Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105974/16/Gu/Pr

Linz, 15.06.1999

VwSen-105974/16/Gu/Pr Linz, am 15. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des G. L., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K. K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14.10.1998, Zl.VerkR96-18330-1997, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 17.5.1999 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungs-verfahrens 900 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 52a Z10a StVO 1960 idF der 19. StVO Novelle, § 99 Abs.3 lit.a leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 27.9.1997 um 9.10 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Bundesstraße 147 in Fahrtrichtung B. gelenkt zu haben, wobei er im Gemeindegebiet von B. bei Km. die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstge-schwindigkeit von 50 km/h um 43 km/h überschritten habe.

Wegen Verletzung des § 52a Z10a StVO 1960 wurde ihm deswegen in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 4.500 S, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrens-kostenbeitrag von 10 % der Geldstrafe auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihr Straferkenntnis und zwar insbesondere die Lenkereigen-schaft auf die Zeugenaussage der in der Verkehrsabteilung der Bezirkshaupt-mannschaft Braunau bediensteten Fr. Sch., welche auf ein Telefongespräch mit dem Beschuldigten Bezug nahm, worin dieser sich als der Lenker des in Frage stehenden Fahrzeuges bezeichnet hatte.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte geltend, daß eine solche Selbstbezichtigung nicht erfolgt sei und das Gespräch offensichtlich mißverstanden worden sei und er nur sich als die Person ausgegeben hatte, welcher vom Dienstgeber das Benützungsrecht eingeräumt worden war.

Tatsächlich habe eine im Verfahren benannte Person (es war dies ein als Geschäftsfreund bezeichneter F. B. mit einer Post-Box-Anschrift in Südafrika) von ihm das Fahrzeug zum Gebrauch erhalten.

Er beantragt deshalb, die zeugenschaftliche Einvernahme der Frau E. Sch., die Abhaltung eines Ortsaugenscheines zum Beweise dafür, daß die gesamte Straßenpassage mit 93 km/h gar nicht durchfahren werden könne und die Geschwindigkeitsmessung daher ganz offensichtlich fehlerhaft gewesen sei, die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers Insp. B., die zeugenschaftliche Einvernahme des F. B. aus Südafrika und die Beiziehung eines Kfz-technischen Sachverständigen.

Insgesamt begehrt er, wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Aufgrund der Berufung wurde am 17.5.1999 die mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten und seines Vertreters durchgeführt, Frau E. Sch. und Insp. B. als Zeugen vernommen, der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, ein Ortsaugenschein durchgeführt und vom zugezogenen Kfz-technischen Amtssachverständigen eine fachkundige Äußerung erstattet. Ferner wurde in die Auswertung der Radarfotos Einsicht genommen, der mit Herrn B. angestrebte Schriftverkehr erörtert und das Verzeichnis, die den Beschuldigten betreffenden verwaltungsbehördlichen Vormerkungen verlesen.

Die Vernehmung des F. B. mußte unterbleiben, weil von seiten des Beschuldigten keine ladungsfähige Adresse bekanntgegeben werden konnte und auf das Anschreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates unter der vom Beschuldigtenvertreter bekanntgegebenen Adresse des F. B. keine Reaktion erfolgt war.

Schließlich wurde auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung in den Eichschein betreffend das seinerzeit in Verwendung gestandene Radarmeßgerät Einsicht genommen.

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen angenommen:

Der Beschuldigte lenkte am 27.9.1997 um 9.10 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Bundesstraße 147 in Fahrtrichtung B. und wurde dabei im Gemeindegebiet von B. bei Km. in einem Bereich für den durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindig-keit 50 km/h von einem im Außendienst befindlichen Beamten des Landesgendarmeriekommandos für OÖ. mit Verkehrsgeschwindigkeitsmessung betrauten Beamten mittels Radargerät MULTANOVA 6F NR 691 mit einer Geschwindigkeit von 98 km/h gemessen, was nach Abzug der Meßtoleranzen des Gerätes einen untersten Wert von 93 km/h ergibt.

Bezüglich der Würdigung der Beweise zu diesen Feststellungen war anzumerken, daß aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nicht strittig erscheint, daß der Tatort eine Freilandstraße ist, für welche zum Tatzeitpunkt die vorstehend beschriebene Geschwindigkeitsbeschränkung bestand und kundgemacht war. Ferner bestehen keine Zweifel, daß die Radarmessung mit einem geeichten und tauglichen Gerät vorgenommen worden ist und daß die Aufstellung des Gerätes den zulässigen Meßbedingungen entsprach, was durch die Aussage des seinerzeitigen Meßbeamten bescheinigt ist. Auch die Möglichkeit des Durchfahrens der Meßstrecke mit der festgestellten Geschwindigkeit wurde vom Amtssachverständigen nachvollzogen und bescheinigt und wurden in der mündlichen Verhandlung nach Durchführung der entsprechenden Vernehmungen bzw. Beweisaufnahmen diesbezüglich keine konkreten Einwendungen gemacht bzw. Widersprüche aufgezeigt oder Zweifel angemeldet.

Als Streitumfang verblieb gegenüber den Feststellungen der ersten Instanz und den

vorstehenden Feststellungen letztlich die Verantwortung des Beschuldigten, daß nicht er der Lenker des Kraftfahrzeuges gewesen sei.

Aus der Aktenlage ist ersichtlich, daß seinerzeit von der Tatortbehörde an die Zulassungsbesitzerin, eine GesmbH. in Deutschland, die Lenkeranfrage erging. Eine Beantwortung vom zuständigen Organ dieser GesmbH. erfolgte nicht, sondern es meldete sich aus eigenem Antrieb der Bedienstete dieser GesmbH. - der Beschuldigte - fernmündlich am 1.12.1997 bei der Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Braunau, Frau E. Sch. Das Gespräch wurde im freundlichen Ton geführt. Hiebei teilte ihr der Beschuldigte mit, daß das nachgefragte Fahrzeug ein Dienstfahrzeug ist, welches ihm vom Dienstgeber zur Benutzung überlassen worden war. Er erklärte der Bediensteten nicht, daß er nicht gefahren sei, sondern ging davon aus, daß er der Lenker zur Tatzeit gewesen sei und er wollte die Sache (gemeint die Bezahlung der Strafe) auf schnellste Art bereinigen.

Frau Sch. gab dem Beschuldigten gesprächsweise noch an, daß es sich beim Tatort vermutlich um eine Stelle handle, bei der jüngst eine Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet worden war und daß es dort schon "einige erwischt" habe.

Frau Sch. erklärte jedoch dem anrufenden Beschuldigten, der Interesse an der unkomplizierten Bereinigung der Sache - der Bezahlung der Strafe - hatte, daß aufgrund des Wohnsitzes des Beschuldigten im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck der Akt zur Strafamtshandlung an die Wohnsitzbehörde abgetreten werde.

Insoweit deckt sich die Verantwortung des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung mit der Aussage der Zeugin Sch. und bestehen darüber hinaus keine Widersprüchlichkeiten.

Erst später, als der Akt an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck abgetreten worden war, gab der Beschuldigte bei seiner Vernehmung am 23.2.1998 niederschriftlich zu Protokoll, daß er zur Tatzeit nicht der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei, beließ es aber beim bloßen Leugnen und machte keine konkreten entlastenden Angaben.

Als der Beschuldigte in der Sache zur Verteidigung seinen Anwalt betraut hatte, gab dieser mit Schriftsatz vom 30.3.1998 bekannt, daß nicht der Beschuldigte das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt habe, sondern er in dieser Zeit einem Herrn F. B. (Anschrift, Südafrika) zur Verfügung überlassen habe.

Die Existenz einer solchen Person konnte vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht verifiziert werden, zumal ein Anschreiben an diese Adresse zur Eruierung der Person und zur Aufklärung des Sachverhaltes unbeantwortet blieb. Über Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates an den Vertreter des Beschuldigten eine ladungsfähige Adresse eines derart Bezeichneten beizubringen, konnte diese nicht beigebracht bzw. mitgeteilt werden.

Auffällig ist somit, daß der Beschuldigte bei seiner ersten Kontaktnahme mit der Sachbearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Braunau selbst von einem Lenken des Kraftfahrzeuges zum Tatzeitpunkt ausging und daß er erst drei Monate später niederschriftlich vernommen auf ein bloßes Leugnen des Lenkens und erst ein weiteres Monat später auf ein Überlassen des Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt an eine in den Überseegebieten wohnhafte Person umschwenkte.

Aufgrund dieses Ablaufes der Geschehnisse im Zusammenhalt mit der Lebenserfahrung, daß nämlich die Angaben eines Beschuldigten, welche näher an der Tatzeit liegen, aufgrund eines besseren Erinnerungsvermögens und der Spontaneität der Gedankengängen bei Konfrontierung mit einem konkreten Lebenssachverhalt bei der Wahrheit näherliegen als spätere Angaben, besitzt die Grundlage des Gespräches mit Frau Sch., welche von einem Lenken durch den Beschuldigten zum Tatzeitpunkt ausging, ein höheres Maß der Wahrscheinlichkeit als die später eingeschlagene Verteidigungslinie.

Aus diesem Grunde kam der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß der Beschuldigte der Lenker des Kraftfahrzeuges bezüglich der vorgeworfenen Tat war und daher die objektive Tatseite erfüllt hat.

Was die subjektive Tatseite anlangt, so hat der Beschuldigte nichts vorgebracht, was ihn im Sinne des § 5 Abs.1 VStG entlasten hätte können.

Gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeits-beschränkung erlaubte Höchstgeschwindigkeit" an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer unter anderem diesen Bestimmungen zuwider handelt.

Nachdem von einem tatbestandsmäßigen und schuldhaften Verhalten auszugehen war, war der Schuldspruch zu bestätigen.

Was den Strafausspruch anlangt, so war zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der Tat, der Hauptstrafzumessungsgrund, wog beträchtlich, weil ein hohes Maß an Geschwindigkeitsüberschreitung gegeben war und dadurch aufgrund des Fahrbahnverlaufes kurz vor einer Linkskurve die Vermeidung einer Gefahrensituation (welche als das geschützte Interesse zu betrachten ist) wesentlich durchbrochen wurde.

Auch das Verschulden war gewichtig, zumal bei einem geprüften Kraftfahrzeuglenker eine derartige Überschreitung der Fahrgeschwindigkeit durch einen Blick auf den Fahrgeschwindigkeitsmesser seines Fahrzeuges leicht vermieden werden kann.

Auch im Berufungsverfahren sind keine mildernden Umstände hervorgetreten.

Die bereits der ersten Instanz bekannten Einkommens- und persönlichen Verhältnisse, nämlich ein Monatseinkommen von ca. 3.600 DM, der Besitzer eines Hausanteiles und die Sorgepflicht für Gattin und zwei Kinder, haben sich nicht geändert.

Als Erschwerungsgrund war eine einschlägige Vorstrafe vom 17.12.1996 mitzugewichten.

In der Zusammenschau konnte daher der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch vorgeworfen werden, wenn sie eine Geldstrafe in der Höhe von 45 % des Strafrahmens ausgesprochen hat. Auch die Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Aus all diesen Gründen mußte der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der Rechtsmittelwerber kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift des § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Pauschalkostenbeitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Beweiswürdigung, Erstangaben entsprechen erfahrungsgemäß am ehesten der Wahrheit

 

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