Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105359/7/BI/FB

Linz, 15.12.1998

VwSen-105359/7/BI/FB Linz, am 15. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, M, O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E & Partner, S, M, vom 16. März 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 11. März 1998, VerkR96-7192-1997-Shw, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 17. September 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten sowohl hinsichtlich des Schuldspruchs als auch der verhängten Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt abgeändert wird: Im Punkt 1) wird die Wortfolge "bei Strkm 0,30" auf "im Bereich der Einfahrt zur ehemaligen S" und im Punkt 2) die Wortfolge "bei Strkm 0,020" auf "im Bereich der Zufahrt zur ehemaligen Tankstelle E" abgeändert, in beiden Punkten tritt nach der Wortfolge "durch ein Organ der Straßenaufsicht" der Klammerausdruck "(dieses schwenkte etwa einen Meter vom in Fahrtrichtung des Rechtsmittelwerbers gesehen rechten Fahrbahnrand stehend den rot beleuchteten Anhaltestab mit der rechten Hand auf und ab)" zu treten hat, wobei jeweils insofern keine Folge geleistet wurde, als der Rechtsmittelwerber in beiden Fällen ohne anzuhalten die Fahrt fortsetzte. Die Strafnorm wird in beiden Punkten auf § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 abgeändert.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz einen Betrag von 800 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 3, 19 VStG, §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1. und 2. je §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 2.000 S (72 Stunden EFS) verhängt, weil er 1. am 5. Oktober 1997 gegen 1.55 Uhr den PKW, Kennzeichen , auf der T Straße Nr. , Gemeindegebiet S, Bezirk Braunau/Inn, von O kommend in Richtung T gelenkt und bei Strkm 0,30 im Ortsgebiet T als Lenker eines Fahrzeuges der durch deutlich sichtbare Zeichen mittels einem rot beleuchteten Anhaltestab gegebenen Aufforderung zum Anhalten zwecks Lenkerkontrolle durch ein Organ der Straßenaufsicht keine Folge geleistet habe und 2. am 5. Oktober 1997 gegen 1.55 Uhr den PKW, Kennzeichen , auf der T Straße Nr. , Gemeindegebiet S, Bezirk Braunau/Inn, von O kommend in Richtung T gelenkt und bei Strkm 0,020 im Ortsgebiet T als Lenker eines Fahrzeuges der durch deutlich sichtbare Zeichen mittels einem rot beleuchteten Anhaltestab gegebenen Aufforderung zum Anhalten zwecks Lenkerkontrolle durch ein Organ der Straßenaufsicht keine Folge geleistet habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 400 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. September 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigtenvertreters Dr. P, der Behördenvertreterin Mag. S sowie des Zeugen RI S durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde von beiden Parteien verzichtet. 3. Der Rechtsmittelwerber macht unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geltend, ein auf § 97 Abs.5 gestützter Spruch habe eine Umschreibung dergestalt zu enthalten, daß der Fahrzeuglenker die Aufforderung eines Organs der Straßenaufsicht zum Anhalten als ein Rechtsakt individueller Natur keine Folge geleistet habe. Auch sei die Strafnorm mit § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 unrichtig; die heranzuziehende Strafbestimmung sei jene des § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960, weshalb die gegenständliche Bestrafung auch aus diesem Grund nicht gesetzmäßig sei.

Der Rechtsmittelwerber macht weiters unter Hinweis auf das Urteil des Landesgerichtes Ried/Innkreis vom 12. Dezember 1997, 8 EVr 861/97, mit dem er vom Vorwurf des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs.1 StGB freigesprochen wurde, geltend, er erachte sich durch die gegenständlichen Bestrafungen nicht nur in seinem verfassungsgesetzlichen Recht, keiner Doppelbestrafung unterzogen zu werden, für verletzt, sondern verstoßen diese Bestrafungen auch gegen die Norm des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960. Da die Erstinstanz zu Unrecht von der Geltung des Kumulationsprinzips ausgegangen sei, seien die beiden Bestrafungen unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR inhaltlich rechtswidrig. Er macht weiters geltend, das Nichtanhalten sei im gegenständlichen Fall nur ein Teilaspekt des Tatvorwurfs nach § 269 Abs.1 StGB gewesen. Das im Strafantrag als "Losfahren auf die Beamten" bezeichnete Fahrmanöver sei so zu verstehen, daß er entgegen dem ihm gegebenen Anhaltezeichen nicht bei den Beamten angehalten habe, wodurch diese ihren Standort auf dem Fahrbahnrand so verändert hätten, daß sie einen Schritt zum Fahrbahnrand zurückgegangen seien. Er habe nicht seine Fahrlinie zu den Beamten hin verändert, sondern sei unter geringfügigem Linksausweichen an diesen vorbeigefahren. Die Staatsanwaltschaft habe das Verlassen der Fahrbahn durch die Beamten als Folge einer gefährlichen Drohung gewertet und ihm das Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt zur Last gelegt. In der Verhandlung habe sich aber herausgestellt, daß dieses "Verlassen müssen" im Sinne des Strafantrages als "Beiseitetreten" zu verstehen gewesen sei und sein Fahrmanöver daher keine gefährliche Drohung dargestellt habe. Den beiden im Straferkenntnis formulierten Tatvorwürfen liege dasselbe Verhalten zugrunde, wobei aber im Spruchpunkt 2 die Kilometrierung insofern nicht richtig sei, als sich der Vorfall bei km 0,2 zugetragen habe. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, in dem sich auch das Urteil des Landesgerichtes Ried/Innkreis vom 12. Dezember 1997, 8 EVr 861/97, sowie die Einvernahmeprotokolle der Gendarmeriebeamten RI S, BI F und RI E befinden, sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört, RI S zeugenschaftlich einvernommen und ein Ortsaugenschein im Bereich des Ortes des zweiten Anhalteversuches (Punkt 2. des Straferkenntnisses) durchgeführt wurde.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich: Der Rechtsmittelwerber lenkte am 5. Oktober 1997 gegen 1.55 Uhr einen PKW , auf der T Straße Nr. von O kommend in Richtung T, wobei gleich nach dem Beginn des Ortsgebietes bei der Einfahrt zur ehemaligen Waage RI S im Zuge eines Planquadrats Anhaltungen durchführte. Er stand zu diesem Zweck etwa 1 m vom - in Fahrtrichtung des Rechtsmittelwerbers gesehen - rechten Fahrbahnrand entfernt und hatte einen rot beleuchteten Anhaltestab in der Hand, der so ausgeführt war, daß auf der Taschenlampe ein Aufsatz in Form eines Kegels aufgesteckt war, auf dem durch die Beleuchtung der Taschenlampe ein roter Pfeil sichtbar wurde. Er schwenkte den beleuchteten Anhaltestab auf den Rechtsmittelwerber gerichtet auf und ab und beabsichtigte, diesen im Bereich der Einfahrt zur ehemaligen Waage zwecks Lenkerkontrolle anzuhalten. Der Rechtsmittelwerber nahm den Anhalteversuch wahr, bezog ihn auch auf sich und deutete ihn auch als Anhalteversuch, entschloß sich aber nach eigenen Worten in einer Art Kurzschlußhandlung, dem Anhalteversuch nicht Folge zu leisten, sondern fuhr weiter Richtung Ortsmitte T. RI S trat, als er bemerkte, daß der Rechtsmittelwerber den PKW nicht anhalten würde, zum Fahrbahnrand zurück, las von hinten das Kennzeichen des PKW ab und gab über Funk an die im Bereich der ehemaligen Tankstelle E postierten Gendarmeriebeamten BI F und RI E die Meldung weiter, daß der Lenker des nach dem Kennzeichen bestimmten PKW trotz seines Anhalteversuches nicht angehalten habe, sondern weiter Richtung Ortsmitte fahre. Als sich der Rechtsmittelwerber dem Standort der beiden Gendarmeriebeamten näherte, gab ihm BI F mit einem gleichartig ausgerüsteten, rot beleuchteten Anhaltestab, den er in der rechten Hand auf und ab schwenkte, ebenfalls deutlich sichtbare Zeichen zum Anhalten, wobei er sich etwa 1 m vom rechten Fahrbahnrand entfernt auf dem rechten Fahrstreifen der T Straße befand. Der Rechtsmittelwerber verringerte daraufhin die Geschwindigkeit und blinkte rechts, sodaß BI F der Meinung war, er werde nun anhalten. Tatsächlich gab der Rechtsmittelwerber plötzlich Gas und fuhr weiter, weshalb BI F zum rechten Fahrbahnrand ging, um nicht in die Fahrlinie des PKW zu geraten. Etwa 3 m hinter ihm stand RI E, ebenfalls mit einer rot beleuchteten Taschenlampe, der ebenso zur Seite gehen mußte, weil der Rechtsmittelwerber weiterfuhr. Als RI E, der ebenfalls versucht hatte, den Rechtsmittelwerber durch Schwenken der Taschenlampe zum Anhalten zu bewegen, durch dessen Weiterfahrt gezwungen war, zum Fahrbahnrand zurückzugehen, entglitt ihm die Taschenlampe und fiel gegen die rechte Seite der Windschutzscheibe des vom Rechtsmittelwerber gelenkten PKW, der seine Fahrt trotzdem fortsetzte. Laut Anzeige konnte der Rechtsmittelwerber in dieser Nacht nicht mehr angetroffen werden, erschien jedoch am nächsten Nachmittag gegen 15.30 Uhr beim GP O, wo mit ihm ein Alkotest (Ergebnis von 0,0 mg/l AAG) durchgeführt wurde. Dem Rechtsmittelwerber wurde laut Strafantrag der Staatsanwaltschaft Ried vorgeworfen, er habe am 5. Oktober 1997 in T in drei Angriffen dadurch, daß er mit seinem PKW auf RI S, BI F und RI E, die im Begriff gestanden seien, eine Verkehrskontrolle vorzunehmen, losgefahren sei, sodaß die Beamten die Fahrbahn verlassen hätten müssen, Beamte durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung gehindert und hiedurch das Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs.1 StGB begangen und sei hiefür nach § 269 Abs.1 erster Strafsatz StGB zu bestrafen. Mit Urteil des Landesgerichtes Ried/Innkreis vom 12. Dezember 1997, 8 EVr 861/97, wurde der Rechtsmittelwerber von diesem Vorwurf mangels Schuldbeweis freigesprochen. Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen. Der Beschuldigtenvertreter hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Begründung für den Freispruch ausgeführt, das Gericht habe das objektive Tatbestandsmerkmal der gefährlichen Drohung im gegenständlichen Fall nicht für vorliegend erachtet, weil die Gendarmen nicht gezwungen gewesen seien, sich durch einen Sprung auf die Seite retten zu müssen, sondern diese seien erwiesenermaßen lediglich zur Seite gegangen. Bei der Verhandlung seien die drei Gendarmeriebeamten sowie der Zeuge T M einvernommen worden. Die Zeugenaussagen wurden nicht in Reinschrift übertragen; dem Gerichtsakt angeschlossen waren aber die Aussagen der drei Gendarmeriebeamten vom 5. Oktober bzw 12. November 1997 beim GPK B. RI S hat damals ausgesagt, er habe, da der Lenker seine Fahrgeschwindigkeit nicht verringert habe, ca einen halben Meter von der Fahrbahn weggehen müssen und habe, als der PKW an ihm vorbeigefahren sei, deutlich das Kennzeichen ablesen können. Sinngemäß hat er diese Aussage auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17. September 1998 gemacht.

Im Zuge der Verhandlung wurde festgestellt, daß bei der örtlichen Konkretisierung des Tatvorwurfs zu Punkt 2. des Straferkenntnisses offenbar insofern ein Irrtum unterlaufen ist, als in der Anzeige an die Staatsanwaltschaft Ried/I. Strkm 0,20 der T Straße angeführt ist. Um diese Diskrepanz zu klären, wurde ein Ortsaugenschein in T durchgeführt und festgestellt, daß die Kilometerangaben in beiden Anzeigen nicht richtig sein können, weil die Entfernung von der ehemaligen Tankstelle E zur Kreuzung Richtung Ortsmitte lediglich 50 m beträgt. Aus den örtlichen Gegebenheiten ist aber nicht auszuschließen, daß das Areal vor dem Haus mit der Aufschrift "Landmaschinen E E" früher zu einer Tankstelle gehörte, sodaß diesbezüglich kein Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Rechtsmittelwerbers vom 5. Oktober 1997 beim GP O, der Vorfall mit der Taschenlampe habe sich auf Höhe der ehemaligen Tankstelle E ereignet, besteht. Kein Zweifel bestand dahingehend, daß sich der erste Anhalteversuch auf Höhe der Zufahrt zur ehemaligen S-Waage ereignete.

Der unabhängige Verwaltungssenat hegt keinerlei Zweifel am Wahrheitsgehalt des Zeugen RI S, der in der Verhandlung nochmals betont hat, er habe lediglich zur Seite treten, keinesfalls jedoch sich in irgendeiner Weise "retten" müssen. Der Tatvorwurf im Punkt 2 des Straferkennntisses wurde in der Berufung vom Verhalten des Rechtsmittelwerbers her nicht angefochten, sodaß sich die zeugenschaftliche Einvernahme der beiden Gendarmeriebeamten, die auch nicht ausdrücklich beantragt wurde, erübrigte. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. ...

Das Beweisverfahren hat - auch von den Parteien unbestritten - ergeben, daß RI S ebenso wie BI F und RI E beabsichtigt haben, den Rechtsmittelwerber als Lenker eines PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Rahmen eines Planquadrats - in unmittelbarer Nähe der beiden Anhaltungsstellen befand sich die Diskothek "K" - zur Lenker- und Fahrzeugkontrolle anzuhalten. Beide Versuche einer Anhaltung fanden nach den unbestrittenen Ergebnissen des Beweisverfahrens durch deutlich sichtbare Zeichen, nämlich jeweils Auf- und Abschwenken des rechten Armes in Richtung auf den vom Rechtsmittelwerber gelenkten, in Richtung Ortsmitte fahrenden PKW statt, wobei das jeweilige Straßenaufsichtsorgan einen rot beleuchteten Anhaltestab, dessen Spitze in Form eines roten Pfeiles leuchtete, in Händen hielt. Nicht einmal der Rechtsmittelwerber hat bestritten, diese Anhalteversuche auch tatsächlich als solche wahrgenommen zu haben; er habe lediglich in einer Art "Kurzschlußreaktion" die Fahrt fortgesetzt. Im Fall des ersten Anhalteversuches von RI S war nie die Rede davon, daß der Rechtsmittelwerber auf den Zeugen "zugefahren" sein könnte. Es bestand vielmehr von vornherein Gewißheit, daß der Rechtsmittelwerber nicht einmal seine Fahrlinie änderte, sondern den Anhalteversuch einfach ignorierte und die Fahrt fortsetzte. Es war auch nie die Rede davon, daß RI S in irgendeiner Weise jemals durch das Fahrverhalten des Rechtsmittelwerbers gefährdet worden sein könnte. Ebenso verhielt es sich im Fall des zweiten Anhalteversuchs. Beide Zeugen haben nie die Behauptung aufgestellt, sie hätten sich vor dem Rechtsmittelwerber in Sicherheit bringen oder zur Seite springen oder sich sonstwie "retten" müssen. Es war lediglich davon die Rede, daß dieser zunächst nach rechts - wie zum Anhalten - geblinkt, dann aber die Fahrt fortgesetzt habe. Beiden Zeugen war bewußt, daß der Rechtsmittelwerber nicht beabsichtigte, der Aufforderung zum Anhalten Folge zu leisten. In diesem Zusammenhang ist für den unabhängigen Verwaltungssenat eher unverständlich, warum die Gendarmeriebeamten entgegen ihren eigenen Feststellungen in der Anzeige und ihren eigenen Vernehmungsprotokollen vom Vorfallstag überhaupt Anzeige wegen § 269 StGB an die Staatsanwaltschaft Ried/Innkreis erstattet haben. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, er werde durch das angefochtene Straferkenntnis in seinem Recht verletzt, keiner Doppelbestrafung unterzogen zu werden.

Die Betrachtung des Vorfalls im Lichte des § 269 Abs.1 StGB - demnach ist zu bestrafen, wer eine Behörde durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt oder wer einen Beamten mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung hindert, wobei laut Strafantrag im gegenständlichen Fall die Hinderung der Beamten an einer Amtshandlung durch gefährliche Drohung darin erblickt wurde, daß der Rechtsmittelwerber auf die Beamten losgefahren sei - ergibt in objektiver Hinsicht jedenfalls erhebliche Zweifel bezüglich des "Losfahrens", wobei der Rechtsmittelwerber, wie der Beschuldigtenvertreter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft mitteilte, eben deshalb, weil ein solches "Losfahren" nicht zu erblicken war, vor dem Landesgericht Ried/I freigesprochen wurde, obwohl laut der gekürzten Urteilsausfertigung der Freispruch mit dem Fehlen eines Schuldbeweises begründet wurde.

Die Frage, ob nun die verwaltungsstrafrechtlich dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat gleichzeitig den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallende strafbare Handlung verwirklicht, ist deshalb zu verneinen, weil die Nichtbefolgung einer durch ein Straßenaufsichtsorgan gegebenen Aufforderung zum Anhalten nicht zum Tatbestand des § 296 Abs.1 StGB gehört, sondern dieser ausdrücklich von der Hinderung eines Beamten an einer Amtshandlung "mit Gewalt oder der Drohung mit Gewalt" ausgeht und schon das Strafgericht weder eine Gewalt noch eine Drohung mit Gewalt im gegenständlichen Fall zu erblicken vermochte. Der Tatbestand des als bloßes Ungehorsamsdelikt konstruierten § 97 Abs.5 StVO 1960 ist hingegen schon beim Zuwiderhandeln gegen das Gebot, der durch ein Straßenaufsichtsorgan an einen Fahrzeuglenker gerichteten Aufforderung zum Anhalten Folge zu leisten, erfüllt. Aus diesen Überlegungen gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber beide ihm im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegten und nunmehr gemäß § 44a Z1 und 3 VStG in konkretisierter Form - die Mißachtung eines "Haltezeichens" wurde dem Rechtsmittelwerber nie zur Last gelegt, jedoch wurde im Beweisverfahren das genaue Aussehen des angeführten Anhaltestabes erörtert und ergibt sich daraus, daß das Auf- und Abschwenken so zu verstehen ist, daß der rote Pfeil eine eindeutige Aufforderung zum Anhalten gewährleistete, sodaß eine Verwechslung mit der Bestimmung des § 37 Abs.7 StVO 1960 jedenfalls auszuschließen ist; die Strafnorm wurde auf § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 geändert - umschriebenen Tatbestände erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, wobei eine Doppelbestrafung zu verneinen ist.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß bereits von der Erstinstanz zutreffend die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd und kein Umstand als erschwerend gewertet wurde. Die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers waren aus dem Gerichtsakt bekannt und wurden ebenso gewürdigt. Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG und halten auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Bei § 269 Abs.1 StGB und einer Übertretung gemäß § 97 Abs.5 StVO liegt eine Doppelbestrafung nicht vor -> Bestätigung.

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen; VfGH vom 19.06.2000, Zl.: B 246/99

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 20.12.2002, Zl.: 2000/02/0221

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