Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104828/17/BI/FB VwSen104829/14/BI/FB

Linz, 02.06.1998

VwSen-104828/17/BI/FB

VwSen-104829/14/BI/FB Linz, am 2. Juni 1998

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über die Berufung des Herrn H S, I, E, vom 22. Juli 1997 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8. Juli 1997, VerkR96-1-599-1996, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, insoweit dessen Punkt 1 (Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960) betroffen ist, durch die 4. Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (Vorsitz: Dr. Wegschaider, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitz: Dr. Weiß) und soweit die Punkte 2a und 2b (Übertretungen gemäß §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.5 lit.a und b KFG 1967) betroffen sind, durch das zuständige Einzelmitglied Mag. Bissenberger, auf Grund des Ergebnisses der am 15. April 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in allen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren jeweils eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i iVm 51e Abs.5, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960, §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.5 lit.a und b KFG 1967 Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960, 2a) §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 und 2b) §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 Geldstrafen von 1) 11.000 S (11 Tage EFS), 2a) und 2b) jeweils 500 S (12 Stunden EFS) verhängt, weil er 1) am 3. November 1996 um 4.43 Uhr den Kombi auf der K im Gemeindegebiet von B, Ortschaftsbereich K, aus Richtung B Stadtmitte kommend in Richtung S gelenkt und in der Folge nach seiner Anhaltung nahe dem Haus K 52 um ca. 5.00 Uhr gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht trotz entsprechender Aufforderung durch dieses Organ die Durchführung der Atemluftprobe verweigert habe. 2) Er habe es unterlassen, am Ort der Anhaltung dem Straßenaufsichtsorgan auf dessen Verlangen a) den Führerschein und b) den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Fahrzeug zur Überprüfung auszuhändigen. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 1.200 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im Punkt 1 eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der Geschäftsverteilung diesbezüglich durch die zuständige 4. Kammer, in den Punkten 2a und 2b durch das zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. April 1998 wurde in Anwendung des § 51e Abs.5 VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Behördenvertreters Dr. H, der Zeugen BI K und RI F sowie der Zeuginnen H S und A K durchgeführt. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, nicht er, sondern F S habe den auf ihn zugelassenen PKW zur fraglichen Zeit gelenkt. Er selbst könne daher die Atemluftuntersuchung nicht verweigert haben und auch ein Nichtaushändigen von Führerschein und Zulassungsschein sei ihm nicht vorzuwerfen. Das erstinstanzliche Verfahren sei insofern mangelhaft gewesen, als die Gegenüberstellung mit BI K nicht objektiv verlaufen sei, weil dem Zeugen (nur) sein Foto vorher gezeigt worden sei. Unklar sei auch, warum die Identität S nicht festgestellt und dieser nicht am Verlassen des Anhalteortes gehindert worden sei. Er wisse nicht, ob S in Turin auch gemeldet sei; er habe ihn jedenfalls am 28. Dezember 1996 an der angegebenen Adresse in Turin angetroffen. Er (der Rechtsmittelwerber) sei jedem Gendarmeriebeamten im inneren S bekannt und sehe nicht ein, weshalb nicht von den Beamten seine Adressen in E und B erfragt und überprüft worden seien.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben angeführten Personen zeugenschaftlich einvernommen wurden.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der - nunmehr Psychologie studierende - Rechtsmittelwerber unter Darlegung der näheren Umstände seiner (bereits vor dem Vorfall gelegenen) Suspendierung als Gendarmeriebeamter ausgeführt, er habe am 2. November 1996 die Zeugin K nach B gebracht und dann beim Postamt auf Herrn S gewartet, der am Vortag mit ihm telefonisch diesen Treffpunkt vereinbart habe. S sei mit ihm nach A gefahren und habe ihn an der Adresse von Frau K aussteigen lassen. Dann habe er ihm vereinbarungsgemäß seinen PKW überlassen. Ihm sei bekannt, daß S, wenn er in B sei, seinen weißen Kastenwagen am Wochenmarktplatz abstelle, und er wisse auch, daß dieser in B eine (mit einem ihm bekannten Gendarmeriebeamten verheiratete) Bekannte habe. Vermutlich wolle er nicht mit dem auffälligen Kastenwagen fahren, weshalb er ihm schon öfter seinen PKW überlassen habe. Noch am Vormittag habe ihn seine Mutter mit seiner damals 18monatigen Tochter in A abgeholt und nach E gebracht, wo er sich am Nachmittag und am Abend des 2. und auch am Vormittag des 3. November 1996 aufgehalten habe. Am 3. November gegen Mittag habe ihn seine Mutter mit dem Kind wieder nach A gebracht. Dort sei er von S telefonisch verständigt worden, daß sich dieser schon auf dem Heimweg nach Italien befinde und den PKW in der Nähe des Gasthauses H abgestellt habe. S habe ihm auch mitgeteilt, daß es in der Nacht einen Vorfall mit dem Auto gegeben hätte. A K sei dann mit dem PKW ihrer Schwester heimgekommen und sie hätten zusammen seinen PKW gesucht, der aber nicht bei der H, sondern beim Gasthaus N in unversperrtem Zustand und mit offen auf dem Beifahrersitz liegendem Zulassungsschein abgestellt gewesen sei. Er habe vom Vorwurf der Alkotest-Verweigerung erst durch die Ladung der Erstinstanz erfahren. F S sei ihm von einem Indonesien-Urlaub seit ca. 1990 bekannt. S sei gebürtiger Niederbayer, wohne in Turin in Bahnhofsnähe, sei Weinhändler und spreche ohne Akzent. Er glaube, daß eine Verwechslung mit S nur aus größerer Entfernung möglich sei, zumal dieser um 10 cm größer und etwas schwerer sei, dunkle Haare, auffallend blaue Augen und einen Vollbart habe. Stricker sei seit 1992 fünf- oder sechsmal in B gewesen. Er habe ihn zuletzt am 28. Dezember 1996 in Turin an der Adresse V besucht und könne nicht sagen, warum S dort nicht gemeldet sei. Die Mutter des Rechtsmittelwerbers, H S, gab nach Belehrung über ihr Entschlagungsrecht zeugenschaftlich vernommen an, es sei vereinbart gewesen, daß die damals 18monatige Tochter L am Allerheiligen-Wochenende 1996 erstmals bei den Großeltern in E schlafen und der Rechtsmittelwerber dabei anwesend sein sollte. Sie habe ihren Sohn und die Enkelin in A am 2. November Mittag abgeholt und nach E gebracht. Es sei auch davon gesprochen worden, daß ihr Sohn einem Bekannten seinen PKW geborgt habe. Sie habe vorher einmal ein Telefongespräch mit einem Mann geführt, der sich als S vorgestellt, einen Südtiroler Dialekt gehabt habe und ihren Sohn habe sprechen wollen; sie habe ihm die Telefonnummer von A K gegeben. Seither habe sie nicht mehr mit ihm telefoniert. Sie hätte den Abend des 2. November 1996 gemeinsam mit Sohn und Enkelin verbracht und sie seien erst nach Mitternacht schlafen gegangen. Ihr Sohn habe im Wohnzimmer geschlafen, seinem ehemaligen Jugendzimmer, sie selbst, ihr Gatte und das Kind im Schlafzimmer. Die Enkelin habe gegen 3.00 Uhr geschrieen, weshalb sie ihr in der Küche, die keine Tür, sondern nur einen sogenannten Bogen ins Wohnzimmer habe, Tee zubereitet habe. Dabei habe sie ihren Sohn im Wohnzimmer schnarchen gehört. Sie schließe aus, daß er um 5.00 Uhr in B gewesen sei. Er habe keine Möglichkeit gehabt, wegzugehen oder abgeholt zu werden, ohne daß sie es gehört hätte. Am Morgen des 3. November 1996 sei sie um ca 7.00 Uhr aufgestanden, ihr Sohn habe bis gegen 9.00 Uhr geschlafen. Nach dem Frühstück habe sie ihn mit der Enkelin gegen Mittag nach A zurückgebracht. Die Zeugin A K, die nunmehrige Lebensgefährtin des Beschuldigten, bestätigte, daß sie der Rechtsmittelwerber mit seinem PKW am 2. November 1996 gegen 9.00 Uhr nach B gebracht habe. Sie habe dort bei ihrer Schwester im Geschäft ausgeholfen. Der Rechtsmittelwerber habe ihre Tochter mitgenommen, wobei vereinbart gewesen sei, daß sie in E bei den Großeltern übernachten solle. Am nächsten Tag habe sie sich den PKW ihrer Schwester ausgeborgt und gegen Mittag bei ihr daheim den Rechtsmittelwerber getroffen, der gesagt habe, sein PKW müsse beim Gasthaus H abgeholt werden. Sie hätten das Auto aber beim Gasthaus N vorgefunden, unversperrt und mit abgebrochenem Türgriff. Sie habe zwar gewußt, daß der PKW verborgt worden sei, habe aber nichts von S gewußt. Über ein Jahr vorher sei sie mit dem Rechtsmittelwerber in B gewesen, wo ein in einem PKW sitzender Mann den Rechtsmittelwerber bei der Post angesprochen habe. Dieser habe einen Vollbart gehabt, sie habe aber nicht besonders auf ihn geachtet. Der Rechtsmittelwerber habe ihr später gesagt, daß es S gewesen sei, von dem er manchmal Wein bekomme.

BI K hat ausgesagt, in der Nacht vom 2. auf den 3. November 1996 habe im Bereich B eine Schwerpunktaktion bezüglich Alkohol stattgefunden, an der einige Beamte des Landes- aber auch des Bezirksgendarmeriekommandos mit einem Einsatzbus, in dem sich der Alkomat befunden habe, und einem weiteren Fahrzeug teilgenommen hätten. Der in Rede stehende Lenker sei auf der K Richtung P-Kreuzung gefahren. BI K habe die Amtshandlung, bei der auch RI F anwesend gewesen sei, geführt. Er habe den Lenker aufgefordert, ihm Führerschein und Zulassungsschein zur Überprüfung auszuhändigen, worauf dieser gesagt habe, er habe die Papiere vergessen. Auf die Frage, wer er sei, habe dieser einen (sich nachher als unrichtig herausstellenden) Namen und eine Adresse genannt und sich vorerst auch zur Vornahme eines Alkotestes bereiterklärt. Er habe bei künstlicher Beleuchtung gesehen, daß der Lenker lange dunkle Haare und einen Bart gehabt habe, von mittlerer Statur und etwa so groß wie er selbst gewesen sei. Auf konkretes Befragen führte BI K aus, nicht gesehen zu haben, ob der angehaltene Lenker blaue Augen gehabt habe, eine Bindehautrötung der Augen habe er jedoch in der Anzeige vermerkt. Der Lenker habe sich, nachdem ihm die verlangte Mundspülung nicht erlaubt worden sei, schließlich geweigert, der Aufforderung zum Alkotest nachzukommen, indem er sinngemäß gesagt habe, "er lasse sich nicht in etwas hineintheatern". Kurz nach 5.00 Uhr des 3. November 1996 habe sich der Alkotestverweigerer vom Ort der Amtshandlung entfernt, ohne von den Beamten daran gehindert worden zu sein, was - so der Zeuge - sicher ein großer Fehler gewesen sei. Der Lenker habe im Weggehen sinngemäß gesagt, im Fahrzeug befänden sich seine Papiere, über die seine Identität ohnehin feststellbar sei. Daraufhin habe er feststellen müssen, daß der Zulassungsschein auf den Namen S lautete, was bei der anschließenden Terminalanfrage bestätigt wurde. Obwohl der Lenker zuerst einen anderen Namen genannt hatte, seien in unmittelbarer Folge keine weiteren Nachforschungen vorgenommen worden. Glaublich erst am nächstfolgenden Montag habe er beim Posten E einen ihm namentlich nicht bekannten älteren Beamten mit genauer Personsbeschreibung des Lenkers gefragt, ob er diesen kenne, und dieser habe geantwortet, es könne sich dabei nur um den Rechtsmittelwerber handeln. Daraufhin habe er beim GP B ein Foto gesehen und dabei den Lenker eindeutig als den Rechtsmittelwerber erkannt, wobei er zwar nicht sagen konnte, ob dieser auf dem Foto schon einen Vollbart getragen habe, jedenfalls habe er aber das Gesicht eindeutig erkannt. Der Zeuge bekräftigte, er erkenne auch bei der Verhandlung den Rechtsmittelwerber eindeutig als den damaligen Lenker wieder, da dieser schon damals genauso ausgesehen habe. Eine Intervention von höherer (interner) Stelle im Sinne einer Einflußnahme schloß der Zeuge aus, jedoch nicht, daß er mit einem Offizier ein Gespräch über den Rechtsmittelwerber geführt habe.

RI F führte als Zeuge vernommen aus, er habe den Vorfall nur beobachtet, hat aber die Schilderung der Verweigerung des Alkotestes durch BI K sinngemäß bestätigt. Er hat weiters ausgeführt, der Lenker habe auf die im Fahrzeug befindlichen Papiere hingewiesen; die Terminalanfrage, die normalerweise schon bei der Anhaltung durchgeführt werde, sei aber erst gemacht worden, als der Lenker bereits verschwunden gewesen sei. Nach Feststellung der divergierenden Namen sei der Lenker in der näheren Umgebung gesucht, aber wegen der Ortsunkundigkeit der Beamten nicht mehr gefunden worden. Das Fahrzeug sei am Ort der Anhaltung unversperrt stehen geblieben, wobei der GP B ersucht worden sei, den PKW durch mehrmaliges Vorbeipatrouillieren zu beobachten. Der Zeuge konnte nichts über den Verbleib des Schlüssels sagen, führte aber aus, daß Beamte des BGK in dieser Nacht in der Nähe des gegenständlichen Anhaltungsortes ebenfalls Kontrollen durchführten. Zur Feststellung der Identität des Lenkers sei vorerst nichts unternommen worden, die Ermittlungen bei den GP E und B sein Kollege später durchgeführt. Der Zeuge betonte, der damalige Lenker sei für ihn eindeutig der Rechtsmittelwerber gewesen, der die Haare schon damals lang und zu einem Zopf zusammengebunden getragen habe. Er erkenne ihn auch nach eineinhalb Jahren ohne Zweifel wieder.

Bei seiner neuerlichen Einvernahme gab GI K an, da das Fahrzeug unversperrt zurückgeblieben sei, sei mit dem GP B vereinbart worden, diesbezüglich Nachschau zu halten. Der Zulassungsschein sei im PKW geblieben, an den Verbleib des Schlüssels könne er sich nicht erinnern. Nach dieser Amtshandlung habe beim GP B eine Besprechung stattgefunden, es sei nur vom Fahrzeug die Rede gewesen, nicht jedoch von den Differenzen bezüglich des Namens des Lenkers. Der Lenker sei mit dem Fahrzeug des LGK im Umkreis des Anhaltungsortes gesucht, aber nicht gefunden worden. Auch sei keine Fahndung eingeleitet worden. Der Rechtsmittelwerber hat angegeben, er habe kurze Zeit später einen namentlich genannten Beamten des GP B getroffen, der ihm gegenüber bestätigt habe, er habe in dieser Nacht Dienst gehabt und auch das ihm bekannte Fahrzeug des Rechtsmittelwerbers stehen gesehen, jedoch könne er ausschließen, daß vonseiten des LGK ein Ersuchen an den GP B in irgendeiner Form auf Beobachtung dieses PKW gerichtet worden sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt im Rahmen der zu würdigenden Beweise zu der Auffassung, daß die Angaben des Rechtsmittelwerbers über den angeblichen Lenker F S zwar nicht besonders glaubhaft sind, aber nach der Aktenlage und den Ergebnissen der Beweisaufnahme auch nicht mit der notwendigen Sicherheit widerlegbar erscheinen. Es liegt zwar eine negative Meldeauskunft des Einwohnermeldeamtes Turin sowie ein Postfehlbericht der italienischen Post vor. Daraus ergibt sich aber noch nicht zwingend, daß der als Fahrer genannte S nicht existiert.

Die Mutter des Rechtsmittelwerbers hat immerhin über ein Telefonat im Frühsommer 1996 mit einem gewissen S berichtet, der einen Südtiroler Dialekt gesprochen hätte. Auch die Zeugin K sah einmal jemanden in einem hellen Lieferwagen, von dem ihr der Rechtsmittelwerber berichtete, daß er Wein liefere und S heiße. Die Aussage, daß das Kleinkind in Anwesenheit des Vaters bei den Großeltern die Nacht vom 2. auf den 3. November 1996 verbringen sollte, erscheint glaubhaft. Diese Version wird immerhin von der Mutter des Rechtsmittelwerbers und von der Kindesmutter bestätigt. Auch wenn diese Zeuginnen in einem Naheverhältnis zum Rechtsmittelwerber stehen, kann ihnen allein deshalb nicht unterstellt werden, diesen begünstigen zu wollen. Abgesehen von den - allerdings zweifelhaften - Aussagen der Gendarmeriebeamten, die den Rechtsmittelwerber als Lenker wiedererkannt haben wollen, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß die Zeuginnen die Unwahrheit sagten.

Die Schilderungen der Gendarmeriebeamten, bezogen auf die Identifizierung des Lenkers, vermögen aus verschiedenen Überlegungen nicht in einer Form zu überzeugen, die für eine Verwechslung nicht noch Spielraum ließen. Gravierende Nachlässigkeiten im Rahmen der Amtshandlung und Ungereimtheiten in der Darstellung der Gendarmen lassen erhebliche Zweifel an der objektiven Richtigkeit der Identifikation des Rechtsmittelwerbers aufkommen, auch wenn die Beamten subjektiv davon überzeugt sein mögen.

Zum einen erscheint es nach der allgemeinen Lebenserfahrung beinahe ausgeschlossen, daß ein beanstandeter Fahrzeuglenker, der zum Alkotest aufgefordert wird, unter Verweis auf im PKW befindliche Fahrzeugpapiere, in denen sein Name aufscheinen soll, völlig ungehindert von den anwesenden drei Beamten des LGK für OÖ. auf und davon geht, ohne daß sofort die Verfolgung aufgenommen, eine Fahndung eingeleitet und überhaupt alle verfügbaren Gendarmerieorgane der Umgebung mit der Suche befaßt werden. Auch der Umstand, daß der Nachtdienst um 5.00 Uhr früh schon fast zu Ende war und die Beamten übermüdet gewesen sein könnten, vermag diese von GI K bei der zeugenschaftlichen Befragung sofort als Fehler eingestandene Tatsache in keiner Weise zu erklären. Unverständlich ist nämlich, daß die Terminalanfrage erst nach dem Entschwinden des Lenkers gemacht worden sein soll, obgleich die Zeugen übereinstimmend geschildert haben, der Lenker habe Führerschein und Zulassungsschein nicht zur Überprüfung ausgehändigt, sondern sich unter einem falschen Namen vorgestellt. Schon die Anfrage nach dem Zulassungsbesitzer anhand des Kennzeichens wäre eine Möglichkeit zur Identitätsklärung gewesen. Abgesehen davon hat Insp. F erst ein halbes Jahr nach dem Vorfall bei seiner zweiten Befragung vor der Erstinstanz erwähnt, daß der Lenker bei seinem Entfernen vom Anhaltungsort auf den im Fahrzeug liegenden Zulassungsschein hingewiesen habe, aus dem sich sein Name ersehen lasse, während GI K davon nie etwas erwähnte, jedoch in der mündlichen Verhandlung die vom Kollegen geschilderte Vorgangsweise des Lenkers als bekannt voraussetzte. Auch die Tatsache, daß der PKW des Rechtsmittelwerbers unversperrt (mit wahrscheinlich steckendem Schlüssel) und offen auf dem Beifahrersitz liegendem Zulassungsschein am Anhaltungsort stehen geblieben ist (die übliche Vorgangsweise in diesem Fall wäre zumindest gewesen, daß der PKW von den Gendarmeriebeamten verschlossen und der Schlüssel zB beim nächstgelegenen Gendarmerieposten deponiert wird), erscheint allenfalls in dem Licht schlüssig, daß die Beamten gehofft haben, nach der erfolglosen Suchaktion auf diesem Weg den Lenker zur Rückkehr zu seinem Fahrzeug zu bewegen. Für den Rechtsmittelwerber war, wie er in der Verhandlung schlüssig dargelegt hat, auf Grund des äußeren - eher ungepflegten - Erscheinungsbildes des sehr alten und auffälligen PKWs mit dessen Diebstahl jedoch nicht zu rechnen, sodaß er den PKW erst zusammen mit der Zeugin K am nächsten Tag geholt hat. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist dem Rechtsmittelwerber Glaubwürdigkeit dahingehend beizumessen, wenn er ausführt, er sei (vor seiner Suspendierung stellvertretender Kommandant des GP B) als solcher jedem Gendarmeriebeamten des inneren S bekannt gewesen; auch sein auffälliger PKW sei in der Gegend um B jedem Gendarmeriebeamten bekannt gewesen. Es war daher davon auszugehen, daß eine Aufklärung der Zeugen über die Identität des Lenkers entweder über die Personsbeschreibung oder über die Beschreibung des PKW bei den Beamten des GP B oder sogar bei den an der Planquadrataktion teilnehmenden Beamten des BGK erfolgen hätte können. In diesem Zusammenhang fallen mehrere Widersprüche zwischen den Aussagen von GI K und Insp. F auf. So hat GI K zunächst ausgesagt, eine Kontaktnahme mit dem GP B oder den Beamten des BGK, die nach glaubwürdiger Aussage des Rechtsmittelwerbers Auskunft über ihn, seine Wohnadresse und seinen damals fallweisen Aufenthaltsort in A geben hätten können, sei nicht erfolgt, sondern er selbst habe am nächsten Montag von L anreisend die GP E und B aufgesucht und sei über die Personsbeschreibung auf den Rechtsmittelwerber hingewiesen worden. Bei seiner späteren Aussage in der mündlichen Verhandlung hat der Zeuge jedoch ausgeführt, die Nachschau beim PKW sei mit den Beamten des GP B vereinbart worden und dazu wäre sogar dieser Posten noch in der Morgenstunde aufgesucht worden. Nach seiner (K) Aussage sei trotzdem mit niemandem ein Gespräch zur Aufklärung der Identität des Lenkers geführt worden. Daß aber, wenn tatsächlich ein Ersuchen um Überwachung des PKW direkt beim GP B erfolgt ist, dabei nicht die näheren Umstände, insbesondere die Gründe für die Überwachung, dargelegt worden seien, ist unverständlich bzw aufklärungsbedürftig und wohl nicht nur mit einer Übermüdung der Beamten, sondern nur mit erheblicher Nachlässigkeit zu erklären. Auffällig ist außerdem, daß GI K am nächsten Montag (aus L zu diesem Zweck anreisend) persönlich beim GP E vorgesprochen und dort von einem namentlich unbekannten, älteren Beamten über die Personsbeschreibung auf die Identität des Rechtsmittelwerbers aufmerksam gemacht worden sein soll. Der Zeuge hat nicht zu begründen vermocht, warum er sich genau beim GP E, dem damaligen Wohnort des Rechtsmittelwerbers, diesbezüglich erkundigt hat. Er hat weiters ausgesagt, er sei an den GP B verwiesen worden, wo er den Rechtsmittelwerber zweifelsfrei auf einem dort befindlichen Gruppenfoto erkannt habe, auch wenn er nicht sagen konnte, ob der Rechtsmittelwerber auf diesem Foto bereits einen Vollbart, wie bei der Amtshandlung am 3. November 1996 und auch bei der mündlichen Verhandlung, getragen habe. Er hat sich bei der Einvernahme - nicht nachvollziehbar - darauf berufen, das Gesicht des Rechtsmittelwerbers habe er mit oder ohne Vollbart jedenfalls als das des ihm unbekannten nächtlichen Lenkers erkannt. In der Zusammenschau ist es für den unabhängigen Verwaltungssenat bei lebensnahen Überlegungen nicht vorstellbar, daß zwar die Feststellung der Identität des Lenkers an Ort und Stelle ebenso wie dessen Verfolgung und Auffindung unmöglich gewesen sein soll, jedoch nunmehr nach übereinstimmenden Angaben der Gendarmeriebeamten trotz Dunkelheit am Anhaltungsort, einem bloß kurzen Gespräch mit einem unbekannten Fahrzeuglenker und einer nachträglichen Identitätsfeststellung im Wege einer vom Zeugen nicht näher dargelegten Personsbeschreibung eindeutig feststehen soll, daß ohne Zweifel der Rechtsmittelwerber der damalige Lenker gewesen sei, der auch der Aufforderung von GI K zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung nicht Folge geleistet und überdies Führerschein und Zulassungsschein nicht auf Aufforderung zur Überprüfung ausgehändigt habe. Bei so vielen Nachlässigkeiten und Erhebungsfehlern, wie sie den amtshandelnden Gendarmeriebeamten im konkreten Fall unterlaufen sind, kann der unabhängige Verwaltungssenat die Identifikation des Rechtsmittelwerbers nicht ohne gewichtige Zweifel am objektiven Wahrheitsgehalt zur Kenntnis nehmen. Auf Grund der Aussagen sowohl der Zeugen als auch der Beschuldigtenverantwortung sind so viele Varianten eines tatsächlichen Geschehensablaufs am Anhaltungsort möglich, daß eine eindeutige Feststellung diesbezüglich nicht getroffen werden kann. Insbesondere ist aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht mit einer für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erschließbar, daß tatsächlich der Rechtsmittelwerber die ihm im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegten Übertretungen begangen hat. Auch die Einholung weiterer Beweise, zB die zeugenschaftliche Einvernahme namentlich unbekannter Gendarmeriebeamter der GP E und B, scheint mehr als eineinhalb Jahre nach dem Vorfall nicht mehr erfolgversprechend. In rechtlicher Hinsicht war daher sowohl von der 4. Kammer des UVS hinsichtlich des Vorwurfs der Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 als auch vom zuständigen Einzelmitglied hinsichtlich der Vorwürfe gemäß §§ 134 Abs.1 iVm 102 Abs.5 lit.a und b KFG 1967 nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" wegen Nichterweisbarkeit der dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegten Übertretungen gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG jeweils mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen, wobei naturgemäß auch keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider Mag. Bissenberger

Beschlagwortung: Beweisverfahren ergab keinen eindeutigen Schluß auf Täterschaft des Berufungswerbers -> Einstellung.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum