Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106003/13/Fra/Ka

Linz, 25.06.1999

VwSen-106003/13/Fra/Ka Linz, am 25. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 6.11.1998, Zl.VerkR96-9868-1998-Kb und VerkR96-9868-1-1998/Kb, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.6.1999 und Durchführung eines Lokalaugenscheines, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 16 Abs.2 lit.a StVO 1960) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen. Insofern wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wortfolge "113 km/h gefahrene Geschwindigkeit" zu entfallen hat. Die Geldstrafe wird mit 800 S neu bemessen.

Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 3 (§ 102 Abs.10 KFG 1967) als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich hinsichtlich Schuld und Strafe bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 1 keine Kostenbeiträge zu zahlen.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums 2 keinen Kostenbeitrag zu zahlen. Zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe (80 S).

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums 3 einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (60 S) zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 44a Z1 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw), 1. wegen Übertretung des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 800 S, 2. wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.600 S und 3. wegen Übertretung des § 102 Abs.10 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 300 S verhängt, weil er

am 21.2.1998 um 14.15 Uhr als Lenker des Motorrades mit dem behördlichen Kz.:

a) auf der Mattseer Landesstraße von Mattighofen kommend in Richtung Mattsee im Ortschaftsbereich Kerschham, Gemeinde Lochen, Strkm.9.200, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, verbotenerweise links überholt hat,

b) auf der Mattseer Landesstraße von Mattighofen kommend in Richtung Mattsee im Ortschaftsbereich Mundenham, Gemeinde Palting, von ca. Strkm.11,600 bis 12,000 entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchtsgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat,

80 km/h erlaubte Höchstgeschwindigkeit

113 km/h gefahrene Geschwindigkeit und

c) auf der Mattseer Landesstraße von Mattighofen kommend in Richtung Mattsee (Anhaltung nächst dem Haus G, Gemeinde Palting) kein zur Wundversorgung geeignetes, in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpacktes und gegen Verschmutzung geschütztes Verbandszeug mitgeführt hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt - ohne Erstattung einer Gegenschrift - dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der Bw ficht das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach wegen formeller und materieller Rechtswidrigkeit an und beantragt, dieses Erkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Er bringt im wesentlichen vor:

Grundlage für das angefochtene Straferkenntnis bilden die Anzeige des Gendarmeriepostens Palting vom 26.3.1998, die Einvernahme der erhebenden Gendarmeriebeamten und die Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens des Amtssachverständigen. Er habe bereits in den im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahmen auf Widersprüche, Unvollständigkeit und Mangelhaftigkeiten der Aussage des Meldungslegers sowie des erstatteten Gutachtens hingewiesen. Die belangte Behörde habe sich mit seinen Argumenten in keinster Weise auseinandergesetzt, sondern habe diese schlichtweg übergangen. Er wiederhole daher sein gesamtes Vorbringen wie folgt:

In der Anzeige des Gendarmeriepostens Palting führt der erhebende Gendarmeriebeamte aus, daß er ihm nachgefahren sei, wobei sich aber zwischen dem Fahrzeug des Meldungslegers und seinem Fahrzeug zwei weitere PKW´s befanden. Es ergebe sich aus der Anzeige nicht, welchen Abstand das Gendarmeriefahrzeug zu den vor ihm befindlichen Fahrzeug und dieses wiederum zu dem vor diesem befindlichen Fahrzeug eingehalten hat bzw welcher Abstand sich wiederum zu ihm ergab. Allein bei Einhaltung des absolut notwendigen Mindestabstandes ergebe sich vom Gendarmeriefahrzeug zu seinem Fahrzeug eine Distanz von ca. 80 m. Möglicherweise sei diese Distanz aber wesentlich größer gewesen. Allein aus diesem Umstand lasse sich ableiten, daß der erhebende Beamte niemals mit ausreichender Zuverlässigkeit feststellen habe können, daß er tatsächlich bereits bei Strkm.9,2 noch im Überholverbot und nicht erst bei Strkm.9,3, wo das Überholverbot wieder aufgehoben ist, den Überholvorgang durchführte. Es ist auch der Anzeige nicht zu entnehmen, ob der Überholvorgang bei Strkm.9,2 begonnen oder beendet wurde. Aus dem Akt ergebe sich auch nicht, ob er aufgrund des Straßenverlaufes durch die beiden hinter ihm fahrenden PKW ´s in der Sicht zum erhebenden Gendarmeriebeamten nicht - zumindest teilweise - verdeckt war, was bei einem Kurvenverlauf durchaus der Fall gewesen sein könnte. Nach den Angaben des erhebenden Gendarmeriebeamten habe jedenfalls der Überholvorgang so knapp vor dem Ende des Überholverbotes stattgefunden, daß die vom Beamten in großer Distanz getätigter Beobachtung nicht mit ausreichender Sicherheit für ein Verwaltungsstrafverfahren beweisen kann, daß der Überholvorgang nicht tatsächlich erst bei Straßenkilometer 9,3, also im erlaubten Bereich, durchgeführt wurde.

Dasselbe gelte auch für die vom Beamten angeführte Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit zwischen Strkm.11,6 bis 12,0, also auf einer Distanz von 400 m. Da sich nach dem vorgenannten Überholvorgang letztlich drei Fahrzeuge zwischen dem Gendarmeriefahrzeug und seinem Fahrzeug befunden haben müssen, sei eine ausreichend verläßliche Schätzung der Geschwindigkeit seines Fahrzeuges nicht möglich gewesen.

Auch müssen diese drei vor dem Gendarmeriefahrzeug befindlichen Fahrzeuge dieselbe Geschwindigkeitsüberschreitung zu verantworten haben und wird jedenfalls die Beischaffung der gegen diese drei Fahrzeuglenker anhängigen Verwaltungsstrafakte begehrt, da sich auch daraus die Unrichtigkeit der Sachverhaltsfeststellung des erhebenden Beamten ergeben müsse.

Auch sei es unmöglich, daß der erhebende Beamte in einem Abstand von ca. 70 m, wobei die Richtigkeit dieser während des Fahrens geschätzten Distanzangabe jedenfalls bestritten wird, durch Ablesen des eigenen Tachos seines Fahrzeuges feststellen konnte. Es sei auch nicht erwiesen, daß das Gendarmeriefahrzeug tatsächlich mit der gleichen Geschwindigkeit wie sein Fahrzeug fuhr. Offensichtlich sei der Tacho des Gendarmeriefahrzeuges nicht geeicht. Aus der Anzeige ergebe sich nicht, wann die Überprüfung des Tachos des Gendarmeriefahrzeuges mittels Lasergerätes erfolgt ist. Es lägen auch keine objektiven Nachweise für die Richtigkeit und Überprüfbarkeit der in der Anzeige vorgebrachten Behauptungen und Meßergebnisse vor. Die Richtigkeit der Geschwindigkeitsangabe des erhebenden Beamten werde daher ausdrücklich bestritten.

Der Bw bestreitet weiters die Richtigkeit des Gutachtens des verkehrstechnischen Amtssachverständigen H. Diese Argumente werden jedoch nicht dargestellt, weil der Oö. Verwaltungssenat bei seiner Entscheidung ohnehin das Gutachten des in seinem Verfahren beigezogenen Sachverständigen Dipl. Ing. H zugrundelegt.

Abschließend führt der Bw aus, daß zu dem wohl als Strafe für die Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung zu wertenden, nunmehr neu erhobenen Vorwurfes eines Verstoßes gegen § 102 Abs.10 KFG 1967 diese Bestimmung auf ihn nicht anwendbar sei, sein Fahrzeug einen in der Bundesrepublik Deutschland genehmigten Ausrüstungszustand aufgewiesen habe, das Mitführen eines Verbandszeuges in der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgeschrieben sei und er von dieser österreichischen Rechtsvorschrift keine Kenntnis haben konnte und ihm das Nichtkennen dieser Vorschrift auch nicht vorgeworfen werden könne, sodaß diesbezüglich kein Verstoß und kein schuldhaftes Verhalten vorläge.

I.4. Aufgrund des Vorbringens des Bw hat der Oö. Verwaltungssenat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.6.1999. Diese Verhandlung wurde mit einem Lokalaugenschein verbunden.

Aufgrund des Ergebnisses dieser Verhandlung ist der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung gelangt, daß dem Bw der Tatbestand des § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 nicht zur Last gelegt werden kann, sehr wohl jedoch der Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960.

Erwägungen zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960:

Aufgrund der Zeugenaussage des Meldungslegers Rev.Insp. A geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, daß dieser den Überholvorgang des Bw wahrnehmen konnte. Der Zeuge konnte zwar bei der Berufungsverhandlung - dies ist aufgrund der bisher verstrichenen Zeit seit dem gegenständlichen Vorfall auch nicht verwunderlich - den konkreten Punkt, von dem er den Überholvorgang wahrgenommen hat, nicht mehr angeben. Der Oö. Verwaltungssenat konnte sich jedoch im Rahmen des Lokalaugenscheines ein Bild darüber machen, daß eine Wahrnehmung des Überholvorganges innerhalb der zwei vom Zeugen angegebenen Positionen möglich ist. Entgegen der Auffassung des Bw ist es nicht entscheidungswesentlich, den Punkt genau zu lokalisieren, von dem der Meldungsleger den Überholvorgang des Bw wahrgenommen hat. Dieser Punkt fand keinen Eingang in die Anzeige. Dies ist auch korrekt, weil dieser Punkt naturgemäß im Nachhinein nicht mehr genau feststellbar ist. An der Glaubwürdigkeit des Meldungslegers sind beim Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich der behaupteten Wahrnehmung des Überholvorganges keine Zweifel aufgetaucht. Der Bw hat nun in seinen Stellungnahmen vorgebracht, daß dem erstbehördlichen Verfahren nicht zu entnehmen ist, ob der Überholvorgang bei Strkm.9,2 begonnen oder beendet wurde. Bei der Berufungsverhandlung sagte der Meldungsleger aus, daß der Bw ungefähr auf Höhe km 9,2 den Fahrstreifen gewechselt und den Überholvorgang begonnen hat. Aufgrund dieser Aussage kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, daß bei dieser Tatörtlichkeit (eine Auswechslung durch den Oö. Verwaltungssenat als Berufungsbehörde ist nicht zulässig) im Hinblick auf die Begriffsbestimmung nach § 2 Z29 StVO 1960 der Bw bereits überholt hat. Von einem Überholen kann nämlich nur solange die Rede sein, als sich die beiden Fahrzeuge ganz oder teilweise auf gleicher Höhe befinden. Die Phasen "Ansetzen zum Überholen" und "Einreihen vor das überholte Fahrzeug" können nicht dem Begriff "Überholen" zugerechnet werden (vgl. VwGH 23.3.1965, 1925/64, KJ 1965, 60).

Erwägungen zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960:

Aufgrund der Zeugenaussage des Meldungslegers bei der Berufungsverhandlung ist der Oö. Verwaltungssenat davon überzeugt, daß der Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung begangen und zu verantworten hat. Der Zeuge führte bei der Berufungsverhandlung aus, daß er im Ortsgebiet von Palting zum Beschuldigtenfahrzeug aufgeschlossen hat. In der Zwischenzeit mußte er nämlich andere Fahrzeuge überholen. Nach dem Ende des Überholverbotsbereiches - siehe Punkt 1 - habe er am Gendarmeriefahrzeug das Blaulicht eingeschaltet und sei die ganze Strecke mit Blaulicht hinter dem Beschuldigtenfahrzeug gefahren. Ab dem Ortsgebiet Palting war der Nachfahrabstand gleichbleibend bis nach dem Ende der Beschränkung von 80 km/h. Die Entfernung betrug ca. 60 bis 70 m. Die Anhaltung erfolgte in Guggenberg. Zwischen seinem Fahrzeug und dem Beschuldigtenfahrzeug befand sich kein weiteres Fahrzeug. Die Geschwindigkeit wurde durch Ablesen des Tachometers ermittelt. Der Tachometer wurde mit einem Lasergerät ein paar Tage nach dem Vorfall überprüft. Dabei wurde festgestellt, daß bei einer Anzeige von 120 km/h 7 km/h Abweichung besteht. Der Tachometer des Dienstfahrzeuges ist nicht geeicht.

Der Oö. Verwaltungssenat hat keine Veranlassung, die genannten Aussagen des Meldungslegers hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes in Zweifel zu ziehen. Der Meldungsleger stand bei seinen Angaben unter Wahrheitspflicht, bei deren Verletzung er mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Zudem ist zu bedenken, daß es sich um ein geschultes Straßenaufsichtsorgan handelt, dem die geschilderten Beobachtungen und Wahrnehmungen zumutbar sind. Der Bw hingegen kann sich in jede Richtung verantworten, ohne daß er Rechtsnachteile zu befürchten hat. Ausgehend von den Angaben des Meldungslegers hat der Sachverständige bei der Berufungsverhandlung folgendes ausgeführt:

"Die Gesamtnachfahrt erfolgte über eine Distanz von etwa 1.000 m. Innerhalb dieser Strecke befand sich der Beschränkungsbereich auf 80 km pro Stunde auf eine Länge von 400 m. Für die vorgeworfene Geschwindigkeit von 120 km pro Stunde wurde nachträglich eine Kontrollmessung mittels Laser durchgeführt, wobei sich ergab, daß eine Geschwindigkeitsdifferenz von 7 km/pro Stunde besteht , somit wurde auch eine Geschwindigkeit von 113 km pro Stunde vorgeworfen. Von diesem Wert ist die Verkehrsfehlergrenze des Lasergerätes abzuziehen, wobei sich als Ausgangswert 109,61 km pro Stunde ergeben. Nach einer Untersuchung des Dipl.-Physikers S, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle, Münster-Wolbeck, die auch in der Fachpresse publiziert wurde, ist Beweis geführt, daß unter bestimmten Randbedingungen, die im konkreten Fall als eingehalten angesehen werden können, lediglich ein Gesamtfehler von 3 % für den eingehaltenen Abstand in Rechnung zu stellen sind. Dieses Ergebnis wurde empirisch aus rund 600 Einzelmessungen über das Abstandsverhalten gewonnen. Nach dieser Versuchsreihe konnten aussagekräftige Informationen über die Schätzgenauigkeit von Personen abgeleitet werden. So liegen Abstandsschwankungen, den Momentanwert betrachtet, bei eingehalteten Abständen von höchstens 100 m, im Mittel bei sicher unter 15 % (bezogen auf 95 % aller Meßwerte). Auf eine Gesamtnachfahrstrecke von 1.000 m hat dies einen Gesamtfehler von höchstens 3 % zur Folge. Eine Geschwindigkeitsabhängigkeit konnte dabei ebensowenig erkannt werden wie eine negative Beeinflussung der Fahrspurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeuges oder sich verändernde Fahrbahnbreiten. Für den konkreten Fall sind also was die Nachfahrstrecke von 1.000 m betrifft drei Prozent zugutezuhalten, das sind 30 m, die während der Nachfahrt aufgeholt wurden und somit eine höhere Geschwindigkeit, als die tatsächlich gefahrene angezeigt wurde. Bringt man den sich ergebenden Wert in Abzug, ergibt sich als tatsächlich vorzuwerfende Geschwindigkeit 106,5 km pro Stunde."

Dieses Gutachten ist schlüssig und wurde auch vom Bw nicht in Zweifel gezogen.

Der Bw hat somit den ihm zur Last gelegten Tatbestand zu verantworten, wobei die zu berücksichtigenden Fehlerquellen ausreichend berücksichtigt wurden. Hinzugefügt wird, daß nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH eine Geschwindigkeitsschätzung durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand in Verbindung mit dem Ablesen der Geschwindigkeit vom Tachometer des nachfahrenden KFZ zur Ermittlung der gefahrenen Geschwindigkeit geeignet ist, wobei dem Umstand, daß der Tachometer im nachfahrenden Fahrzeug nicht geeicht ist, bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen keine Bedeutung zukommt. Dies hat der VwGH auch bereits bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 20 bis 40 km/h - wie hier - festgestellt. Im gegenständlichen Fall wurde auch durch eine taugliche Überprüfung sichergestellt, welche Abweichungen des Tachometers vorliegen und zudem aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen zusätzliche Fehlerquellen zugunsten des Bw berücksichtigt.

Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ist kein Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960, weshalb diese überhaupt aus dem Schuldspruch eliminiert wurde. Die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit hat allerdings auf die Strafbemessung - siehe unten - Einfluß.

Strafbemessung:

Im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist hervorgekommen, daß dem Bw nicht eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 33 km/h sondern "lediglich" eine von ca. 26 km/h anzulasten ist. Aufgrund des dadurch indizierten geringeren Unrechts- und Schuldgehaltes der Übertretung sowie aufgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw - dieser Umstand ist als mildernd zu werten - wurde die Strafe tat- und schuldangemessen herabgesetzt. Erschwerende Umstände sind nicht hervorgekommen. Diese Strafe ist auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Bw angepaßt. Diese wurden mangels Angaben des Bw von der Erstinstanz geschätzt und werden, weil der Bw diesen nicht entgegengetreten ist, auch vom Oö. Verwaltungssenat der Strafbemessung zugrundegelegt.

Erwägungen zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.10 KFG 1967:

Das Vorbringen des Bw, daß das Mitführen eines Verbandszeuges in Deutschland nicht vorgeschrieben sei und er von dieser österreichischen Rechtsvorschrift keine Kenntnis haben konnte und deshalb kein schuldhaftes Verhalten vorliegt, ist nicht zielführend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den §§ 2 und 5 VStG sind auch ausländische Kraftfahrzeuglenker verpflichtet, sich über in Österreich geltende Rechtsvorschriften, die bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten sind, zu unterrichten. Entgegen der Behauptung des Bw liegt daher schuldhaftes Verhalten vor.

Was die Strafbemessung anlangt, ist festzustellen, daß der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 1 % ausgeschöpft wurde. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes ist daher keinesfalls zu konstatieren und ist eine weitere Herabsetzung der Strafe auch aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar.

zu II. Die Kostenentscheidungen sind gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

 

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