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VwSen-105937/3/WEG/Ri

Linz, 02.12.1998

VwSen-105937/3/WEG/Ri Linz, am 2. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des H K vom 16. November 1998 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft U vom 9. November 1998, VerkR96-3911-1998-SR/HA, womit ein Einspruch gegen eine Strafverfügung als verspätet eingebracht zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, § 49 Abs.1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft U hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid den Einspruch des nunmehrigen Berufungswerbers vom 16. Oktober 1998 gegen die Strafverfügung vom 23. September 1998 wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen und dies unter Hinweis auf die zweiwöchige Berufungsfrist damit begründet, daß die angefochtene Strafverfügung laut Zustellnachweis am 30. September 1998 rechtswirksam zugestellt worden sei und somit der Einspruch bis spätestens 14. Oktober 1998 eingebracht hätte werden müssen, was jedoch nicht geschah, weil aus dem Poststempel des Briefumschlages eindeutig der 16. Oktober 1998 abzulesen ist.

Zum Aktengang: Der Lenker des PKW's mit dem Kennzeichen L überschritt am 16. Mai 1998 auf der A bei Kilometer in Richtung Norden fahrend die mit 80 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 15 km/h, wobei die Verkehrsfehlergrenze schon berücksichtigt wurde. Zulassungsbesitzerin dieses PKW's war die K Speditions- und Transport Ges.m.b.H. mit dem Sitz in L, Mstraße.

Die darauf erlassene Anonymverfügung richtete sich gegen H K, was im Hinblick auf § 49a Abs.5 VStG zulässig ist, weil die Behörde (Bundespolizeidirektion L) mit Grund annehmen konnte, daß das gemäß § 9 VStG verantwortliche Organ (es ist dies H K) den Täter kennt oder leicht feststellen kann. Der in der Anonymverfügung ausgewiesene Strafbetrag von 400 S wurde nicht einbezahlt, sodaß die Bundespolizeidirektion L, ohne den Lenker zu ermitteln, über H K, den Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin, in Form einer Strafverfügung wegen einer Übertretung nach § 52 Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S verhängte. Auf ein Lenkerauskunftsverfahren verzichtete die Bundespolizeidirektion L, was sich im Hinblick auf die Zulassungsbesitzerin (Ges.m.b.H.) geradezu angeboten hätte und was sich letztlich als verwaltungsunökonomisch herausstellte, obwohl wahrscheinlich das Gegenteil, nämlich verwaltungsökonomisch zu handeln, geplant war. Die an H K unter der Adresse Mstraße adressierte Strafverfügung wurde nicht zugestellt und mit dem Vermerk an die Bundespolizeidirektion L zurückgesendet, daß der Adressat verzogen sei. (Dazu eine Anmerkung: Der Berufungswerber ist nicht verzogen sondern hat den Firmensitz von L nach L verlegt).

Im Hinblick auf den ermittelten Wohnsitz des Berufungswerbers, nämlich P, wurde das Verwaltungsstrafverfahren sowohl mit Schreiben vom 27. August 1998 als auch mit Schreiben vom 7. September 1998 gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft U abgetreten. Dies offenbar in der Annahme, daß der Geschäftsführer der genannten Ges.m.b.H. auch der Lenker war.

Die Bezirkshauptmannschaft U erließ am 23. September 1998, wiederum ohne Lenkererhebung, eine Strafverfügung wegen derselben Verwaltungsübertretung, verhängte allerdings eine Geldstrafe von 700 S.

Ob nun diese Strafverfügung am 28. September 1998 hinterlegt und ab dem 30. September 1998 beim Postamt zur Abholung bereitgehalten wurde (so der Rückschein) oder wegen des auf dem Kuvert angebrachten Vermerkes "verzogen" nach L, Srstraße, nachgesendet oder an die Behörde zurückgesendet wurde ist im Hinblick auf die aufgezeigten Widersprüche zunächst unklar.

Unklar ist in diesem Zusammenhang auch der Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft U vom 2. Oktober 1998 an das Gemeindeamt P mit dem Ersuchen um Erhebung, ob sich der Genannte (K) zum Zeitpunkt der Hinterlegung des gegenständlichen Rückscheinbriefes vom 30. September 1998 bis 19. Oktober 1998 in P, Tweg, aufgehalten hat. Wie nämlich kann das Gemeindeamt P zu diesem Zeitpunkt erheben, was noch gar nicht feststehen kann. Möglicherweise liegt eine Datumsverwechslung vor. In diesem zitierten Schreiben vom 2. Oktober 1998 wird das Gemeindeamt P ersucht, den Inhalt des beiliegenden Rückscheinbriefes gegen Empfangsbestätigung am Rückschein ohne Briefumschlag auszufolgen, wenn der nunmehrige Berufungswerber während der gesamten Dauer der Abholfrist außerhalb seines Wohnortes aufhältig gewesen sein sollte. Diese Ausfolgung wurde durchgeführt und zwar offenbar vom Gemeindeamt P (die diesbezügliche Spalte wurde nicht ausgefüllt). Der Briefumschlag verblieb also im Akt, der Inhalt des Rückscheinbriefes, nämlich die Strafverfügung, wurde am 15. Oktober 1998 ausgehändigt. Der Briefumschlag samt Inhalt muß also statt der Hinterlegung wieder an die Behörde zurückgesendet worden sein, was aber bedeutet, daß diese Sendung in Wirklichkeit nicht beim Postamt zur Abholung bereitgehalten wurde. Damit wurde sie de facto auch nicht hinterlegt.

Aus einer Mitteilung des Gemeindeamtes P vom 16. Oktober 1998 ist zu ersehen, daß sich der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Hinterlegung "wohl" in seinem Wohnort aufgehalten hat. Warum trotz dieses Erhebungsergebnisses der Inhalt des Rückscheinbriefes entgegen der Anordnung der Bezirkshauptmannschaft U ausgefolgt wurde, ist unerfindlich.

Letztendlich wurde diese Strafverfügung vom nunmehrigen Berufungswerber mit Schreiben vom 16. Oktober 1998 (also einen Tag nach Erhalt) beeinsprucht und in diesem Einspruch der Lenker des Fahrzeuges genannt. Dies geschah noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist, sodaß eine Einleitung eines Strafverfahrens gegen diese bekanntgegebene Person möglich gewesen wäre. Der Akt endet mit dem nunmehr bekämpften Bescheid und der dagegen eingebrachten Berufung.

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Wie aus dem dargelegten Aktengang unschwer abzuleiten ist, sind hinsichtlich der Zustellung der Strafverfügung Unzulänglichkeiten aufgetreten, welche letztlich bewirken, daß die angebliche Hinterlegung keine Zustellfiktion nach sich zieht. Zum Hinterlegen eines Schriftstückes gehört auch die physische Komponente, das heißt, daß das Schriftstück bei jenem Postamt zu liegen hat, wo es zur Abholung bereitgehalten wird. Aus der Aktenlage ergibt sich eindeutig, daß das Schriftstück nicht zur Abholung bereitgehalten wurde sondern an die Bezirkshauptmannschaft U zurückgesendet wurde, welche die Zustellung über das Gemeindeamt P veranlaßte. Diese letztlich durchgeführte Zustellung am 15. Oktober 1998 ist jene, die mit einer Zustellwirkung versehen ist, weshalb der Einspruch vom 16. Oktober 1998 rechtzeitig ist. Das bedeutet, daß die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft U außer Kraft getreten ist.

Der Oö. Verwaltungssenat erlaubt sich die abschließende Bemerkung, daß dieses Verfahren von Anbeginn weg dem Artikel 10 Abs.3 Oö. Landesverfassungsgesetz 1991 widersprach. Hätte nämlich zuerst die Bundespolizeidirektion L und nach der Abtretung die Bezirkshauptmannschaft U eine Lenkererhebung durchgeführt, was geradezu dann zwingend ist, wenn der Zulassungsbesitzer eine juristische Person ist, hätte einerseits der richtige Täter zur Rechenschaft gezogen werden können und wäre andererseits nicht ein derartig aufgeblasenes Verfahren daraus geworden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an:

Akt Dr.Wegschaider

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