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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105954/12/Ki/Shn

Linz, 03.03.1999

VwSen-105954/12/Ki/Shn Linz, am 3. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Rainer Z, vom 13. November 1998 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 5. November 1998, VerkR96-10070-1998-Shw, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Februar 1999 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Braunau/Inn hat den Berufungswerber (Bw) mit Straferkenntnis vom 5. November 1998, VerkR96-10070-1998-Shw, für schuldig befunden, er habe am 5.4.1998 um 17.13 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen, auf der Lamprechtshausener Bundesstraße B 156, von Neukirchen/E. kommend in Fahrtrichtung Braunau gelenkt und im Zuge der oben angeführten Fahrt bei Strkm 59,400 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, verbotenerweise links überholt. Er habe dadurch § 16 Abs.2 lit.e StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 13. November 1998 Berufung, in welcher dem Grunde nach die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestritten wird.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, verbunden mit einem Augenschein im Bereich des vorgeworfenen Tatortes, am 25. Februar 1999. An der Berufungsverhandlung nahmen der Rechtsmittelwerber sowie eine Vertreterin der Erstbehörde teil. Als Zeugen wurden die Gattin des Bw, Frau Heike Z, sowie der Meldungsleger, RI Karl P, einvernommen. I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden seitens des Oö. Verwaltungssenates nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Braunau/Inn vom 6. April 1998 zugrunde. Unter anderem hat der Meldungsleger ausgeführt, daß der Bw zur vorgeworfenen Tatzeit mit einem näher bezeichneten Kombi auf der Lamprechtshausener Bundesstraße B 156 von Neukirchen/Enknach kommend in Richtung Braunau fuhr und er im beschilderten Überholverbot bei Strkm 59,4 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholte. Der Gendarmeriebeamte hatte seinen Standort ca auf Höhe des Strkm 59,750 mit freier und sehr guter Sicht auf das genannte Fahrzeug, da die Fahrbahn in diesem Bereich fast eben und gerade verläuft. Dem Vorwurf nach lenkte der Bw den Kombi inmitten einer kleinen Kolonne von mehreren mehrspurigen Fahrzeugen und er wurde nach dem Überholvorgang bei Strkm 59,750 vom Meldungsleger angehalten. Dabei sei er an der Spitze der angeführten Kolonne gefahren. Außer der genannten Kolonne bzw des Kombi des Bw hätten sich zum Tatzeitpunkt keine weiteren Fahrzeuge im Blickfeld des Gendarmeriebeamten befunden.

Eine zunächst von der BH Braunau/Inn erlassene Strafverfügung wegen dieser Angelegenheit wurde vom Bw beeinsprucht. In diesem Einspruch bestritt er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung und er führte ua aus, daß er nicht ein mehrspuriges sondern zwei mehrspurige Fahrzeuge überholt habe. Er habe sich diesen mit 50 - 60 km/h fahrenden zwei Fahrzeugen mit ca 100 km/h genähert und diese beiden in einem Zuge überholt, wobei er genau kurz vor dem Beginn des Überholverbots wieder auf den rechten Fahrstreifen wechselte. Die BH Braunau/Inn hat in der Folge eine mündliche Verhandlung anberaumt und auch durchgeführt. Bei dieser Verhandlung wurde ua der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen, er bestätigte bei dieser Einvernahme, daß der gesamte Überholvorgang im Verbotsbereich stattgefunden hätte. Nach Wahrung des Parteiengehörs hat die BH Braunau/Inn dann das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 5. November 1998, VerkR96-10070-1998-Shw, erlassen.

Die Berufungsbehörde hat zunächst im Rechtshilfeweg eine zeugenschaftliche Einvernehmung der Gattin des Bw durch die Polizeiinspektion Griesbach im Rottal vornehmen lassen. Dort erklärte die Zeugin, daß sie am 5. April 1998 gegen 17.00 Uhr auf der Bundesstraße von Neukirchen nach Braunau fuhren. Sie habe sich im Fahrzeug vorne rechts befunden, der PKW sei von ihrem Ehemann gesteuert worden. Vor ihnen wären etwa drei oder vier Fahrzeuge gefahren. Ihr Mann habe zwei Fahrzeuge überholt und sei dann nach rechts eingeschert. Mit Sicherheit habe der Überholvorgang vor dem Verbotszeichen stattgefunden. Sie seien etwa auf Höhe des Hinweisschildes "AMAG" nach rechts eingeschert. In der Überholverbotszone sei ihr Mann mit dem Kombi etwas zur Mittellinie versetzt gefahren, auf keinen Fall sei in der Verbotszone überholt worden. An den Vorfall könne sie sich genau erinnern, da sie noch im Überholverbot von einem Polizeibeamten angehalten wurden. Bereits an diesemTag hätte ihr Mann dem Polizeibeamten erklärt, daß er nicht im Überholverbot überholt hätte. Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung erklärte der Bw, daß er den Überholvorgang noch vor dem Überholverbot beendet hätte. Im Bereich des Überholverbotes sei er noch seitenversetzt gefahren. Er habe zwei Fahrzeuge überholt, im Bereich des vorgeworfenen Tatortes sei der Überholvorgang längst beendet gewesen.

Die ebenfalls geladene und zur mündlichen Verhandlung erschienene Gattin des Bw erklärte, daß es richtig sei, daß ihr Gatte zwei Autos überholt habe. Der Gatte habe bereits vor Beginn des Überholverbotes zwei Fahrzeuge überholt und sei noch vor Beginn des Überholverbotes wiederum eingeschert. Im Bereich des Überholverbotes sei ihr Gatte mehr Richtung Mitte der Fahrbahn auf seinem Fahrstreifen gefahren, dies deshalb, weil vor ihm noch ein Auto unterwegs war. An diesem Fahrzeug hat sich ihr Gatte nicht vorbei bewegt. In der Folge sei es zur Anhaltung durch den Polizeibeamten gekommen.

Der Meldungsleger bestätigte bei seiner Aussage, daß sein Standort bei Strkm 59,750 (Bushaltestelle) war. Er habe in Richtung Salzburg geblickt und in Richtung Braunau fahrend eine kleine Kolonne von mehrspurigen Fahrzeugen wahrgenommen. Unter einer kleinen Kolonne verstehe er ca drei bis fünf Fahrzeuge. Plötzlich habe er bemerkt, wie aus der Kolonne heraus ein Kleinbus die Fahrbahn wechselte bzw das Fahrzeug versetzte und zu überholen begann. Der Vorfall habe sich ca im Bereich des Strkm 59,4 ereignet. Der Bw habe sein Fahrzeug im vorhin erwähnten Bereich an den anderen Fahrzeugen vorbei bewegt, ein nur seitlich versetztes Fahren sei nicht gegeben gewesen. Auf Vorhalt, daß in der Anzeige ausgeführt wurde, es sei ein Fahrzeug überholt worden, führte der Zeuge aus, daß der Bw mit Sicherheit jedenfalls ein Fahrzeug überholt hat. Auf nochmaliges Befragen erklärte der Zeuge dann, daß er aus seiner Sicht nicht genau sagen könne, ob es ein oder zwei Fahrzeuge waren, an denen sich der Bw vorbei bewegte. I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Dem Bw wird vorgeworfen, er habe auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, verbotenerweise links überholt (§ 16 Abs.2 lit.a StVO 1960). Dazu wird zunächst darauf hingewiesen, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo anzuwenden ist. Dieser Grundsatz ist eine Regel für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte. Wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen VwGH 95/02/0263 vom 8.9.1995 u.a.).

In freier Beweiswürdigung der zeugenschaftlichen Aussage der Gattin des Bw, welche durchaus schlüssig ist, gelangt die Berufungsbehörde zur Auffassung, daß diese Aussage der Entscheidung zugrundezulegen ist. Wohl ist zu bedenken, daß die Zeugin als Gattin des Bw zu diesem in einem besonderen Naheverhältnis steht, andererseits ist aber zu bedenken, daß ihr auch bewußt war, daß sie im Falle einer falschen Zeugenaussage mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte. Ihre Aussagen zunächst bei der Polizeiinspektion Grießbach im Rottal und später im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung sind nicht widersprüchlich und decken sich auch mit den Rechtfertigungsangaben des Bw. Auch ist die Schilderung des Sachverhaltes insoferne schlüssig, als es durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, daß ein Fahrzeuglenker, welcher zunächst zwei Fahrzeuge überholt hat, in der Folge noch etwas seitlich versetzt auf seinem Fahrstreifen unterwegs ist, dies insbesondere dann, wenn allenfalls sich vor diesem Fahrzeug noch ein weiteres Fahrzeug befindet. Durch die vorgenommene Wertung der Aussage der Gattin des Bw soll jedoch dem Meldungsleger keine vorsätzliche falsche Zeugenaussage unterstellt werden. Wenn auch die Sicht vom seinerzeitigen Standort des Meldungslegers aus in Richtung des vorgeworfenen Tatbereiches durchaus uneingeschränkt möglich war, so ist doch nicht auszuschließen, daß er aufgrund der Entfernung zum vorgeworfenen Tatort aus der möglichen seitlich versetzten Fahrweise des Bw geschlossen hat, dieser habe sich an den anderen Fahrzeugen vorbei bewegt und damit verbotenerweise überholt. Insbesondere kommen deshalb Zweifel an der Richtigkeit des vom Gendarmeriebeamten angenommenen Sachverhaltes auf, als dieser anfänglich angegeben hat, der Bw habe ein Fahrzeug überholt. Auf Vorhalt der Rechtfertigung des Bw, dieser habe zwei Fahrzeuge überholt, mußte der Meldungsleger letztlich eingestehen, daß er aus seiner Sicht nicht sagen könne, ob es sich um ein oder um zwei Fahrzeuge gehandelt hat.

In Anbetracht dessen, daß trotz eingehender Beweiswürdigung im vorliegenden Falle, insbesondere im Hinblick auf die divergierenden Aussagen der Zeugen, Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, war nach dem Grundsatz in dubio pro reo der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h

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