Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105374/9/Sch/Rd

Linz, 04.06.1998

VwSen-105374/9/Sch/Rd Linz, am 4. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des F vom 3. Februar 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9. Oktober 1997, VerkR96-19264-1996, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und Verkündung am 3. Juni 1998 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 1.600 S (20 % der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 9. Oktober 1997, VerkR96-19264-1996, über Herrn F, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2) § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 5.000 S und 2) 3.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 168 Stunden und 2) 96 Stunden verhängt, weil er am 6. Dezember 1996 gegen 17.00 Uhr den Kraftwagenzug (D) und (D) auf der Bundesstraße 1 in Vöcklabruck in Richtung Attnang-Puchheim gelenkt habe. Bei Kilometer 245,50 habe er den PKW mit dem Kennzeichen (A) überholt und diesen dabei an der Fahrerseite gestreift, wodurch er an der gesamten Seite stark beschädigt worden sei. Obwohl sein Verhalten mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er 1) nicht sofort angehalten und 2) nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt, obwohl er dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe. Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 800 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Der Berufungswerber hat sich im Rahmen des erstbehördlichen Verfahrens lediglich mit der Behauptung verantwortet, keinen Unfall verursacht zu haben. In der von der damaligen rechtsfreundlichen Vertretung verfaßten Berufungsschrift ist davon die Rede, daß ein Zusammenhang der Schäden am Fahrzeug des Josef W mit einem vom Berufungswerber verursachten Verkehrsunfall nicht gesehen werden könne. Jedenfalls habe der Berufungswerber von einem Unfallgeschehen nichts bemerkt.

Anläßlich der oben erwähnten Berufungsverhandlung wurde der am Unfall Zweitbeteiligte Josef W zeugenschaftlich einvernommen. Dieser hat schlüssig und sehr glaubwürdig angegeben, daß es zu einem Anstoß des vom Berufungswerber gelenkten Kraftwagenzuges an der linken Seite seines PKW gekommen sei. Zuerst habe es eine heftige Berührung mit dem rechten Hinterrad des LKW und in der Folge auch noch mit dem Anhänger gegeben. Diese Anstöße seien mit einem sehr lauten Geräusch verbunden gewesen und hätten überdies bewirkt, daß Teile des Fahrzeuges des Berufungswerbers sich gelöst hätten, wie insbesondere der Außenspiegel, Radkappen und Zierleisten. Die Anstöße seien überdies so heftig gewesen, daß der Zeuge Schwierigkeiten gehabt habe, das Fahrzeug auf der Fahrbahn zu halten. Er sei dann dem Berufungswerber nachgefahren und habe durch Betätigung der Lichthupe und der Hupe versucht, diesen zum Anhalten zu bewegen. Trotz einer Nachfahrt von etwa sechs Kilometern sei dies aber nicht gelungen. Er habe im Außenspiegel des LKW seine Blinksignale wahrnehmen können, sodaß der Zeuge davon ausgeht, der LKW-Fahrer müsse diese bemerkt haben. In der Folge habe er den LKW-Zug überholt und habe angehalten. Aufgrund der Beschädigungen an seinem Fahrzeug habe er jedoch nicht aussteigen können, sodaß er die Seitenscheibe heruntergekurbelt und durch Handzeichen den sich von hinten nähernden Berufungswerber zum Anhalten bewegen habe wollen. Er habe hiezu seinen Arm aus dem Fahrzeug gestreckt und auf- und abbewegt. Auch dieser Anhalteversuch sei gescheitert.

Die Berufungsbehörde vertritt die Ansicht, daß gerade der Lenker eines Kraftwagenzuges zu einem besonderen Maß an Aufmerksamkeit verpflichtet ist. Nach Lage des Falles sprechen einige Indizien dafür, daß der Berufungswerber den Verkehrsunfall bemerkt, aber bewußt seine Fahrt fortgesetzt hat. Selbst wenn man nämlich konzediert, daß ein Anstoßgeräusch in einem kleineren Fahrzeug, etwa einem PKW, deutlicher wahrnehmbar ist als in einem LKW, so ist es doch sehr unwahrscheinlich, daß dieses konkrete, vom Zeugen als sehr laut bezeichnete Geräusch vom Berufungswerber nicht wahrgenommen worden sein soll. Im übrigen flogen nach dem Anstoß Fahrzeugteile durch die Luft, welcher Umstand auch die Vermutung rechtfertigt, daß der Berufungswerber den Unfall bemerkt hat. Der Beweis hiefür ist aber nicht zu erbringen. Was für die Berufungsbehörde allerdings völlig außer Zweifel steht ist die Tatsache, daß er durch die folgenden Maßnahmen des Zeugen bei gehöriger Aufmerksamkeit jedenfalls auf den Verkehrsunfall hätte aufmerksam werden müssen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen hat, hat ein Fahrzeuglenker auch dann eine Übertretung des § 4 StVO 1960 zu verantworten, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit wenigstens einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 6.7.1984, 82/02A/0072 ua).

Daraus ergibt sich zum einen, daß der Berufungswerber als Lenker eines LKW im Zuge des Nebeneinanderfahrens bzw Überholens des Fahrzeuges des Zeugen bei einem - geboten gewesenen - Blick in den rechten Außenspiegel den Anstoß und dessen Folgen optisch (neben der wohl auch gegeben gewesenen akustischen Wahrnehmungsmöglichkeit) hätte wahrnehmen müssen. Zum anderen hat der zweitbeteiligte Unfallenker über eine beträchtliche Nachfahrtstrecke hin versucht, den Berufungswerber zum Anhalten zu bewegen. Er hat ihn zu diesem Zweck in der Folge sogar überholt und entsprechende Handzeichen gegeben. Wenn schon die Schuldform des bedingten Vorsatzes nicht nachweisbar ist, so muß zumindest von einem derartigen Maß an Unaufmerksamkeit seitens des Berufungswerbers ausgegangen werden, das kaum noch nachvollziehbar ist. Dies ist jedenfalls als sehr grobe Fahrlässigkeit zu bewerten.

Die Berufungsbehörde vertritt die Ansicht, daß es sich hiebei um Sachverhalts- bzw ohnehin reine Rechtsfragen handelt, die die Beiziehung eines Sachverständigen entbehrlich machten. Des weiteren ist es unerheblich, ob durch den Unfall auch Schäden am LKW bzw Anhänger entstanden sind. Aufgrund der oben angeführten Zeugenaussage steht für die Berufungsbehörde völlig außer Zweifel, daß der Rechtsmittelwerber den Verkehrsunfall verursacht hat. Dieser Umstand begründet - unabhängig vom Verschulden am Verkehrsunfall - neben dem schuldhaften Nichtbemerken des Unfalles die im § 4 StVO 1960 normierten Pflichten, denen der Berufungswerber erwiesenermaßen nicht nachgekommen ist.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher. Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muß daher als erheblich angesehen werden, worauf bei der Strafbemessung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG Bedacht zu nehmen ist.

Wie bereits oben ausgeführt, muß gerade von einem Lenker eines Kraftwagenzuges ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit verlangt werden. Aufgrund der beträchtlichen Masse einer solchen Fahrzeugkombination stellt diese bei Fahrlässigkeit des Lenkers eine Gefährdung der Verkehrssicherheit dar. Mit solchen Fahrzeugen verursachte Verkehrsunfälle haben häufig beträchtliche Folgen.

Die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen in der Höhe von 5.000 S bzw 3.000 S halten unter Hinweis auf die obigen Erwägungen einer Überprüfung anhand der Kriterien des § 19 VStG stand. Die Berufungsbehörde hält jedenfalls im konkreten Fall die Ausschöpfung der Strafrahmen im Ausmaß von etwa 17 % (Faktum 1) bzw 30 % (Faktum 2) angesichts der groben Fahrlässigkeit seitens des Berufungswerbers für gerechtfertigt.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers wurde von der Erstbehörde hinreichend berücksichtigt. Sein monatliches Nettoeinkommen von ca. 20.000 S wird ihm die Bezahlung der Geldstrafe ohne Gefährdung seiner Sorgepflichten bzw ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung - allenfalls im Ratenwege - ermöglichen. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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