann in die im Schuldspruch genannte Fahrtrichtung zurückgefahren. Daß eine Kontrolle gehalten werde, sei zunächst nicht aufgefallen. Es sei gelungen, vor dem Gendarmeriebeamten anzuhalten, eine Vollbremsung war dazu nicht erforderlich. Den technischen Unterlagen, wonach die Motorräder über eine Motorleistung von 80 PS verfügen würden, wurde widersprochen, laut Zulassungsschein würden beide Motorräder lediglich eine Leistung von 33 kw (ca 44 PS) haben. Der Meldungsleger führte bei seiner Einvernahme aus, daß es sich damals um eine Routinekontrolle gehandelt habe. Er habe sein Motorrad parallel zu der Straße direkt angrenzend an die Baumecke im Abstand von etwa 4,5 m zur Fahrbahn aufgestellt und sich links vom Motorrad mit dem Meßgerät aufgestellt. Bei den Messungen habe er das Gerät am Schirm vom Motorrad aufgelegt, um ein Verwackeln und dadurch Fehlmessungen zu vermeiden. Da von seinem Standort aus bis zur ca 900 m entfernten Kurve die Sicht frei sei, könne er ein Motorrad, das dort auftaucht, bereits geschwindigkeitsmäßig einschätzen. Das verwendete Lasergerät habe die Typenbezeichnung LT 20.20 TS/KM-E. Vor Beginn der Messungen mache er regelmäßig die vorgeschriebenen Null-Messungen und die anderen Verrichtungen zum Zwecke der vertikalen und horizontalen Zielerfassung. Das verwendete Lasergerät zeige sowohl Abstand und Geschwindigkeit nicht nur im Display des Meßgerätes sondern auch im Zielfernrohr an. Er habe zunächst das erste Fahrzeug gemessen, dabei sei die Geschwindigkeit im Display eingespielt worden. Er habe dann aber nicht absetzen müssen, sondern sofort auf die Entfernung (Meterangabe) umschalten können. Die Geschwindigkeit sowie die Entfernung vom erstgemessenen Fahrzeug habe er sich gemerkt und er habe gleich die zweite Messung durchgeführt. Bei der zweiten Messung habe er sich dann die Geschwindigkeit und Entfernung nicht mehr merken müssen, weil diese Daten im Gerät gespeichert waren. Er habe daraufhin das Gerät auf die Sitzbank des Motorrades abgelegt und sei auf die Straße in Richtung Fahrbahn hinausgetreten, um die Anhaltung durchzuführen. Beide Messungen wären relativ schnell vor sich gegangen, er traue sich zu, innerhalb von 3 sec zwei Motorradfahrer in einer Situation wie der gegenständlichen zu lasern. Bei Messungen von Motorrädern visiere er diese regelmäßig ganz vorne an, ein Anvisieren des Körpers schließe er eher aus, da dies sehr schwierig wäre, weil Motorradlenker ab höheren Geschwindigkeiten in der Regel sich auf dem Motorrad eher flach machen. Ihm sei jedoch bekannt, daß auch Messungen mit Körperanvisierung möglich wären.

Auf sein Haltezeichen hätte sich das Anhalten beider Motorräder völlig normal abgespielt und sie wären auch auf Höhe seines Standplatzes auf der anderen Fahrbahnseite zum Stehen gekommen. Zum Zeitpunkt der Messung seien beide Lenker etwas versetzt hintereinander gefahren, wären diese nicht in dieser Versetzung gefahren, hätte er nicht beide messen können. Bei der Annäherung vom ersten Ansichtigwerden bis zum Stehenbleiben sei ihm kein besonderes Motorgeräusch von beiden Motorrädern aufgefallen. Einem Vorhalt des Bw, daß zum Vorfallszeitpunkt das Dienstmotorrad nicht an der vom Zeugen angegebenen Stelle und auch nicht in der vom Zeugen beschriebenen Weise, sondern ca 3 m von dieser Stelle entfernt Richtung Waldgrundstück und nicht parallel zur Fahrtrichtung, sondern im rechten Winkel zur Fahrbahn abgestellt war, entgegnete der Meldungsleger, daß er diese Messungen an der gegenständlichen Stelle schon seit 4 Jahren durchführe und er das Motorrad immer an der von ihm angegebenen Stelle abstelle. Dies deswegen, weil die roten Streifen auf den Seiten des Motorrades nicht schon aus der Entfernung wahrgenommen werden können. Der Zeuge führte ferner aus, daß nach seiner Erinnerung beide Fahrer schon begonnen hätten, die Geschwindigkeit zu verringern, als er zur Fahrbahn hinausgetreten sei und nicht erst, als er das Handzeichen zum Anhalten gegeben habe.

Der beigezogene Sachverständige führte zunächst im Rahmen der Einvernahme der Bw aus, daß in Österreich Motorräder aufgrund der strengen Abgas- und Lärmbestimmungen meist mit in gedrosselter Version ausgeliefert würden. Es sei aber gang und gäbe, daß die eingebauten Drosseln entfernt werden oder Maßnahmen ergriffen werden, um die Leistungsstärke zu erhöhen. Diese Angaben würden sich aus ihm bekannt gewordenen Erfahrungen ergeben. Aus Erfahrungen von Ducatihändlern wisse er, daß die Leistungssteigerung bei Ducati-Motoren durch Änderungen der Auspuffanlage sowie des Vergasers bewirkt werden. Behördlich würden solche Änderungen deswegen nicht genehmigt werden, weil dadurch die kraftfahrrechtlichen Bestimmungen über Lautstärke und Abgasbestimmungen überschritten würden. In bezug auf das gestellte Beweisthema führte der Amtssachverständige aus, daß die maximalen Verzögerungen, die von geübten Fahrzeuglenkern mit Motorrädern auf trockener Fahrbahn erreicht werden, ca 9,5 m/sec² betragen würden. Es könne davon ausgegangen werden, daß auf trockener Fahrbahn bei einer mittelstarken Betriebsbremsung gut 6 m/sec² an Verzögerungen erreicht werden. Bei der Berechnung eines Bremsweges aus einer Geschwindigkeit von 163 km/h ergebe sich bei einer Verzögerung von 6 m/sec² ein Bremsweg von 171 m. Würde man bei der Berechnung des Anhalteweges eine Reaktionszeit von 0,8 sec, eine Bremsschwellzeit von 0,2 sec sowie eine Bremsansprechzeit von 0,2 sec, Zusammenverlustzeit von 1,2 sec in Rechnung stellen, so ergebe sich ein Anhalteweg von 225 m. Dies bedeute, daß es so, wenn das zweite Meßergebnis in einer Entfernung von 295 m gemessen wurde, zeitlich gesehen ohne weiteres möglich wäre, daß die beiden Lenker ihre Motorräder aufgrund der Entfernung beim Standort des Beamten zum Stillstand bringen konnten.

Auf einen Einwand des Rechtsvertreters, daß das gutachtliche Vorbringen aus der Sicht der Beschuldigten vom ungünstigsten Zeitpunkt ausgehe, nämlich vom Meßzeitpunkt, aber eigentlich doch vom Reaktionsaufforderungszeitpunkt für die Motorradlenker auszugehen sei, führte der Sachverständige aus, daß zwischen dem Meßzeitpunkt, also in einer Entfernung von 295 m und dem errechneten Bremsweg von 171 m eine Wegstrecke von 124 m liege, welche für die Reaktion bleibe. Diese 124 m lange Wegstrecke werde bei beigehaltener Geschwindigkeit, also ungebremst, in einer Zeit von 2,45 sec zurückgelegt. In dieser Zeit müsse sowohl der messende Beamte die beiden Motorradlenker dazu veranlaßt haben, damit sie ein Anhaltezeichen beachten und die Motorradlenker müssen innerhalb dieser Wegstrecke bzw des Zeitraumes auf die Anhaltung des Beamten reagieren können. Vom technischen Standpunkt erscheine diese Vorgangsweise möglich.

Auf einen weiteren Vorhalt des Rechtsfreundes, daß eine Verzögerung von 6 m/sec² keinem Mittelwert sondern einer starken Bremsung entspreche, entgegnete der Sachverständige, daß, wenn bei Motorrädern mit beiden Teilen der Betriebsanlage gebremst werde, Verzögerungswerte bei trockener Fahrbahn von 6 m/sec² relativ leicht zu erreichen wären.

In Stattgebung eines Beweisantrages wurden von der zuständigen Behörde die Zulassungsdaten der beiden in Rede stehenden Motorräder zum Stichtag 2. Mai 1997 eingeholt. In diesen Zulassungsunterlagen ist für beide Motorräder eine Motorleistung von je 33 kw bzw eine Bauartgeschwindigkeit von je 168 km/h vermerkt. In einer Stellungnahme zum Ergebnis des ergänzenden Ermittlungsverfahrens vom 27. November 1998 führte der Bw im Zusammenhang mit der in den Zulassungsdaten aufscheinenden geringen Motorleistung bzw Höchstgeschwindigkeit diverse technische Argumente gegen die Richtigkeit betreffend der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeit ins Treffen und brachte ergänzend vor, daß das verwendete Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmeßgerät nicht im Sinne der Richtlinie 83/189/EWG notifiziert sei. Das gewonnene Meßergebnis könne daher nicht als Grundlage einer Bestrafung herangezogen werden. I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Unstrittig steht fest, daß der Bw am 2. Mai 1997 um 16.24 Uhr im Bereich des vorgeworfenen Tatortes das verfahrensgegenständliche Motorrad gelenkt hat und daß die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges vom Meldungsleger mittels eines Lasermeßgerätes LTI 20.20 TS/KM-E gemessen wurde. Der Verkehrsgeschwindigkeitsmesser war zur Tatzeit iSd Maß- und Eichgesetzes geeicht. Der Stand- bzw Meßort des Meldungslegers war bei Strkm. 6,614 der Kobernaußer Landesstraße, die Geschwindigkeit wurde im Anfahren aus einer Entfernung von 295 m festgestellt. Dem entsprechend wurde der Bw auf Höhe des Strkm. 6,909 der Kobernaußer Landesstraße gemessen. Bei dieser Stelle handelt es sich um eine Freilandstraße an der gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geschwindigkeit von max. 100 km/h zulässig ist. Laut Anzeige des Gendarmeriepostens Frankenmarkt vom 7. Mai 1997 und der nachfolgenden im Verwaltungsstrafverfahren abgelegten Zeugenaussage des Meldungslegers wurde eine Geschwindigkeit von 168 km/h gemessen. Unter Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze wurde letztlich eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 63 km/h vorgeworfen.

Dazu wird zunächst festgestellt, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Laserverkehrsgeschwindigkeitsmesser grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung der Geschwindigkeit eines Fahrzeuges ist (vgl. VwGH 93/03/0238 vom 2.3.1994 u.a.).

Der Meldungsleger hat im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung nachvollziehbar den Meßvorgang geschildert und auch ausdrücklich erklärt, daß er vor Beginn der Messungen die laut Bedienungsanleitung vorgeschriebenen Kontrollen am Meßgerät durchgeführt hat. Weiters hat der Meldungsleger erklärt, daß er sich ohne weiteres zutraue, innerhalb von drei Sekunden zwei Motorradfahrer in einer Situation wie der hier beschriebenen zu messen. Dies insbesondere auch deshalb, als beim verwendeten Lasermeßgerät sowohl Abstand und Geschwindigkeit nicht nur im Display des Meßgerätes sondern auch im Zielfernrohr angezeigt werden. Die erkennende Berufungsbehörde gewann im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung den Eindruck, daß es sich beim Meldungsleger um einen versierten und kompetenten Gendarmeriebeamten handelt und es bestehen daher keine Bedenken, seine Aussage dem Verfahrensergebnis zugrundezulegen. Zu berücksichtigen ist, daß der Zeuge seine Aussage in Kenntnis allfälliger strafrechtlicher Konsequenzen einer falschen Zeugenaussage getätigt hat. Bedenken des Bw, daß er im Falle der ihm vorgeworfenen Geschwindigkeit sein Fahrzeug nach dem Anhaltezeichen des Gendarmeriebeamten nur durch eine Vollbremsung hätte zum Stillstand bringen können, werden durch die Aussagen des beigezogenen technischen Amtssachverständigen zerstreut, wonach zeitlich gesehen es ohne weiteres möglich gewesen wäre, daß die Lenker ihre Motorräder aufgrund der Entfernung beim Standort des Beamten durch eine mittelstarke Betriebsbremsung zum Stillstand bringen konnten. Bei einer Bremsung mit beiden Teilen der Betriebsbremsanlage eines Motorrades werden Verzögerungswerte bei trockener Fahrbahn - andere Fahrbahnverhältnisse wurden nicht eingewendet - von 6 m/sec² relativ leicht erreicht. Die erkennende Berufungsbehörde gelangt zur Auffassung, daß die gutächtlichen Aussagen des Amtssachverständigen schlüssig sind und nicht in Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehen, weshalb auch im Hinblick auf die Richtigkeit des Gutachtens keinerlei Bedenken bestehen. Der Berufungswerber als Beschuldigter konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle sind jedoch die Angaben des Meldungslegers - gestützt durch die Aussagen des technischen Amtssachverständigen - glaubwürdiger. Unter diesem Blickwinkel ist auch das Vorbringen des Bw, wonach das von ihm verwendete Motorrad lediglich eine Leistung von 33 kw aufgewiesen hat bzw daß mit dieser Leistung eine Höchstgeschwindigkeit im Bereich der verfahrensrelevanten Fahrstrecke nicht erreicht werden konnte, zu beurteilen. Daß laut Zulassungsunterlagen das verfahrensgegenständliche Motorrad lediglich eine Leistung von 33 kw aufgewiesen haben soll, ist verfahrensevident. Dazu hat der verkehrstechnische Amtssachverständige ausgeführt, daß in Österreich Motorräder aufgrund der strengen Abgas- und Lärmbestimmungen meist in gedrosselter Version ausgeliefert werden. Der Sachverständige hat aber auch dargelegt, daß es gang und gäbe sei, daß die eingebauten Drosseln entfernt werden oder Maßnahmen ergriffen werden, um die Leistungsstärke zu erhöhen. Diese Aussage deckt sich mit der allgemeinen Lebenserfahrung, zumal es kaum Schwierigkeiten bereitet, ursprünglich eingebaute Drosseln zu entfernen. Über Wunsch werden solche Maßnahmen auch von Werkstätten vorgenommen. Daß der Meldungsleger diesbezüglich nichts wahrgenommen hat, ist durchaus nachvollziehbar, hat sich dieser doch augenscheinlich vorwiegend auf die Feststellung der gemessenen Geschwindigkeit konzentriert bzw fehlte zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der unmittelbare Vergleich zwischen dem Original und dem offensichtlich geänderten Motorrad. Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß der Rechtfertigung des Bw eine ordnungsgemäße Messung der Geschwindigkeit mittels eines Lasermeßgerätes gegenübersteht, an deren Richtigkeit im vorliegenden konkreten Falle nicht gezweifelt wird. Der dem Bw vorgeworfene Sachverhalt wird daher seitens der erkennenden Berufungsbehörde objektiv als erwiesen angesehen und es sind auch in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) keine Gründe hervorgekommen, welche den Bw entlasten würden.

Was die Argumentation anbelangt, das Meßergebnis könne nicht als Grundlage der Bestrafung herangezogen werden, weil das gegenständlich in Verwendung gestandene Laserverkehrsgeschwindigkeitsmeßgerät nicht entsprechend der Richtlinie 83/189/EWG notifiziert ist, so ist auch mit dieser Argumentation nichts zu gewinnen. Aus der Rechtsprechung des EuGH kann abgeleitet werden, daß, selbst wenn die auf Geschwindigkeitsmesser anwendbaren nationalen Bestimmungen nicht notifiziert wurden, dies zwar einen Verfahrensfehler bei ihrem Erlaß darstellt, sodaß sie nicht anwendbar sind, soweit sie die Verwendung oder den Vertrieb eines mit diesen Vorschriften nicht konformen Produktes behindern; aber diese Unterlassung hat nicht zur Folge, daß jede Verwendung eines Produktes rechtswidrig ist, das mit den nicht mitgeteilten Vorschriften konform ist (RS.T-226/97 "Lemmens" vom 16.6.1998). In diesem Urteil, dem ein im übrigen praktisch parallel gelagerter Sachverhalt zugrundelag, ist der EuGH zu folgendem Schluß gelangt:

"Die Mißachtung der in Art. 8 der Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28.3.1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften festgelegten Verpflichtung, eine technische Vorschrift für Alkoholmeter mitzuteilen, hat nicht zur Folge, daß einem Angeklagten, dem Trunkenheit am Steuer vorgeworfen wird, der mit einem nach dieser Vorschrift zugelassenen Alkometer gewonnene Beweis nicht entgegengehalten werden kann." Diese Feststellung stellt außer Streit, daß ein Straferkenntnis aufgrund einer mit einem Geschwindigkeitsmesser festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung auch dann nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet ist, wenn die technischen Vorschriften, welchen das Gerät entspricht, (EG-)pflichtwidrig nicht als Entwurf notifiziert wurden. I.6. Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) wird festgestellt, daß die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich nicht nur eine abstrakte sondern oftmals auch eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt. Gerade die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit ist oftmals Ursache für schwerste Verkehrsunfälle. Aus diesem Grunde ist jedenfalls aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten.

Unbeschadet dessen vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Ansicht, daß auch mit der herabgesetzten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um den Bw künftighin zur Einhaltung der einschlägigen Vorschriften zu bewegen. Insbesondere der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit läßt diese Prognose zu und bildet einen wesentlichen Grund für die Herabsetzung der Strafe. Den von der Erstbehörde der Bestrafung zugrundegelegten persönlichen Verhältnissen des Bw wurde nicht entgegengetreten, sodaß sie auch der Berufungsentscheidung zugrundegelegt werden konnten. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: Nichtnotifizierung eines Lasermeßgerätes gem. EU-Normen steht einer Verwertung als Beweis im Verwaltungsstrafverfahren nicht entgegen.

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