Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105072/2/Ki/Shn

Linz, 13.01.1998

VwSen-105072/2/Ki/Shn Linz, am 13. Jänner 1998

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Robert W, vom 3. November 1997 gegen das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 10. Oktober 1997, VerkR96-9803-1997-Hu, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 10. Oktober 1997, VerkR96-9803-1997-Hu, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 5.6.1997 um 14.05 Uhr in Linz, auf der Kärntnerstraße vor dem Haus Nr.12, den PKW, gelenkt und dabei einem Fußgänger, der einen Schutzweg erkennbar benützen wollte, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht hat (verletzte Rechtsvorschrift: § 9 Abs.2 StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 80 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 3. November 1997 Berufung mit dem Antrag, das ergangene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verfahren gegen ihn einzustellen. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, daß der Tatort ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

Diesen im § 44a Z1 VStG normierten Konkretisierungserfordernissen wird der gegenständliche Schuldspruch nicht gerecht. Gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten. Um den oben dargelegten Kriterien der Spruchkonkretisierung zu entsprechen, genügt es im Falle einer Übertretung des § 9 Abs.2 StVO 1960 nicht, daß der betreffenden Person vorgeworfen wird, sie habe einem Fußgänger das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht. Entsprechend dem Gebot des zweiten Satzes der zitierten Vorschrift wäre dem Beschuldigten auch anzulasten, durch welches Verhalten er seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Das Gesetz sieht nämlich ausschließlich vor, dem Fußgänger das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn dadurch zu ermöglichen, daß entweder eine entsprechend geringe Geschwindigkeit eingehalten wird, um das Fahrzeug vor dem Schutzweg gegebenenfalls anzuhalten bzw daß erforderlichenfalls vor dem Schutzweg anzuhalten ist. Das Unterlassen dieser ausschließlich gebotenen Verhaltensweisen wurde dem Bw in keiner Phase des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens angelastet, so daß er letztlich nicht in die Lage versetzt wurde, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um den Tatvorwurf zu widerlegen. Da innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 VStG) gegen den Bw keine vollständige und damit taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, war es der Berufungsbehörde (anders als etwa im Fall VwSen-102554/15/Ki/Shn vom 5. April 1995) verwehrt, den Strafausspruch entsprechend zu konkretisieren, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren gegen den Bw wegen eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen war. II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Konkretisierungsgebot hinsichtlich Fußgängerübergang (Schutzweg, Zebrastreifen)

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