Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106014/12/BI/FB

Linz, 10.03.1999

VwSen-106014/12/BI/FB Linz, am 10. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn N S, G, L, vom 26. November 1998 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. November 1998, III/ CST. 20184/98, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 5. März 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren im Zweifel eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 66 VStG, §§ 38 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 S (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 17. April 1998 um 7.45 Uhr in L, K, in Richtung B mit dem KFZ, Kz. , das gelbe, nicht blinkende Licht der Verkehrslichtsignalanlage (VLSA) nicht beachtet habe, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten, sondern weitergefahren worden sei, obwohl ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 80 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 5. März 1999 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Zeugen BI P B sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. H S durchgeführt. Seitens der Erstinstanz ist niemand erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er fahre häufig auf der im Spruch des Straferkenntnisses genannten Straße, weil er fast täglich seine Tochter morgens zur Schule bringe. Er habe aber um diese Uhrzeit die K nicht in Richtung B sondern in gegengesetzter Richtung befahren, um in die W einzubiegen. Ein gefahrloses Anhalten vor der Haltelinie sei nicht möglich gewesen, und wäre diesbezüglich ein verkehrstechnisches Gutachten erforderlich gewesen. Dabei handle es sich um eine Tatsachenfrage, wobei sich die Beobachtung des Meldungslegers lediglich auf das Überfahren der Haltelinie bei gelbem, nicht blinkenden Licht beschränkt habe, nicht aber auch auf den Aspekt des gefahrlosen sicheren Anhaltens vor der Haltelinie. Selbst wenn er die im Straferkenntnis bezeichnete strafbare Handlung wie beschrieben begangen haben sollte, so sei dadurch weder jemand gefährdet noch gar verletzt worden. Nachdem die Erstinstanz davon ausgegangen sei, daß verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen hinsichtlich seiner Person fehlten, wäre ihm eine Ermahnung iSd § 21 Abs.1 VStG zugestanden, zumal diese ausgereicht hätte, um ihn von weiteren derartigen Straftaten abzuhalten. Er beantragt daher die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Geldstrafe entsprechend seiner Sorgepflichten für die Gattin und zwei minderjährige Kinder. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört und der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen wurde. Auf die Erstattung eines technischen Sachverständigengutachtens wurde mangels ausreichend erwiesen anzunehmender Berechnungsgrundlagen verzichtet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsmittelwerber näher ausgeführt, der G sei eine Parallelstraße zur U und er fahre von dort jeden Tag seine Tochter zu den Schulschwestern in die Schule. Er biege dann von der U nach links in die W ein, um dort über den B in die K und von dort in die W und zu seinem Arbeitsplatz in die Promenade zu gelangen. Er könne daher den angeführten Straßenzug um diese Uhrzeit nur in der Gegenrichtung befahren haben. Er hat weiters ausgeführt, er könne sich insofern noch an den Vorfall erinnern, als er vor der gegenständlichen Kreuzung bemerkt habe, daß sich hinter ihm ein PKW mit so geringem Sicherheitsabstand befunden habe, daß ihm, als er das Blinken des Grünlichtes der VLSA wahrgenommen habe, bewußt geworden sei, daß aufgrund der regennassen Straße ein Abbremsen des Fahrzeuges aus einer Geschwindigkeit von etwa 55 km/h nicht mehr gefahrlos möglich sein würde. Er habe gleichzeitig registriert, daß vor ihm nach dem Kreuzungsbereich am Ende der Kolonne Platz gewesen sei, sein Fahrzeug gefahrlos unterzubringen und habe aus diesem Grund die Kreuzung in einem übersetzt. Er habe dabei im Augenwinkel bemerkt, daß links im Bereich der dortigen ÖBB-Haltestelle ein Polizeibeamter gestanden sei, der offenbar "etwas gezückt" habe. Soweit er sich erinnern könne, habe er dann beobachtet, daß der hinter ihm befindliche PKW-Lenker sein Fahrzeug noch vor der Kreuzung abgebremst habe.

Der Meldungsleger BI B hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß er sich aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit - der Vorfall ereignete sich am 17. April 1998 - nicht mehr an den konkreten Vorfall erinnern könne, weil er in der Zwischenzeit viele ähnliche solcher Vorfälle beobachtet habe. Er hat ausdrücklich auf die Anzeige verwiesen, aus der hervorgeht, daß das Beschuldigtenfahrzeug in die Kreuzung eingefahren sei, obwohl aufgrund einer Fahrgeschwindigkeit von ca 40 km/h und einer Entfernung von ca 30 m von der Haltelinie beim Umschalten der VLSA von blinkendem Grün- auf nicht blinkendes Gelblicht ein gefahrloses Anhalten möglich gewesen wäre. Sein Standort sei unmittelbar bei der angeführten Kreuzung, K gegenüber Nr. 16, beim Busparkplatz der ÖBB mit uneingeschränkter Sicht auf die VLSA gewesen. Der Zeuge hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angeführt, es habe sich damals um seinen Rayon gehandelt, weil er im Wachzimmer H Dienst versehen habe. Der in der Anzeige angeführte Standort sei ein normaler Standort für die Überwachung der gegenständlichen Kreuzung und man könne von dort nach links und rechts uneingeschränkt sehen. Der Zeuge konnte keine konkreten Angaben mehr machen, welche Straßenverhältnisse zum Vorfallszeitpunkt geherrscht haben und ob und gegebenenfalls in welchem Abstand sich hinter dem Beschuldigtenfahrzeug ein weiteres Fahrzeug befunden habe. Er hat dazu ausgesagt, er beobachte die Verkehrssituation diesbezüglich sehr wohl - wenn er den Eindruck habe, ein gefahrloses Anhalten sei nicht möglich, werde auch keine Anzeige erstattet. Die Geschwindigkeit und den Abstand von der Haltelinie habe er geschätzt, wobei er sich zur Richtigkeit dieser Schätzung auf seine langjährige Tätigkeit als Straßenaufsichtsorgan berief. Zur Darstellung des Rechtsmittelwerbers, aus welchem Grund er damals nur in der Gegenrichtung unterwegs gewesen sein konnte, konnte sich der Zeuge mangels konkreter Erinnerung nicht äußern und er konnte auch keinen konkreten Anhaltspunkt für die geschätzten 30 m nennen. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf der Grundlage dieser beiden Aussagen zur Auffassung, daß die vom Rechtsmittelwerber genannte Begründung für die Fahrtrichtung, entgegengesetzt der vom Meldungsleger genannten, durchaus glaubwürdig ist. Beim Vorfallstag handelte es sich um einen Freitag, sodaß anzunehmen ist, daß die Tochter des Rechtsmittelwerbers damals Schule hatte. Auch die Uhrzeit paßt zu dieser Verantwortung. Nicht widerlegbar ist die vom Rechtsmittelwerber angegebene Geschwindigkeit von etwa 55 km/h, zumal im dortigen Straßenzug üblicherweise um diese Zeit starker Verkehr herrscht, wobei der Verkehrsfluß durch die im weiteren Verlauf des Straßenzuges befindlichen Ampeln zeitweise unterbrochen wird, sodaß es durchaus möglich ist, daß sich der Vorfall tatsächlich so ereignet hat, wie vom Rechtsmittelwerber geschildert, aber auch, wie vom Zeugen dargelegt.

Die Aussage des Meldungslegers reduziert sich aufgrund der mangelnden Erinnerung im wesentlichen auf die Angaben in der Anzeige, wobei im Hinblick auf die Fahrtrichtung des Rechtsmittelwerbers, den Abstand eines nachfolgenden PKW und zur Fahrbahnbeschaffenheit in bezug auf Nässe keine konkrete Erinnerung mehr bestand. Einen Bezugspunkt, der die Schätzung des Abstandes von der Haltelinie beim Umschalten auf gelbes Licht nachvollziehbar gemacht hätte, konnte der Zeuge nicht angeben. Der technische Sachverständige Ing. S hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung erläutert, daß, wenn man tatsächlich von einer Geschwindigkeit von ca 40 km/h und dem in der Anzeige genannten Abstand von 30 m ausgeht, der PKW des Rechtsmittelwerbers die Haltelinie in etwa befahren hätte, wenn die Ampel von Gelb- auf Rotlicht umgeschaltet hätte. Somit wäre eher die Erstattung einer Anzeige gemäß § 38 Abs.5 StVO 1960 naheliegend gewesen. Der Meldungsleger hat dazu ausgeführt, er beobachte nur die Entfernung von der Haltelinie beim Umschalten auf Gelblicht und wenn er diesbezüglich eine Übertretung feststelle, achte er nicht mehr darauf, wo sich dieser PKW beim Umschalten auf Rotlicht befinde. Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates erscheint diese Aussage nicht schlüssig, zumal davon auszugehen ist, daß, wenn jemand bei Gelblicht in eine Kreuzung einfährt, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer wohl noch nicht zu erwarten ist, sehr wohl aber, wenn ein PKW-Lenker bei Rotlicht in eine Kreuzung einfährt. Im Sinne der Verkehrssicherheit wäre daher eine Überwachung auch diesbezüglich naheliegend. Der Meldungsleger konnte jedoch keine Aussage darüber machen, wo sich der PKW zum Zeitpunkt des Umschaltens auf Rotlicht befunden hat und er konnte auch nichts darüber aussagen, ob er beobachtet habe, daß der PKW die Kreuzung bei Rot durchfahren habe. In rechtlicher Hinsicht ist auf der Grundlage des Beweisverfahrens davon auszugehen, daß die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers durch die Zeugenaussagen nicht eindeutig widerlegbar sind, zumal auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit eine Aussage getroffen werden kann, daß dem Rechtsmittelwerber ein sicheres Anhalten vor der Haltelinie möglich gewesen wäre. Es war daher im Zweifel der Berufung Folge zu geben.

Zu bemerken ist außerdem, daß aus dem Verfahrensakt ersichtlich ist, daß weder die Strafverfügung vom 14. Juli 1998 noch die Ladung des Rechtsmittelwerbers vom 18. August 1998 noch das angefochtene Straferkenntnis eine Spruchkonkretisierung dahingehend enthalten, daß dem Rechtsmittelwerber die Begehung der gegenständlichen Übertretung "als Lenker" des genannten Kraftfahrzeuges angelastet wurde. Die vorgeworfene "Nichtbeachtung" des gelben, nicht blinkenden Lichtes mit einem Kraftfahrzeug muß aber nicht zwingend "als Lenker" erfolgen. Dem Rechtsmittelwerber wurde die Anzeige, in der das Tatbestandsmerkmal "Lenker" angeführt ist, während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht, sodaß auch diesbezüglich eine Spruchergänzung nicht möglich gewesen wäre. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. Bissenberger Beschlagwortung: Meldungsleger konnte sich an Einzelheiten nicht erinnern (Fahrtrichtung des Rechtsmittelwerbers, Geschwindigkeit, Abstand des nachfahrenden Fahrzeuges), Schätzung nicht nachvollziehbar - Rechtsmittelwerber nicht widerlegbar -> im Zweifel Einstellung.

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