Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105395/18/Ki/Shn

Linz, 26.11.1998

VwSen-105395/18/Ki/Shn Linz, am 26. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Anneliese Z, vom 3. April 1998 gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 19. März 1998, VerkR96-3155-1997-SR/HA, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. November 1998 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 800 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt wird. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Beitrag der Berufungswerberin zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 80 S herabgesetzt; der Beitrag zu den Kosten vor dem Oö. Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 19. März 1998, VerkR96-3155-1997-SR/HA, über die Berufungswerberin (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt, weil sie am 9.7.1997 um 19.48 Uhr den Kombi, Citroen, Kennzeichen, auf der Aschacher-Bundesstraße B 131 von Feldkirchen/D. kommend in Richtung Ottensheim gelenkt und dabei im Bereich des Str.km 5,4 einen PKW überholt hat, obwohl andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden konnten, da der Gegenverkehr zum Abbremsen genötigt wurde. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 200 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet. I.2. Mit Schriftsatz vom 3. April 1998 erhob die Rechtsmittelwerberin rechtsfreundlich vertreten nachstehende Berufung:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr - Umgebung vom 19. 3. 1998, meinem Rechtsvertreter zugestellt am 23. 3. 1998, innerhalb offener Frist nachstehende B e r u f u n g an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Ich fechte das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach an und führe die Berufung wie folgt aus:

Die Erstbehörde hat das Ermittlungsverfahren nur mangelhaft durchgeführt.

Ich habe bereits in meiner schriftlichen Stellungnahme vom 1. 9. 1997 darauf hingewiesen, daß die Angaben des Meldungslegers Inspektor M keinesfalls ausreichen um die mir angelastete Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 1 lit. a StVO als erwiesen anzunehmen.

Ich habe daher beantragt dem Meldungsleger Inspektor M eine Reihe von Fragen zur Beantwortung vorzulegen.

Der Niederschrift über die Einvernahme des Zeugen Inspektor M vom 12. 9. 1997 ist nicht zu entnehmen ob dem Zeugen der von mir erstellte Fragenkatalog überhaupt vorgelegt wurde oder aber der Zeuge nicht in der Lage gewesen ist, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten.

Eine ordnungsgemäße zeugenschaftliche Einvernahme hätte es jedenfalls erfordert, daß dem Zeugen Inspektor M die von mir formulierten Fragen zur Beantwortung vorgelegt werden bzw. er angehalten wird, diese Fragen, unter Wahrheitspflicht stehend, nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten.

Nur diese Vorgangsweiäe hätte es ermöglicht die subjektiven Angaben des Meldungslegers Inspektor M, der in Wahrheit als Zeuge in eigener Sache aussagt, auf ihre objektive Haltbarkeit zu überprüfen.

Der lapidare Hinweis auf die Angaben in der Anzeige bzw. die wörtliche Wiederholung der Angaben in der Anzeige können nicht als eine ordnungsgemäße Zeugenaussage gewertet werden.

Mangels konkreter Entfernungsangaben, Angaben über die Fahrgeschwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge, sowie Angaben über Stärke und Intensität der Bremsung besteht derzeit keine Möglichkeit die Angaben des Meldungslegers Inspektor M einer technischen Überprüfung zu unterziehen und damit auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses beruft sich die Erstbehörde ferner auf die Angaben des Zeugen Johann M. Zur Aussage des Zeugen Johann M habe ich in meiner schriftlichen Stellungnahme vom 2o. lo. 1997 darauf hingewiesen, daß mein Ehemann, Herr Franz Z, kurz nach dem Vorfall mit dem Zeugen Johann M telefonisch Kontakt aufgenommen und diesen befragt hat, ob er sich an den Vorfall erinnern und Angaben machen könne.

Der Zeuge Johann M hat meinem Ehemann Herrn Franz Z mitgeteilt, daß er nur eine äußerst vage Erinnerung an diesen Vorfall habe und im Detail keinerlei Angaben machen könne.

Im Gegensatz zu dieser Mitteilung des Zeugen M meinem Ehemann gegenüber ist der Niederschrift des Zeugen M vom 25. 9. 1997 plötzlich zu entnehmen, daß sich dieser an den gegenständlichen Vorfall "noch sehr gut erinnern" kann.

Ferner behauptet der Zeuge M, daß ich mit meinem PKW aus einer Kolonne "ausgebrochen" bin. Eine derartige Behauptung wurde nicht einmal vom Meldungsleger Inspektor M aufgestellt.
Da die niederschriftlichen Angaben des Zeugen M, insbesondere auch deren Zustandekommen aufklärungsbedürftig sind, habe ich die zeugenschaftliche Einvernahme meines Ehemannes Franz Z beantragt.

Diesem Beweisantrag hat die Erstbehörde nicht entsprochen.

Ich habe ferner bereits in meiner Stellungnahme vom 1. 9. 1997 den Ablauf des Geschehens dargelegt und auch die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines KFZ-Sachverständigen beantragt.

Ergänzend dazu halte ich fest, daß in meiner Fahrtrichtung (also in Richtung Ottensheim) die Fahrbahn der Aschacher-Bundesstraße (B 131) ab dem Kilometer 5,9 bis zum Kilometer 5,2, also über eine Wegstrecke von 7oo m übersichtlich verläuft und in diesem Bereich überdies etwa 7,5 m breit ist.

Ich habe daher nicht, so wie dies in der Strafverfügung und im Straferkenntnis behauptet wird, im Bereich des Straßenkilometers 5,4 einen PKW überholt, sondern mit dem Überholmanöver im Bereich des Kilometers 5,9 begonnen, da ab dieser Position die Bundesstraße übersichtlich verläuft und für mich kein Gegenverkehr vorhanden war.

Es wäre lebensfremd und unlogisch, mit dem Überholmanöver bis zum Kilometer 5,4 zuzuwarten, wenn bereits rund 5oo m vorher ein übersichtlicher Fahrbahnverlauf gegeben ist und daher ein Überholmanöver gefahrlos durchgeführt werden kann.

Ich habe mein Überholmanöver etwa auf Höhe des Straßenkilometers 5,6 bereits beendet gehabt, sodaß ich entgegen der Behauptung der Erstbehörde andere Straßenbenützer, insbesondere den entgegenkommenden PKW-Lenker Johann M, weder gefährdet noch behindert habe. Ich habe diesen auch nicht zum Abbremsen genötigt.

Wenn der Zeuge Johann M dennoch sein Fahrzeug abgebremst hat, so war dies eine Überreaktion, die mit meinem Fahrverhalten in keinem Zusammenhang steht.

Ein im Sinne des § 16 Abs. 1 lit.a StVO verbotenes Überholmanöver hat jedenfalls im Bereich des Straßenkilometers 5,4 nicht stattgefunden.

Der Erstbehörde ist vorzuwerfen, daß sie das Ermittlungsverfahren mangelhaft und die Beweiswürdigung einseitig vorgenommen hat.

Die Erstbehörde hat daher gegen den Grundsatz der materiellen Wahrheitsforschung verstoßen.

Um dem Grundsatz der materiellen Wahrheitsforschung zu entsprechen, ist jede Behörde verpflichtet nicht nur die für einen Beschuldigten belastenden Beweisergebnisse zu berücksichtigen, sondern auch auf der Ermittlung der dem Beschuldigten entlastenden Beweisergebnisse hinzuwirken.

Ich stelle daher den B e r u f u n g s a n t r a g 1.) Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde möge das Ermittlungsverfahren ergänzen und nachstehende Beweise aufnehmen:

a) Einvernahme der Zeugen:

aa) Franz Z, Versicherungsangestellter, unter meiner Adresse; bb) Johann M, Pensionist, cc) Inspektor N. M, Gendarmeriebeamter, per Adresse GPK Ottensheim; b) Durchführung eines Ortsaugenscheines unter c) Beiziehung eines KFZ-Sachverständigen.

2.) Nach Durchführung der beantragten Beweise möge der von mir erhobenen Berufung Folge gegeben und das gegen mich ein geleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

3.) In eventu möge die verhängte Geldstrafe herabgesetzt werden.

Linz, am 1998-o4-o3/Dr.Li Anneliese Z"
I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. November 1998. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden die Bw sowie als Zeugen Herr Franz Z, Herr Johann M sowie der Meldungsleger GI Siegmar M einvernommen. Der Verhandlung wurde weiters ein verkehrstechnischer Amtssachverständiger beigezogen und es wurde ein Augenschein im Bereich des vorgeworfenen Tatortes durchgeführt. Ein Vertreter der Erstbehörde ist zur Verhandlung nicht erschienen.

I.5. Die Bw führte bei ihrer Einvernahme aus, daß sie hinter einem PKW mit deutschem Kennzeichen nachfuhr, welcher mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h unterwegs war. Sie sei bereits eine längere Strecke hinter diesem PKW nachgefahren und habe bei einem geraden Straßenstück, nachdem sie sich überzeugte, daß kein Gegenverkehr herrschte, das Überholmanöver durchgeführt. Als sie sich auf Höhe des überholten PKW befunden habe, habe sie den Gegenverkehr bemerkt, das Überholmanöver sei sich jedoch einwandfrei ausgegangen. Sie könne sich nicht mehr erinnern, welchen Gang sie während des erwähnten Nachfahrens eingelegt hatte, glaublich den dritten Gang. Sie könne nicht mehr sagen, in welchem Ausmaß sie während des Überholens bzw bei Überholbeginn beschleunigt habe, jedenfalls habe sie zügig beschleunigt. Es sei auch ihre Mutter mitgefahren und schon alleine deshalb hätte sie kaum riskante Überholmanöver durchgeführt.

Jedenfalls sei sie damals nicht in einer Kolonne unterwegs gewesen, das von ihr gelenkte bzw das überholte Fahrzeug wären die einzigen Fahrzeuge gewesen. Während des Überholens habe sie eine Geschwindigkeit von ca 80-90 km/h erreicht. Herr Johann M führte als Zeuge aus, daß er damals auf der B 131 in Richtung Aschach gefahren sei. Bei der langen Geraden sei plötzlich ein PKW aus der Kolonne, es habe sich um drei, vier oder fünf Autos gehandelt, geschossen und habe überholt. Er habe sein Fahrzeug nach rechts verreißen und auch etwas Bremsen müssen, weil er sonst auf den Randstein gefahren wäre. Er sei ursprünglich ca mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h gefahren und habe keinesfalls "überreagiert". Dem Gatten der Bw habe er bei einem späteren Telefonat erklärt, daß er im Falle einer Befragung durch die Behörde den Vorfall so schildern würde, wie er sich zugetragen hat. Der ebenfalls als Zeuge einvernommene Gatte der Bw erklärte, daß er mit Herrn M telefonisch Kontakt aufgenommen hat, um ihn zu ersuchen, daß er sich als Zeuge zur Verfügung stelle. Herr M habe sich jedoch dazu nicht bereit erklärt.

Der Meldungsleger führte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme aus, daß er mit dem Dienstfahrzeug in Richtung Feldkirchen gefahren sei. Am Ende einer Rechtskurve habe er festgestellt, daß das Fahrzeug vor ihm bremste. Er habe dann festgestellt, daß jemand überholt und daher sein Fahrzeug ebenfalls abbremsen müssen, um nicht auf das vor ihm fahrende Fahrzeug aufzufahren. Der vor ihm fahrende Fahrzeuglenker habe glaublich auch etwas nach rechts gelenkt. Die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges bzw des vorausfahrenden Fahrzeuges habe 80 km/h betragen. Er selbst habe zum vorausfahrenden Fahrzeug einen Abstand von ca 40-50 m eingehalten. Auf ausdrückliches Befragen erklärte der Zeuge, daß sich aus seiner Sicht der Überholvorgang nicht ausgegangen wäre, wenn Herr M nicht gebremst hätte. Es habe sich zwar um keine Vollbremsung aber doch um eine eher starke Bremsung gehandelt. Was die entgegenkommenden Fahrzeuge anbelangt, so könne man von einer geschlossenen Kolonne nicht reden. Das Verhalten der Bw sei ihm nicht "rowdyhaft" vorgekommen, seiner Meinung nach habe es sich eher um einen Fehler beim Beschleunigen gehandelt. Beim Lokalaugenschein erklärte dann der Meldungsleger, daß sich die Bw, als er sie das erstemal wahrgenommen hat, etwa auf Höhe Strkm 5,5 befunden habe. Er selbst habe sich zu diesem Zeitpunkt bei Strkm 5,3 in einem Abstand von ca 50 m zum vorausfahrenden Fahrzeug befunden. Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte resümierend aus, daß sich im vorliegenden Fall unter der Annahme, daß die Bw mit 80 km/h bzw das von ihr überholte Fahrzeug mit 60 km/h bewegt hätte, eine erforderliche Überholsichtweite von nicht ganz 300 m ergebe. Unter Berücksichtigung dieser Überholsichtweite von 300 m könne bei diesem Überholvorgang davon ausgegangen werden, daß niemand gefährdet oder zum Bremsen oder Ablenken genötigt worden wäre, und aus technischer Sicht der Überholbeginn nicht nachvollzogen werden kann. I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß die Aussagen des Meldungslegers der Entscheidung zugrundegelegt werden können. Es wird davon ausgegangen, daß ein Gendarmeriebeamter in der Lage ist, Verkehrsgeschehnisse wahrzunehmen und diese auch entsprechend objektiv zu beurteilen. Der von ihm geschilderte Geschehensablauf widerspricht nicht den Erfahrungen des Lebens und kann durchaus als schlüssig erachtet werden. Darüber hinaus hat er seine Aussage in Kenntnis der strafrechtlichen Konsequenzen einer allfälligen unrichtigen Zeugenaussage getätigt und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, die dahin zielen würden, der Meldungsleger wolle die Bw willkürlich belasten. Die Aussage des Zeugen M selbst deckt sich, was seine Reaktion auf den Überholvorgang anbelangt, mit den Angaben des Meldungslegers, was seine sonstigen Angaben anbelangt, so sind diese, ebenso wie die Aussagen des Gatten der Bw, im konkreten Fall nicht verfahrensrelevant.

Das Gutachten des beigezogenen verkehrstechnischen Amtssachverständigen ist, was seine technische Beurteilung anbelangt, ebenfalls schlüssig, das Verfahrensergebnis hängt jedoch von der gesamten Beweiswürdigung ab. I.7. Nach Durchführung des Beweisverfahrens hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Geht man nun von den Angaben der Bw aus, wonach sie zwischen Strkm. 5,8 und 5,9 den Überholvorgang begonnen hat und sie das zunächst mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h vorausfahrende Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h überholt hat, so ergibt sich unter Zugrundelegung der vom Sachverständigen ermittelten Überholsichtweite von ca 300 m, daß sich im konkreten Fall unter Berücksichtigung einer ursprünglichen Geschwindigkeit des Gegenverkehrs von 70 - 80 km/h, der Überholvorgang noch ausgegangen wäre. Tatsache ist jedoch, dies ist insbesondere aus der Aussage des Meldungslegers abzuleiten, daß die Lenker der in Richtung Aschach fahrenden Fahrzeuge (M und Meldungsleger) ihre Fahrzeuge abbremsen bzw teilweise nach rechts lenken (M) mußten, um einen Verkehrsunfall zu verhindern. Daraus wird abgeleitet, daß die Bw entweder den Überholvorgang entgegen ihrer Aussage etwas später eingeleitet hat oder, daß sie doch während des Überholens nicht entsprechend beschleunigt hat. Demzufolge können die Angaben der Bw über den Beginn ihres Überholmanövers bzw ihre Fahrgeschwindigkeit nicht der Tatsache entsprechen, diese Annahme wird auch dadurch erhärtet, daß sich unter Zugrundelegung der Angaben der Bw über Überholbeginn (zwischen km 5,8 und 5,9) bei der vom Sachverständigen ermittelten Überholsichtweite von nicht ganz 300 m ein Ende des Überholvorgangs zwischen km 5,5 und 5,6 ergeben müßte. Tatsächlich befand sich die Bw laut Angaben des Meldungslegers bei Strkm 5,5 erst auf Höhe des überholten Fahrzeuges, weshalb davon auszugehen ist, daß sie den Überholvorgang erst zu einem späteren Zeitpunkt beendet hat und so durchaus nachvollziehbar ist, daß die entgegenkommenden Fahrzeuge tatsächlich zur Vermeidung eines Verkehrsunfalles entsprechend reagieren mußten. Weiters wird darauf hingewiesen, daß sich die Angaben des Sachverständigen im Hinblick auf die Überholsichtweite ausschließlich auf die konkreten Bedingungen, nämlich daß der Gegenverkehr mit einer Geschwindigkeit von 70 - 80 km/h unterwegs war, beziehen. Tatsächlich ist im gegenständlichen Bereich der B 131 keinerlei Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet, weshalb grundsätzlich davon auszugehen wäre, daß der Gegenverkehr mit einer erlaubten Geschwindigkeit von 100 km/h unterwegs ist. Dies würde natürlich auch eine entsprechend kürzer mögliche Überholstrecke ergeben. Geht man davon aus, daß im Hinblick auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit damit gerechnet werden mußte, daß die entgegenkommenden Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit erhöhen könnten, war das durchgeführte Überholmanöver jedenfalls vorschriftswidrig, zumal es letztlich bei der gegenständlichen Rechtsvorschrift nicht darauf ankommt, daß andere Straßenbenützer konkret gefährdet oder behindert werden, sondern es ist ein Überholen schon dann zu unterlassen, wenn die bloße Möglichkeit einer entsprechenden Gefährdung oder Behinderung besteht. Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß die Bw den ihr zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht hat. Was die subjektive Tatseite anbelangt, so mag es durchaus zutreffen, daß die Bw ihr Verhalten im vorliegenden konkreten Fall als ordnungsgemäß erachtete. Wie bereits dargelegt wurde, hat die Bw entweder zu einem späteren Zeitpunkt den Überholvorgang begonnen oder während des Überholvorganges nicht im erforderlichen Ausmaß ihr Fahrzeug beschleunigt. Diese Verhaltensweisen sind jedoch jedenfalls als fahrlässig anzusehen und vermögen daher die Bw nicht zu entlasten. Sonstige Umstände, welche die Bw in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) entlasten würden, sind nicht hervorgekommen. Die Bw hat daher ihr Verhalten auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten. Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so muß darauf hingewiesen werden, daß vorschriftswidrige Überholvorgänge immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen führen. Aus diesem Grunde ist aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten. Im konkreten Fall hat die Bw jedoch dahingehend bloß fahrlässig gehandelt, als sie offensichtlich den Überholvorgang etwas zögerlich durchgeführt hatte. Dies vermag sie zwar, wie bereits dargelegt wurde, in der Schuldfrage nicht zu entlasten, ist aber im konkreten Fall bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Sieht man von den "Abwehrmaßnahmen" der entgegenkommenden Fahrzeuglenker ab, so ist die Tat letztlich ohne Folgen geblieben. Zu berücksichtigen war bei der Strafbemessung ferner, daß die Bw bisher verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und sie auch bei der Berufungsverhandlung einen sachlichen und besonnenen Eindruck machte. Weiters waren für die Herabsetzung die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw (monatliches Nettoeinkommen 12.000 S, Sorgepflicht für 1 Kind, kein Vermögen) maßgeblich.

Die erkennende Berufungsbehörde ist der Auffassung, daß die nunmehr festgelegte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen bzw überdies geeignet ist, die Bw vor weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Eine weitere Herabsetzung war jedoch, insbesondere auch aus spezialpräventiven Gründen, nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h Beschlagwortung: Der Beurteilung der Zulässigkeit von Überholmanövern ist die maximal zulässige Geschwindigkeit des Gegenverkehrs zugrundezulegen.

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