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des Landes Oberösterreich
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VwSen-105992/8Ki/Shn

Linz, 02.03.1999

VwSen-105992/8Ki/Shn Linz, am 2. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Anna Z, vom 4. Dezember 1998 gegen das Straferkenntnis der BH Braunau/Inn vom 20. November 1998, VerkR96-6206-1-1997-Kb, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Februar 1999 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, daß von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird. Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21 Abs.1, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Braunau/Inn hat die Berufungswerberin (Bw) mit Straferkenntnis vom 20. November 1998, VerkR96-6206-1-1997-Kb, für schuldig befunden, sie habe am 25.8.1997 um 10.30 Uhr ihr Fahrrad auf der Braunauer Bundesstraße 147 aus Richtung Munderfing kommend bei Strkm.17,350 im Gemeindegebiet von 5230 Mattighofen gelenkt und es unterlassen nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist. Sie habe dadurch § 4 Abs.5 erster Satz StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde über sie eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 50 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 1998 erhob die Rechtsmittelwerberin gegen dieses Straferkenntnis Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen. I.3. Die BH Braunau/Inn hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Februar 1999. Bei dieser Verhandlung war die Bw im Beisein ihres Rechtsvertreters sowie als Zeugin Frau Ernestine S anwesend.

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt ein Verkehrsunfall zugrunde, wonach die Bw in Mattighofen mit ihrem Fahrrad gegen das Heck des in eine Parklücke einfahrenden PKW der Zeugin gestoßen ist. Die Bw kam dabei zu Sturz, am PKW der Zeugin entstand rechts hinten an der Stoßstange eine Beschädigung in Form von zwei kleinen Kratzern. Bereits bei ihrer Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Mattighofen gab die Zeugin an, daß sie der Bw angeboten hätte, sie zum Arzt zu bringen. Die Frau sei aber ohne ihren Namen bekanntzugeben mit ihrem Fahrrad weitergefahren.

Eine zunächst ergangene Strafverfügung durch die BH Braunau/Inn wurde von der Bw beeinsprucht. Sie führte in ihrem Einspruch aus, daß kein Sachschaden entstanden sei. Frau S habe ihr ihre Adresse gegeben, sie habe dann noch am selben Tag angerufen und Frau S die Adresse bekanntgegeben. Weiters führte die Bw aus, daß sie deswegen nicht gleich zur Gendarmerie gegangen sei, weil kein Sachschaden entstanden ist und sie wegen der Geringfügigkeit die Gendarmerie nicht belasten wollte. Weiters vertritt Frau Z die Auffassung, daß Frau S Schuld an dem Unfall hätte. Im Rahmen einer zeugenschaftlichen Einvernahme im Verwaltungsstrafverfahren bezifferte dann Frau S den Schaden an ihrem PKW mit ca 4.000 S. Sie erklärte abermals, daß ihr Frau Z nach dem Verkehrsunfall weder Namen noch Adresse bekanntgegeben hat.

In einer weiteren Rechtfertigung schilderte Frau Z abermals den Sachverhalt, insbesondere führte sie wiederum aus, daß ihr unklar sei, welche Schuld sie bei dem Vorfall hätte. Daraufhin hat die BH Braunau/Inn das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen, gegen welches sich die nunmehr vorliegende Berufung richtet.

Bei ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gestand die Bw ein, daß sie mit dem Vorderreifen ihres Fahrrades gegen den Kotflügel des PKW der Zeugin gestoßen ist. Sie habe sich nicht überzeugt, ob sie durch den Vorfall einen Schaden angerichtet hat, sie sei wegen des Vorfalls geschockt gewesen. Sie sei froh gewesen, daß nichts passiert ist. Die Bw gestand auch ein, daß sie der Zeugin die Daten zunächst nicht bekanntgegeben habe, sie habe ihr in Aussicht gestellt, daß sie sie anrufen werde, was in der Folge auch geschehen ist. Frau S habe auch nicht verlangt, daß sie sich ihr gegenüber ausweise. Auf Befragen erklärte die Bw, daß sie zwar einen Führerschein habe, sie jedoch schon seit 10 Jahren nicht mehr Auto fährt. Die gegenständlichen Bestimmungen der StVO im Zusammenhang mit der Meldepflicht seien ihr nicht bekannt. Sie habe das Ganze als Lapalie angesehen und wollte die Gendarmerie damit nicht belasten. Dies insbesondere, weil das Auto nicht beschädigt war.

Die Zeugin führte aus, daß sie auf den Vorfall aufmerksam wurde, weil etwas "gekracht" hätte. Als sie sich umschaute, sei Frau Z schon wieder aufgestanden gewesen. Ursache für das erwähnte Krachen sei ihres Erachtens gewesen, daß Frau Z mit ihrem Fahrrad am Auto angefahren ist. Sie habe feststellen können, daß an der Stoßstange ihres PKW zwei Kratzer waren, vor dem Unfall wären diese Kratzer nicht vorhanden gewesen. Der Schaden sei bis jetzt nicht repariert worden, die im erstinstanzlichen Verfahren angegebene Schadenssumme sei von einem Versicherungsvertreter geschätzt worden.

Frau Z hätte zunächst wegen ihrer Identität nichts gefragt, sie hätte sie aber auch nicht danach gefragt. Sie selbst habe nach einer Â1/2 Stunde, als ihr bewußt wurde, daß dies nicht richtig abgelaufen war, die Polizei verständigt. Auch sei sie in der Folge von Frau Z angerufen worden. I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen: Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Unbestritten ist es im vorliegenden Fall zu einem Verkehrsunfall dahingehend gekommen, daß die Bw mit ihrem Fahrrad gegen den PKW der Zeugin gestoßen ist. Weiters hat das Ermittlungsverfahren ergeben, daß dadurch an der Stoßstange des PKW der Zeugin zwei Kratzer entstanden sind. Weiters bleibt unbestritten, daß es zunächst zwischen der Bw und der Zeugin zu keinem Identitätsnachweis gekommen ist. Inwieweit tatsächlich, wie von der Zeugin angegeben wurde, ein Schaden in Höhe von ca 4.000 S entstanden ist, ist nicht verfahrensrelevant, da laut Rechtsprechung des VwGH auch ein geringfügiger Schaden bereits die Meldepflicht auslöst (vgl VwGH 90/02/0217 vom 25.9.1991).

Im Hinblick darauf, daß es zwischen der Zeugin und der Bw zu keinem Identitätsnachweis gekommen ist, obwohl durch den gegenständlichen Verkehrsunfall am PKW der Zeugin ein Sachschaden entstanden ist, wäre die Bw verpflichtet gewesen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Da sie dies unterlassen hat, ist der Schuldvorwurf durch die BH Braunau/Inn zu Recht erfolgt.

Der Berufung war jedoch insoferne Folge zu geben, als im vorliegenden Fall von einer Bestrafung abgesehen werden konnte. Die Bw stand zum Unfallszeitpunkt bereits im 76. Lebensjahr, sie ist völlig unbescholten und hat überdies durch den Vorfall einen Schock erlitten. Sie war der Meinung, daß sie wegen der von ihr angenommenen Bagatelle die Gendarmerie nicht belasten wollte. Wenn die Bw auch im Besitz eines Führerscheins ist, so konnte sie glaubhaft versichern, daß sie bereits seit 10 Jahren davon nicht mehr Gebrauch macht. Außerdem war sie jedenfalls subjektiv der Meinung, daß sie an dem Unfall kein Verschulden trifft und sie wußte offensichtlich auch nicht, daß die Meldepflicht gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 unabhängig von einem Verschulden an einem Verkehrsunfall zu erfüllen ist. All diese Umstände sprechen dafür, daß das Verschulden der Bw äußerst geringfügig ist und es sind auch die Folgen der Übertretung unbedeutend. Es wurden weder irgendwelche Ermittlungen durch die Gendarmerie behindert, da eine Unfallaufnahme im vorliegenden Fall nicht erforderlich war, noch können andere nachteilige Folgen festgestellt werden. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG sind daher im vorliegenden Fall gegeben und es hat die Bw einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung.

Der Ausspruch einer Ermahnung ist allerdings erforderlich, um der Bw das grundsätzlich Rechtswidrige ihres Verhaltens aufzuzeigen und sie künftighin von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h

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