Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104641/2/BI/FBVwSen104643/2/BI/FB

Linz, 12.08.1997

VwSen-104641/2/BI/FB

VwSen-104643/2/BI/FB Linz, am 12. August 1997

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufungen des Herrn B S, vom 12. April 1997 gegen 1) das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 21. März 1997, St-6250/95, (= VwSen-104641) und 2) Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Steyr vom 21. März 1997, St-6097/95, (= VwSen-104643), jeweils in Angelegenheit einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird keine Folge gegeben und die angefochtenen Straferkenntnisse vollinhaltlich bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz 1) und 2) je den Betrag von 600 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zu den Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG 1991) iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 64 Abs.1 und 134 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967). zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat über den Beschuldigten jeweils wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 64 Abs.1 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 1) mit dem Straferkenntnis vom 21. März 1997, St-6250/95, eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt, weil er am 19. Oktober 1995 um 22.50 Uhr in S auf der G nächst der Einfahrt M den KKW mit dem Kennzeichen gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sei, und 2) mit dem Straferkenntnis vom 21. März 1997, St-6097/95, ua eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt, weil er am 21. Oktober 1995 um 18.47 Uhr in S, den KKW mit dem Kennzeichen gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sei. Gleichzeitig wurde ihm jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Gegen beide Straferkenntnisse hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufungen erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden. Da jeweils keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG). 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen Verjährung geltend, da ihm die ursprünglichen Schreiben am 10. Jänner 1997 zugestellt wurden, sei Verjährung eingetreten. Der Parkplatz vor M sei ein privates Grundstück, auf dem eine Fahrerlaubnis nicht erforderlich sei. Selbiges gelte auch für den Vorfall vom 21. Oktober 1995. Es könne in Österreich nicht grundlos die Fahrerlaubnis aberkannt werden. Das übrige Vorbringen betrifft mit den in Rede stehenden Vorfällen nicht zusammenhängende Lebensweisheiten, wobei der Rechtsmittelwerber von einer als beleidigend anzusehenden Schreibweise nach wie vor nicht abzugehen bereit ist, obwohl bereits wegen ähnlicher Äußerungen im Einspruch gegen die Strafverfügungen von der Erstinstanz eine Ordnungsstrafe ausgesprochen wurde. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheines in der Grenzgasse (Parkplatz M) und der Kammermayrstraße Nr.12.

In rechtlicher Hinsicht wurde folgendes erwogen: Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5.9.1995, VerkR21-517-1995, wurde dem Rechtsmittelwerber wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von sechs Monaten ab Zustellung des Bescheides (das war die Zeit vom 8. September 1995 bis einschließlich 8. März 1996) das Recht aberkannt, von seinem deutschen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Laut Vermerk der Bezirkshauptmannschaft Gmunden wurde die Aberkennung der deutschen Fahrerlaubnis am 11. September 1995 in den Führerschein eingetragen. Der Mandatsbescheid wurde sofort rechtswirksam, da gemäß § 57 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen ist. Aufgrund des dagegen eingebrachten Rechtsmittels erging der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. Jänner 1996, VerkR21-517-1995, der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. November 1996, VerkR-392.346/2-1996, dahingehend bestätigt wurde, daß dem Rechtsmittelwerber die Fahrerlaubnis für die oben angeführte Zeit aberkannt wurde. Er war daher in der Zeit von 8. September 1995 bis einschließlich 8. März 1996 nicht im Besitz der für das Lenken des KKW erforderlichen Lenkerberechtigung.

Gemäß § 64 Abs.1 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Zur Frage, ob es sich bei der G in S um eine Straße mit oder ohne öffentlichen Verkehr handelt, ist zunächst auf die Definition des § 1 Abs.1 StVO 1960 hinzuweisen, wonach als Straßen mit öffentlichem Verkehr solche gelten, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einem eingezäunten Firmenparkplatz, der über eine Zufahrt von einer Nebenstraße aus erreicht werden kann, auch wenn er mit einer Tafel "Parkplatz für Kunden" gekennzeichnet ist, um eine Straße mit öffentlichem Verkehr, da es jedermann möglich ist, mit einem Kraftfahrzeug auf den Parkplatz zu gelangen, und der Kreis der Kunden nicht von vornherein auf einen bestimmten Personenkreis eingeschränkt ist; darüber hinaus können auch Personen unter Mißachtung der vom Grundeigentümer ausgesprochenen Widmung den Parkplatz benützen (vgl Erk v 19. Dezember 1990, 90/02/0164). Entscheidend sind die äußeren, für die Verkehrsteilnehmer wahrnehmbaren Verhältnisse, nicht aber die für die Verkehrsteilnehmer nicht wahrnehmbaren Rechtsverhältnisse an einer Fläche (vgl Erk v 12. September 1977, 1074/77). Der Ortsaugenschein hat ergeben, daß die G, die als Querstraße zur H zweifellos eine Straße mit öffentlichem Verkehr darstellt, den aus dem öffentlich zugänglichen Parkplatz der Fa. M kommenden Verkehr aufnimmt. Auf diesem Firmenparkplatz sind keinerlei Einschränkungen wie zB Tafeln, die auf eine Privatfläche hinweisen oder gar Abschrankungen, vorhanden. Es ist auch für Nichtkunden jederzeit möglich, diesen Parkplatz zu befahren. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine Qualifikation des Parkplatzes oder der Grenzgasse als Straße ohne öffentlichen Verkehr. Der Ortsaugenschein beim Haus K ergab, daß gegenüber ein zur K hin offener Parkplatz liegt, der von einer Hecke eingefaßt ist und Bodenmarkierungen aufweist. Außerdem befinden sich dort Garagen und ihre Zufahrten. Links vom Haus K ist eine Wiese mit Holzzaun, rechts die Haushälfte Kammermayrstraße 10. Im gesamten Bereich um dieses Haus sind keine Flächen zu finden, die auf eine Straße ohne öffentlichen Verkehr hinweisen. Die K selbst ist eine allgemein zugängliche und in das öffentliche Verkehrsnetz der Stadt S eingebundene Straße, die für alle unter den gleichen Bedingungen zu benützen ist, sohin zweifelsfrei eine Straße mit öffentlichem Verkehr.

Das diesbezügliche Berufungsvorbringen geht daher ins Leere, ebenso im Hinblick auf die behauptete Verjährung: Die Verfolgungsverjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs.2 VStG sechs Monate und ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist. Sind ab diesem Zeitpunkt drei Jahre vergangen, darf gemäß § 31 Abs.3 VStG kein Straferkenntnis mehr gefällt werden. Eine Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Der Rechtsmittelwerber gab bei beiden Vorfällen, die sich am 19. und 21. Oktober 1995 ereigneten - die Verfolgungsverjährungsfristen endeten demnach am 19. und 21. April 1996 -, die Adresse S, an. Tatsächlich ergingen in beiden Fällen Strafverfügungen der Bundespolizeidirektion Steyr, die, weil der Rechtsmittelwerber inzwischen nach Deutschland zurückgekehrt war, nicht unmittelbar, sondern erst über die deutsche Rechtshilfebehörde am 10. Jänner 1997, zugestellt werden konnten. Tatsache ist aber, daß beide Strafverfügungen die Behörde innerhalb der Verjährungsfrist, nämlich am 2. Jänner 1996, verlassen haben, gegen den Rechtsmittelwerber als Beschuldigten gerichtet waren und einwandfrei formulierte Tatvorwürfe enthielten, sodaß vom Eintritt einer Verjährung nicht die Rede sein kann, auch wenn der Rechtsmittelwerber davon erst später Kenntnis erlangt hat.

Dessen Behauptung, er sei sehr wohl im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen, da diese in Österreich nicht grundlos entzogen werden könne, führt ebenso nicht zum Erfolg, weil der Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden bereits vor den beiden Vorfällen ergangen war, die Aberkennung der Fahrerlaubnis schon im deutschen Führerschein eingetragen war und einem Rechtsmittel dagegen keine aufschiebende Wirkung zukam: Am 19. und 21. Oktober 1995 war daher der Rechtsmittelwerber nicht mehr im Besitz der erforderlichen Lenkerberechtigung. Zur Bemerkung, die Aberkennung der deutschen Fahrerlaubnis sei "grundlos" erfolgt, wird auf die Begründung des Mandatsbescheides und das Urteil des OLG Linz vom 1. Oktober 1996, 7Bs217/96, wegen § 81 Z1 StGB verwiesen.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf dieser Grundlage davon aus, daß der Rechtsmittelwerber, der die Tatsache des Lenkens des Kraftfahrzeuges nie bestritten hat, in beiden Fällen die ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, wobei in beiden Fällen vorsätzliche Begehung - auf Grund der bereits erfolgten Zustellung des Mandatsbescheides und der Eintragung im deutschen Führerschein war der Entzug der Fahrerlaubnis auch für ihn zweifelsfrei erkennbar, trotzdem lenkte er das Kraftfahrzeug - anzunehmen war. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängten Strafen vor allem dem nicht geringen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen entsprechen, wobei die finanziellen Verhältnisse (der Rechtsmittelwerber hat sich in Österreich als Kaufmann bezeichnet, sodaß anzunehmen ist, daß er diesen Beruf auch in Deutschland ausübt, daher ist von einer gesicherten Existenz auszugehen) in den Hintergrund zu treten hatten. Es steht ihm jedoch frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen. Die Strafen liegen an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (§ 134 Abs.1 KFG 1967 sieht Geldstrafen bis zu 30.000 S bzw 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vor) und sollen den Rechtsmittelwerber für künftige Aufenthalte in Österreich zur genauesten Einhaltung der hier geltenden Gesetze anhalten.

Milderungs- oder Erschwerungsgründe konnten nicht gefunden werden - von verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit war wegen einer nicht einschlägigen Vormerkung vom Juli 1995 nicht auszugehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Hinsichtlich der Berufung zu Punkt 2) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Steyr vom 21. März 1997, St-6097/95, wegen Übertretung des Meldegesetzes ergeht eine gesonderte Entscheidung durch das zuständige Mitglied des unabhängigen Verwaltungsenates.

zu II.: Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Tatort ist Straße mit öffentlichem Verkehr (Ortsaugenschein); keine Verjährung

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