Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105402/9/Le/Ha

Linz, 08.06.1998

VwSen-105402/9/Le/Ha Linz, am 8. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Stefan F, Am G, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 24.3.1998, GZ III/S 26.868/97-1, wegen Übertretungen der Straßenver-kehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 24.3.1998 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) 1. wegen Übertretung des § 5 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 9 Tagen), 2. wegen Übertretung des § 102 Abs.5a Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) und 3. wegen Übertretung des § 102 Abs.5b KFG eine Ermahnung verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 27.7.1997 um 5.50 Uhr in A. auf der B Bezirksstraße bei Kilometer 5,0 von einer als öffentlicher Parkplatz benützten Wiese heraus auf die Fahrbahn der E Bezirksstraße den PKW mit dem Kennzeichen 1. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, 2. auf der Fahrt den Führerschein, 3. den Zulassungsschein nicht mitgeführt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.4.1998, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung führte der Bw aus, daß er zwar den PKW auf der Wiese bis zum Wiesenrand gelenkt habe, nicht aber auf der Fahrbahn. Bei der Wiese handle es sich keinesfalls um eine Straße iSd § 2 Abs.1 Z1 StVO. Das Fahrzeug sei auf der Straße von seinem Bekannten Friedrich M auf die andere Fahrbahnseite gelenkt worden. Da er also kein Fahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, könnten für ihn die im Spruch vorgeworfenen gesetzlichen Bestimmungen nicht gelten, weshalb er beantragte, der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren in allen Punkten einzustellen.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat für 19. Mai 1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. An dieser Verhandlung nahmen neben dem Berufungswerber auch ein Vertreter der belangten Behörde teil; der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen PKW´s, Herr Friedrich M, sowie der die Amtshandlung führende Gendarmeriebeamte, RevInsp. Josef K, wurden als Zeugen gehört.

3.2. Dabei wurde folgender maßgeblicher Sachverhalt festgestellt:

Der Bw sowie Herr Friedrich M besuchten am 26.7.1997 beim Schloß A ein "Clubbing"; zu dieser Veranstaltung reisten sie im PKW des Friedrich M an. Das Auto wurde auf einer Wiese zwischen der B Bezirksstraße und dem entlang der Donau führenden T geparkt; diese Wiese diente für die Veranstaltung als öffentlicher Parkplatz. Als die beiden in den frühen Morgenstunden des 27.7.1997 die Veranstaltung verließen, regnete es stark. Die auf der Wiese abgestellten PKW´s, so auch jener des Friedrich M, waren bereits stark eingesunken. Die Fahrzeuglenker bemühten sich mit gegenseitiger Unterstützung, die Fahrzeuge flott zu bekommen. So half auch der Bw dem Friedrich M und gelang es ihm schließlich, das Fahrzeug an den Rand der Wiese zu lenken. Von dort lenkte es Herr M auf die andere Straßenseite, wo er es neben der Straße abstellte. Er beabsichtigte, dieses Fahrzeug bis zum Nachmittag des selben Tages dort stehen zu lassen und dann zu holen. Herr M und der Bw beabsichtigten, mit einer Bekannten nach Hause zu fahren. Der Bw ging nochmals zum Auto zurück, um sich persönliche Dinge aus dem Fahrzeug zu holen. Dazu setzte er sich auf den Lenkersitz und schloß die Türe, damit diese den vorbeifahrenden Autolenkern nicht im Wege stand. In diesem Moment kamen im Funkstreifenfahrzeug zwei Gendarmen, die anhielten, um den Lenker zu fragen, ob er eine Panne habe oder Hilfe brauche. Dabei entstand bei den Gendarmeriebeamten der Eindruck, daß der Bw alkoholisiert war, weshalb er zur Ablegung des Alkotestes aufgefordert wurde. Der Alkotest wurde am Gendarmerieposten Aschach durchgeführt und ergab einen Wert von 0,43 mg. Angesichts des Ergebnisses ließ sich der Bw ein Taxi rufen und fuhr damit nach Hause.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

4.2. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung kam der unabhängige Verwaltungssenat zum Ergebnis, daß der unter 3.2. dargestellte Sachverhalt zutreffend ist.

Unbestritten blieb, daß der Bw den PKW des Friedrich M auf der Wiese zumindest bis zum Wiesenrand gelenkt hat.

Zu klären war, ob der Zulassungsbesitzer Friedrich M nun selbst von diesem Standort weg über die Straße gefahren ist und sein Auto am Straßenrand abgestellt hat oder ob der Bw dies getan hat. Für die erste Auffassung sprechen die Verantwortung des Bw sowie die Zeugenaussage des Friedrich M. Der Gendarmeriebeamte hatte dagegen sowohl in seiner Anzeige als auch in seiner Aussage vor dem unabhängigen Verwaltungssenat angegeben, daß der Bw bei seiner Anhaltung selbst gesagt hätte, aus der Wiese auf die Straße herausgefahren zu sein und nunmehr auf seine Freunde zu warten. Der Gendarmeriebeamte hatte den Bw jedoch nicht beim Lenken des Fahrzeuges selbst gesehen.

Seinen Aufenthalt im Auto erklärte der Bw vor der Erstbehörde und auch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat damit, daß er aus dem Auto lediglich persönliche Sachen holen wollte und zu diesem Zweck am Fahrersitz gesessen sei, weil er auf der Beifahrerseite wegen Platzmangels nicht hätte einsteigen können. Die Fahrertür wäre wegen des Verkehrs auf der unmittelbar vorbeiführenden Straße geschlossen gewesen.

Diese Verantwortung klingt plausibel, zumal - wie dem erkennenden Mitglied bekannt ist - an dieser Straßenstelle rechts (in Fahrtrichtung E) Sträucher und anschließend ein Waldstück vorhanden sind.

Für die Darstellung des Bw spricht dessen eigene Aussage, die durch die Zeugenaussage des Friedrich M bestätigt wurde, sowie der Umstand, daß diese Darstellung durchaus plausibel klingt. Der Bw hatte von vornherein auf sein Auto verzichtet und war mit Herrn M mitgefahren, weshalb er auch seinen Führerschein nicht mitgenommen hatte. Er hatte also nicht vor, selbst mit dem Auto zu fahren.

Das erstinstanzliche Straferkenntnis stützt sich auf die Aussage des Gendarmeriebeamten, wonach über Befragen der Bw angegeben hätte, er habe den PKW vom angrenzenden Parkplatz auf die Straße gelenkt und dort auf Bekannte gewartet. Der Gendarmeriebeamte hatte den Bw beim Lenken des Fahrzeuges nicht selbst beobachtet.

Anläßlich der Befragung des Bw sowie des Zeugen Friedrich M im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gewann der Vorsitzende den Eindruck, daß sowohl der Bw als auch der Zeuge M sehr zu einer unscharfen und oberflächlichen Darstellung des Geschehens neigten und erst auf Nachfragen Details bekanntgaben, die ihnen vorher als nicht wichtig erschienen sind. Es ist daher durchaus möglich, daß aus diesem Grunde beim Gespräch zwischen dem Gendarmeriebeamten und dem Bw ein Mißverständnis hinsichtlich der Lenkereigenschaft auf der Bezirksstraße entstanden ist.

Es sind somit erhebliche Zweifel daran entstanden, ob der Bw tatsächlich den gegenständlichen PKW auf der Brandstatter Bezirksstraße gelenkt hat. Diese Zweifel sind von einer derartigen Intensität, daß der Tatvorwurf nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit erwiesen ist. Es ist daher im Zweifel davon auszugehen, daß der Bw das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt auf der Brandstatter Bezirksstraße nicht gelenkt hat. Das Lenken des PKW auf der Wiese war dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis zu Recht nicht vorgeworfen worden, da eine Wiese selbst unter den gegebenen Verhältnissen nicht den Begriff "Straße" iSd § 1 Abs.1 StVO erfüllt.

4.3. Dadurch, daß die Lenkereigenschaft des Bw nicht erwiesen werden konnte, waren auch die Tatvorwürfe, die das Lenken eines Kraftfahrzeuges zur Voraussetzung haben, nicht mehr haltbar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Wiese ist keine Straße mit öffentlichem Verkehr

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